OMG, jetzt auch noch Brian D. Earp auf dem Holzweg

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    • OMG, jetzt auch noch Brian D. Earp auf dem Holzweg

      Until enough hearts and minds are shifted on this issue, any strong-armed ban would be a mistake.


      70% Ablehnung reicht noch nicht?
      Da kannste lange warten. Und wir lassen die Kinder nochmal 5.000 Jahre im Stich? Aber bei Mädchen, da geht ein "strong-armed ban"? Und bei den "12 Stämmen" auch?

      Schade, schade...

      blog.practicalethics.ox.ac.uk/…w-to-do-practical-ethics/

      Und was wäre ein "weak-armed" ban? Es muss ja nicht gleich Knast für die Eltern sein.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • I said at the beginning that I thought there was a hidden meta-ethic behind religious defenses of circumcision, and I think that now we’re beginning to see what it might be. I think it’s this idea that an individual human being, such as a child, is not really the ultimate object of moral analysis. Instead there are other obligations, obligations that come from a community identity, from concern about historical continuity, or ritual continuity; obligations that come from a special covenant between a god and a group of people. And the effect of all this is that the individual child becomes a sort of non-entity. His body becomes not his body. His pain becomes an instrument in fulfilling a higher purpose.And so, I think before we can get anywhere in this discussion, we are going to have to acknowledge that that is a very different meta-ethic. I think we have to acknowledge that certain religious commitments are based on a particular view of the universe, and that this view is in direct conflict with a “Western” moral focus on: individuals, on human rights adhering to those individual asindividuals, and on the notion that children and infants, above all, need special protection because they can’t defend those rights on their own
      Oh, das ist ja was ganz ganz Neues: Hinter der Beschneidung steht eine ganz andere Metaethik!
      Ironie off.

      Was hatte er denn gedacht? Selbstverständlich sind idividuelle Menschenrechte etwas, was man nicht beweisen, sondern für das eine Gemeinschaft sich entscheiden kann.
    • Brian Earp bekennt, dass er in der Vergangenheit Fehler gemacht hat. Er möchte jetzt von den Beschneidungsbefürwortern ernst genommen werden.

      "But it does mean that there is some important “homework” to do if one wants one’s criticisms to be taken seriously by those whose moral universe may be shaped by different considerations."


      In seiner Ankündigung seines Artikels bei Twitter dankt er ausdrücklich seinem Oxforder Kollegen Julian Savulescu. Dieser vertritt die Meinung:"Harm reduction, not prohibition":

      blogs.bmj.com/medical-ethics/2…eduction-not-prohibition/


      Wird das in Zukunft auch Brian Earps Meinung sein, sobald er seine "Hausaufgaben" gemacht hat?
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • werner schrieb:

      "Harm reduction, not prohibition"

      Und wie sollte diese "Harm reduction" bitte aussehen? ?(
      Ab ist ab, da helfen die besten Absichten einer einer Schadensbegrenzung gar nichts. Das wäre wie ein bisschen Schwanger oder ein ganz klein wenig tot.... :wacko:
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Er möchte jetzt von den Beschneidungsbefürwortern ernst genommen werden.


      Oh je! Das hört sich nicht gut an. Und es ist vergebliche Liebesmühe.
      Wer Kinder tatsächlich vor Verstümmelung schützen will, der wird niemals von denen ernst genommen werden. Es ist auch völlig schnuppe, ob die Verstümmelungsfans uns ernst nehmen. Es ändert kein Iota.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Dass seine Strategie für amerikanische Verhältnisse die möglicherweise effektivere darstellt, stellt er nachvollziehbar dar.
      Was er meiner Ansicht nach allerdings unterschätzt, ist die mögliche positive Rückwirkung eines Gesetzes auf die ethische Haltung in der Bevölkerung (zumindest in Europa, wo der Staat einfach mehr regelt), er betont einseitig einen möglichen backlash.

