„Der Sündenfall des Rechtsstaats“ von Tilman Jens

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    • „Der Sündenfall des Rechtsstaats“ von Tilman Jens

      echo-online.de/freizeit/kunstk…ilman-Jens;art639,4077414

      Etwa, wenn Außenminister Westerwelle den Diskurs autoritär beenden will mit dem Satz: „Wer in Deutschland Beschneidungen untersagt, untersagt jüdisches Leben in Deutschland.“ Solche thematischen Verkürzungen sieht Jens als Fehlableitung vor dem Hintergrund einer bekannten Strategie: „In einer ideologisch maßlos aufgeplusterten Debatte wird der Antisemitismus-Vorwurf zum ultimativen Totschlag-Argument. Leichter lässt sich kein Gegner killen.“
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Naja, wenn ich "eine Streitschrift zum neuen Religionskampf" lese, wird mir kotzübel.

      Die zitierten Passagen sind allerdings nicht zu verachten, ich schließe mich auch dem folgenden Statement an:
      Jens geht es stets ums Staatsverständnis, auch um das, was einst Verfassungs-Patriotismus genannt wurde. Für ihn gibt es eben keine Verfassung nach Belieben, kein Selbstbedienungs-Grundgesetz, in dem man sich die Rosinen pickt und weniger Angenehmes ignoriert.

      Und dies hier hört sich sehr vielversprechend an:
      Anders als viele Diskutanten, hat sich Jens auch körperlich-medizinisch tief ins Thema begeben. Er drehte für die ARD eine Dokumentation zur Beschneidung, die er konsequent „Zwangsbeschneidung“ nennt, da sie ohne Einwilligung der Betroffenen vollzogen wird. Jens sprach mit vielen jüdischen und muslimischen Beschneidern, mit Ärzten und älteren Beschnittenen, mit Müttern und Vätern, die der Prozession (Jens: „Ein Zeugnis des Grauens“) beiwohnten.
    • Ich habe es schon vor geraumer Zeit gelesen und halte es für sehr lesenswert. Es ist zwar ein wenig anekdotenhaft, indem es allerlei Einzelmeinungen, Skurriles und Absurdes insbesondere auch aus der Beschneidungsdebatte aneinnanderreiht, trotzdem zeichnet Jens meines erachtens ein stimmiges und besorgniserregendes Gesamtbild.
    • R2D2 schrieb:

      Ich habe es schon vor geraumer Zeit gelesen und halte es für sehr lesenswert. Es ist zwar ein wenig anekdotenhaft, indem es allerlei Einzelmeinungen, Skurriles und Absurdes insbesondere auch aus der Beschneidungsdebatte aneinnanderreiht, trotzdem zeichnet Jens meines erachtens ein stimmiges und besorgniserregendes Gesamtbild.
      Ich habe das Buch ebenfalls gelesen und stimme R2D2 absolut zu. Jens versteht es, die Debatte von allerlei Geschwurbel zu reinigen und auf die wesentlichen Punkte einzudampfen. Dafür ist polemische Überspitzung ein legitimes und wirksames Mittel. In diesem Sinne ist auch "Religionskampf" zu verstehen. Es geht Jens nicht um "Religion an sich", sondern um die unrühmliche Rolle, die manche Religionsvertreter in der Debatte gespielt haben.

      Jens, Sohn des kürzlich verstorbenen Walter Jens, hat übrigens eine Fernsehsendung mit dem Titel " Streitfall Beschneidung" gedreht, in der auch Alex Bachl zu Wort kam. Wurde hier schon mehrfach besprochen.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • werner schrieb:

      Jens, Sohn des kürzlich verstorbenen Walter Jens, hat übrigens eine Fernsehsendung mit dem Titel " Streitfall Beschneidung" gedreht, in der auch Alex Bachl zu Wort kam.
      Ja, das war mir in Erinnerung.

