Gesetzliche Lage wenn es hart auf hart kommt (gemeinsames Sorgerecht)

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    • Gesetzliche Lage wenn es hart auf hart kommt (gemeinsames Sorgerecht)

      [Admin: einigee Posts aus der Diskussion Hallo zusammen, bin neu hier! wurden hierher ausgelagert, um die Diskussion mit Sabine nicht zu verwässern]

      § 1626 ff BGB
      das kind hat demnach das recht selber mitenscheiden zu dürfen. demnach müsstet ihr eurem sohn erklären, dass der eingriff nicht notwendig ist. und er müsste über die möglichen risiken aufgeklärt werden. und wenn das kind die option hat weiter gesund zu leben oder sich einem risiko auszusetzen ohne grund, würde sich das kind gegen die op entscheiden.


      § 1627
      eltern dürfen auch den willen des kindes ignorieren, wenn es dem wohl des kindes dient. aber dies dient ja nicht dem wohl eures kindes.


      § 1629 Abs. 1, Satz 2 - Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich.


      Dein Ehemann darf also nicht über deinen Kopf hinweg entscheiden. Ihr müsst euch einigen. siehe auch § 1627 BGB

      wenn ihr euch nicht einigen könnt, kann es zum gericht gehen siehe § 1628 bgb

      und: § 1631 Abs 2 -> kinder haben ein recht auf gewaltfreie erziehung.
      Die beschneidung kann vom Kind später als elterliche Gewalt empfunden werden. es ist und bleibt ein irreversibler körperlicher Eingriff.


      ich hoffe, dass es mit deinem mann nicht zu so einem großen streit kommt. aber wenn doch wärest du geschützt und dein kind.
    • @Mou

      Wennschon, dennschon.

      ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
      StGB § 226a

      Verstümmelung weiblicher Genitalien

      (1) Wer die äußeren Genitalien einer weiblichen Person verstümmelt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

      (2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

      ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

      Grundgesetz Artikel 3

      (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

      (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

      (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

      ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

      BVerfGG § 90

      (1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

      (2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

      (3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.
    • Also, ich denke nicht, dass Sabine so eine Eskalation haben möchte. Jedenfalls ist auch nach neuer Rechtslage, so verwerflich sie sein mag, für die Amputation der Vorhaut die Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile erforderlich und die OP kann jedenfalls nicht durchgeführt werden, solange Sabine dagegen ist - mal völlig unabhängig von der Frage, ob nun 1631d BGB verfassungswidrig ist oder nicht. Das ist eine völlig klare, geltende Rechtslage, die für gewöhnlich auch jedem Arzt und jeder Ärztin klar vor Augen steht.

      Aber Sabine steht ja jetzt erst mal ganz grundsätzlich vor dem Problem, ein vernünftiges Gespräch mit ihrem Mann darüber zu führen.
    • Maria Werner schrieb:

      Jedenfalls ist auch nach neuer Rechtslage, so verwerflich sie sein mag, für die Amputation der Vorhaut die Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile erforderlich und die OP kann jedenfalls nicht durchgeführt werden, solange Sabine dagegen ist...

      Leider ist diese neue Rechtslage alles andere als eindeutig. Beschneidung ist nun durch den § 1631d BGB genauso ein Bestandteil der Personensorge wie z.B. ein Haarschnitt beim Frisör. Eine gesetzliche Regelung, dass beide sorgeberechtigten Elternteile einwilligen müssen, ist mir nicht bekannt. Ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

      Der Leitsatz zu 3. des OLG Hamm in dem Beschluss 3 UF 133/13 ist jedenfalls irreführend.

      3. Die Entscheidung nach § 1631 d Abs. 1 BGB ist nur dann nicht wirksam von den oder dem sorgeberechtigten Elternteil(en) zu treffen, sondern im Streitfall zwischen Eltern zumindest im einstweiligen Anordnungsverfahren auf einen neutralen Ergänzungspfleger zu übertragen, wenn zwischen den Eltern in Streit steht, ob die Beschneidung zu einer Gefährdung des Kindeswohls führen würde und sich im Rahmen einer Folgenabwägung kein gänzlich eindeutiges Ergebnis zugunsten der Beschneidung und gegen eine Kindeswohlgefährdung ergibt.

      Die vom OLG Hamm vertretene Unlogik besteht darin, eine Kindeswohlgefährdung ausschließlich von der Meinungsverschiedenheit beider Elternteile abhängig zu machen, um dem Kindeswohl dann über § 1666 BGB vermeintlich Rechnung tragen zu können. Die Vorhautamputation als solche wird wiederum aus der Sphäre des § 1666 BGB ausgeklammert mit Verweis auf den hinter dem § 1631d BGB stehenden Willen des Gesetzgebers:

      4. Die Frage der Kindeswohlgefährdung ist grundsätzlich auch im Rahmen des § 1631 d Abs. 1 BGB am Maßstab des § 1666 BGB zu beantworten. Rein medizinisch-gesundheitliche Bedenken können insoweit nicht maßgeblich sein, da § 1631 d Abs. 1 BGB (in Kenntnis des Gesetzgebers von den geringen medizinischen Restrisiken einer ordnungsgemäß durchgeführten Beschneidung) gerade eine medizinisch nicht indizierte Beschneidung unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.

