In der Recklinghäuser Zeitung vom 22.11.2012 habe ich folgenden Leserbrief veröffentlicht:
Die Beschneidungsdebatte macht Angst! Zum Beispiel davor, dass es Religionsgemeinschaften gelingt, unsere Verfassung auszuhebeln, wenn sie nur laut genug auftreten. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit in Art. II unseres Grundgesetzes ist ein Grundrecht, hinter dem nachrangige Rechte zurückstehen. Das Recht auf Religionsfreiheit zum Beispiel ist ein solches nachrangiges Recht, was es aber ganz sicher ebenfalls zu schützen gilt. Es ist jedoch ein Argumentationsfehler, das Recht auf Religionsfreiheit daran zu koppeln, dass einem zugleich das Recht auf den Körper eines anderen eingeräumt wird. Um den Deckmantel sprachlicher Schönfärberei mal ganz wegzuziehen: Geht es hier nicht eigentlich darum, dass deutsche Staatsbürger (auch kleine Kinder sind das schon) zukünftig gezwungen sind, sich blutig an ihren Geschlechtsteilen verletzen zu lassen, wenn andere Bürger ihr Recht auf freie Religion daran ausüben wollen? Und dass Erwachsene nur religiöse oder traditionelle Argumente herzuholen brauchen, um den Griff in die Unterhose von Kindern zu legalisieren? Wo fängt das an – und wo hört das auf? Das kann einem schon ganz schön Angst machen!
Ebenso macht mir dieses Gottesbild Angst. Was ist das für ein brutaler Gott, der für den Bund mit ihm Schmerzen und Blutopfer fordert? Mein Verständnis von Religion ist auf die Bejahung der Schöpfung ausgerichtet, allein auf das Heil, nicht auf Zerstörung, Verletzung, Blut und Schmerzen. Sind es nicht furchtbar brutale Schmerzen, die Eltern ihren Kindern zumuten? Die Literatur belegt, dass das Schmerzunterdrückungssystem von Neugeborenen erst einige Monate nach der Geburt funktionstüchtig ist. Dies und die erlebte Hilflosigkeit, nicht von den eigenen Eltern beschützt worden zu sein, kann massive Traumatisierungen zur Folge haben, wovor Kinderärzte und Psychologen ja auch deutschlandweit massiv warnen.
Angst macht mir auch die Art, wie diese Religionsgemeinschaften die Diskussion führen. Die Beschneidungsdebatte auf die Ebene des Holocaust zu heben, ist eine unerträgliche Verkürzung der Bedeutsamkeit des Massenmordes von Millionen von Juden. Religionsgemeinschaften tun sich keinen Gefallen, wenn sie der Öffentlichkeit mit geradezu inflationären Antisemitismus- oder Ausländerfeindlichkeits-Vorwürfen ein generelles Diskussionsverbot über sich auferlegen. Wenn sie daraus auch noch die Grundfeste der Sicherheit in unserer Gesellschaft in Frage stellen, kann dies breite Angst auslösen. Aus Angst entsteht Feindseligkeit, das lehrt die Geschichte. Wehret den Anfängen!
Zum Leserbrief - und den Reaktionen darauf:
[url=http://www.westline.de/lokales/recklinghausen/nachrichten/ln/Verfassung-wird-ausgehebelt;art1803,1182626]westline | Verfassung wird ausgehebelt[/url]
Die Beschneidungsdebatte macht Angst! Zum Beispiel davor, dass es Religionsgemeinschaften gelingt, unsere Verfassung auszuhebeln, wenn sie nur laut genug auftreten. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit in Art. II unseres Grundgesetzes ist ein Grundrecht, hinter dem nachrangige Rechte zurückstehen. Das Recht auf Religionsfreiheit zum Beispiel ist ein solches nachrangiges Recht, was es aber ganz sicher ebenfalls zu schützen gilt. Es ist jedoch ein Argumentationsfehler, das Recht auf Religionsfreiheit daran zu koppeln, dass einem zugleich das Recht auf den Körper eines anderen eingeräumt wird. Um den Deckmantel sprachlicher Schönfärberei mal ganz wegzuziehen: Geht es hier nicht eigentlich darum, dass deutsche Staatsbürger (auch kleine Kinder sind das schon) zukünftig gezwungen sind, sich blutig an ihren Geschlechtsteilen verletzen zu lassen, wenn andere Bürger ihr Recht auf freie Religion daran ausüben wollen? Und dass Erwachsene nur religiöse oder traditionelle Argumente herzuholen brauchen, um den Griff in die Unterhose von Kindern zu legalisieren? Wo fängt das an – und wo hört das auf? Das kann einem schon ganz schön Angst machen!
Ebenso macht mir dieses Gottesbild Angst. Was ist das für ein brutaler Gott, der für den Bund mit ihm Schmerzen und Blutopfer fordert? Mein Verständnis von Religion ist auf die Bejahung der Schöpfung ausgerichtet, allein auf das Heil, nicht auf Zerstörung, Verletzung, Blut und Schmerzen. Sind es nicht furchtbar brutale Schmerzen, die Eltern ihren Kindern zumuten? Die Literatur belegt, dass das Schmerzunterdrückungssystem von Neugeborenen erst einige Monate nach der Geburt funktionstüchtig ist. Dies und die erlebte Hilflosigkeit, nicht von den eigenen Eltern beschützt worden zu sein, kann massive Traumatisierungen zur Folge haben, wovor Kinderärzte und Psychologen ja auch deutschlandweit massiv warnen.
Angst macht mir auch die Art, wie diese Religionsgemeinschaften die Diskussion führen. Die Beschneidungsdebatte auf die Ebene des Holocaust zu heben, ist eine unerträgliche Verkürzung der Bedeutsamkeit des Massenmordes von Millionen von Juden. Religionsgemeinschaften tun sich keinen Gefallen, wenn sie der Öffentlichkeit mit geradezu inflationären Antisemitismus- oder Ausländerfeindlichkeits-Vorwürfen ein generelles Diskussionsverbot über sich auferlegen. Wenn sie daraus auch noch die Grundfeste der Sicherheit in unserer Gesellschaft in Frage stellen, kann dies breite Angst auslösen. Aus Angst entsteht Feindseligkeit, das lehrt die Geschichte. Wehret den Anfängen!
Zum Leserbrief - und den Reaktionen darauf:
[url=http://www.westline.de/lokales/recklinghausen/nachrichten/ln/Verfassung-wird-ausgehebelt;art1803,1182626]westline | Verfassung wird ausgehebelt[/url]