      Eben dann, wenn der Inhalt des Buches gut ist, ist der Untertitel umso unglücklicher. Der angebliche "Kampf" von "religiös" gegen "antireligiös", den so manche Feindbild-Atheisten aus der Problematik zu stricken suchten, war eines der Unterwasser-Riffe der Debatte. Es gibt auch viele religiös orientierte Beschneidungsgegner. Beschneidungskritik hat nichts mit Weltanschauung zu tun, und es ist mehr als schade, wenn das nicht eindeutig kommuniziert wird. Schade auch um jeden nicht-atheistischen Interessenten, der die Debatte und die Problematik eigentlich genauso kritisch betrachtet und von solch einem Untertitel eher abgeschreckt wird.

      Der Haupttitel zitiert ja eine Aussage Reinhard Merkels - dessen außergewöhnliche sprachliche Eloquenz hier mal wieder durchschimmert. ^^

      Nachdem hier einige gute Rezensionen abgegeben wurden, werde ich mir das Buch wohl auch kaufen. Ein von einem großen Geist dieser Republik "geklauter" Titel zusammen mit einem bedenklichen Untertitel hätten mich, so gesehen, nicht angetörnt. Ein Jammer, wenn der Inhalt des Buches am Ende überzeugend ist.
    • Maria Werner schrieb:

      Schade auch um jeden nicht-atheistischen Interessenten, der die Debatte und die Problematik eigentlich genauso kritisch betrachtet und von solch einem Untertitel eher abgeschreckt wird.
      Das wäre in der Tat schade. Auf der anderen Seite könnte ich mir gut vorstellen, dass gerade diejenigen Gläubigen, die der Beschneidung und den Äusserungen einiger Religionsvertreter in der Debatte kritisch gegenüberstehen, an einer Verdeutlichung und damit einer Abgrenzung ihrer eigenen Position interessiert sind. Oder anders gesagt: man sollte vielleicht die "Belastbarkeit" der Gläubigen nicht unterschätzen. ;)
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Maria Werner schrieb:

      Der angebliche "Kampf" von "religiös" gegen "antireligiös", den so manche Feindbild-Atheisten aus der Problematik zu stricken suchten
      Ich sehe das so, dass Bemühungen von Menschen für Menschentrechte von den Funktionären der Religionsgemeinschaften bereitwillig als Kampfansage wahrgenommen werden. Und es reicht, wenn einer das als Kampf ansieht. Seine Reaktion ist dann die Einleitung für die Reaktion der Gegenseite. Diese Einladung zu einem perfiden Spiel sollte man ablehnen.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Guy schrieb:

      Seine Reaktion ist dann die Einleitung für die Reaktion der Gegenseite.

      Naja, sooo unschuldig würde ich die "Reaktion" mancher allzu eifriger Antireligiöser in keinem Fall sehen. Die Debatte schien ihnen ja geradezu willkommen zu sein, um mal so richtig auf den Putz zu hauen.

      In einem gebe ich Dir Recht: wir sollten uns auf keinen Fall darin verfangen lassen. Wer immer ein Interesse an diesen Grabenkämpfen hat, von beiden Seiten, dient dem Interesse der Sache selbst nicht.

      Unbestreitbar haben sich die oberen Etagen aller drei abrahamitischen Religionen hier aufgeführt wie Graf Zahl, aber dass die Politik meinte, sie müsste verfassungsrechtliche Grenzen übertreten, eine gesellschaftliche Debatte abwürgen und wie ein aristokratischer Zirkel agieren, ist vorrangig ein Problem der Politik. Es wäre der Politik unbenommen gewesen, die Stellungnahmen von Fachleuten und Experten einzuholen und zu respektieren, statt ausgerechnet Frau Deusel (!!!!!) zu konsultieren. Natürlich ist das ein Skandal. Aber dafür kann der Katholik von nebenan nix, auch dann nicht, wenn er in seiner Kirche organisiert ist.