      Das Recht auf gewaltfreie Erziehung hatte einen großen Vorlauf und auch einige Widerstände zu überwinden, aber hatte insgesamt gewaltfreies Erziehungsverhalten von Eltern gestärkt, den entsprechenden Argumenten in Diskussionen über Erziehung zwischen Eltern ein ganz anderes Gewicht gegeben und zusätzlich sensibilisiert für Kinderrechte.
    • Ich finde, er eiert in seiner auf Helmut pikiert herum.

      Especially when legal prohibitions are instituted in advance of cultural readiness, I’ve come to realize, they can backfire, leading to more harm than good; and sometimes, their mere proposal can trigger reactionary laws that end up enshrining the very practice being challenged.



      Und das hat er aus dem Thema "NTC" gelernt. D.h. nicht anderes als: Maulkorb. Man darf nicht mal drüber reden. Könnte ja nach hinten losgehen!
      Wir sollen also warten, bis die entsprechenden "Kulturen" "ready" sind.
      OK, im 19. Jahrhundert wurde ja schon mal diskutiert - unter deutschen Juden. Jetzt wurde wieder diskutiert, 2012. Also im 21. Jahrhundert. Das nächste mal dann im 23. Jahrhundert?

      "We can do this on and on"... das kann man ewig so weitertreiben.

      Und parallel werden Gesetze erlassen, die den Mädchenkörper für sakronsankt erklären, die Kinder vor Schönheitsoperationen schützen. Und davor, nackt auch nur photographiert zu werden.

      Das große Missverständnis ist doch, überhaupt davon zu reden, dass das "gebannt" werden soll. Körperverletzung war immer "gebannt", verboten. Lediglich die Strafverfolgung hatte einen blinden Fleck. Es hatte lange Zeit keinen Staatsanwalt, der den Mumm gehabt, in Sachen MGM Anklage zu erheben. Geltendes Recht wurde nicht konsequent angewandt.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Sehr richtig

      Das große Missverständnis ist doch, überhaupt davon zu reden, dass das
      "gebannt" werden soll. Körperverletzung war immer "gebannt", verboten.
      Lediglich die Strafverfolgung hatte einen blinden Fleck.
      Dies wird klar im Buch von Prof. Franz herausgearbeitet, durch Prof. Herzberg. Es war NIE erlaubt, medizinisch unnötige OPs an Kindern auszuführen, noch dazu ohne hinreichende Risikoaufklärung und gar zT ohne Anästhesie.
    • Einerseits finde ich erhellend, dass Brian Earp schreibt, dass er sich auf die amerikanische Situation bezieht, andererseits finde ich es problematisch, dass er dies erst auf Nachfragen hin tut. Das hätte er m.A. von Anfang an tun müssen.
      Auffällig finde ich, dass er auf den Hinweis von "Helmut" auf die Gefahr eines Doppelstandards bei der Verwendung von Begrifflichkeiten nicht eingeht. Auffällig ist das insofern, da kaum einer diesen Doppelstandard so eindrucksvoll herausgearbeitet hat wie er selbst. Aber das könnte ja wohl wieder ein paar seiner amerikanischen Gesprächspartner verprellen.
      M.E. bleibt Brian Earp den Nachweis schuldig, warum er ausgerechnet jetzt "etwas gelernt" hat, und deshalb fortan nur noch von "NCT" sprechen will. Amerikanische Gesprächspartner hatte er ja wohl schon immer und "lernen" ist ein ständiger Vorgang. Bisher hatte ihn beides nicht davon abgehalten, eindeutig Stellung zu beziehen. Warum dann jetzt diese Änderung?

      Aus grundsätzlicher ethischer und juristischer Perspektive muss man sich fragen, wohin der "Respekt" davor, dass manche Beschnittene ihren Zustand als "enhancement" betrachten, führt: dass man es nämlich von der subjektiven Interpretation der "Täter" abhängig macht, wie man die Tat beurteilt. So kommt man ethisch und juristisch in Teufels Küche.


