Trude Ausfelder: Alles, was Jungen wissen wollen
Verlag Heinrich Ellermann, Hamburg 1998
gedruckt 2003 (vorliegende Ausgabe)
2019 noch im Handel
In diesem 255-seitigen Buch, das sich wohl primär an Jugendliche richtet, nimmt die Autorin kein Blatt vor den Mund und spricht zahlreiche Themen, auch Tabuthemen, an. Was sagt sie denn dann zum Thema Vorhaut?
Einen ersten Hinweis auf ihre persönliche Sichtweise finden wir auf Seite 94:
"Bei einer Erektion zieht sich die Vorhaut zurück, so dass die Eichel freiliegt. Sie ist das Lustzentrum des Mannes. Oft wird aus religiösen, medizinischen oder hygienischen Gründen die Vorhaut teilweise oder ganz beschnitten, so dass die Eichel auch in unerigiertem Zustand freiliegt."
Auf Seite 102 findet man im kurzen Kapitel "Welche Funktion hat die Vorhaut?"
ein paar Hinweise, z. B. dass es individuelle Unterschiede gibt und auch eine "rüsselförmige" Vorhaut ganz normal ist. Während sie sich anderswo breit über sexuelle Aspekte auslässt, schreibt sie rein gar nichts über die sexuelle Funktion der Vorhaut.
Auf der nächsten Seite geht es dann zur Sache: Im Kapitel "Die Beschneidung" steht gleich am Rand der Text:
"Sofern deine Eltern dich nicht schon beschneiden ließen, musst du für dich allein entscheiden, ob du dir die Vorhaut entfernen lassen willst oder nicht."
Das meine ich allerdings auch, dass das jeder selbst entscheiden sollte. Die Formulierung lässt allerdings darauf schließen, dass sie anscheinend kein Problem damit hat, wenn andere eine solch gravierende Entscheidung für einen Jungen treffen. Also war das wohl nicht so ernst gemeint mit "selber entscheiden". Vor Allem: Was soll ein solcher Vorschlag überhaupt in einem Ratgeber für Jugendliche? Es ist ja nicht unbedingt so, dass es in Deutschland irgendwie in Mode wäre, "sich die Vorhaut entfernen zu lassen" - womöglich nur so zum Spaß.
Dann schreibt sie, dass in den USA
"fast alle Jungen gleich nach der Geburt beschnitten werden".
Das war selbst in den finstersten Zeiten nicht ganz so, trotz einer zeitweilig extrem hohen Beschneidungsrate. Also eine klare Falschaussage. Das hätte
"vor allem hygienische Gründe".
Wieso ist denn die Vorhaut speziell bei amerikanischen Jungen so unhygienisch, dass man sie gar amputieren muss? Zu Recht kritisiert sie, dass daraus eine "Mode" geworden ist. Von dem auch schon 1998 klar erkennbaren Rückgang dieser "Mode" schreibt sie allerdings nichts. Anschließend lässt sie sich darüber aus, dass
"beschnittene Männer viel seltener an Peniskrebs erkranken"
und
"Auch bei Frauen beschnittener Männer wird viel seltener Krebs am Gebärmutterhals gefunden".
Bekanntlich ist Peniskrebs dermaßen selten, dass die durch Beschneidungen verursachten Komplikationen - selbst wenn man nur die ernsten rechnet - die seltenen Fälle von, fast nur in fortgeschrittenem Alter auftretendem, Peniskrebs gewaltig übersteigen, abgesehen davon, dass "prophylaktische" Amputationen von kindlichen Körperteilen, die erst Jahrzehnte später - extrem selten - Probleme verursachen könnten, völlig ungerechtfertigt sind. Und was das mit dem Gebärmutterhals angeht, so kam bekanntlich eine Studie zu dem beschrieben Ergebnis, eine andere dagegen nicht. Und auch hier gilt das Vorstehende: Bei Kindern völlig ungerechtfertigt.
Dazu gibt es eine interessante Illustration: Zwei, auf den ersten Blick gleich große, Penes, der eine aber mit Vorhaut und Überhang, der andere ohne Vorhaut und wundersamerweise auch ohne Beschneidungsnarbe. Soll damit also suggerieren werden, dass der Penis durch Beschneidung größer wird?