      Was ich nicht will, sind Grabenkämpfe innerhalb der Gesellschaft, und ich will auch nicht, dass es so aussieht. Davon hat wirklich keiner etwas. Sprüche wie die im Untertitel mag ich nicht, sie gießen Öl ins Feuer, statt alle gesellschaftlichen Kräfte, die sich auf die verfassungsmäßige Werteordnung einigen und Legalisierungen von Genitalverstümmelungen Minderjähriger ablehnen, anzusprechen.
    • Ich bin ganz bei dir :love:
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • ...ach und nebenbei bemerkt: der größte Teil des deutschen Journalismus hat mal wieder kein Ruhmesblatt abgegeben. Wie so oft, wenn gesellschaftlich kontroverse Fragen auftauchen. Polemik, Verharmlosungen, Mangel an Recherchen, Einseitigkeit, Verunglimpfungen unliebsamer Meinungen. Ein Gegeneinanderhalten widerstreitender Argumente, wie man das in der New York Times oder im Wall Street Journal gelegentlich findet, ist offensichtlich zu viel verlangt. Aber deswegen gibt keiner eine "Streitschrift zum neuen Kampf gegen den Journalismus" heraus. Wäre ja auch bescheuert.
    • Maria Werner schrieb:

      Der angebliche "Kampf" von "religiös" gegen "antireligiös", den so manche Feindbild-Atheisten aus der Problematik zu stricken suchten, war eines der Unterwasser-Riffe der Debatte.

      Hast Du Beispiele für diese "Feindbild-Atheisten" (was soll das eigentlich sein?)? Meinem Empfinden nach war es genau umgekehrt, Beschneidungsrechtfertiger haben die Kritik als "antireligiös" verteufelt (Stichwort Vulgärrationalismus) und einen Kampf herbeigeredet. Wie Guy schon schrieb, sollte man sich aber besser nicht auf eine solche Diskussion einlassen.
      Ein gerupfter Spatz verspottet das Gefieder seiner Artgenossen. (Sorbisches Sprichwort)
    • Feindbild-Atheist: Person, die in Religiosität "das Böse" der Welt sieht und sie deswegen allenthalben zu bekämpfen sucht. Aktiv und überall, d.h. intolerant gegenüber denen, die nicht atheistisch sind. Zumindest sehr aufdringlich, will jedem die eigenen antireligiösen Ansichten auf's Auge drücken, der nicht bei 3 auf den nächsten Baum gesprungen ist. Probleme: zahlreich. Religiöse Mitstreiter angepi**t, Religionsgemeinschaften fühlten sich frontal angegriffen, Tonart wechselte oft ins Unterirdische, Beschneidungsgegner wurden seitens der Gegner wegen dieser Typen allesamt als Religionshasser betrachtet; gemäßigte, spirituell orientierte oder religiöse Beschneidungskritiker wurden abgeschreckt, Fronten verhärtet. Die Frontenbildung ging natürlich von beiden Seiten aus, aber die Feindbild-Atheisten haben sich für ihren Teil zu verantworten. Für uns als Kritiker sehr nachteilig.

      Allein auf der Facebook-Page "Finger weg von meinem Pimmel" gern und zahlreich vertreten. Sehr nett auch, wenn mit der Beschneidung die religiöse Erziehung von Kindern insgesamt verboten werden soll, auch die Taufe. Super Idee. Und dann kamen die Religionsgruppen an, griffen das auf und stänkerten zurück und so weiter und so weiter. Aber ich kopiere das jetzt nicht alles raus, hab komplett die Pipeline voll. Hier im Forum wurde irgenwann nicht ohne Grund die Charta eingeführt, in der man sich verpflichtet, keine allgemeine Religionskritik zu üben - das hatte hier natürlich auch ein gewisses Vorspiel.
    • Hast Du Beispiele für diese "Feindbild-Atheisten" (was soll das
      eigentlich sein?)? Meinem Empfinden nach war es genau umgekehrt,
      Beschneidungsrechtfertiger haben die Kritik als "antireligiös"
      verteufelt (Stichwort Vulgärrationalismus) und einen Kampf
      herbeigeredet.
      Hi Cato, das empfinde ich auch so. Vulgärrationalismus war eine besonders perfide Form der pauschalen Verleumdung von KinderrechtlerInnen durch unser Staatsoberhaupt.