      Ich finde die Beiträge von Brian Earp zur Beschneidungsdebatte nach wie vor äusserst gehaltvoll und wichtig. Daran ändert sich für mich auch durch seinen "Strategiewechsel" im Prinzip rein gar nichts.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Sieht irgendwie so aus, als ob ihn da Kollegen "zurechtgeklopft" hätten. Den Zahn gezogen. Auf Linie gebracht.

      Im Prinzip sagt er jetzt nichts anderes mehr als Stefan Kramer. Reformen müssten wenn überhaupt aus den Religionsgemeinschaften selbst kommen. Kommen sie aber nicht. Seit 5.000 Jahren. Im Gegenteil, die Verstümmelung wurde noch verschlimmbessert, radikalisiert.

      Und der Frage von Weguer (bzw. Halmut): "Und wie sollte diese "Harm reduction" bitte aussehen?", der verweigert er sich, dass bleibt nebulös.
      Nur die halbe Vorhaut abschneiden?
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Selbstbestimmung schrieb:

      Das große Missverständnis ist doch, überhaupt davon zu reden, dass das "gebannt" werden soll. Körperverletzung war immer "gebannt", verboten. Lediglich die Strafverfolgung hatte einen blinden Fleck. Es hatte lange Zeit keinen Staatsanwalt, der den Mumm gehabt, in Sachen MGM Anklage zu erheben. Geltendes Recht wurde nicht konsequent angewandt.
      Bitte hier nicht die amerikanische und die deutsche Rechtsprechung in einen Topf werfen. In Amerika gab es nie ein Verbot der Beschneidung. Das wollte die Bürgerinitiative in San Francisco durch eine Volksabstimmung erreichen. Sie scheiterte zunächst an einem Richterspruch, der darauf hinwies, dass medizinische Fragen nicht durch lokale Beschlüsse entschieden werden dürften. Später wurde dann in Kalifornien ein Landesgesetz beschlossen, dass Volksabstimmungen über Beschneidungen grundsätzlich unzulässig seien, weil sie in die Verfassungsrechte der Elternrechte und der Religionsfreiheit eingriffen.

      Das Gesetz kann man hier lesen:

      leginfo.ca.gov/pub/11-12/bill/…826_163726_sen_floor.html


      Den Kommentar des Intaktivisten Joseph Lewis hier:

      joseph4gi.blogspot.de/2011/08/…e-senate-unanimously.html
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Erst jetzt ist mir aufgefallen, dass das Thema schon vor einem Jahr im Practical Ethics Blog diskutiert wurde, und zwar im von mir bereits verlinkten Beitrag von Julian Savulescu. Brian Earp hat dessen Argumentation damals in einem Kommentar zugestimmt, und das Ziel formuliert "to change the cultural conversation".


      blog.practicalethics.ox.ac.uk/…uction-not-prohibition-2/


      Interessant ist diese Blog-Seite insbesondere auch deshalb, weil sie Kommentare von Dan Bollinger, Georganne Chapin und anderen Intaktivisten enthält.

      (Mit dem zentralen Argument von Julian Savulescu, dass ein Verbot die Beschneidung in die Hinterhöfe verbannen würde, sollte man auch die Frauenbeschneidung wieder erlauben.)

      Julian Savulescu zieht in einem Kommentar die Parallele zur deutschen Situation:

      "By all means go ahead and try to ban it. You will fail to prevent it, as the recent episode in Germany shows."

      Sowohl von Savulescu als auch von Earp wurden folgende Vorschläge von Micheal Glass positiv aufgenommen:

      "...treat it as a sexual assault, and brand the assailants as sexual offenders. This is a powerful way of stigmatising the aggressors.

      Circumcision by unqualified operators should be illegal.

