Brumlik: Schutzwürdigkeit, Würde des Menschen, Aufklärung, Kultur der Moderne

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    • Brumlik: Schutzwürdigkeit, Würde des Menschen, Aufklärung, Kultur der Moderne

      in gesellschaftspolitischer Hinsicht schließlich war es 2012 die Beschneidungsdebatte, die für öffentliche Aufregung sorgte: kann und soll eine medizinisch nicht notwendige Körperverletzung an Knaben zulässig sein? Widerspricht diese Praxis nicht dem höchsten Prinzip des deutschen Rechts, der „Würde des Menschen“, hier der unbedingten Schutzwürdigkeit auch des menschlichen Leibes? Der im 12.12.2012 vom Deutschen Bundestag neu beschlossene Artikel 1631 d setzte diesen Auseinandersetzungen ein vorläufiges, den gesellschaftlichen Frieden, den ordre public ,wahrendes Ende:

      „(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.“

      Artikel 2 dieses Gesetzes legt fest, daß der Eingriff nach den Regeln der medizinischen Kunst zu erfolgen hat.

      Bei alledem – und ich komme zu einer letzten Bemerkung – sollten wir uns darüber im Klaren sein, daß es – jedenfalls in unseren Breiten – die dem Judentum und der Antike entstammenden monotheistischen Religionen gewesen sind, die unserer Kultur der Moderne, zu der auch die Aufklärung zählt, ihre Basis gegeben haben.


      michabrumlik.de/tag/religion/

      Modern? Was ist an bronzezeitlichen, kinderverstümmelnden Riten modern?
      Alle Teile des kindlichen Körpers sind Eigentum allein des Kindes. Das Grundrecht auf Eigentum beinhaltet auch das Recht auf Vorhaut.
    • Wenigstens ist der erste Teil nicht durch Diffamierung und Demagogie gekennzeichnet, sondern zeigt die Problematik überraschend ehrlich auf. Das hat für Abhandlungen von Menschen, die sich für Beschneidung aussprechen, einen extremen Seltensheitswert. Umso absurder mutet die Schlussfolgerung an; deren Widersprüchlichkeit zur erstgenannten Diskussion um eine Verletzung der Menschenwürde ist allerdings erkennbar und im Übrigen nicht sonderlich glaubwürdig.

      Einem recht ordentlichen Tatsachenteil folgt also eine nicht sonderlich überzeugende Wertung.
    • Seltsam finde ich vor allem, was Herr Brumlik unter gesellschaftlichem Frieden versteht.

      Jeden Tag bekommen Jungen, egal welcher Herkunft oder welchen Glaubens ihre Eltern sind oder ob diese überhaupt irgendeinen Glaubens sind, ob medizinisch notwendig oder nicht, diesen "Frieden" an IHREM KÖRPER zu spüren, müssen mit ihren Schmerzen und ihrem lebenslang reduzierten sexuellen Erleben dafür gerade stehen.

      Ich kann derlei "Frieden" nur als Ausdruck tiefen Zynismus oder bedenklich selektiver Wahrnehmung sehen.

      Der Hinweis auf die Vorgabe, die MGM nach Regeln der ärztlichen Kunst vorzunehmen, und dann unerwähnt zu lassen, dass genau dies durch die Sonderklausel für Jungen unter sechs Monaten außer Kraft gesetzt wird, kann nur als unlauter gewertet werden. Das gleiche gilt für das Verschweigen der Tatsache, dass niemand in Deutschland Verstöße gegen §1631d ahndet, selbst bei lebensgefährlichen Zusatzpraktiken oder offener Bewerbung von MGM ohne Betäubung mit unzureichender Patientenaufklärung.
    • ... den gesellschaftlichen Frieden, den ordre public ,wahrendes Ende:


      Das ist mir auch aufgestoßen. Was soll das heißen? Wenn Kinder, auch männliche Kinder vom Staat geschützt würden, dann würde ein Bürgerkrieg losbrechen? Das ist doch lachhaft!
      Was für ein Friede soll das denn sein? Ein Friede auf Kommando? Friede den wehrlosen Kindern, oder denen, die sie verstümmeln wollen?
      Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt, wenn dem Rechtsempfinden der breiten Mehrheit vor den Kopf gestoßen wird, das soll einen dauerhaften Frieden geben?