      Laut OLG Hamm soll also die Vorhautamputation als solche für das Kind nicht so schlimm sein wie eine darüber bestehende Meinungsverschiedenheit seiner Eltern. Das ist in meinen Augen richterlicher Unsinn, der für niemanden verbindlich sein kann.

      Der Mangel der gesetzlichen Grundlage für eine Einwilligung beider Elternteile dürfte auch dem OLG Hamm bewusst gewesen sein. Zum einen wird eine solche nicht benannt und zum anderen wird das Sorgerecht bezügl. der Beschneidung vollständig auf einen Ergänzungspfleger übertragen. Viel naheliegernder wäre doch gewesen, dieses Sorgerecht zwischen Mutter und Vater im verhandelten Fall zu teilen. Dann hätte man allerdings die Rechtsgrundlage für eine einstimmige Entscheidung benennen müssen. Nicht einmal in der Begründung des Gesetzentwurfs zum § 1631d BGB steht etwas eindeutiges dazu drin.

      Eine strafrechtliche Prävention gegen eine Beschneidung gegen den Willen eines Elternteils gibt es ohnehin nicht. Was strafbar ist und was nicht, müsste vom Gesetzgeber eindeutig festgelegt sein. Davon kann kaum die Rede sein.
    • Lutz Herzer schrieb:

      Eine gesetzliche Regelung, dass beide sorgeberechtigten Elternteile einwilligen müssen, ist mir nicht bekannt. Ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

      Mou hatte das ja schon weiter oben ausgeführt (§ 1629 Abs.1 S.2 BGB). Diese Frage ist rechtlich ganz einfach und völlig unstreitig. Der Fall vor dem OLG Hamm war inhaltlich völlig anders gelagert.

      Bitte entschuldige, dass ich das jetzt nicht weiter diskutiere. Sabine steht vor einem ganz anderen Problem.
    • Bei aller Notwendigkeit, den §1631d BGB in aller Ausführlichkeit immer wieder zu diskutieren, sehe ich das in diesem Thread im Moment noch als völlig deplaziert an.
      Sabine braucht im Moment nichts weiter als Argumente, um mit ihrem Mann, mit dem sie sich, wie sie selbst sagt, sonst wunderbar versteht, ins Gespräch zu kommen. Hier mit Rechtstreitigkeiten zu drohen ist sicher nicht förderlich.

      Halten wir also bitte mal den Ball flach und gehen auf Sabines Bedürfnisse ein. Und die liegen zur Zeit ganz woanders.
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Weguer schrieb:

      Und die liegen zur Zeit ganz woanders.


      Maria Werner schrieb:

      Sabine steht vor einem ganz anderen Problem.
      Zwei Doofe eine Meinung... :D
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    • Weguer schrieb:

      Hier mit Rechtstreitigkeiten zu drohen ist sicher nicht förderlich.

      Das verlangt doch niemand. Eine kritische Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Bestimmungen kann jedoch nicht schaden, um das Gefühl zu bekommen, sich der "neuen Rechtslage" nicht bedingungslos unterwerfen zu müssen.


      Maria Werner schrieb:

      Mou hatte das ja schon weiter oben ausgeführt (§ 1629 Abs.1 S.2 BGB). Diese Frage ist rechtlich ganz einfach und völlig unstreitig.
      Kann man so sehen. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass in den meisten Fällen ein Behandlungsvertrag zwischen Eltern und Arzt geschlossen wird.
    • Lutz Herzer schrieb:

      Zitat von »Maria Werner«
      Mou hatte das ja schon weiter oben ausgeführt (§ 1629 Abs.1 S.2 BGB). Diese Frage ist rechtlich ganz einfach und völlig unstreitig.

      Kann man so sehen. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass in den meisten Fällen ein Behandlungsvertrag zwischen Eltern und Arzt geschlossen wird.

      Ich korrigiere mich. Man kann es eben doch nicht so sehen.

      Eine Vertretung des Kindes durch seine Eltern gegenüber dem Beschneider gem. § 1629 BGB kann schon aufgrund des Interessenwiderstreits zwischen Eltern und Kind nicht in Betracht kommen. Der läge nur dann nicht vor, wenn den Eltern kein eigenes Interesse an der Beschneidung nachzuweisen wäre und nur das Interesse des Kindes verfolgt würde. Das darf man wohl getrost vergessen.

      Bliebe also nur noch die "Erziehungsmaßnahme", die der Beschneider als von den Eltern beauftragter "Vollstrecker" ausführt.

      Darauf weise ich nur deshalb hin, damit niemand im Glauben ist, das Vetorecht eines Elternteils sei gesetzlich abgesichert. Ebensowenig möchte ich das Gegenteil behaupten.

