Nur als Atheist gegen Beschneidung?

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    • Nur als Atheist gegen Beschneidung?

      Wie seht Ihr das bzw. wie ist das bei Euch?
      Sind nur Atheisten gegen Beschneidung?
      Ich habe in mich reingehört und festgestellt, dass mich die Beschneidung eben auch deshalb abstösst, weil es etwas Religiöses ist. Wie gesagt auch.
      Ich persönlich finde auch die Taufe nicht richtig, denn dem Kind wird hier die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft aufgedrängt, die es vielleicht (wie in meinem Fall) gar nicht will. Der Austritt kostet dann 50 EUR und was noch viel schlimmer ist: für die Kirche werde ich ewig Christ sein, also ewig zu denen gehören. Der Bund lässt sich aus deren Sicht nicht mehr lösen.

      Kann man also als gläubiger Mensch auch gegen Beschneidung sein? Oder spricht da nicht schon die Toleranz, die man der eigenen Religion gegenüber erwartet, dagegen? Man möchte diese Toleranz vielleicht auch der anderen Religion entgegen bringen?
      Hat nicht jemand, der streng gläubig ist und meint, wenn er nicht jeden Sonntag zur Kirche geht, wird ihm etwas Schlimmes passieren, Verständnis für die Beschneidung?

      Bin schon gespannt auf Eure Antworten.
    • Hallo elho,

      es gibt Juden, Muslime und Christen, die gegen die Bschneidung sind. Insofern beantwortet sich deine frage, ob man als Gläubiger gegen die Beschneidung sein "kann", eigentlich von selbst.

      Zum Thema Toleranz: die Frage wie sich Gläubige (lt. ihrer Religion) gegenüber Andersgläubigen verhalten sollen, ist ungeklärt und wird i. d. R. weitestgehend den jeweiligen Gegebenheiten angepasst. Für das individuelle Verhalten ist letztendlich immer die Persönlichkeit verantwortlich und nicht die Religion, die - das wissen wir alle - im Zweifelsfall entweder "zweitgemäß interpretiert" oder wörtlich genommen werden muss/kann/soll.

      grüsse,
      B.o.B.
      Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
      George Orwell
    • Also tendenziell hast Du schon recht, denke ich. Ich glaube schon, dass ein Großteil der Gegner Atheisten oder zumindest "aufgeklärte und freigeistige" religiöse sind.
      Strenggläubigen dürfte es schwer fallen, eine religiöse Tradition oder wie von manchen so gesehen ein unbedinges religiöses Gesetz zu kritisieren.
      Je strenger, tiefer und orthodoxer der eigene Glaube, desto größer das Verständnis für die Rituale anderer Religionen.

      Ich persönlich wurde zwar getauft und christlich erzogen, hab mich aber inzwischen von der Kirche und Glauben allgemein verabschiedet, weil ich mir sicher bin, dass der Glaube an eine überirdische Macht und rationales Denken nicht miteinander vereinbar sind. Ich bin für mich fest der Überzeugung, dass wir leben und sterben. Davor und danach wird nichts sein.
      Aber soll gern jeder glauben und leben wie er das für richtig hält. Im Rahmen der Rechtsordung unseres Landes und der allgemein gültigen Menschenrechte.
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • elho schrieb:

      für die Kirche werde ich ewig Christ sein, also ewig zu denen gehören. Der Bund lässt sich aus deren Sicht nicht mehr lösen.

      Sowas habe ich noch nicht gehört. Ich kenne es nur so, dass man mit dem Austritt auch nicht mehr "dazugehört", z.B. nicht mehr kirchlich heiraten kann, kein christliches Begräbnis bekommt usw.

      Aber selbst wenn es so wäre, warum stört es dich das so sehr? Hat es Auswirkungen auf dein Leben? Es kann dir doch eigentlich egal sein, was die denken... ;)



      elho schrieb:

      Kann man also als gläubiger Mensch auch gegen Beschneidung sein?



      Klar. Ich bin gläubig und gegen die unfreiwillige Beschneidung.

      Empfinde aber dennoch Verständnis mit denen, die ihre Kinder beschneiden, die ernsthaft daran glauben, dass Gott die Beschneidung an Kindern verlangt.

      Ich kann deren Handeln und deren Empörung verstehen, finde es aber dennoch nicht gut.

      Für Gläubige hat dieses Leben, hier auf der Erde, nicht die Bedeutung, wie das Leben nach dem Tod...

      Es ist schwer zu erklären, und für Nichtgläubige sicher schwer nachvollziehbar...aber wenn man fest daran glaubt, dass sein Kind ohne die Beschneidung nicht in den Bund mit Gott treten kann, dann ist eine Verletzung und Schmerzen hier auf der Erde für diese Menschen einfach das kleinere Übel.

      Das betrifft aber i.d.R. nur die ganz Orthodoxen. Und für die gäbe es ja auch ohne Legalisierung, noch Möglichkeiten, ihr Kind zu beschneiden.
    • Es stimmt, dass auch durch die Taufe das Kind ungefragt in eine Religionsgemeinschaft integriert wird. Nun müssen wir aber festhalten, dass die Taufe gerade eine SYMBOLISCHE Handlung ist, wie wir sie jetzt ja auch den zwangsbeschneidenden Religionen abverlangen müssen.