      ...circumcision “should not be performed in the face of parental disagreement”

      ...ensure that every baby to be circumcised must be medically examined by an independent doctor...

      ...if a circumciser does the job badly, he or she should be prohibited from doing circumcisions.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • "...treat it as a sexual assault, and brand the assailants as sexual offenders. This is a powerful way of stigmatising the aggressors.


      Da passt doch was nicht zusammen. Man kann doch nicht sagen: "Das ist ein sexueller Angriff, und die die dass machen sind Sex-Gangster" - und dann: "aber ist schon OK, wenn beide Eltern es wollen". Damit macht man den Begriff "sexual offender" lächerlich. ("sexual offender" soweit würde ich ja nicht mal gehen - und ich bin ja angeblich schon so radikal. Ich finde, dass schafft falsche Assoziationen.)

      "By all means go ahead and try to ban it. You will fail to prevent it, as the recent episode in Germany shows."


      Aber das ist doch in D gar nicht passiert! NIEMAND hat hier vorgehabt etwas zu verbieten. BEIDE Gesetzentwürfe wollten etwas erlauben - unter bestimmten Bedingungen. Auch der Alternativentwurf wollte nichts verbieten:

      Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des männlichen Kindes einzuwilligen, wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat, einsichts- und urteilsfähig ist, der Beschneidung zuge- stimmt hat und diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst von einer Ärztin oder einem Arzt mit der Befähigung zum Facharzt für Kinderchirurgie oder Urologie durchgeführt werden soll.


      Alles vor dem 14. Lebensjahr war durch den bereits existenten §223 StGB abgedeckt.

      Es läuft immer wieder auf das dämliche "Hinterzimmer-Argument" hinaus. "Man kann das nicht verbieten, weil die das sowieso machen." Ok, in der Hinsicht kann man das Morden auch nicht verbieten, es werden ja jedes Jahr Tausende ermordet.
      Und wie grausam und bestialisch die Morde oft ausgeführt werden! Da muss das Opfer oft lange qualvoll leiden.
      Ein staatlich geprüfter und lizensierter "Problemlöser" könnte überraschend, schnell und schmerzlos töten. Wäre das nicht viel humaner? Wenn man es doch sowieso nicht verhindern kann, dass Menschen ermordet werden - dann doch wenigstens fachmännisch!
      Man sollte doch annehmen, dass für Eltern die Gesundheit und das Leben ihrer Kinder an erster Stelle stehen, und dass sie ihre Kinder niemals einen zweifelhaft qualifizierten Operateur anvertrauen würden.
      Falls sie aber so verantwortungslos sind, doch das Leben ihrer Kinder in gröblicher Weise zu gefährden muss man sich natürlich fragen, ob die Kinder bei ihnen überhaupt gut aufgehoben sind.

      Und man muss sich natürlich fragen, warum die Strafverfolgung bei der FGM (immerhin langjährige Haftstrafen) produktiv sein soll, wenn sie bei der MGM angeblich kontraproduktiv sein soll. Das hat bislang gerade in Hinsicht auf das "Hinterzimmer-Argument" noch niemand schlüssig erklären können.
      Bei der FGM wird ja offensichtlich argumentiert, dass Verbot und Strafverfolgung Eltern davon abschrecken könnten, ihre Töchter zu verstümmeln. Das ist für mich plausibel. Die möglichen "Kollateralschäden" im Hinterzimmer werden dafür in Kauf genommen.
      Selbstverständlich wäre es für Mädchen weniger traumatisch und es gäbe seltener lebensgefährliche Komplikationen, würden sie in Vollnarkose vom Chirurgen verstümmelt.
      Oder dann doch der Umkehrschluss - auch die Mädchengenitalien (unter fachlich einwandfreien Bedingungen) für vogelfrei erklären? Da ziehen sie dann alle den Schwanz ein, die Hinterzimmler.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Brian Earp setzt auf eine Veränderung der Gesellschaft durch Einsicht und nicht durch Zwang.
      Immer wenn man Zwang anwendet, gibt es nach der Änderung Verlierer und Gewinner und keine wirkliche Einsicht. Damit bleibt ein Ressentiment, das ein starkes Energiepotenzial birgt für reaktionäre Tendenzen.