      Eine interessante Begründung des BVerfG zum Interessenwiderstreit in einem Fall einer gerichtlichen Vertretung gem. § 1629 BGB:

      bverfg.de/entscheidungen/rk20030423_1bvr030503.html
    • Lutz, es GIBT keine zwei Meinungen darüber, dass beide sorgeberechtigten Eltern nach Erlass des 1631d BGB in eine Vorhautamputation einwilligen müssen, genauso wie in irgend eine medizinisch tatsächlich indizierte Operation. Es EXISTIEREN darüber nirgendwo auch nur ansatzweise Zweifel. Das ist die gesetzlich festgeschriebene Lage, und das wird auch im Zusammenhang mit Beschneidung genauso gesehen wie immer. Alles andere wäre ja nun auch gesetzeswidrig.

      Bitte Lutz, sei so lieb und lass das Thema hier raus. Und bitte, nimm mir als Juristin das jetzt einfach mal so ab. Ich mag das nicht seitenweise erklären und belegen, zumal wir hier ja der Sabine weiterhelfen möchten, die ganz andere Sorgen hat und andere Fragen stellt.
    • Lutz Herzer schrieb:

      Maria Werner schrieb:

      Und bitte, nimm mir als Juristin das jetzt einfach mal so ab.
      Sonst noch Argumente Frau Werner?

      Hier stimme ich Lutz zu, das hat was von "Basta!" à la Gerhard Schröder.
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    • Es tut mir Leid, damaged, aber ich wollte einfach die Diskussion in Sabines Strang nicht weiter in diese Richtung abdriften lassen. In diesem Sinne hatte ich ganz bewußt einen Strich gezogen, ja. DANACH wurden die juristischen Beiträge ja ausgelagert und hier als neues Thema eröffnet.

      Jetzt kann die Diskussion gerne weitergehen, nachdem sie ausgelagert wurde. Ob ich von meiner Seite aus viel dazu sagen oder erläutern werde oder nicht, ist eine rein zeitliche Frage, keine inhaltliche.
    • Maria Werner schrieb:

      Es tut mir Leid, damaged, aber ich wollte einfach die Diskussion in Sabines Strang nicht weiter in diese Richtung abdriften lassen. In diesem Sinne hatte ich ganz bewußt einen Strich gezogen, ja. DANACH wurden die juristischen Beiträge ja ausgelagert und hier als neues Thema eröffnet.

      Finde ich auch in Ordnung, aber dann musst Du nicht "Und bitte, nimm mir als Juristin das jetzt einfach mal so ab" schreiben. Fällt für mich in die Kategorie "Ich bin Urologe, vertrauen Sie mir."
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    • In der inhaltlichen Frage ist die Sache tatsächlich relativ schlicht. Die neuere Kommentarliteratur wie auch die Rechtspraxis weichen nicht davon ab, dass bei einer Vorhautamputation die Einwilligung beider Sorgeberechtigten zwingend vorliegen muss. Das wäre auch gesetzeswidrig.

      Weißt Du, ich stehe in solchen Fällen vor dem Problem, entweder alles stundenlang erläutern zu müssen und damit das Risiko einzugehen, dass sich der ganze Strang plötzlich um so ein Thema dreht, oder einfach mal, ohne ein halbes Sachverständigengutachten dranzuhängen, zu sagen: das ist so.

      Aber hier, in diesem neuen Strang, sind lange und intensive Auseinandersetzungen über diese Fragen völlig ok für mich (und für die anderen Moderatoren) und hier kann jeder so viel zu dem Thema schreiben, wie er mag.
    • Na wenn du es erklärt bekommen willst, will ich es mal kurz versuchen:

      Nach § 1626 I S.2 BGB können die Eltern das Kind nur gemeinsam vertreten. Also auch bei einer Einwilligung wie § 1631d BGB.

      Dann wurde hier jetzt irgendwas mit einem Urteil ins Spiel gebracht (keine Vertretung bei Interessenkonflikt - Eltern Kind), das aber mit der Frage hier unmittelbar nichts zu tun hat.

      Das Gesetz kommt grundsätzlich nur zu einem Ausschluss der Vertretung des Kindes durch die Eltern in den Fällen von:

      dejure.org/gesetze/BGB/1795.html

      dejure.org/gesetze/BGB/181.html

      Wenn ich jetzt nichts übersehen habe! Nur dann können die personensorgeberechtigten Eltern das Kind nicht vertreten. Und beides ist nicht einschlägig.
    • Maria Werner schrieb:


      Weißt Du, ich stehe in solchen Fällen vor dem Problem, entweder alles stundenlang erläutern zu müssen und damit das Risiko einzugehen, dass sich der ganze Strang plötzlich um so ein Thema dreht, oder einfach mal, ohne ein halbes Sachverständigengutachten dranzuhängen, zu sagen: das ist so.

      Nochmal: Einfach ein neues Thema aufmachen und gut ist. Und nicht erst "Ich bin Juristin, ich habe Recht" rausschleudern. Dein Beruf ist kein Argument für irgendwas. Wenn alle Juristen einer Meinung wären, oder besser, Recht hätten, dann bräuchten wir keine Gerichte mehr.
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    • Nun-ich bin kein Jurist

      und vllt. mache ich mich jetzt unbeliebt; aber ich habe den anderen Thread mitgelesen und dauernd überlegt, ob ich was dazu schreiben soll oder nicht.

