13. März 2018, Potsdam: Famelab-Vortrag "Eine Vorhaut ist keine Krankheit."

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    • 13. März 2018, Potsdam: Famelab-Vortrag "Eine Vorhaut ist keine Krankheit."

      Hallo,

      morgen, am 13. März findet der Potsdamer Regionalwettbewerb von Famelab statt. Das ist ein Science Slam von 3 Minuten Dauer ohne Powerpoint (je Teilnehmer).

      Da werde ich einen Vortrag "Eine Vorhaut ist keine Krankheit." mit einem selbstgenähten Plüschpimmel halten. Nicht um zu gewinnen, sondern der Sache wegen, aus Spaß und als ein Akt der Selbstermächtigung.

      Wer Lust und Zeit hat, darf gerne kommen: Von 15 bis 17 Uhr auf dem GFZ Campus Telegrafenberg in Potsdam im Hörsaal Haus H. Ich freue mich über jeden und vielleicht werde ich ja sogar Publikumssieger.

      Die Vorträge werden gefilmt und wahrscheinlich auf Youtube hochgeladen. Den Link werde ich dann hier posten.

      gfz-potsdam.de/veranstaltungen…aft-famelab-germany-2018/
    • Drei Minuten sind verdammt kurz. Aber es geht ja auch nur um ein "winziges Stückchen Hautzipfel" (Ironie)
      Ohne Powerpoint, da kommen ja nostalgische Gefühle auf... :)

      Auch von mir viel Erfolg, und hau rein! :thumbup:

      PS: und ich hatte erst schon "Potsdamer Religionswettbewerb" gelesen! :D

      Aber - von Potsdam sind wir hier halt einiges gewöhnt, und nicht das beste. Aber das hat mit "Famelab" nichts zu tun. z.B.:

      Uni Potsdam: "das Konfliktfeld zwischen Religiösen und Nichtreligiösen"

      Beschneidung In der Synagogengemeinde Potsdam
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"
    • Ein etwas ausführlicherer Bericht und einige Reflexionen:

      Famelab ist ein weltweiter Wettbewerb für Wissenschaftskommunikation, der vom British Council, einer britischen Regierungsorganisation für internationalen kulturellen und akademischen Austausch, veranstaltet wird.

      Den Vortrag hatte ich sehr kurzfristig vorbereitet und noch auf der Autofahrt nach Potsdam (vier Stunden) eingeübt. Mehr Arbeit als in den Vortrag hatte ich in das Nähen des Plüschpimmels mit viel Liebe zum Detail gesteckt. Just dieses Wochenende war ich krank geworden und hauptsächlich mit Gesundwerden beschäftigt. Am Dienstag war ich aber fast wieder gesund und habe den Vortrag gehalten. Hier ein Foto des guten Stücks:



      Am Abend zuvor habe ich noch drei E-Mails bekommen von Leuten, die mir Mut gemacht haben, u.a. von Mogis e.V.. Das fand ich ganz toll. Danke noch mal dafür!

      Pausenfüller

      Der Famelab-Wettbewerb war als Pausenfüller in den Doktorandentag im GeoForschungsZentrum in Potsdam eingebettet und so hat es sich auch angefühlt. Es waren etwa 60 Leute, fast alle Stu(pi)denten, im Publikum mit einem wohlwollenden Desinteresse, sie haben in den letzten Reihen gesessen, in den vorderen Sitzreihen saß kaum jemand außer der Jury. Das fand ich schade. Ein alleinstehender Wettbewerb am Abend statt am Nachmittag wäre besser gewesen.

      Der Wettbewerb ging relativ schnell über die Bühne. Es waren sechs Teilnehmer, zwei Frauen und vier Männer. Je Teilnehmer gab es den etwa drei Minuten langen Vortrag und etwa drei bis fünf Minuten Jury-Feedback. Danach gab es einen halbstündigen Vortrag eines Gastdozenten aus Schweden, der die Wissenschaftskommunikation mit einer grottenschlechten Powerpoint-Präsentation gelobt und im Wesentlichen sein eigenes Buch beworben hat. Danach gab es dann die Siegerehrung und Preisverleihung. Von den 60 Leuten im Publikum waren dann nur noch 40 geblieben. Sowohl die Jury-Rückmeldung als auch die Siegerehrung waren kurz und sehr lieblos gestaltet.

