Interview mit Jerome Segal in Charlie Hebdo

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    • Interview mit Jerome Segal in Charlie Hebdo

      Jerome Segal Jude, Atheist, Historiker und Künstler hat ein neues Buch veröffentlicht: "Athée et Juif"
      Aus diesem Anlass gibt er in der Januarausgabe der deutschsprachigen Ausgabe der Zeitschrift Charlie Hebdo ein Interview. Themen darin sind unter anderem auch das Beschneidungsritual der Juden und der Umgang der Israelischen Kultusgemeinde Wien mit ihm als Reaktion auf seine Kritik an dem Ritual.


      Jerome Segal schrieb:

      "Später hat die IKG allerdings versucht, mich wegen meiner Meinung zur rituellen Beschneidung auszuschließen. [...] Aber das war kurz nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo, und ich schreib in einem Artikel, wie wichtig es sei, Religionskritik üben zu können. Da bekamen sie Angst und machten ihre Drohung nicht wahr."


      Ein deutlicher Beleg dafür, wie wenig dialogbereit manche Verbände und Gruppierungen sind. Wenn selbst derart prominente Juden solchen Repressalien ausgesetzt sind, wenn sie ihre Ablehnung der Genitalverstümmelung von Jungen öffentlich äußern, kann man erahnen, mit welchen Widerständen "ganz normale" jüdische Eltern ausgesetzt sind, sofern sie ihre Jungen von dem Ritual verschonen wollen.


      Jerome Segal schrieb:

      "Auch für [nichtgläubige Juden] ist die Beschneidung ein wichtiges Zeichen der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft. Manche Juden lassen ihre Söhne nicht beschneiden wegen des Rechts des Kindes, über seinen körper und seine spätere Religion selbst zu bestimmen. Aber wenn ein Nichtjude die Beschneidung kritisiert, gilt er sofort als Antisemit. Und pragert ein Jude die Beschneidung an, heißt es, er leide an "Selbsthass". "

      Dialog und Dialogbereitschaft, Kritik und Kritikfähigkeit, Reden und Zuhören, Traditionen, aber auch das Hinterfragen und Ändern derselben sind wichtige Bestandteile jeder Gesellschaft, so sie auf Dauer funktionieren soll. Doch gerade in Bezug auf §1631d BGB haben wir gesehen, wohin die konsequente Verweigerung dieser Tugenden führen kann.
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • An dieser Stelle Jerome Segal vielen Dank für seinen Einsatz!

      "Selbsthass", ich verstehe den Ausdruck in dem Zusammenhang überhaupt nicht. Ich würde mich wirklich freuen, wenn mir die IKG Wien das erklären könnte!

      Wieso leidet jemand, der die "Beschneidung" von Jungen ablehnt an Selbsthass? Wieso macht man aus Ablehnung einer Tradition gleich Hass? Und wieso gegen denjenigen selbst?

      Was ist das Gegenteil von Selbsthass?
      Ist das nicht "Selbstachtung"?
      Gehört dazu nicht auch Achtung gegenüber dem eigenen Körper? Gegenüber allen seinen gesunden Teilen?
      Ich würde Magersucht als ein Zeichen von Selbsthass sehen. Oder Selbstgeisselung. Oder Selbstverstümmelung. Z.B. den Wunsch nach Amputation eines gesunden und funktionalen Körperteils.
      Wenn es Phantomschmerzen gibt, kann es dann nicht auch eine Phantomselbstachtung geben? Gegenüber der einem ungefragt weggenommenen Vorhaut?

      Ich finde dieses Verhalten gegenüber Jerome Segal zeugt nicht von Liberalität und schon gar nicht von der in der "Beschneidungsdebatte" von Befürwortern gebetsmühlenartig eingeforderten "Toleraaaaanz!!!".
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"
    • Weguer schrieb:

      Wenn selbst derart prominente Juden solchen Repressalien ausgesetzt sind, wenn sie ihre Ablehnung der Genitalverstümmelung von Jungen öffentlich äußern, kann man erahnen, mit welchen Widerständen "ganz normale" jüdische Eltern ausgesetzt sind, sofern sie ihre Jungen von dem Ritual verschonen wollen.

      Ich sehe die Steigerung der Repressalien genau andersrum, Weguer.
      Prominente werden deshalb vehement verfolgt, weil sie eine Botschaft tragen, die den Ansinnen der Gemeinde wirksam schaden kann.
      Wenn Privatleute die Beschneidung unterlassen, passiert nichts, außer ein paar dummen Fragen aus der Verwandschaft.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Da hast Du sicher recht, Guy. Die Repressalien und der Druck sind anders, keine Frage.
      Ich hatte vor kurzem eine Unterhaltung mit einer Frau, die mit einem jüdischen Mann zusammenlebt. Sie schrieb:

      Mein Freund und seine Familie sind nicht gläubig. Seine Familie in Israel hat beschneiden lassen, damit die Kinder nicht gehänselt werden, aber von einem Arzt [nicht von einem Mohel]. ich habe noch einen Bekannten in Israel der auch gegen Beschneidung ist. Hier in deutschland sind die Juden sehr konservativ. ... Da wuerde sich nie jemand beschweren
      Dabei sind ist an diesen ultraortodoxen gruppen einiges kritikwürdig. [...] da traut sich niemand drann. Ich bin so bisschen gefrustet
      Es geht also um eine andere Form von Druck. Intakte Jungen werden gehänselt, Eltern ducken sich vor dem Druck der Gemeinde und deren "Offiziellen".
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Dabei sind ist an diesen ultraortodoxen gruppen einiges kritikwürdig. [...] da traut sich niemand drann.
      Außer sie heißen "Zwölf Stämme" und sind Christen. Dann fliegen die Fetzen. Dann wird ein einziger Schlag auf den Kinderpo mit einer Haftstrafe belegt. Da zählt dann auch kein "Minderheitenschutz".
      Gleich was vom Kinde abschneiden und kaputt machen ist hingegen ist für den Staat, der angeblich ein "Wächteramt" hat OK.
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"