      Jetzt wurde dieser Thread ausgegliedert, was auch gut ist. Trotzdem, auch wenn Maria Werner Juristin ist, wissen wir doch alle, dass nicht immer Recht ist was Recht scheint. Ich habe das selbst schon am eigenen Leib erfahren. Viele Juristereien erscheinen einfach Unrecht und gegen jeden normalen Rechtsinn. Man sieht ja schon wir kontrovers das Ganze hier diskuttiert wird. UND ich fände es schade, wenn Lutz Harzer jetzt deswegen das Forum verlassen würde.

      Ein Gedanke schwebt mir dauernd im Kopf rum - was ist, wenn so ein Sorgeberechtigter einfach das Kind nimmt und zu einem anderen muslimischen Arzt geht und in die Beschneidung alleine einwilligt? Davor hätte ich viel mehr Angst. Ich denke, dass so ein gläubiger Beschneidungsbefürworter mit einer Unterschrift zufrieden wäre. Glaubt Ihr der andere Sorgeberechtigte würde gerichtlich gegen den einen Sorgeberechtigten und GEGEN den Beschneider vorgehen-wahrscheinlich eher nicht! UND die Vorhaut wäre so oder so ab.

      Solange es kein eindeutiges Gesetz-vllt. sogar ins Grundgesetz damit???-gibt, das zwingend die Einwilligung beider Sorgeberechtigter (falls vorhanden) für jede Form einer Operation (außer lebensbedrohliche Notfälle) vorschreibt, glaube ich gar nix mehr.

      Und ich muss hier damaged zustimmen! Wenn alle Juristen und Richter die Gleiche Auffassung von Recht hätten, dann wäre vieles einfacher.


      damaged schrieb:

      Maria Werner schrieb:


      Weißt Du, ich stehe in solchen Fällen vor dem Problem, entweder alles stundenlang erläutern zu müssen und damit das Risiko einzugehen, dass sich der ganze Strang plötzlich um so ein Thema dreht, oder einfach mal, ohne ein halbes Sachverständigengutachten dranzuhängen, zu sagen: das ist so.

      Nochmal: Einfach ein neues Thema aufmachen und gut ist. Und nicht erst "Ich bin Juristin, ich habe Recht" rausschleudern. Dein Beruf ist kein Argument für irgendwas. Wenn alle Juristen einer Meinung wären, oder besser, Recht hätten, dann bräuchten wir keine Gerichte mehr.
      Viele Grüße aus dem Rhein-Neckar-Raum

      Ich
    • Ihr Lieben, es GIBT ein eindeutiges Gesetz des Inhalts, dass beide Sorgeberechtigten zustimmen müssen. In diesem Fall habe ich mir tatsächlich einfach die Freiheit genommen, zu sagen, dass das so es. Und dazu stehe ich.

      Unter Juristen mag vieles streitig sein, aber das hier nicht. Axon hat das gut und abschließend dargestellt.

      Ich möchte auch nicht, dass Lutz Herzer deswegen aufhört, hier mitzudiskutieren! Wir haben uns ja gerade deswegen entschlossen, das Thema auszugliedern. Aber wenn jemand derart empfindlich darauf reagiert, dass ich mitteile, dass es in diesem Fall keine zwei Meinungen gibt und dass man mir das jetzt einfach mal glauben könne, ohne dass ich vier Stunden pro Tag damit verbringe, darüber zu diskutieren und alles haarklein zu erläutern, dann kann ich eben auch nichts dafür. Ganz ehrlich jetzt.

      Es ist niemandem versagt, über das Thema ausführlich zu diskutieren. Ich behalte mir aber das Recht vor, meinen Standpunkt auch mal so zu äußern, wie ich es getan habe. Zumal es für Eltern wie Sabine durchaus verwirrend sein kann, wenn jemand das Thema mit der Einwilligung so darstellt, als sei es tatsächlich irgendwie möglich, dass der Ehemann ohne ihre Einwilligung zum Arzt gehen und die Amputation vornehmen lassen dürfe. DAS IST ABER NICHT SO und in diesem Fall ist es mir lieber, Sabine oder anderen Eltern die Unsicherheit zu nehmen, als darauf Rücksicht zu nehmen, dass manche User auf eine klare Ansage überempfindlich reagieren können.

      Mir ist es durchaus ein Anliegen, hier über klare Verhältnisse zu sprechen, wo es weit und breit keine Unklarheiten gibt. Ich kann da durchaus auch mal nur die Eltern im Blick haben, die hier mitlesen. Und die Interessen der anderen hintenan stellen.

      Sicher kann der Ehepartner auch alleine eine Vorhaut-Amputation veranlassen, das ist dann aber illegal. Im Notfall kann man dem Ehepartner oder der Partnerin eine Einstweilige Anordnung ins Haus jagen, wenn man irgendwie mitbekommt, dass er/sie die Amputation plant. Falls das hier irgend jemanden beruhigt: ich habe das erst letzte Woche gemacht. Die Einwilligung eines Elternteils lag nicht vor und das macht die Sache ganz einfach vor Gericht. Zack, bumm, Beschneidung wird untersagt, fertig. Da muss in der Sache gar nicht mehr weiter über 1631d BGB oder die Folgen der Beschneidung oder sonstwas geredet werden.