      Die Veränderung in der Gesellschaft kann mehrfacher Natur sein:
      • Ärzte die den Eingriff verweigern
      • Eltern, die sich aufklären und ihn dann lieber vermeiden
      • Niemand mehr kann von der Beschneidung der eigenen Kinder reden, ohne schief angesehen zu werden
      • usw.

      Vielen geht das zu lange. Vielen denken dabei mehr an die Kinder, als an die Befindlichkeit beschneidender Gruppen. Das kann man so sehen.

      Ich kenne noch einen Promi, der von Backlash redet, wenn man hier zu harsch vorgeht.
      Damit weckt man Widerstandskräfte der Integristen. Und man solidarisiert ev. moderate Teile mit den Integristen, weil Erstere sich indirekt angegriffen fühlen.
      Ein konzertiertes Vorgehen, bestehend aus Ächtung und breiter gesellschaftlicher Verweigerung scheint auch mir mehr geeignet, das Problem dauerhaft und friedlich in die Nähe von Null zu reduzieren.

      Die Entscheidung, wie man das Problem angeht bleibt eine Gewissens- und auch Glaubensfrage. Welche Strategie erfolgreicher sein wird, ist m.E. eine reine Glaubensfrage und wird sich zeigen, wenn unterschiedliche Länder unterschiedliche Wege einschlagen.

      Diskussionswürdig ist die Strategie von Earp allemal.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Brian Earp setzt auf eine Veränderung der Gesellschaft durch Einsicht und nicht durch Zwang.


      Genau, man darf die Straßenschläger nicht unter Druck setzen! Geben wir doch "Körperverletzung" ganz allgemein frei, die Schläger werden das bestimmt irgendwann honorieren und einsehen, dass man andere nicht zusammenschlagen soll.
      Mit Verlaub, das sind doch naive Vorstelllungen.

      Und die 12 Stämme, denen kann man doch nicht die Kinder wegnehmen, nur weil sie ihre Kinder züchtigen! Die werden das schon irgendwann einsehen, so in der 50. bis 60. Generation....

      Guy schrieb:

      Damit weckt man Widerstandskräfte der Integristen.



      integer: lateinisch für ‚unberührt‘, ‚unversehrt‘

      Was sind "Integristen"? Leute, die sich für körperliche Unversehrtheit einsetzen?

      Niemand mehr kann von der Beschneidung der eigenen Kinder reden, ohne schief angesehen zu werden


      Genau dass wäre der Fall, wenn allen klar wäre - das ist verboten. Der Staat sagt: das ist ein schwerwiegender Eingriff in die Rechte des Kindes, das ist strafbare Körperverletzung.

      Guy, du unterschätzt die Legitimierungswirkung eines Nicht-Verbotes, des staatlichen Nicht-Eingreifens auf der einen Seite bzw. die Ächtungswirkung einer konsequenten und konsistenten Strafverfolgung von Körperverletzung.

      Ärzte die den Eingriff verweigern


      Eine Illusion. Muslimische und jüdische Ärzte "Beschneidungsspezialisten" gibt es zur Genüge, dazu kommen jede Menge geldgeile Urologen.

      Eltern, die sich aufklären und ihn dann lieber vermeiden


      Wie sollen die sich aufklären? Wenn wie am Fließband Studien produziert werden, die die segensreiche Wirkung der Knabenverstümmelung darlegen und Eltern, die ihre Söhne intakt lassen geradezu als verantwortungslos dastehen lassen?