      Das ändert nichts an der Tatsache, dass manche Leute in Diskussionen den Aufhänger Zwangsbeschneidung nutzten, um religiöse Erziehung oder das Aufwachsen in religiösen Traditionen per se oder wie man es nennen will untersagen lassen zu wollen, Stichwort Verbot der Taufe (man übersieht den Unterschied zwischen einer symbolischen Handlung und einer Amputation eines Teils des menschlichen Körpers).

      Dies geschah z.T. durchaus verbalaggressiv, das habe ich auch zu spüren bekommen.

      Dann natürlich auch das üblich Schlimme "dann sollen sie halt woanders hingehen", eine besonders skandalöse Haltung, geht es schließlich um den Schutz der Kinder vor Genitalverstümmelungen und nicht darum, die Kinder einfach woanders der VA auszusetzen, nach dem Motto, dann sind wir das Problem los.

      Sprich, es gab auch einige VA-Kritiker, denen es um weit mehr oder gar um anderes ging als um den Schutz der Kinder.

      Und uns in diesem Forum geht es NUR um den Schutz der Kinder (und um die Erwachsenen, die mit den Folgen einer ZwangsVA leben müssen).

      Darum, dass es KEINEN Rechtfertigungsgrund geben darf, natürlich auch keinen religiösen, Kinder in ihrem Recht auf sexuelle und körperliche Selbstbestimmung zu verletzen.

      Das schließt freilich nicht aus, dass Kinder leider auch auf anderen Ebenen Verletzungen und Demütigungen ausgesetzt sind, auch in religiösem Rahmen, ich denke da z.B. an Drohszenarien.
      Dies ist aber HIER kein Thema, so wichtig es auch sein mag, sondern muß in anderen Foren diskutiert werden - und wird es hoffentlich auch.
    • Traum von einer Einheitswelt

      Klingt gut und richtig. Allerdings ist das öffentliche Gespräch über Religion von den ausgeflippten Stimmen beherrscht. Ein Büchlein wie das des Journalisten Tilman Jens ist hierfür symptomatisch: Es ist eine „Streitschrift zum neuen Religionskampf“, die bereits sprachlich blank zieht. Da spricht einer von „Fronten“, „Krieg“ und dem „Lager der Frommen“ – und beklagt gleichzeitig die „Diffamierung säkularer Gesinnung“ durch die Widerredner solcher Stammtischparolen. Wie simpel, wie gedankenarm.

      Dass es das kluge, aber komplizierte juristische Instrument der Güterabwägung etwa gibt, wird von Tilman Jens kühn ignoriert. Dass Grundrechte in Widerstreit geraten können, zum Beispiel im Streit um Beschneidung, dass eben diese Konflikte die Moderne ausmachen, will er nicht wahrhaben – er träumt von einer Einheitswelt, ohne Fremde, ohne Andere. Man kann ja mit Gründen für einen starken Laizismus plädieren, also eine strikte Trennung von Staat und Religion, aber man wird damit nicht die grundlegenden Konflikte zwischen säkularer Gesellschaft und Religionen lösen. Mit Gesetzen sind Religionen nicht aus der Welt zu schaffen, es sei denn durch „Krieg“, es sei denn durch einen Rechtsfundamentalismus, der wie alle Fundamentalismen wäre: gewaltsam.

      Verdammt. Müssen eigentlich ständig irgendwelche Typen diese Schlammschlacht "religiös - antireligiös" auf dem Rücken des so wichtiges Themas Genitalverstümmelung von Jungen ausfechten?

      Beschneidung ist eine irreversible Körperverletzung im Genitalbereich von Minderjährigen mit schwerwiegenden Folgen = Genitalverstümmelung. Zur Rechtslage und der Frage, ob sich Genitalverstümmler auf die Religions- oder Kunst- oder sonstwas-Freiheit berufen können, einfach mal einen Juristen befragen - aber einen, der nicht fundamentalistisch angetriggert ist und eine ehrliche Auskunft gibt. Das sind fast alle. Das Instrument der Güterabwägung gibt es in der Tat, nur spielt es für die Frage Beschneidung von Jungen ja oder nein auch nicht die geringste Rolle. Es gibt nichts abzuwägen. Gar nichts. So wenig, wie es etwas abzuwägen gäbe, wenn man sein Kind aus religiösen Gründen auspeitschen oder vergewaltigen wollte.