      Beide Eltern müssen -wenn und soweit sie sorgeberechtigt sind - einwilligen, so lautet das Gesetz. Und wenn das jemand als eine schrödersche Vorgehensweise empfindet, dass das Gesetz hier ganz klar und eindeutig ist und keine zwei Meinungen zulässt, ist das völlig in Ordnung, aber nicht unbedingt meine Schuld. ;)
    • Grundsätzlich gehe ich auch davon aus, dass die Zustimmung beider Elternteile vorliegen muss. Allerdings gibt es bei elterlichen Entscheidungen durchaus eine unscharfe "Bagatellgrenze", so können vor allem Entscheidungen des "täglichen Lebens" auch nur von einem Elternteil alleine getroffen werden. Ich gehe zwar davon aus, dass eine Beschneidung nicht zu diesen zählt, aber das nicht festgeschrieben, sondern eine Bewertung, die ein Gericht im Einzelfall vielleicht auch anders sehen kann. So gibt es beispielsweise Urteile die die Schulwahl einem Elternteil alleine unterstellen, wobei da ein Gericht wohl nach dem vermeintlichen Kindeswohl geschaut hat. Wie auch immer.

      Viel spannender finde ich aber vor allem die Frage, welche Sorgfaltspflichten ein Beschneider bei der Überprüfung des Vorliegens beider Einwilligungen hat und ob er sich strafbar macht, wenn nur ein Elternteil einwilligt oder wenn nur ein Elternteil einwilligt und dabei behauptet bzw. den Anschein erweckt, für die Eltern gemeinsam zu sprechen oder das alleinige Sorgerecht zu besitzen. Wäre dann der Beschneider nicht aus der Sache raus oder wird er sich vorhalten müssen, nicht genau genug geprüft zu haben? Eigentlich kann er das doch gar nicht prüfen und muss sich auf die Aussagen der Eltern verlassen.
    • Ein Arzt wird doch wohl die im Verkehr erforderliche Sorgfalt walten lassen und 2 Unterschriften einfordern.
      Wenn Madame mit Monsieurs Unterschrift erscheint und diese gefälscht hat, dann wird der Arzt beschneiden.
      Sie ist dann halt dran, schon mal wegen Urkundenfälschung, zusätzlich zur Körperverletzung.

      Ein Arzt mit hohem Berufsethos wird sicherheitshalber beide Elternteile einbestellen, zum Abschlussgespräch vor der OP, um sich zugleich der vorliegenden übereinstimmenden Einwilligung zu versichern.

      Eine Beschneidung ist keine spontaner Kaugummikauf an der Kasse.
      Abgesehen von der Bagatellgrenze (die Beschneidung dürfte keine Bagatelle sein), dürfte auch eine Rolle spielen wie spontan etwas stattfindet, um es als solche zu qualifizieren.
      Was auch eine Rolle spielen dürfte und gegen die Bagatelle spricht, ist die erforderliche Planung (Terminabsprache) und die Motivation, das machen zu lassen.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Du sprichst hier einige interessante Punkte an, R2D2.

      Zunächst einmal halten wir fest, dass wir hier über eine Konstellation sprechen, in der die Eltern dem Arzt gegenüber das Kind rechtsgeschäftlich vertreten. Die gemeinsame Vertretung der Eltern gem. § 1629 Abs.1 S.2 BGB umfasst alle Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen, welche die Eltern unter Abgabe einer eigenen Willenserklärung im Namen des Kindes vornehmen. Bei einer ärztlichen Behandlung ist es nicht etwa so, dass ein Elternteil das Kind alleine vertreten dürfte, wenn es sich um eine „Bagatelle“ handelt. Die Frage ist nur, ob der Arzt sich darauf verlassen darf, dass die Eltern sich stillschweigend oder ausdrücklich gegenseitig dafür ermächtigt haben, dass medizinische Eingriffe oder Behandlungen erfolgen dürfen.

      Nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen muss hierbei unterschieden werden, ob es sich um einen „Routinefall“ der Behandlung einer leichteren Erkrankung und Verletzung oder um einen ärztlichen Eingriff mit nicht unerheblichen Risiken handelt.
      Zu den „Routinefällen“ zählt beispielsweise eine Impfung. Hier kann sich der Arzt ungefragt darauf verlassen, dass der erschienene Elternteil von dem anderen sorgeberechtigten Elternteil als dafür bevollmächtigt gilt, die Behandlung vornehmen zu dürfen; es sei denn, der Arzt weiß genau, dass es anders ist.

      Bei ärztlichen Eingriffen schwererer Art muss sich der Arzt hingegen darüber vergewissern, ob und in wie fern eine solche Ermächtigung durch den anderen sorgeberechtigten Elternteil tatsächlich vorliegt.
      Eine Ausnahme besteht bei Gefahr in Verzug. Man kann ein Kind ja nicht sterben lassen, weil es zu lange dauern würde, die Einwilligung des anderen sorgeberechtigten Elternteils zu bekommen.