      Im Ritual der Taufe wird dem Kind weder Schmerz in irgendeiner Form zugefügt noch wird es gebrandmarkt und in seiner körperlichen und sexuellen Integrität verletzt.

      D.h. man wäre dann bei der Frage, ob Kinder ÜBERHAUPT in religiösen Kontext aufwachsen sollen. Ich bin zweimaliger Taufpate und habe mir diese Fragen natürlich auch gestellt. Da ich weiss, dass in den betreffenden Familien ein sehr offenes und freigeistiges Christentum gelebt wird (und ich dies sowieso tu) hatte ich für die kleinen Würmer keine Bedenken und habe das Amt gerne übernommen.

      Ich denke, man kann durchaus religiös sein, und sich trotzdem eine kritische Distanz zu Übergriffen von Religionen bewahren, die es natürlich durchaus auch im Christentum gibt!

      Mir als Protestanten macht es momentan richtig Bauchschmerzen, wenn ich die Vertreter der Kirche zu Beschneidung sprechen höre. Das ist völlig falsch verstandene Toleranz, einfach, weil man zu feige ist, Konflikte einzugehen. Schäbich. Christentum bedeutet für mich, für die Schwachen und Wehrlosen zu sein. Mitgefühl zu entwickeln. In dem Sinn begehen die christlichen Kirchen gerade einen schlimmen Verrat an ihren eigenen Werten.
    • Also ich kenne eine evangelische Pfarrersfamilie, da ist jeder dagegen. Aber nicht trotz sondern wegen ihren Glaubens. Den erstens hat Jesus es als nicht nötig betrachtet und sie selbst setzen sich dafür ein erst im späteren Alter sich mit einer Religion verbinden zu müssen/können/dürfen.

      Eine die einzige jüdische Familie hier die ich kenne, und die offen bar auch die einzige ist lehnt es ebenfalls ab. Zumindest die Töchter und die Großmutter. Vater und Mutter interessiert es eher wenig.

      Eine katholische Freundin ist auch dafür die Menschen dies später ab 18 entscheiden zu lassen.

      Wie ihre Familie es sieht weiß ich noch gar nicht.


      Aber von einer Freundin aus einer Buddhistischen Familie höre ich reine Zustimmung für das Verbot der Knaben Beschneidung.


      Zu Muslimen hab ich leider keinen direkten Kontakt.



      Nach einem Artikel in der Haaretz weiß ich, dass es selbst in Israel Juden gibt, welche die Beschneidung von Kindern kritisieren. Tendenz steigend wenn auch langsam.



      Auf einer deutschen christlichen Internetseite sind zu Zeit etwa die Hälfte dafür und die Hälfte dagegen. Zur zeit liegen aber die Kritiker der Beschneidung mit 2 Stimmen leicht vorn.


      Eine schweitzer Zeitung meldet, das 25% der Juden und 6,8% der Muslime in der Schweiz für ein Verbot sind.
      20min.ch/schweiz/news/story/15838865


      Außerdem sucht sie nach den Leidensgeschichten von beschnittenen Männern: [email protected]



      Man muss also nicht atheistisch sein um zu sehen das die Beschneidung unter 18 fragwürdig ist.
    • aha. die Zahl (12%) ist ja schon sehr interessant!
      Habe 12min.ch angemailt. Die suchen ja Zeugnisse Beschnittener...
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Was wollen die mit meinem Zeugnis? Ob ich in Mathe deswegen so mau war, weil ich beschnitten bin? Interessanter Aspekt.... :D
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Bei Juden sind es aber auch oft die Nicht-Religiösen, die Beschneidungskritiker sind. Das ist auch ein Unterschied zwischen Juden und Muslimen. Da Juden sich sowohl religiös als auch ethnisch als Juden sehen, gibt es auch atheistische Juden.

      Aber es gibt keine atheistischen Moslems. Wenn ein Muslim nicht mehr an Gott glaubt, ist er kein Muslim mehr.

      Was mich an der Umfrage erstaunt hat, ist, dass die Mehrheit der Mitglieder von Freikirchen gegen ein Verbot sind. Von denen hätte ich das am wenigsten erwartet...Ich frage mich WARUM sie gegen ein Verbot sind...
    • Anna schrieb:

      Da Juden sich sowohl religiös als auch ethnisch als Juden sehen, gibt es auch atheistische Juden.


      Hi Anna,

      was ich schon immer über Religion wissen wollte, aber mich nie zu fragen wagte:

      Für den Fall, dass sich ein Jude taufen lässt, könnte/müßte man dann von einem evangelischen oder katholischen Juden sprechen? Analog wäre ein Jude, der zum Islam übertritt, dann ein muslimischer Jude. Irgendwie klingt das aber nach Oxymoron. Was meinst du?

      grüsse,

      B.O.Bachter
      Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
      George Orwell
    • Hm, ich weiß dass Juden, die Jesus als Messias annehmen, das NT annehmen, und an die Dreifaltigkeit glauben, sich "messianische Juden" nennen.

      Allerdings werden sie von anderen Juden nicht mehr als Juden anerkannt.

      Wie es mit Juden läuft, die zum Islam konvertieren, weiß ich nicht. Aber ich denke, dass auch sie nicht mehr akzeptiert werden, wenn man schon mit Christen so verfährt.

      Atheistische Juden werden aber auf jeden Fall anerkannt und gehören weiterhin zur jüdischen Gemeinde.

      Liebe Grüße