      Die muslimischen und jüdischen Eltern, die im Zweifel sind, die das eigentlich nicht wollen, die aber von Eltern, Großeltern, von der ganzen Verwandtschaft unter Druck gesetzt werden - die werden doch vom Staat einfach kalt im Stich gelassen.
      Die hätten andernfalls einen gewichtigen Trumpf im Ärmel: "Das ist verboten, und wir machen das nicht!"
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Man muss schon aufpassen, dass man nicht mit dem Hinweis auf einen (angeblichen) "Backlash" durch die Forderung nach einem Beschneidungsverbot die gesamte amerikanische und einen grossen Teil der sonstigen (u.a. auch der deutschen) Intaktivistenbewegung in die Tonne tritt. Der Ärger von Dan Bollinger und Georganne Chapin auf der Practical Ethics Seite war deutlich genug. Niemand hat etwas gegen "change by cultural dialogue", aber mir ist das erstens nicht ausreichend und zweitens zu schwammig und drittens fehlt mir die für einen Dialog notwendige Bereitschaft auf der Befürworterseite. Darüberhinaus macht man sich unglaubwürdig, wenn man trotz besseren Wissens auf "harm reduction" hinarbeitet und entgegen aller bisherigen Argumentation einen Doppelstandard bei der Hinterzimmer-Beschneidung einführt.

      Dan Bollinger formulierte es so:


      "It is a mistake to abolish slavery, instead let’s just whip then less often.
      It is a mistake to allow women the vote, instead we’ll just count every tenth vote.
      It is a mistake to prevent children working in factories, instead we’ll just make sure they take a midday nap.
      It is a mistake to outlaw female mutilation, instead let’s make sure they are cut with clean knives.
      It is a good thing those activists didn’t take your advice."
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • werner schrieb:

      "It is a mistake to abolish slavery, instead let’s just whip then less often.
      It is a mistake to allow women the vote, instead we’ll just count every tenth vote.
      It is a mistake to prevent children working in factories, instead we’ll just make sure they take a midday nap.
      It is a mistake to outlaw female mutilation, instead let’s make sure they are cut with clean knives.
      It is a good thing those activists didn’t take your advice."


      Danke, sehr treffend! Das werde ich mir einrahmen.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Guy schrieb:

      Brian Earp setzt auf eine Veränderung der Gesellschaft durch Einsicht und nicht durch Zwang.
      Immer wenn man Zwang anwendet, gibt es nach der Änderung Verlierer und Gewinner und keine wirkliche Einsicht. Damit bleibt ein Ressentiment, das ein starkes Energiepotenzial birgt für reaktionäre Tendenzen.

      Dann hätte man auch die FGM und vieles andere nicht verbieten dürfen. Mir fehlen auch Beispiele für diese Behauptung.

      Guy schrieb:

      Die Veränderung in der Gesellschaft kann mehrfacher Natur sein:
      Ärzte die den Eingriff verweigernEltern, die sich aufklären und ihn dann lieber vermeidenNiemand mehr kann von der Beschneidung der eigenen Kinder reden, ohne schief angesehen zu werdenusw.
      Vielen geht das zu lange. Vielen denken dabei mehr an die Kinder, als an die Befindlichkeit beschneidender Gruppen. Das kann man so sehen.


      Rücksicht auf die Befindlichkeit derer, die sich unethisch verhalten?

      Guy schrieb:

      Ich kenne noch einen Promi, der von Backlash redet, wenn man hier zu harsch vorgeht.
      Damit weckt man Widerstandskräfte der Integristen. Und man solidarisiert ev. moderate Teile mit den Integristen, weil Erstere sich indirekt angegriffen fühlen.
      Ein konzertiertes Vorgehen, bestehend aus Ächtung und breiter gesellschaftlicher Verweigerung scheint auch mir mehr geeignet, das Problem dauerhaft und friedlich in die Nähe von Null zu reduzieren.


      Ich denke mal, ich weiss, wer dieser Promi ist. Allerdings ist er mit seiner Meinung nicht an die Öffentlichkeit gegangen.
      Auch für die Ansicht über die Solidarisierung fehlen mir die Beweise.