      Zu unterscheiden ist also das gemeinsame Sorgerecht einerseits und die „Bagatellgrenze“ andererseits mit der sich daran anschließenden Frage, ob der Arzt davon ausgehen darf, dass er eine Vorhaut amputieren darf, wenn er nur die Einwilligung eines sorgeberechtigten Elternteils vorliegen hat.

      In der Praxis lohnt es sich immer, den Arzt zu kontaktieren, wenn man als Elternteil dagegen ist und ihm mitzuteilen, dass man den Eingriff nicht billigt.

      Ein Arzt sollte sich allerdings darüber bewußt sein, dass eine Vorhaut-Amputation keine Bagatelle ist und – entgegen der Ansicht von manchen unserer Politiker und Politikerinnen – keineswegs mit Pflaster-Aufkleben zu vergleichen ist. Eine Amputation, die unter Narkose vorgenommen wird, KANN keine Bagatelle sein. Rein zivilrechtlich kommt der Arzt auch nicht aus der Schlinge, wenn er sich einredet, es gäbe nichts Harmloseres auf der Welt als Amputationen von Teilen der Geschlechtsorgane kleiner Jungen. Als Arzt MUSS er darüber informiert und im Bilde sein, dass dem nicht so ist.
    • Meine Tochter bekommt ihre Weisheitszähne gezogen. Interessant finde ich was bei der Einverständniserklärung steht schließlich ist es eine Vollnarkose.
      Unterschreibt ein Elternteil allein, erklärt er mit seiner Unterschrift zugleich, dass ihm das Sorgerecht allein zusteht oder dass er im Einverständnis mit dem anderen Elternteil handelt. Bei schweren Eingriffen sollten grundsätzlich beide Eltern unterschreiben.
      Wenn ich das richtig verstehe, wäre es also durchaus möglich alleine zu entscheiden. Erstens wird der Eingriff von den meisten als "harmlos" eingestuft. Zweitens würde ja der Arzt davon ausgehen, das der andere Elternteil einverstanden ist.

      Ich muss dazu sagen, das ich schon einige Eingriffe bei meinen Kindern alleine unterschrieben habe und nie nachgehakt wurde.

      Wenn also der Eingriff einfach gemacht würde ohne Unterschrift des zweiten Elternteils, würde der nicht eingewilligte Elternteil zwar Klage berechtigt sein, aber was würde das dem Kind nutzen - ab ist ab. Oder sehe ich das falsch?
      "Those who cannot remember the past are condemned to repeat it"

      "Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen."


      George Santayana (1863-1952)
    • Zu den weiteren Rechtsfolgen: ich sehe nicht, wo und in wieweit sich an den Rechtsfolgen etwas geändert haben sollte, wenn wir es mit einem Fall zu tun haben, in dem ein Elternteil die Zustimmung erteilt, der andere diese jedoch verweigert. § 1631d BGB wird erst relevant, wenn beide sorgeberechtigten Eltern eine wirksame Einwilligung erteilen. Hierzu ein kleiner Auszug aus den Urteilsgründen eines Falles aus dem Jahre 1998/1999:

      Der Angeklagte S. R. ist der Ehemann der Beschwerdeführerin B. W.-R.. Der Beschwerdeführer A. R., geboren am 01. Februar 1997, ist der gemeinsame Sohn der Eheleute R.. Diese leben mittlerweile getrennt. Am 30. Oktober 1997 ordnete das Familiengericht des Amtsgerichts Backnang im Wege der einstweiligen Anordnung an, daß für die Trennungszeit die elterliche Sorge für den gemeinsamen Sohn A. beiden Eltern zur gemeinsamen Ausübung verbleibt, dies jedoch mit der Maßgabe, daß das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Entscheidung über medizinische Maßnahmen allein der Mutter zusteht.

      S. R. wurde beim Amtsgericht Waiblingen wegen Kindesentziehung und vorsätzlicher Körperverletzung angeklagt. Er soll den Sohn A. in der Zeit vom 13. März 1998 bis zum 15. Juni 1998 mit List seiner Mutter entzogen und nach Bosnien verbracht haben. Darüber hinaus soll der Angeklagte in dieser Zeit ohne Einwilligung der Mutter die Beschneidung des Kindes A. veranlaßt haben. Am 10. August 1998 verurteilte das Amtsgericht Waiblingen den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe. Vom Vorwurf der Kindesentziehung sprach es ihn frei. Die Staatsanwaltschaft legte gegen dieses Urteil rechtzeitig in vollem Umfang zum Nachteil des Angeklagten Berufung ein.

      (OLG Stuttgart, Beschluss vom 31. März 1999 – 4 Ws 57/99, 4 Ws 58/99 –, juris)

      (Farbige Hervorhebung von mir)
    • Bela2012 schrieb:

      Wenn ich das richtig verstehe, wäre es also durchaus möglich alleine zu entscheiden. Erstens wird der Eingriff von den meisten als "harmlos" eingestuft. Zweitens würde ja der Arzt davon ausgehen, das der andere Elternteil einverstanden ist.