      Aber am schlimmsten finde ich:

      auch über strafrechtliche Aspekte ist – spätestens nach dem mörderischen Anschlag auf „Charlie Hebd]“ – noch einmal nachzudenken und – ja – auch öffentlich über das Verhältnis von Freiheit der Kunst hier und künstlerischer Meinungsfreiheit zu streiten. So ist zum Beispiel sehr die Frage, ob nicht manche Karikatur von „Charlie Hebdo“ einem nach deutschem Recht nicht strafrechtlich zu verfolgen gewesen wäre, heißt es doch in § 166 StgB (1)

      „(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“


      Das heißt nichts anderes, als mörderischen Terroristen in den Arsch zu kriechen! :cursing:
      Alle Teile des kindlichen Körpers sind Eigentum allein des Kindes. Das Grundrecht auf Eigentum beinhaltet auch das Recht auf Vorhaut.
    • Immer schön beachten und nachdenken, wer sich von irgendwas beleidigt fühlen könnte, gell. Es kommt halt nicht darauf an, was du veröffentlichst, sondern wie es subjektiv von irgendwem anderes empfunden werden könnte. Und wenn die, die sich beleidigt fühlen, friedlich bleiben, dann darfst du das ruhig. Aber wenn die mit Aufstand und Gewalt drohen, dann tritt §166 in Kraft. §166 ein Paragraph nicht geschaffen für die friedlichen Religionen, nur für die unfriedlichen.
    • So ist zum Beispiel sehr die Frage, ob nicht manche Karikatur von „Charlie Hebdo“ einem nach deutschem Recht nicht strafrechtlich zu verfolgen gewesen wäre


      Spannend wäre es jetzt zu erfahren, welche Karikaturen Micha Brumlik hier konkret meint. ;)
      Alle Teile des kindlichen Körpers sind Eigentum allein des Kindes. Das Grundrecht auf Eigentum beinhaltet auch das Recht auf Vorhaut.
    • Ich bemerke, dass Brumlik die Würde des Menschen in Anführungszeichen setzt.

      Widerspricht diese Praxis nicht dem höchsten Prinzip des deutschen Rechts, der „Würde des Menschen“, hier der unbedingten Schutzwürdigkeit auch des menschlichen Leibes?


      Er hätte ersatzweise auch schreiben können: die sog. Würde des Menschen.
      So zeigt er Distanz zu solchen theoretischen Dimensionen wie die der Würde des Menschen.

      Dann folgen die Wort "unbedingt" und "auch des menschlichen Leibes". als wolle er die Würde begrenzen (worauf?) und von einer Bedingung abhängig machen. Welche denn?
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Was für ein Geistesblitz!

      Bei alledem – und ich komme zu einer letzten Bemerkung – sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass es – jedenfalls in unseren Breiten – die dem Judentum und der Antike entstammenden monotheistischen Religionen gewesen sind, die unserer Kultur der Moderne, zu der auch die Aufklärung zählt, ihre Basis gegeben haben.
      Das ist ja wohl der Gipfel des Zynismus! Wo hat der Mann Geschichte gelernt? In einem Priesterseminar?

      Kirche = Aufklärung?

      Na ja, Ursula von der Leyen war ja auch mal der Meinung, die 10 Gebote entsprächen den ersten 19 Artikeln unseres Grundgesetzes. Das lässt tief blicken.

      Wer hat denn fast 2.000 Jahre jegliches wissenschaftliches Denken, jeden Fortschritt in Mitteleuropa ruiniert und zum Stillstand gebracht, Schulen, Bibliotheken verkommen lassen oder vernichtet und ihre Bestände
      zerstört, den Anteil der Analphabeten in "unseren Breiten" auf 95 % „erhöht“ und eine „Kultur“ installiert, die außer Kirchenbauten und religiös zentrierten Kunstwerken absolut nichts auf die Reihe bekommen hat? Das war doch wohl die „monotheistische Religion“ Christentum, oder nicht?

      Wer hat denn den Menschen, die schon nicht lesen konnten, die Bibel dann auch noch auf Latein präsentiert?

      Und wie kam es eigentlich zur Aufklärung?

      Jetzt muss ich ausnahmsweise mal eine Lanze für den Islam brechen, denn es waren islamische Gelehrte, die, nachdem die katholische Kirche ab etwa 380 begonnen hat, jegliches antikes Wissen dem Erdboden gleich zu machen, ganze Bibliotheksbestände kopiert bzw. ins Arabische übertragen und somit dem christlichen Vernichtungswahn entzogen haben! Die Aufklärung hat uns diese Werte wieder zugänglich gemacht – und den wissenschaftlichen, kulturellen und sozialen Stillstand GEGEN DIE MACHT der Kirchen beendet. Und jetzt wollen die Kirchen ausgerechnet die Aufklärung für sich vereinnahmen? Das ist dreist!

      Der Islam entstammt übrigens nicht der Antike! Wohl aber sind in der Antike unsere wirklichen Wurzeln und Werte zu finden, etwa im Imperium Romanum z. B., welches Kultur und Religion der hoch zivilisierten Helenen assimiliert, man könnte auch sagen INTEGRIERT hat (SO geht Integration). Hätte es das im wahrsten
      Sinn des Wortes „finstere“, allerdings durch das Leuchten der Scheiterhaufen erhellte Mittelalter bzw. die frühe Neuzeit nicht gegeben, wären wir heute auf vielen Gebieten vermutlich 500 Jahre weiter!

