Ich wurde drei Tage nach meiner Geburt beschnitten.
Als Erwachsener habe ich meine Mutter dazu befragt und demnach war bei mir damals eigentlich alles in Ordnung. Aber ein Arzt in dem bayerischen Kreiskrankenhaus, in dem ich geboren wurde, hat bei mir eine Phimose diagnostiziert und da meine Eltern damals den Ärzten im allgmeinen viel Respekt und Vertrauen entgegenbrachten, stimmten sie der Beschneidung zu. Die Operation sollte noch vor der Entlassung von meiner Mutter und mir aus dem Krankenhaus stattfinden. Da bot sich anscheinend mein dritter Lebenstag an. Das war Anfang der Siebziger Jahre.
Während der Beschneidung waren meine Eltern nicht anwesend. Daran habe ich mich während einer therapeutischen Regression erinnert. (Das was ich mit Regression meine, ist ein begleitetes innerliches Zurückgehen in der Zeit, das erlaubt, die in der Tiefe vergrabenen Erinnerungen ins Bewusstsein zu holen. In der Prä- und Perinatalen Psychologie ist diese Methode recht verbreitet.) Ich habe anschließend aber auch nachgefragt und sie haben es auch so erzählt, meine Eltern waren bei meiner Beschneidung nicht dabei.
Es war auch die Beschäftigung mit meiner Geburt, über die ich dazu gekommen bin, mich zu fragen was meine Beschneidung eigentlich mit mir gemacht hat. Da die gleichen Leute daran beteiligt waren, am gleichen Ort und es zeitlich auch eng zusammen liegt, empfinde ich mein Erleben der Beschneidung als Fortsetzung von dem was vorher war.
Erinnerungen von meiner Geburt sind mir in Form von Bildern und Empfindungen zuerst bei Meditationen bewusst geworden. Das ging so peu à peu. Und irgendwann war da soviel angestossen, dass ich eine begleitete Regression gewagt habe und dann sehr intensiv durch mein ganzes Geburtserlebnis durchgegangen bin. Meine Mutter wurde kurz vor meinem Durchtritt durch ihren Beckenausgang, ohne Ankündigung voll narkotisiert. Man nannte das damals Durchtrittsrausch. Jedenfalls hat es mich als Baby mitbetäubt und als dann die ärztl. Geburtshelfer dann ruckzuck meine Nabelschnur durchgeschnitten haben, ist es mir (im wahrsten Sinne des Wortes) gedämmert, dass es knapp wird und ich atmen muss. Gegen die Betäubung anzukämpfen und zu atmen, das war die pure Panik und noch heute habe ich damit zu kämpfen, weil mein Vertrauen in diese Welt, in die ich geboren wurde ist dadurch schwer erschüttert worden.
Als ich dann zu meiner Mutter kam, da war diese noch narkotisiert und am schlafen und somit unerreichbar für mich. Ich erinnere mich auch noch an eine Krankenschwester, die mich im Arm gehalten hat, und mich als Neugeborenes mit offenen Herzen auch ein bisschen geknuddelt hat, was unglaublich gut getan hat. Danach kam ich in eine Wiege neben dem Bett meiner Mutter.
Soweit kurz über meine Geburt. Ich habe die Erinnerungen in einem Gespräch mit meiner Mutter überprüft.
Drei Tage später wurde ich dann beschnitten. Ich habe auch hierzu meine eigenen Erinnerungen aus meinem Inneren hervorgeholt. Die Bilder und Empfindungen geben mir die Überzeugung, dass das Kreiskrankenhaus ein gespaltenes Verhältnis zu Anästhetika hat. Bei der Geburt haben sie meine Mutter und mich ohne Notwendigkeit abgeschossen, bei der Beschneidung wurde eine Anästhesie dann weggelassen.
Das war dann jedenfalls so, dass ich machen konnte was ich wollte, und ich habe dem Arzt in die Augen gesehen, geschrien, gestrampelt, um mich geschlagen, ich habe ganz deutlich mit jeder Zelle meines Körpers gesagt, dass ich das nicht will, und der Arzt hat mich unbeeindruckt so behandelt als wäre ich ein Ding, meine Beine angeschnallt, und ist einfach wie ein Roboter Schritt für Schritt vorangeschritten, für mich unerreichbar. Was für ein Gefühl! Ich wollte nur noch spucken, auf die Erde spucken. Was für ein Scheißort, wo ich gelandet war, so meine Empfindungen nach der Beschneidung, die außerdem so was von schmerzhaft war, physisch, so dass ich gleich wieder raus bin aus meinem Körper. Naheliegenderweise in etwa dahin wo mich die Narkose bei meiner Geburt verfrachtet hat, ein Nichts von Ort, wo man kaum was spürt.