      Hier müssen wir unterscheiden zwischen dem "Innenverhältnis" und dem "Außenverhältnis". Ihr habt beide das gemeinsame Sorgerecht und trefft daher solche Entscheidungen auch gemeinsam. Das ist das "Innenverhältnis" zwischen Euch beiden Eltern. Der Arzt steht im "Außenverhältnis" zu Euch. Der Arzt muss sich ja nun auch irgendwie absichern. Also läßt er sich bei "Routineeingriffen" von einem Elternteil versichern, dass der andere Elternteil einverstanden ist. Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass bei schweren Eingriffen die Einwilligung beider Elternteile vorliegen muss. Die Formulierung halte ich für sehr allgemein gehalten; sie umfaßt einfach alles. Einmal den Routineeingriff und einmal den "schwerwiegenderen" Eingriff. Anscheinend sollen die Eltern hier selbst herausfinden, was was ist. :S
    • Maria Werner schrieb:

      ich habe das erst letzte Woche gemacht. Die Einwilligung eines Elternteils lag nicht vor und das macht die Sache ganz einfach vor Gericht. Zack, bumm, Beschneidung wird untersagt, fertig.


      Etwas juristischer hätte ich's schon gerne. Auf welcher Rechtsgrundlage wurde das Verbot ausgesprochen? Wie hat das Gericht das Verbot begründet? Welche Sanktionen wurden angedroht? Strafverfahren? Ordnungsgeld/haft? Sorgerechtsentzug? Umgangsrechtsentzug?


      Maria Werner schrieb:

      Beide Eltern müssen -wenn und soweit sie sorgeberechtigt sind - einwilligen, so lautet das Gesetz.


      Wer sagt denn, dass Eltern bei einer Beschneidung gem. § 1631d BGB ihr Kind in dessen Namen überhaupt vertreten müssen, mal abgesehen von der Frage, ob sie es können? Das Recht auf Einwilligung gilt dem Wortlaut des § 1631d BGB nach für Eltern, ohne jeglichen Hinweis auf Stellvertretung. Insofern dürfte das dann rechtlich so ähnlich ablaufen, wie wenn der Hund zum Tierarzt gebracht wird. Deshalb wurde das Gesetz ja auch in den Bereich elterlicher Erziehungsautonomie eingefügt, wo das Kind gegenüber Dritten nicht zu vertreten ist und in gewissem Umfang zum Rechtsobjekt wird. Nur so und nicht anders lässt sich ein Interessenwiderstreit umgehen.

      Und der § 1631d BGB spricht eben nicht von beiden Eltern. Dass das Pluraletantum "Eltern" im Zweifel zu klären wäre, dürfte dem Gesetzgeber wohl nichts neues gewesen sein. Nun ist auch nicht von einer gemeinschaftlichen Einwilligung die Rede. Wie einfach aber wäre das denn gewesen, dies zu formulieren. Man hätte im Gesetzestext bloß vor "einzuwilligen" das Adverb "gemeinschaftlich" einfügen müssen. Aus guten Gründen hatte man dies nicht getan.

      So z.B. hätte man den ersten Satz des § 1631d BGB formulieren können:

      Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes stellvertretend und gemeinschaftlich einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll.


      Es bringt auch nichts, Regelungen bei medizinisch indizierten Eingriffen auf den § 1631d BGB zu übertragen. Der Gesetzgeber hat eine klare Trennung vorgesehen:

      "Die Vorschrift erfasst insbesondere nicht die Einwilligung der Eltern in eine medizinisch indizierte Beschneidung ihres Sohnes. Für die medizinisch indizierte Beschneidung besteht nach der Entscheidung des LG Köln – wie auch für andere medizinisch indizierte Heileingriffe beim Kind – kein Anlass, die geltende Rechtslage in Frage zu stellen."
      (Drucksache 17/11295 S.17)


      Um meinen Standpunkt nochmals klarzustellen: es geht mir nicht darum, zu behaupten, ein Elternteil könne alleine am anderen vorbei entscheiden. Es geht mir lediglich darum, die Eindeutigkeit der Vorschrift bzügl. einer gemeinschaftlichen Einwilligung in Frage zu stellen und somit die gravierenden Mängel des § 1631d BGB aufzuzeigen. Ob dies in diesem Forum allerdings noch erwünscht ist - ich habe da so meine Zweifel.
    • Lutz Herzer schrieb:

      Etwas juristischer hätte ich's schon gerne. Auf welcher Rechtsgrundlage wurde das Verbot ausgesprochen? Wie hat das Gericht das Verbot begründet? Welche Sanktionen wurden angedroht? Strafverfahren? Ordnungsgeld/haft? Sorgerechtsentzug? Umgangsrechtsentzug?

      Ich werde mich zu weiteren Inhalten der Sach- und Rechtslage dieser von mir betreuten Angelegenheit, zumindest im Moment, NICHT öffentlich äußern. Ob ich das zu einem späteren Zeitpunkt einmal tun werde, wird später entschieden, wobei ich das dann, wenn überhaupt, nur in enger Absprache mit meiner Mandantschaft tun werde - auch dann, wenn hier keine Namen genannt werden.

