Stephan Kramer: Beschneidungsverbot durch die Hintertür

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    • Stephan Kramer: Beschneidungsverbot durch die Hintertür

      Stephan Kramer lehnte bekanntlich vor dem Rechtsausschuss den Änderungsantrag zum Gesetzentwurf der Bundesregierung ab.
      "Die Änderung umfasst den Zusatz, dass das Bundesministerium für Gesundheit ermächtigt werden solle, Details durch Rechtsverordnung zu regeln.
      Es besteht u. A. die Gefahr, dass die Beschneidung durch einen Mohel durch die Hintertür doch verunmöglicht wird."


      Worin besteht nun diese "Hintertür"?

      "Zudem wird gefordert, „altersangepasste Standards (...) hinsichtlich einer adäquaten Schmerzbehandlung und Nachsorge einzuführen“.
      Dieser Punkt ist zu unbestimmt, da es unterschiedliche Auffassungen gibt. Nicht nur kann die Betäubung beispielsweise am Peniswurzelblock nur von einem Arzt durchgeführt werden, sie ist mindestens, wenn nicht sogar schmerzhafter als die eigentliche Beschneidung selbst. Auch muss bedacht werden, dass aufgrund einer mangelnden Mitwirkungsbereitschaft von Ärzten (ein Ärzteverband hat dies bereits angekündigt) die Beschneidung, quasi durch die Hintertür unmöglich gemacht wird, wenn hier restriktivere Standards ohne sachliche Begründung angewendet werden müssen. Außerdem sind wir der Auffassung, dass die Schmerzlinderung, wie sie bisher vorgenommen wird, völlig ausreicht (EMLA-Salbe, Zäpfchen)".


      Es liegt also an der "mangelnden Mitwirkungsbereitschaft von Ärzten", wenn diese nicht bereit sind, Salbe, Zäpfchen und Zuckerwasser als "ärztliche Kunst" einzustufen. Werden hier nicht die Ärzte implizit dazu aufgerufen, gegen wissenschaftliche Standards und ihr Berufsethos zu verstossen?
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • werner schrieb:

      da es unterschiedliche Auffassungen gibt
      Studien, die einem nicht passen, nennt man also "Auffassungen".

      werner schrieb:

      dass die Schmerzlinderung, wie sie bisher vorgenommen wird, völlig ausreicht (EMLA-Salbe, Zäpfchen)
      Das ist ja eine nette "Auffassung". Ich glaube, dass Kramer, in Sachen Anästhesie, sich auch ganz locker mit gar nichts zufrieden geben würde.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Selbstherrlichkeit und -überschätzung

      Wie Herr Kramer EMLA-Salbe und Zäpfchen einschätzt, ist unerheblich. Dafür gibt es Fachleute. Und deren Urteil ist so unzweifelhaft, dass auch ein Prof. Graf nur noch rumeiert.
      Unglaublich, zu was Herr Kramer sich da aufschwang. Ein typisches Beispiel für "der Zweck heiligt die Mittel" und wie man dem Ziel zuliebe die Wirklichkeit frisierte.

      Seit Monaten warten wir auf die Mohelverordnung, die laut seit Kramers eigenen Worten schon längst erstellt sein müßte.
      Ich erspare mir hier, über die Gründe Vermutungen auszusprechen. Das liegt alles so offensichtlich auf der Hand.
      Das einzige, was dieser Mann in letzter Zeit zum Thema zustande brachte, waren die alten Diffamierungen von Kinderrechtlern, in konstanter Verweigerung, sich Tatsachen zu stellen.
      Es ist - ich wiederhole mich - einfach nur traurig.
    • Nicht nur kann die Betäubung beispielsweise am Peniswurzelblock nur von einem Arzt durchgeführt werden, sie ist mindestens, wenn nicht sogar schmerzhafter als die eigentliche Beschneidung selbst.


      Lächerlicher geht nun wirklich nicht mehr. Ich spreche aus persönlicher Erfahrung. Ein fachgerechter Peniswuzelblock ist nicht schmerzhafter als eine Blutprobe o.ä. Wirklich kein Problem!
      Eine betäubungslose Amputation der Vorhaut würde wohl jeder, der sich wehren kann mit besten Flüchen ablehnen.

      Die andere Sache ist aber wohl, dass ein Peniswurzelblock erst für ältere Kinder/Jugendliche/Erwachsene in Frage kommt. Die klare Rückmeldung geben können. Mich hat der Arzt mit irgendwas gepiekst, und gefragt, ob ich was spüre, was ich verneinen konnte. Bei Babys soll der PWB prinzipiell problematisch sein.
      Außerdem ist eine OP an den Genitalien ohne Vollnarkose nur dann nicht traumatisch wenn man alt genug ist, zu verstehen was da genau passiert, und wenn man damit einverstanden ist. Und eine Vollnarkose hat das prinzipielle Risiko, dass der Betroffene nicht mehr oder mit einem schweren Hirnschaden aufwacht. Wie geschehen in einer Münchener Klinik, nach der Genitalverstümmelung eines Kindes. Sowas kann man also nur bei medizinischer Indikation verantworten, und wenn konservative Behandlung nicht möglich ist.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Ja, ganz harmlos, wenn da nicht wäre
      - die hohe Versagerquote von ca 25% (wenn von erfahrenen Anästhesisten ausgeführt)
      - die mögliche Schädigung der Nerven
      - das generelle Problem einer Narkose in dem Alter.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • R2D2, Guy:

      Ihr habt da was in den falschen Kanal bekommen.