      Es ist so einfach.

      Übrigens verstehe ich nicht, was "Rechtsfundamentalismus" sein soll. Wenn das bedeuten soll, die Grundsätze der Verfassung konsequent durchzusetzen, dann bin ich auch rechtsfundamentalistisch. Was für'n beknacktes Wort. Erinnert gleich mal an "faschistisch".

      Der Artikel fängt im Grunde sehr gut an und endet in einem Desaster.
    • Zu den "ausgeflippten Stimmen" gehört der Autor des von R2D2 verlinkten Artikels, Dirk Pilz, allemal mehr als Tilman Jens. Pilz hat etliche Artikel zum Thema " Beschneidungskritik=Rechtsfundamentalismus=Atheismus" veröffentlicht und damit die Debatte erheblich mehr "beherrscht" und angeheizt als Jens, dessen Büchlein so gut wie überhaupt nicht beachtet wurde. Diese infame Verdrehung wie seine "Kritik" an Jens ist nichts als blanke Diffamierung übelster Sorte. Mit seinen Artikeln hat Pilz selbst ganz erheblich und von Anfang an zum "Religionskampf" beigetragen, den er jetzt bigotterweise kritisiert.

      Und natürlich lässt Pilz die Gründe für den "Atheismus" wie z.B. den Missbrauchsskandal und den Schulterschluss der Religionen in der Beschneidungsdebatte weg. Womöglich sind auch die Missbrauchskritiker in seinen Augen "Atheisten" und "Rechtsfundamentalisten".

      Es wäre mir lieber, ich könnte Leute wie Pilz einfach ignorieren. Den Vorwurf, Beschneidungskritik gefährde den sozialen Frieden und führe zum "Krieg", kann man allerdings auch nicht im Raum stehen lassen.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • werner schrieb:

      und damit die Debatte erheblich mehr "beherrscht" und angeheizt


      Das erinnert an Biedermann und die Brandstifter.
      Wie sagt Wuguer? Nicht mal ignorieren sollte man den!
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Wuguer

      Ich will mich beschweren. Ich werde aufs Gröbste verunglimpft! *böseguck*
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • In eigener Sache

      Maria Werner schrieb:

      Zitat von »werner«

      Jens, Sohn des kürzlich verstorbenen Walter Jens, hat übrigens eine Fernsehsendung mit dem Titel " Streitfall Beschneidung" gedreht, in der auch Alex Bachl zu Wort kam.
      Ja, das war mir in Erinnerung.

      Maria Werner schrieb:

      Eben dann, wenn der Inhalt des Buches gut ist, ist der Untertitel umso unglücklicher. Der angebliche "Kampf" von "religiös" gegen "antireligiös", den so manche Feindbild-Atheisten aus der Problematik zu stricken suchten, war eines der Unterwasser-Riffe der Debatte. Es gibt auch viele religiös orientierte Beschneidungsgegner. Beschneidungskritik hat nichts mit Weltanschauung zu tun, und es ist mehr als schade, wenn das nicht eindeutig kommuniziert wird. Schade auch um jeden nicht-atheistischen Interessenten, der die Debatte und die Problematik eigentlich genauso kritisch betrachtet und von solch einem Untertitel eher abgeschreckt wird.

      Maria Werner schrieb:

      Der Haupttitel zitiert ja eine Aussage Reinhard Merkels - dessen außergewöhnliche sprachliche Eloquenz hier mal wieder durchschimmert. ^^

      Maria Werner schrieb:

      Nachdem hier einige gute Rezensionen abgegeben wurden, werde ich mir das Buch wohl auch kaufen. Ein von einem großen Geist dieser Republik "geklauter" Titel zusammen mit einem bedenklichen Untertitel hätten mich, so gesehen, nicht angetörnt. Ein Jammer, wenn der Inhalt des Buches am Ende überzeugend ist.