      Mein Vortrag war inhaltlich und technisch sehr gut und hätte meines Erachtens auch einen Preis gewinnen können. Die drei Minuten habe ich allerdings um ein paar Sekunden (gefühlt zehn Sekunden) überzogen wegen eines verstopften Luftballons. Das ist aber die einzige Panne geblieben.

      Der Wettbewerb hatte eine unangenehme Dieter-Bohlen-Atmosphäre. Das liegt zwar im Format des Wettbewerbs (anders als bei einem Science Slam oder Poetry Slam) begründet, es war diesmal aber deutlich unangenehmer als beim Wettbewerb vor 5 Jahren in Lübeck und in Bielefeld (da hatte ich schon einmal erfolgreich als Sieger des Regionalwettbewerbs bei Famelab teilgenommen und die Atmosphäre war beide Male sehr angenehm). Es waren vier Personen in der Jury aus den Bereichen Wissenschaft, Coaching, Journalismus und habe ich vergessen: ein Mann und drei Frauen. Der männliche Juror hat anscheinend als einziger im Vorfeld nach dem Thema gegoogelt. Er hat meinen Mut gelobt und bedauert, dass "meine Eltern mir das angetan haben". Dieses Missverständnis habe ich schnell ausgeräumt: Meinen Eltern mache ich keinen Vorwurf. Im Internet präsent ist vorwiegend die religiöse Verstümmelung, deren Initiative in der Regel von den Eltern ausgeht. In meinem Fall war es aber eine medizinische Verstümmelung, deren Initiative von den Ärzten ausgeht. Dass meine Mutter auf die Lügen der Ärzte hereingefallen ist, mache ich ihr nicht zum Vorwurf. Der Juror hatte sogar den Begriff "boy genital mutilation" zitiert, sich also vorher inhaltlich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und es im Kern verstanden. Der zweiten Jurorin war meine "lakonische Art" aufgefallen. Beide sind mir sehr sympathisch.

      Dieter-Bohlen-Atmosphäre

      Die dritte Jurorin (ich glaube, es war die SZ-Wissenschaftsjournalistin; ich nenne sie den "weiblichen Dieter Bohlen") hatte gefragt, was an meinem Vortrag denn wissenschaftlich sei. Ich hatte bereits in meiner Anmeldung zum Wettbewerb erklärt, dass mein Vortrag zwar außergewöhnlich, aber nicht gegen die Regeln sei. Normalerweise stellen junge Wissenschaftler ihr berufliches Thema vor. Für mich ist Sexualwissenschaft/Medizin ein Hobby und kein Beruf. Aber ich bin Wissenschaftler (Diplom-Ingenieur) und es ist ein wissenschaftliches Thema, so wie es die Teilnahmebedingungen erfordern. Die Frage nehme ich als eine rhetorische wahr. Vor der Frage, was z.B. an der Erklärung von Isotopenmassen mithilfe eines Männchens mit einem dünnen und eines Männchens mit einem dicken Bauch (auch eine tolle Idee!) wissenschaftlich sei, mussten sich meine Mitstreiter nämlich nicht rechtfertigen. Genauso wenig wurde ich vor 5 Jahren dafür gerügt, dass ich eine Figur erklärt habe, die nicht ich, sondern ein Herr Lissajous "erfunden" (= als Erster beschrieben) hat. Der auf ähnliche Weise außergewöhnliche, aber regelkonforme Vortrag eines Zweierteams vor 5 Jahren hat auch keine Rüge, sondern Lob erfahren. Ich nehme in dieser Frage den Wissenschaftsbetriebschauvinismus wahr, mit dem viele Gonks (= Gymnasiasten ohne nennenswerte Kenntnisse) kokettieren, die studiert haben, aber nichts anderes können als dummes Zeug schwätzen, also die ganzen Herfried Münklers und Konsorten. Die vierte Jurorin hatte ihren Vorrednern nichts hinzuzufügen.

