Weibliche Genitalverstümmelung und die Praxis in Deutschland. Hintergründe – Positionen zur Ethik – ärztliche Erfahrungen
Wie der Titel schon sagt, geht es in dieser Dissertation (Tag der mündlichen Prüfung: 2.5. 2012) um weibliche Genitalverstümmelung. Aber: Es gibt ein Kapitel "Exkurs: Zirkumzision und Männliche Genitalverstümmelung", und diese sieben Seiten haben's in sich:
Frau Graf verweist mehrfach auf eine Quelle von 2003 (!):
Schnüll, P./Terre des femmes (Hrsg.) (2003): Schnitt in die Seele. Weibliche
Genitalverstümmelung - Eine fundamentale Menschenrechtsverletzung. Mabuse.
Frankfurt/Main.
Wie der Titel schon sagt, geht es in dieser Dissertation (Tag der mündlichen Prüfung: 2.5. 2012) um weibliche Genitalverstümmelung. Aber: Es gibt ein Kapitel "Exkurs: Zirkumzision und Männliche Genitalverstümmelung", und diese sieben Seiten haben's in sich:
Weltweit werden jedes Jahr mehr als 13 Millionen Jungen Verstümmelungen an ihren Genitalien ausgesetzt, dies entspricht 20 Prozent der Jungen weltweit. Heute leben ungefähr 500 Millionen genitalverstümmelte Männer. Während weibliche Genitalverstümmelung weltweit Entsetzen und große Empörung hervorruft, wird die männliche Form der Genitalverstümmelung, beispielsweise auch in den USA, weitgehend akzeptiert. Der Begriff "male genital mutilation" (MGM) bzw. männliche Genitalverstümmelung wird sehr oft kritisch betrachtet, da befürchtet wird, FGM könnte verharmlost werden.
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Doch selbst wenn man demnach das anatomische und medizinische Ausmaß der weiblichen und der männlichen Genitalverstümmelung nicht vergleichen kann, ist der Begriff männliche Genitalverstümmelung zu verwenden, da auch Jungen unfreiwillig Opfer dieses Eingriffs werden und eventuell unter negativen Folgen zu leiden haben. Genitalverstümmelung von Jungen und Männern ist ebenfalls ein Verstoß gegen die Menschenrechte.
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Wie im Kapitel 2 "Historischer Kontext" dargestellt, werden die Ursprünge genitaler Verstümmelungen ethnologisch als Blutopfer und Ersatz für Menschenopfer gesehen. Seit jeher werden sie auch durchgeführt um Kontrolle über die Sexualität zu erlangen und zu sichern. Es ist davon auszugehen, dass auch die männliche Genitalverstümmelung ihre Wurzeln in Konzepten sexueller Unterdrückung und Macht hat.
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Männer, die als Babys beschnitten wurden, sind in der Regel nicht über die Funktion der Vorhaut aufgeklärt, sie wissen oft nicht, wie ein normaler Penis aussieht und funktioniert und wachsen in einem Umfeld auf, in dem fast alle Jungen und Männer beschnitten sind, sodass sie wenig Möglichkeiten haben ein Problembewusstsein zu entwickeln. Auch hier besteht eine deutliche Parallele zur FGM.
Wie bei der weiblichen Genitalverstümmelung erfolgen verstümmelnde Maßnahmen an den männlichen Genitalien weltweit gesehen in den allermeisten Fällen unter katastrophalen hygienischen Bedingungen, sodass die Jungen schwere Infektionen bis hin zu Sepsis und dem kompletten Verlust des Penis erleiden können.
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Unter den Befürwortern der männlichen Genitalverstümmelung herrscht oftmals die Fehlannahme vor, dass Babys keinen Schmerz fühlen. So erfolgt der Eingriff meist ohne jegliche Anästhesie, und der Schmerz, den die Säuglinge erfahren müssen, wird zum Trauma.
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Die männliche Vorhaut besitzt eine Vielzahl sensibler Nerven, die durch Beschneidung zerstört werden. Die Vorhaut dient der Eichel als Schutz und erhält deren sexuelle Sensibilität. Drüsen der Vorhaut produzieren Enzyme, die antivirale und antibakterielle Wirkung haben. Die Vorhaut verteilt die Gleitflüssigkeit des Penis beim Zurückziehen auf eine natürliche Weise und stimuliert durch ihre gleitende Ummantelung beim Geschlechtsverkehr den Mann sowie seine Partnerin.
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Wenn die Eichel ständig freiliegt, verhornt sie und verliert eventuell ihre Sensibilität. Betroffene Männer berichten über sensorische Defizite in der verbliebenen Vorhaut und an der Eichel und über sexuelle Dysfunktionen, die sich als Ejakulations- und Erektionsprobleme zeigen, da ihr Penis manchmal nicht über genügend Haut für eine Erektion verfügt. Teilweise erreichen die Betroffenen nur mit übergroßer Stimulation einen Orgasmus.
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Auch die Partnerinnen von genital verstümmelten Männern berichten über Konsequenzen für ihr Sexualleben. Da ihre Männer teilweise übermäßige Stimulation brauchen, neigen sie zu heftigen Stoßbewegungen, was zu Schmerzen bei den Frauen führt.
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Intimität und eheliches Glück können ebenso wie bei FGM durch ständig wiederkehrende Probleme auf sexueller Ebene erheblich gestört sein.
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Es ist davon auszugehen, dass viele Betroffene unbewusst an ihre Kinder weitergeben, was ihnen selbst angetan wurde. Beschnittene Väter projizieren mitunter ihre eigenen Ängste davor, beschnitten zu sein, auf den unversehrten Sohn, sodass auch dieser beschnitten werden muss, um die väterliche Angst zu reduzieren.
Die Folge ist eine Spirale aus Gewalt, Angst, Wut und Hass.
Frau Graf verweist mehrfach auf eine Quelle von 2003 (!):
Schnüll, P./Terre des femmes (Hrsg.) (2003): Schnitt in die Seele. Weibliche
Genitalverstümmelung - Eine fundamentale Menschenrechtsverletzung. Mabuse.
Frankfurt/Main.
Ein gerupfter Spatz verspottet das Gefieder seiner Artgenossen. (Sorbisches Sprichwort)