Die Welt ist so kompliziert, da braucht es Beschneidungen:
nzz.ch/meinung/debatte/vielfalt-fruchtbar-machen-1.18210321
Trotzdem bleibt eine Skepsis gegenüber Religion in der europäisch-aufgeklärten Landschaft bestehen. Folge davon sind immer wieder Ratlosigkeit und Inkompetenz. Um nicht die Kopftuch- oder die Minarettdebatte zu bemühen, sei an die Diskussion über die Beschneidung erinnert, die 2012 von Deutschland aus auf die Schweiz übergriff. Auch sie war bezeichnend. Einerseits war die Argumentation aus der Logik von Medizin, Erziehung, Freiheitsrechten, Demokratie so dominant, dass die religiösen Begründungen kaum mehr wahrgenommen werden konnten. Anderseits zeigte sich in vielen Beiträgen eine Gesamtdeutung der Wirklichkeit, die optimistisch, fortschrittsgläubig ist und allein auf das autonome, erwachsene Subjekt baut, ohne sein langwieriges und nicht selbstverständliches Werden, seine soziale Verwobenheit und seine Begrenztheit zu bedenken. Nach den Schrecken des 20. Jahrhunderts und in Anbetracht der Unübersichtlichkeit einer postmodernen Welt ist dies geradezu naiv.
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