Diesen Ort, wo man wenig spürt habe ich in meinem Leben dann öfter aufgesucht. Man kann dies als Schockmuster bezeichnen, das zum Schwingen anfängt, wenn es z.B. durch eine Berührung ausgelöst wird, bei mir eine Form von Erstarrung. Ausgelöst wurde dieses Muster bei mir öfters bei intimen Gelegenheiten mit Partnerinnen, z.B. durch eine gewisse Unachtsamkeit beim Berühren meines Penis stieg in mir ein Zorn auf und der Wunsch zuzuschlagen, der Partnerin mitten ins Gesicht zu schlagen. Wie konnte ich also mit so einer hochkommenden Emotion anders umgehen, als zu erstarren, mich zurückzuziehen und mich zu verschließen? Bei meinen ersten Partnerinnen konnte ich diesen Zorn und die Wut noch nicht meinen Erlebnissen um meine Geburt zuordnen.
Davon überwältigt zu werden, das drohte viele Jahre lang bei jeder intimen Gelegenheit und nicht selten habe ich Partnerinnen vor den Kopf gestossen, weil von jetzt auf sofort bei mir der Ofen aus war und auch keine Zärtlichkeit mehr möglich.
Ich habe mit dem älter werden gelernt, damit umzugehen, und dann mit meiner Frau zusammen habe ich das Thema bearbeitet. Und jetzt kann ich wirklich mit dem ganzen Herzen dabei sein, mich auf Zärtlichkeiten einlassen.
Aber trotzdem fehlt mir meine Vorhaut und sie fehlt uns beiden beim Verkehr. Es ist für mich sehr schwierig, mich fallen zu lassen und dann mit meiner Frau zusammen eine gemeinsame Bewegung zu finden, eine langsame Welle auf der wir beide uns vereinigen können. Um was zu spüren bewege ich mich dafür oft zu schnell und zuviel und verliere dabei das Gemeinsame.
Soweit mein Geschichte. Meine Eltern haben sich bei mir mittlerweile dafür entschuldigt, dass sie "damals den Ärzten vertraut haben".
Als Erwachsener habe ich meine Mutter dazu befragt und demnach war bei mir damals eigentlich alles in Ordnung. Aber ein Arzt in dem bayerischen Kreiskrankenhaus, in dem ich geboren wurde, hat bei mir eine Phimose diagnostiziert und da meine Eltern damals den Ärzten im allgmeinen viel Respekt und Vertrauen entgegenbrachten, stimmten sie der Beschneidung zu. Die Operation sollte noch vor der Entlassung von meiner Mutter und mir aus dem Krankenhaus stattfinden. Da bot sich anscheinend mein dritter Lebenstag an. Das war Anfang der Siebziger Jahre.
Während der Beschneidung waren meine Eltern nicht anwesend. Daran habe ich mich während einer therapeutischen Regression erinnert. (Das was ich mit Regression meine, ist ein begleitetes innerliches Zurückgehen in der Zeit, das erlaubt, die in der Tiefe vergrabenen Erinnerungen ins Bewusstsein zu holen. In der Prä- und Perinatalen Psychologie ist diese Methode recht verbreitet.) Ich habe anschließend aber auch nachgefragt und sie haben es auch so erzählt, meine Eltern waren bei meiner Beschneidung nicht dabei.
Es war auch die Beschäftigung mit meiner Geburt, über die ich dazu gekommen bin, mich zu fragen was meine Beschneidung eigentlich mit mir gemacht hat. Da die gleichen Leute daran beteiligt waren, am gleichen Ort und es zeitlich auch eng zusammen liegt, empfinde ich mein Erleben der Beschneidung als Fortsetzung von dem was vorher war.
Erinnerungen von meiner Geburt sind mir in Form von Bildern und Empfindungen zuerst bei Meditationen bewusst geworden. Das ging so peu à peu. Und irgendwann war da soviel angestossen, dass ich eine begleitete Regression gewagt habe und dann sehr intensiv durch mein ganzes Geburtserlebnis durchgegangen bin. Meine Mutter wurde kurz vor meinem Durchtritt durch ihren Beckenausgang, ohne Ankündigung voll narkotisiert. Man nannte das damals Durchtrittsrausch. Jedenfalls hat es mich als Baby mitbetäubt und als dann die ärztl. Geburtshelfer dann ruckzuck meine Nabelschnur durchgeschnitten haben, ist es mir (im wahrsten Sinne des Wortes) gedämmert, dass es knapp wird und ich atmen muss. Gegen die Betäubung anzukämpfen und zu atmen, das war die pure Panik und noch heute habe ich damit zu kämpfen, weil mein Vertrauen in diese Welt, in die ich geboren wurde ist dadurch schwer erschüttert worden.