      Lutz Herzer schrieb:

      Ob dies in diesem Forum allerdings noch erwünscht ist - ich habe da so meine Zweifel.

      Dazu HABE ich mich bereits mehrfach geäußert.
    • Maria Werner schrieb:

      Ich werde mich zu weiteren Inhalten der Sach- und Rechtslage dieser von mir betreuten Angelegenheit, zumindest im Moment, NICHT öffentlich äußern. Ob ich das zu einem späteren Zeitpunkt einmal tun werde, wird später entschieden, wobei ich das dann, wenn überhaupt, nur in enger Absprache mit meiner Mandantschaft tun werde - auch dann, wenn hier keine Namen genannt werden.


      Schade! ;(

      Jedenfalls müssten Sie einen Richter davon überzeugt haben, dass es mindestens einen Arzt gibt, der bereit ist, gegen die Vorschriften zu verstoßen, die Sie hier als "sicher" postulieren.

      Haben Sie den Arzt wenigstens angezeigt? Ach - lassen wir's.
    • Lutz Herzer schrieb:

      Haben Sie den Arzt wenigstens angezeigt? Ach - lassen wir's.
      Die Beschneidung ist noch nicht vollzogen. Wofür soll man den Arzt anzeigen?
      Ach so.. mir dämmert's.
      Du meinst er hätte das durchgezogen mit nur der Einwilligung der Mutter?
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • @Lutz Herzer: Das muss in 1631d nicht eindeutig im Plural stehen, weil § 1629 BGB eine allgemeine Vorschrift für die Vertretung des Kindes durch die personensorgeberechtigten Eltern ist. Das gilt dann für alle Rechtsgeschäfte und Einwilligungen, die man im Namen des Kindes vornehmen kann. Es wäre nach der üblichen juristischen Dogmatik vielmehr so, dass eine Ausnahme von der Regel des § 1629 BGB (also: nur ein Elternteil kann einwilligen) deutlich gemacht werden müsste.
    • @Axon

      das mit dem Plural würde nur dann eine Rolle spielen, wenn man sich meiner Auffassung anschließt, dass eine Einwilligung im Namen des Kindes gem. § 1629 BGB nicht notwendig und aufgrund des Interessenwiderstreits auch nicht möglich ist und der § 1631d BGB eine eigene Einwilligung im Rahmen der Erziehungsautonomie ohne Vertretung des Kindes regelt.
    • Was heißt Interessenwiderstreit? Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, wonach man einfach sagen kann: Hier lassen wir keine Vertretung zu. Das ist abschließend geregelt (§§ 1795 bzw. 181 BGB).

      Dass eine Einigung irgendwie so frei herumschwebt, funktioniert nicht. Eine Vertretung braucht es in jedem Fall!
    • Axon schrieb:

      Was heißt Interessenwiderstreit? Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, wonach man einfach sagen kann: Hier lassen wir keine Vertretung zu. Das ist abschließend geregelt (§§ 1795 bzw. 181 BGB).


      § 1796 BGB regelt die Sache doch völlig ausreichend. Auf diese Norm wird auch in § 1629 (2) verwiesen.

      § 1796 Entziehung der Vertretungsmacht

      (1) Das Familiengericht kann dem Vormund die Vertretung für einzelne Angelegenheiten oder für einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entziehen.

      (2) Die Entziehung soll nur erfolgen, wenn das Interesse des Mündels zu dem Interesse des Vormunds oder eines von diesem vertretenen Dritten oder einer der in § 1795 Nr. 1 bezeichneten Personen in erheblichem Gegensatz steht.
    • Naja also erstmal müsste dann die Vertretungsmacht überhaupt entzogen werden. Das wäre völlig widersprüchlich zuerst eine Regelung wie 1631d zu schaffen und dann quasi -weil es letztere Vorschrift nun gibt- die Vertretungsmacht zu entziehen. Kein Gericht würde das jemals tun.

      § 1631d muss einfach wie folgt geändert werden:

      "Die Personensorge umfasst nicht das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen Kindes einzuwilligen, auch wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll."

      (Absatz 1 Satz 2 und Abs. 2 entfallen)
    • Axon schrieb:

      Naja also erstmal müsste dann die Vertretungsmacht überhaupt entzogen werden.

      Tja - schwierige Frage. Darf der Umstand, dass die Vertretungsmacht entzogen werden kann, aber noch nicht entzogen worden ist, ausgenutzt werden, um vollendete Tatsachen in Form einer Vorhautamputation zu schaffen? Kann ich mir nur schwer vorstellen.

      Die Regelung als solche müsste ausreichen, um Rechtsunsicherheit bezüglich der Wirksamkeit der Vertretungsvollmacht zu schaffen. Dann muss eben das Familiengericht angerufen werden, um diese Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Ansonsten würde § 1796 BGB in vielen Fällen ins Leere bzw. hinterherlaufen und zusätzlich wäre die Wirksamkeit der Vertretungsvollmacht vom Arbeitstempo des Gerichts abhängig. Das würde mich sehr wundern.