Ganz haarig wird es auf Seite 104 im Kapitel "Phimose". Hier erfährt man, dass die Vorhaut ab ca. vier Jahren (!) schon zurückziehbar sein muss
"da es sonst zu Entzündungen kommen kann"!
Auf welcher (un)wissenschaftlichen Grundlage diese Aussage beruhen soll, erfährt man allerdings nicht. Kein Wunder, denn es gibt keine.
"In der Regel achten Eltern darauf, dass die Phimose von einem Arzt behoben wird."
Wie das "Beheben" vor sich geht, dürfte klar sein. Ist das also die Regel, einen physiologischen Zustand zu "beheben"? Habe ich ein Schwein gehabt, dass meine "verantwortungslosen" Eltern nicht darauf geachtet haben! Aber da hatte Trude Ausfelder auch ihr Buch noch gar nicht geschrieben, woher hätten sie das dann auch wissen sollen?
Es geht aber noch weiter. Um ganz sicher zu gehen, dass da unbedingt zum Skalpell gegriffen wird, malt sie folgende Horrorszenarien an die Wand:
"Der Penis bekommt eine Art Knick."
"Der Harn kann nur in einem dünnen Strahl austreten, es schmerzt, brennt und juckt." "Das Smegma kann beim Waschen nicht entfernt werden."
Offenbar auch das bei Kindern üblicherweise so gut wie gar nicht vorhandene.
"Diese kleine Operation ist völlig ungefährlich."
Das scheint also die einzige Operation zu sein, die völlig ohne Risiken ist, wie das sonst bei allen anderen Operationen der Fall ist. Und schließlich setzt sie noch einen drauf, um ganz sicher zu gehen, dass ihren offensichtlichen Neigungen entsprochen wird:
"Die Phimose muss unbedingt behandelt werden, da sonst die Eichel abgeschnürt werden könnte."!!!
Öffentliche Bücherverbrennungen sind derzeit etwas aus der Mode gekommen. Allerdings habe ich noch einen Holzofen. Zuerst dachte ich, dass dieses Buch wohl zu gar nichts taugt. Aber im nächsten Winter kann es wenigstens den Heizwert eines Holzscheites liefern.
Verlag Heinrich Ellermann, Hamburg 1998
gedruckt 2003 (vorliegende Ausgabe)
2019 noch im Handel
In diesem 255-seitigen Buch, das sich wohl primär an Jugendliche richtet, nimmt die Autorin kein Blatt vor den Mund und spricht zahlreiche Themen, auch Tabuthemen, an. Was sagt sie denn dann zum Thema Vorhaut?
Einen ersten Hinweis auf ihre persönliche Sichtweise finden wir auf Seite 94:
"Bei einer Erektion zieht sich die Vorhaut zurück, so dass die Eichel freiliegt. Sie ist das Lustzentrum des Mannes. Oft wird aus religiösen, medizinischen oder hygienischen Gründen die Vorhaut teilweise oder ganz beschnitten, so dass die Eichel auch in unerigiertem Zustand freiliegt."
Auf Seite 102 findet man im kurzen Kapitel "Welche Funktion hat die Vorhaut?"
ein paar Hinweise, z. B. dass es individuelle Unterschiede gibt und auch eine "rüsselförmige" Vorhaut ganz normal ist. Während sie sich anderswo breit über sexuelle Aspekte auslässt, schreibt sie rein gar nichts über die sexuelle Funktion der Vorhaut.
Auf der nächsten Seite geht es dann zur Sache: Im Kapitel "Die Beschneidung" steht gleich am Rand der Text:
"Sofern deine Eltern dich nicht schon beschneiden ließen, musst du für dich allein entscheiden, ob du dir die Vorhaut entfernen lassen willst oder nicht."
Das meine ich allerdings auch, dass das jeder selbst entscheiden sollte. Die Formulierung lässt allerdings darauf schließen, dass sie anscheinend kein Problem damit hat, wenn andere eine solch gravierende Entscheidung für einen Jungen treffen. Also war das wohl nicht so ernst gemeint mit "selber entscheiden". Vor Allem: Was soll ein solcher Vorschlag überhaupt in einem Ratgeber für Jugendliche? Es ist ja nicht unbedingt so, dass es in Deutschland irgendwie in Mode wäre, "sich die Vorhaut entfernen zu lassen" - womöglich nur so zum Spaß.
