Wie frei ist Religion?

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    • Wie frei ist Religion?

      Wie frei ist Religion? - Deutschland.de

      Um die Glaubenspraxis von Juden und Muslimen zu schützen, hat die BUNDESREGIERUNG ein Gesetz angekündigt, das die Beschneidung aus religiösen Gründen weiterhin erlauben soll. Bis auf „Die Linke“ haben alle im Bundestag vertretenen Parteien zugestimmt. Einige Juristen, der Deutsche Kinderschutzbund und Kinderärzte intervenieren jedoch gegen das geplante Gesetz und weisen auf medizinische und psychologische Folgen der Zirkumzision hin. Es könne zu Nachblutungen und Entzündungen kommen, die schlimmstenfalls zur Penis­amputation führen; die erlittenen Schmerzen während des Eingriffs könnten Traumata auslösen. Sie berufen sich – wie auch die Befürworter der Beschneidung – auf wissenschaftliche Studien. Der Sozialethiker Peter Dabrock beklagte indes während einer Debatte im Deutschen Ethikrat über das Thema: „Es gibt keine Datenlage zur Beschneidung, die nicht interessegeleitet ist.“


      1. Weiss man wirklich etwas über die wahre Motivation unserer Beschneidungsbefürworter?
      2. Aber die wenigen Studien die für die Beschneidung sprechen (meist nur im Erwachsenenalter) die werden schonungslos benutzt, unter Ausschluß der Studien, die das verneinen.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Mendelssohn: Graugewordnes Vorurteil hat kein Gehör

      In dem o.g Artikelt heißt es u.a.:"Der Ethikrat, bestehend aus zwei Dutzend Juristen, Medizinern und Theologen, gibt Empfehlungen bei schwierigen ethischen Fragen und wies die Richtung, wie ein Kompromiss aussehen könnte." Ich kann aus den veröffentlichten Dokumenten aus dieser Sitzung nicht erkennen, dass der Ethikrat als Ganzes seiner Aufgabe nachgekommen ist. Mir scheint eher, es gab von Anfang an die Befürworter- und die Gegner der Beschneidung, die alles daran setzten ihre bereits feststehende Meinung zu untermauern, statt ergebnisoffen zu diskutieren und einen gangbaren Weg aufzuzeigen.
      Insbesondere Prof. Dr. Höfling hat sich in meine Augen sehr vergaloppiert, wenn er von der "Legitimität pluraler Kindeswohlkonzepte" und von der "ethischen Neutralität des Staates" spricht. - Anders als die "heiligen Schriften" werden die staatlichen Gebote nicht inspiriert, geoffenbart oder fallen sonstwie vom Himmel, sondern werden von konkreten Menschen gemacht, die als Adressaten des Sittengesetzes (Kant) Verantwortung für ihr Tun, Lassen oder Unterlassen haben.
      Speziell zur Religion schließe ich mich insbesondere dem jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn an, der als aufgeklärter und aufklärender Philosoph und Zeitgenosse Kants auch seiner eigenen (jüdischen) Religion 1782 die Richtung wies:
      Ich weiß von keinem Rechte auf Personen und Dinge, das mit Lehrmeinungen zusammenhänge und auf denselben beruhe; das die Menschen erlangen, wenn sie in Absicht auf ewige Wahrheiten gewissen Sätzen beistimmen, und verlieren, wenn sie nicht einstimmen können, oder wollen. Am wenigsten weiß ich von Rechten und Gewalt über Meinungen, die die Religion erteilen und der Kirche zukommen sollen. Die wahre, göttliche Religion maßt sich keine Gewalt über Meinungen und Urteile an, gibt und nimmt keinen Anspruch auf irdische Güter, kein Recht auf Genuss, Besitz und Eigentum; kennet keine andere Macht, als die Macht durch Gründe zu gewinnen, zu überzeugen, und durch Überzeugung glücklich zu machen. Die wahre, göttliche Religion bedarf weder Arme noch Finger zu ihrem Gebrauche; sie ist lauter Geist und Herz.
      (zitiert nach Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum. Nachdruck Hamburg 2005 (Meiner Verlag), S.19 f.)

      Den letzten Satz darf man sicher ändern zu "weder Arme noch Finger noch Vorhaut".

      Und - ich gebe Mendelssohn auch hierin Recht, wenn er einige Seiten vorher (a.a.O. S.11) die Chancen seines Unterfanges skeptisch beurteilt:
      Vernunft und Menschlichkeit erheben ihre Stimme umsonst; denn graugewordnes Vorurteil hat kein Gehör.
    • Der Ethikrat besteht aus 27 Mitgliedern; nicht jeder gibt zu jedem Thema seinen Senf dazu. Anschliessend stimmen alle über eine Empfehlung ab. "Ergebnissoffen" zu diskutieren oder einen " gangbaren Weg" aufzuzeigen, ist nicht Aufgabe des Ethikrates. Er soll die Diskussionsbreite abbilden. Entscheiden tut dann die Regierung...

      Das Mendelssohn-Zitat ist wunderbar. Vielleicht sollte man den Beschneidungsbefürworter nicht nur eine Liste mit den pädiatrischen Gesellschaften, die Zwangsbeschneidung ablehnen, zuschicken, sondern auch eine Liste mit gleich- und ähnlich lautenden Zitaten.
      Sorry, ich vergass: das sind ja alles Antisemiten...
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.