      Dieses Geschwafel von christlich-jüdischen Werten (die Christen haben die Juden bis aufs Messer bekämpft) ist an Unwissenheit kaum zu übertreffen.

      Das dieser Schreiberling am Ende mit dem erhobenen Zeigefinger (übrigens eine beliebte Geste religiöser Mahner), sprich: dem „Gotteslästerungsparagrafen“ 166 StGB droht, passt wie der A*** auf den Eimer! Genau das ist das Niveau, auf dem heute gedacht (?) und diskutiert wird, seicht und opportunistisch. Unsere C-Politiker machen es vor – und Plappermäulchen macht es brav nach! Gehirn aus! So geht das!

      Übrigens nicht vergessen:

      epetitionen.bundestag.de/conte…1/_08/Petition_56759.html
      „Wer nichts weiß, muss alles glauben.“ (Marie von Ebner-Eschenbach)
    • Mario Lichtenheldt schrieb:

      Wer hat denn fast 2.000 Jahre jegliches wissenschaftliches Denken, jeden Fortschritt in Mitteleuropa ruiniert und zum Stillstand gebracht, Schulen, Bibliotheken verkommen lassen oder vernichtet und ihre Bestände
      zerstört, den Anteil der Analphabeten in "unseren Breiten" auf 95 % „erhöht“ und eine „Kultur“ installiert, die außer Kirchenbauten und religiös zentrierten Kunstwerken absolut nichts auf die Reihe bekommen hat? Das war doch wohl die „monotheistische Religion“ Christentum, oder nicht?


      Ich finde das ziemlich off-topic.
      Aber BTW, dass es 2.000 Jahre lang keinen Fortschritt in Mitteleuropa gegeben hätte ist nicht nachvollziehbar, vielleicht sollte man sich dann mal ein ehrliches Bild von Mitteleuropa im Jahre 15 machen.
      Da war übrigens Mitteleuropa noch gar nicht christianisiert. Da glaubte man in Germanien noch an Odin etc.
      Glauben heute übrigens wieder welche dran. An Autos von Neonazis findet man manchmal Aufkleber wie "Odin statt Jesus".
      Dass es in anderen Regionen der Welt mit anderen Religionen mehr Fortschritt gegeben hätte wäre auch erst mal zu beweisen.
      Witwenverbrennung war z.B. eher in Indien verbreitet. Und zwar noch ziemlich lange. Ganz ohne Christentum.

      Dass das Judentum sehr viel zum wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt beigetragen hat ist unbestreitbar. Die Verstümmelung von kleinen Jungen ragt da in bizarrer Weise heraus.

      Hickhack schrieb:

      ..ich hatte schon befürchtet, daß man das Thema Zirkumzision tatsächlich auch als Gläubiger Mensch angehen könnte - schön zu sehen, daß das anscheinend nicht geht.


      Kann ich nicht nachvollziehen. Das Thema kann man sicher auch als gläubiger Mensch angehen. Es wird auch von gläubigen Menschen angegangen.

      Es ist immer gut zu wissen, was hier nicht hingehört.
      Alle Teile des kindlichen Körpers sind Eigentum allein des Kindes. Das Grundrecht auf Eigentum beinhaltet auch das Recht auf Vorhaut.
    • Selbstbestimmung schrieb:

      Es ist immer gut zu wissen, was hier nicht hingehört.

      Da stimme ich zu. Mario, ich schätze Dich sehr, aber erstens ist das von Dir gezeichnete Bild ein schwarz-weißes Zerrbild, das mit der hoch komplexen historischen Realität nicht sonderlich viel zu tun hat und das man so eigentlich nicht stehen lassen kann, aber ich will das nicht weiter breitschlagen. Und zweitens gehört das hier absolut nicht hin.

      Bei aller berechtigter Kritik an diesem Artikel, diese Ausführungen haben wir hier so nötig gebraucht wie Zahnschmerzen.

      P.S.: ich gehöre nicht zu den Leuten, die weichspülen. Das sollte dem einen oder anderen Mitstreiter vielleicht schon aufgefallen sein. Wo Kritik angebracht ist, bin ich ein Anti-Gutmensch reinsten Wassers. Aber diese jämmerlichen gut-und-böse-Zeichnungen gehen mir gewaltig auf meinen nicht vorhandenen Sack.
    • Ich fühle mich durch die Ausführungen von Herrn Brumlik bezüglich meiner Weltanschauung sowie in meinem Glauben zu tiefst verletzt und sehe den öffentlichen Frieden durch seine "überraschenden" Schlussfolgerungen gestört. Wo muss ich jetzt nochmal Anzeige erstatten ;-)
      Der Unterschied zwischen Dogmatikern und Aufklärern besteht bei der Beschneidungsdebatte darin, dass die einen kindliche Vorhäute und die anderen alte Zöpfe abschneiden wollen. (Quelle: NoCut)