Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Aydan Özoğuz (SPD, im Folgenden "die Beauftragte" genannt) hat gestern den neuesten Migrationsbericht vorgelegt. Es war nicht anders zu erwarten: Auch hier wird der "Beschneidung von Jungen" (im Folgenden von mir "Genitalverstümmelung" genannt) ein ganzes Kapitel gewidmet, nämlich "2.4 Religions- und konfessionsübergreifende Entwicklungen", S.284-287. Das Kapitel schließt mit den Worten:
Die Beauftragte möge sich doch bitte unter anderem folgende Fragen stellen:
Auf diese Fragen hätte ich gerne von Ihnen eine Antwort, Frau Özoğuz!
Aydan Özoğuz schrieb:
Die Beauftragte begrüßt den Gesetzestext ausdrücklich. Sie sieht einen wesentlichen Mehrwert der gesetzlichen Regelung in der Beendigung der Verunsicherung durch die Herbeiführung der notwendigen Rechtssicherheit. Die Beauftragte bewertet das Gesetz darüber hinaus als deutliches Bekenntnis der Bundesregierung zur Zugehörigkeit von Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens zu Deutschland sowie zu dem Recht auf freie Religionsausübung. Die positiven Reaktionen der Juden und Muslime auf die nun geschaffene Rechtssicherheit versteht sie insoweit als ein wichtiges Signal.
Die Beauftragte möge sich doch bitte unter anderem folgende Fragen stellen:
- Wie kann es sein, dass der Gesellschaft - die der Genitalverstümmelung von Jungen überwiegend ablehnend gegenübersteht - diese Menschenrechtsverletzung als im Elternrecht gesicherte, valable Option für alle (!) Jungen aus beliebigen (!) Gründen angedient werden musste, damit sich Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens zu Deutschland zugehörig fühlen? Ist das, das und das also der so wichtige Wunsch, der allen Eltern, die ihn hegen, "ohne Wenn und Aber" [Zitat Seehofer] erfüllt werden muss, damit sie sich bei uns wohlfühlen? Kann es nicht vielmehr sein, dass mit dem Urteil des Kölner Landgerichts vom Mai 2012 die nicht strikt medizinisch begründete Genitalverstümmelung in Deutschland der Vergangenheit angehört hätte, weil es wohl kaum ein Lobbyverband der "Mütter gegen Keime unter männlichen Vorhäuten" oder der "von Arbeitslosigkeit bedrohten Kinderurologen" geschafft hätte, ein solches Gesetz durchzudrücken?
- Was ist das für eine Rechtssicherheit, wenn nunmehr selbst die beschneidungsfreundlichen Juristen des diesjährigen Juristentages feststellen, dass die neue Norm erst "einer verfassungskonformen Auslegung dahingehend bedarf, dass die Vorschrift nur einen auf ein ernsthaftes religiöses Selbstverständnis gestützten Eingriff rechtfertigt" und "kulturell tradierte Sitten hierfür nicht ausreichen"?
- Was ist das für eine Rechtssicherheit, die mutmaßlich auf einer grundgesetzwidrigen Norm basiert?
- Und wo ist eigentlich die kritische Diskussion innerhalb der beschneidenden Gemeinschaften, die laut der für Beschneidung lobbyierenden Verbandsvertreter der einzig richtige Ort für eine Hinterfragung dieser archaischen Praxis sein sollte?
Auf diese Fragen hätte ich gerne von Ihnen eine Antwort, Frau Özoğuz!