      Ich habe keinen Betroffenheits-Bonus von der Jury oder vom Publikum erwartet (und auch nicht bekommen). Ich wollte fair nach den Regeln dieses Wissenschaftskommunikationswettbewerbs bewertet werden. Ich habe aber den Eindruck, von dem weiblichen Dieter Bohlen einen Betroffenheits-Malus bekommen zu haben. Das hat sich echt mies angefühlt. Schockiert bin ich aber nicht, da ich schon vorher damit gerechnet hatte. Nach dem gleichen Schema waren auch vor sechs Jahren wir Betroffenen aus der Bundestagsanhörung herausgedrängt worden.

      Nach dem Wettbewerb hatte mich nicht nur der Juror, sondern auch noch ein junger Mann aus dem Publikum gelobt. Über beides habe ich mich sehr gefreut. Darüber, dass ein sehr guter Freund und Genosse von mir (ein Diaspora-Schleswig-Holsteiner) dabei war, sowieso.

      Alles in allem bin ich zufrieden, wie es gelaufen ist.

      Die Youtube-Videos sind noch in Arbeit.
    • Ich find, Du hast Dich wacker geschlagen und bist auf alle Fälle moralischer Sieger. :||
      Danke Dir :)
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Allen Respekt und meine Bewunderung, sich da offen hinstellen und eigene Probleme mit der Sexualität zu thematisieren. Danke dir.

      (nicht als Kritik sehen, nur als Info: die Eichelhaut ist keine Schleimhaut, sondern nur das innere Vorhautblatt ist eine hochsensible und hochinnervierte Schleimhaut. Der Unterschied in der Sensorik: streichel mal deinen Handrücken, spür genau hin wie sich das anfühlt...und dann streichel mal deine Handinnenfläche. Ein Unterschied ungefähr wie Eichel und innere Vorhaut...)
      Menschen wurden erschaffen, um geliebt zu werden. Dinge wurden erschaffen, um benutzt zu werden. Der Grund, warum sich die Welt im Chaos befindet ist, weil Dinge geliebt und Menschen benutzt werden. -Dalai Lama
    • Vor allem ist eine natürliche Eichel schmerzempfindlich. Also mit trockenem Finger drüber streicheln ist eher unangenehm. Wenn wir gerade beim Thema sind, man liest immer wieder die Vorhaut hätte Tastrezeptoren wie die Fingerkuppe. Dergleichen kann ich aber nicht feststellen oder wo genau sollen die liegen?!
    • aspect schrieb:

      Wenn wir gerade beim Thema sind, man liest immer wieder die Vorhaut hätte Tastrezeptoren wie die Fingerkuppe. Dergleichen kann ich aber nicht feststellen oder wo genau sollen die liegen?!
      Die Frage kann ich jetzt wissenschaftlich nicht beantworten, ich finde, das "ridget band" ist sehr sensibel, schon gegenüber ganz leichten Berührungen.
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"
    • Die Sorrells Studie hat diese Frage intensiv untersucht. Hier werden die Ergebnisse dieser Studie ausführlich dargestellt, auch graphisch:
      beschneidung-von-jungen.de/hom…/die-sorrells-studie.html
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
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      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Christian M schrieb:

      Das Video wurde auf Betreiben meines Arbeitgebers gelöscht.
      ;(
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Christian M schrieb:

      Das Video wurde auf Betreiben meines Arbeitgebers gelöscht.
      Schade!
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"
    • Letzteres. Mein AG hatte ein Problem damit, dass meine Arbeitsstelle im Untertitel genannt wird. Statt zu einer Änderung der Untertitel hat er mich zu einer radikalen Löschung bar jeder Verhältnismäßigkeit gedrängt. Ein sehr problematisches Demokratieverständnis. Zum Glück vergisst das Internet nicht, sodass zwar der zensierte Inhalt, aber nicht die Zensurmaßnahme unsichtbar wird.

      Der Klügere gibt nach, aber nicht auf.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Christian M ()