      Guy schrieb:

      Die Entscheidung, wie man das Problem angeht bleibt eine Gewissens- und auch Glaubensfrage. Welche Strategie erfolgreicher sein wird, ist m.E. eine reine Glaubensfrage und wird sich zeigen, wenn unterschiedliche Länder unterschiedliche Wege einschlagen.


      Welche Wege Politiker wahrscheinlich einschlagen, sieht man zur Zeit in Norwegen. Aber ich argumentiere ja nicht als Politiker. ;)

      Guy schrieb:

      Diskussionswürdig ist die Strategie von Earp allemal.
      Auf alle Fälle!
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Ach ja, ich kenne noch einen Promi, der mit dem o.g. Promi ein Streitgespräche zu Tische führte, über genau dieses Thema.
      Das war hochinteressant und ich bin nicht mit einer festen Meinung in die Verdauung gegangen.
      Diese Debatte ist m.E. überflüssig. Es wird die Strategie zur Anwendung kommen, die am meisten Menschen hinter sich bringt.
      Und am Ende wird es keinen Weg zurück geben und es wird müssig sein, sich die andere Wirklichkeit herbeizusehnen.
      Also... weitermachen.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Guy schrieb:

      Es wird die Strategie zur Anwendung kommen, die am meisten Menschen hinter sich bringt.


      Es gab im Bundestag im wesentliche zwei Positionen, eine davon hat sich in einen recht vernünftigen Gesetzentwurf verdichtet, in summa "ab 14 Jahre - selbstbestimmt" - dieser Entwurf hat immerhin die Stimmen von hundert Abgeordneten gefunden.
      Hinter diesen Entwurf kann man nicht zurück, ansonsten müsste man ja legitimieren, dass unmündige Kinder weiter genital verstümmelt werden - zu welchen tollen Rahmenbedingungen auch immer.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Mir ist das nicht klar, um wen es hier jetzt geht: um die Positionen im Bundestag oder die Positionen, die von Brian Earp und anderen im Practical Ethics Blog diskutiert werden. Bei ersteren geht es lediglich um die Altersgrenze, bei letzterem um die Frage, ob man (zum gegenwärtigen Zeitpunkt) überhaupt ein Verbot der Kinderbeschneidung anstreben sollte.

      Sowohl Brian Earp als auch Julian Savulescu vom "Oxford Uehiro Centre for Practical Ethics" verneinen dies mit dem Hinweis vor allem auf zwei Gründe: man würde direkt und indirekt die Befürworter politisch stärken (siehe Gesetzgebungen in Kalifornien und Deutschland). Darüberhinaus würden die Befürworter Unentschlossene auf ihre Seite ziehen.Earp und Savulescu denken hier an die amerikanische Situation, in der ein Beschneidungsverbot Urängste vor dem Verlust der Religionsfreiheit und der Elternrechte berühren. Ein Angriff darauf könnte grössere Verwerfungen nach sich ziehen. Es wird aber auch auf die Wirkung jüdischer Verbände auf die amerikanische Politik verwiesen.

      Der zweite Grund ist das bekannte "Hinterzimmer-Argument" als Folge eines Verbots: durch unsachgemässe Beschneidungen würde den Kinder noch grösserer Schaden zugefügt.

      Aus diesen Gründen wird für einen "interkulturellen Dialog", Überzeugungskraft der Argumente und ein Dringen auf "Harm reduction" plädiert. Letzteres können wir zur Zeit in Skandinavien beobachten: kein Verbot, aber Beschränkung auf Krankenhäuser.

      Brian Earp ist aus meiner Sicht schon ziemlich optimistisch, wenn er glaubt, die amerikanische Kultur durch Dialog verändern zu können. Auf alle Fälle werden bis dahin weiter Kinder beschnitten.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.