Dann schreibt sie, dass in den USA
"fast alle Jungen gleich nach der Geburt beschnitten werden".
Das war selbst in den finstersten Zeiten nicht ganz so, trotz einer zeitweilig extrem hohen Beschneidungsrate. Also eine klare Falschaussage. Das hätte
"vor allem hygienische Gründe".
Wieso ist denn die Vorhaut speziell bei amerikanischen Jungen so unhygienisch, dass man sie gar amputieren muss? Zu Recht kritisiert sie, dass daraus eine "Mode" geworden ist. Von dem auch schon 1998 klar erkennbaren Rückgang dieser "Mode" schreibt sie allerdings nichts. Anschließend lässt sie sich darüber aus, dass
"beschnittene Männer viel seltener an Peniskrebs erkranken"
und
"Auch bei Frauen beschnittener Männer wird viel seltener Krebs am Gebärmutterhals gefunden".
Bekanntlich ist Peniskrebs dermaßen selten, dass die durch Beschneidungen verursachten Komplikationen - selbst wenn man nur die ernsten rechnet - die seltenen Fälle von, fast nur in fortgeschrittenem Alter auftretendem, Peniskrebs gewaltig übersteigen, abgesehen davon, dass "prophylaktische" Amputationen von kindlichen Körperteilen, die erst Jahrzehnte später - extrem selten - Probleme verursachen könnten, völlig ungerechtfertigt sind. Und was das mit dem Gebärmutterhals angeht, so kam bekanntlich eine Studie zu dem beschrieben Ergebnis, eine andere dagegen nicht. Und auch hier gilt das Vorstehende: Bei Kindern völlig ungerechtfertigt.
Dazu gibt es eine interessante Illustration: Zwei, auf den ersten Blick gleich große, Penes, der eine aber mit Vorhaut und Überhang, der andere ohne Vorhaut und wundersamerweise auch ohne Beschneidungsnarbe. Soll damit also suggerieren werden, dass der Penis durch Beschneidung größer wird?
Ganz haarig wird es auf Seite 104 im Kapitel "Phimose". Hier erfährt man, dass die Vorhaut ab ca. vier Jahren (!) schon zurückziehbar sein muss
"da es sonst zu Entzündungen kommen kann"!
Auf welcher (un)wissenschaftlichen Grundlage diese Aussage beruhen soll, erfährt man allerdings nicht. Kein Wunder, denn es gibt keine.
"In der Regel achten Eltern darauf, dass die Phimose von einem Arzt behoben wird."
Wie das "Beheben" vor sich geht, dürfte klar sein. Ist das also die Regel, einen physiologischen Zustand zu "beheben"? Habe ich ein Schwein gehabt, dass meine "verantwortungslosen" Eltern nicht darauf geachtet haben! Aber da hatte Trude Ausfelder auch ihr Buch noch gar nicht geschrieben, woher hätten sie das dann auch wissen sollen?
Es geht aber noch weiter. Um ganz sicher zu gehen, dass da unbedingt zum Skalpell gegriffen wird, malt sie folgende Horrorszenarien an die Wand:
"Der Penis bekommt eine Art Knick."
"Der Harn kann nur in einem dünnen Strahl austreten, es schmerzt, brennt und juckt." "Das Smegma kann beim Waschen nicht entfernt werden."
Offenbar auch das bei Kindern üblicherweise so gut wie gar nicht vorhandene.
"Diese kleine Operation ist völlig ungefährlich."
Das scheint also die einzige Operation zu sein, die völlig ohne Risiken ist, wie das sonst bei allen anderen Operationen der Fall ist. Und schließlich setzt sie noch einen drauf, um ganz sicher zu gehen, dass ihren offensichtlichen Neigungen entsprochen wird:
"Die Phimose muss unbedingt behandelt werden, da sonst die Eichel abgeschnürt werden könnte."!!!
Öffentliche Bücherverbrennungen sind derzeit etwas aus der Mode gekommen. Allerdings habe ich noch einen Holzofen. Zuerst dachte ich, dass dieses Buch wohl zu gar nichts taugt. Aber im nächsten Winter kann es wenigstens den Heizwert eines Holzscheites liefern.