      Liebe(r) Maria Werner,
      nein, geklaut ist der Titel "Der Sündenfall des Rechtsstaats" ganz gewiss nicht. Auf Seite 124 heißt es explizit "Reinhard Merkel verdanke ich die Formulierung vom 'Sündenfall des Rechtsstaats', ein Zitat also! Die Formulierung selbst taucht bereits in Arbeiten anderer Autoren aus den 80er und 90er Jahren auf. Trotzdem: Dank für die Debatte hier. Ich werde mich mit dem Thema "Staat und Kirche" übrigens in einem längeren Fernseh-Feature für die ARD beschäftigen. "Die Koalition der Frommen - Wie viel Religion verträgt die Republik", 4. September 2013, 23:30 Uhr im Ersten. Auch das Thema Beschneidung wird da noch einmal auftauchen.
      Tilman Jens
    • Hallo Herr Jens,

      sehr herzlichen Dank für Ihr Feedback! Ich weiß den Dialog über solche Dinge sehr zu schätzen. An dieser Stelle möchte ich klarstellen, dass ich es keineswegs kritisiere, wenn man etwa allgemein Probleme der Sekularität anspricht. Selbst in religiösen Kreisen selbst - denen ich übrigens gar nicht angehöre, um Missverständnissen vorzubeugen - wird diese Thematik durchaus diskutiert.

      Die Beschneidungsdebatte indes hat und hatte ihre ganz eigenen Sensibilitäten und Fallstricke. Hiervon abgesehen nehmen wohl alle denkbaren Interessengruppen und Lobbyisten Einfluss auf politische Entscheidungen - gleichwohl, ich laste es der Politik selbst an, den Verfassungsbruch begangen zu haben, und nicht irgend einem spezifischen Religionsvertreter.

      Danke für den Hinweis auf die Zitierung Reinhard Merkels, ich hatte mir das fast schon gedacht, daher die Anführungsstriche. Es geht mir keineswegs darum, die Seriosität Ihrer Arbeit in Zweifel zu ziehen. Das Zitat selbst hätte ich persönlich als Titel übrigens genial gefunden, nur in Kombination mit einer "Streitschrift" und einem "Religionskampf" ist bei mir durchaus der Puls hochgegangen. Ausgerechnet DER Spruch, von allen Sprüchen dieser Welt. Das war für mich der absolute Supergau. Ich möchte dazu anmerken, dass ich fast schon ein komplettes Jahr damit verbracht habe, die Thematik "Kampf den Religionen" aus der Beschneidungskritik herauszunehmen. Quasi im täglichen Kleinkrieg. Wir haben hier im Forum wochenlang darüber diskutiert, und selbst Harald Stücker als einer der bekanntesten Protagonisten der GBS hatte die Problematik schon sehr frühzeitig angesprochen (Evidentist.

      Ich bin davon überzeugt, Herr Jens, dass Sie gute journalistische Arbeit geleistet haben und ich bin Ihnen auch dankbar dafür, dass Sie sich des Themas annehmen. Es ist ein spannendes, vielfältiges, tiefgründiges Thema. Je tiefer man es erforscht, desto mehr tut sich auf. Es ist schier unerschöpflich. Die Hintergründen der Debatte und der Politik bergen ungeahnte Facetten. Nur eines ist die Thematik ganz sicher nicht: langweilig.

      Ich werde mir das Buch also kaufen, und wenn es mir gefällt, wie es hier auch den anderen Teilnehmern gefallen hat, werde ich in den Rezensionen darauf hinweisen, dass der missverständliche Untertitel nicht abschrecken sollte.
    • Maria Werner schrieb:

      Ich werde mir das Buch also kaufen, und wenn es mir gefällt, wie es hier auch den anderen Teilnehmern gefallen hat, werde ich in den Rezensionen darauf hinweisen, dass der missverständliche Untertitel nicht abschrecken sollte.
      Dito. ist bestellt.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)