Als ich dann zu meiner Mutter kam, da war diese noch narkotisiert und am schlafen und somit unerreichbar für mich. Ich erinnere mich auch noch an eine Krankenschwester, die mich im Arm gehalten hat, und mich als Neugeborenes mit offenen Herzen auch ein bisschen geknuddelt hat, was unglaublich gut getan hat. Danach kam ich in eine Wiege neben dem Bett meiner Mutter.
Soweit kurz über meine Geburt. Ich habe die Erinnerungen in einem Gespräch mit meiner Mutter überprüft.
Drei Tage später wurde ich dann beschnitten. Ich habe auch hierzu meine eigenen Erinnerungen aus meinem Inneren hervorgeholt. Die Bilder und Empfindungen geben mir die Überzeugung, dass das Kreiskrankenhaus ein gespaltenes Verhältnis zu Anästhetika hat. Bei der Geburt haben sie meine Mutter und mich ohne Notwendigkeit abgeschossen, bei der Beschneidung wurde eine Anästhesie dann weggelassen.
Das war dann jedenfalls so, dass ich machen konnte was ich wollte, und ich habe dem Arzt in die Augen gesehen, geschrien, gestrampelt, um mich geschlagen, ich habe ganz deutlich mit jeder Zelle meines Körpers gesagt, dass ich das nicht will, und der Arzt hat mich unbeeindruckt so behandelt als wäre ich ein Ding, meine Beine angeschnallt, und ist einfach wie ein Roboter Schritt für Schritt vorangeschritten, für mich unerreichbar. Was für ein Gefühl! Ich wollte nur noch spucken, auf die Erde spucken. Was für ein Scheißort, wo ich gelandet war, so meine Empfindungen nach der Beschneidung, die außerdem so was von schmerzhaft war, physisch, so dass ich gleich wieder raus bin aus meinem Körper. Naheliegenderweise in etwa dahin wo mich die Narkose bei meiner Geburt verfrachtet hat, ein Nichts von Ort, wo man kaum was spürt.
Diesen Ort, wo man wenig spürt habe ich in meinem Leben dann öfter aufgesucht. Man kann dies als Schockmuster bezeichnen, das zum Schwingen anfängt, wenn es z.B. durch eine Berührung ausgelöst wird, bei mir eine Form von Erstarrung. Ausgelöst wurde dieses Muster bei mir öfters bei intimen Gelegenheiten mit Partnerinnen, z.B. durch eine gewisse Unachtsamkeit beim Berühren meines Penis stieg in mir ein Zorn auf und der Wunsch zuzuschlagen, der Partnerin mitten ins Gesicht zu schlagen. Wie konnte ich also mit so einer hochkommenden Emotion anders umgehen, als zu erstarren, mich zurückzuziehen und mich zu verschließen? Bei meinen ersten Partnerinnen konnte ich diesen Zorn und die Wut noch nicht meinen Erlebnissen um meine Geburt zuordnen.
Davon überwältigt zu werden, das drohte viele Jahre lang bei jeder intimen Gelegenheit und nicht selten habe ich Partnerinnen vor den Kopf gestossen, weil von jetzt auf sofort bei mir der Ofen aus war und auch keine Zärtlichkeit mehr möglich.
Ich habe mit dem älter werden gelernt, damit umzugehen, und dann mit meiner Frau zusammen habe ich das Thema bearbeitet. Und jetzt kann ich wirklich mit dem ganzen Herzen dabei sein, mich auf Zärtlichkeiten einlassen.
Aber trotzdem fehlt mir meine Vorhaut und sie fehlt uns beiden beim Verkehr. Es ist für mich sehr schwierig, mich fallen zu lassen und dann mit meiner Frau zusammen eine gemeinsame Bewegung zu finden, eine langsame Welle auf der wir beide uns vereinigen können. Um was zu spüren bewege ich mich dafür oft zu schnell und zuviel und verliere dabei das Gemeinsame.
Soweit mein Geschichte. Meine Eltern haben sich bei mir mittlerweile dafür entschuldigt, dass sie "damals den Ärzten vertraut haben".
Achtsamkeit ist ein aufmerksames Beobachten, ein Gewahrsein, das völlig
frei von Motiven oder Wünschen ist, ein Beobachten ohne jegliche
Interpretation oder Verzerrung. (J. Krishnamurti)
frei von Motiven oder Wünschen ist, ein Beobachten ohne jegliche
Interpretation oder Verzerrung. (J. Krishnamurti)