      Ich halte es für lächerlich zu sagen der PWB [edit: der PWB selbst, also die beiden Injektionen] wäre schmerzhafter als die Vorhaut-Amputation selbst. Punkt.

      Ich habe nicht gesagt, dass eine Penis-Amputation "absolut harmlos" oder überhaupt "harmlos" ist. Dazu könnte ich aus persönlicher Erfahrung auch nichts sagen, bei mir ist das Teil noch dran. Und ich würde es freiwillig auch nicht hergeben.

      Über die Versagerquote bei PWB gibt es unterschiedliche Aussagen, es werden auch geringere Werte genannt.
      Die Versagerquote von EMLA liegt offenbar bei 100%.

      ..die mögliche Schädigung der Nerven

      Die Schädigungsquote von Nerven liegt schon bei der Vorhaut-Amputation bei 100%. Rd. 20.000 Nerven werden geschädigt.
      Beim PWB besteht zusätzlich die Möglichkeit, dass Nerven im Penis geschädigt werden, was zu fortdauernden Beschwerden führen kann. Mir persönlich wäre ein Nervenschaden im Penis lieber als Wachkoma oder Tod durch ein Narkoseproblem.

      [Edit:] Auch wenn letzteres sicher selten ist.
      Bei einem Kind kann, wie ich bereits ausgeführt habe, allein aus psychologischen Gründen eine Vollnarkose vorzuziehen sein.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Selbstbestimmung schrieb:

      Ein fachgerechter Peniswuzelblock ist nicht schmerzhafter als eine Blutprobe o.ä. Wirklich kein Problem!
      ja, das hatte ich schon als Verharmlosung verstanden. Denn für ein Blutprobe (Venenpunktion) taugt ja EMLA wohl, wenn es ordentlich angewandt wird (Okklusivverband, 1 Stunde lang).
      Jetzt könnte man (wer auch immer) auf die Idee kommen, da benutze ich doch EMLA an der Einstichstelle und setze dann den PWB...

      Und das brennt aber wie Hölle.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Denn für ein Blutprobe (Venenpunktion) taugt ja EMLA wohl,..


      Da muss man ja wohl sehr schmerzempfindlich sein. Ich habe zahllose Injektionen/Blutentnahmen hinter mir, da wurde nie was gesalbt, habe ich auch noch nie von gehört.
      Ich kann aber versichern, dass eine Betäubungsspritze in die Nase höllisch weh tut. Dagegen sind die Spritzen in die Peniswurzel ein Witzchen.

      Aber ich sprach von einem fachgerechten PWB. Wenn EMLA zuvor nicht fachgerecht ist, dann ist das eben nicht fachgerecht.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Nee, EMLA auf die Einstichstelle und dann Peniswurzelblock geht nicht, weil nicht der Einstich das ist, was mehr weh tut als eine Blutabnahme, sondern die Lokalanästhetikaausbreitung im Gewebe. Das brennt ziemlich.

      Wenn das bei Dir, Selbstbestimmung, anders gewesen ist, dann müßte ich ein paar mehr Infos haben zu Deinem Beschneidungsalter und ob es von einem Arzt gemacht wurde. Wenn letzteres der Fall war und Du älter als ein halbes Jahr warst, dann ist es üblich, daß die Kinder zur Vorbereitung einer Narkose, aber natürlich auch eines Eingriffes in Regionalanästhesie ein vorbereitendes Medikament bekommen, in der Regel Dormicum (Valium-Abkömmling). Danach sind die Kinder ziemlich besoffen, aber noch kooperationsfähig. Und eine wichtige Nebenwirkung des Medikamentes ist, daß es eine Amnesie für die Dauer der Wirkung macht, die vorwiegend die unangenehmen angstmachenden Aspekte um den Eingriff rum betrifft. Selbst wenn ein Kind bei einer Narkoseeinleitung einmal weint, so erzählt es hinterher meistens emotional völlig distanziert: "Und dann hab' ich ganz doll geweint, hö hö hö."

      Nun könnte man denken, es wäre doch ein gute Idee, sowas auch den Neugeborenen zu geben. Bei denen kann eine Gabe eines solchen Medikamentes aber ganz schnell zu einer Überdosierung führen und die Atmung beeinträchtigen. Die Wirkung ist nicht kalkulierbar. Bereits für eine solche Sedierung ist ein erfahrener Facharzt für Anästhesie mit allen Überwachungsmaßnahmen Pflicht. Siehe mal wieder Handlungsempfehlungen des Arbeitskreises Kinderanästhesie der DGAI ("Analgosedierung für diagnostosche und therapeutische Maßnahmen im Kindesalter").

      Zur isolierten Regionalanästhesie bei Operationen bei Kindern kann ich nur ein anderes Beispiel bringen, um meine Darstellung zu untermauern, daß das nicht üblich ist:
      Wenn sich ein Kind den Unterarm bricht und dieser Bruch in Betäubung wieder eingerenkt werden muß, dann kann man das in Narkose oder in einer Plexusanästhesie machen (Armbetäubung, die meist unter der Achselhöhle gelegt wird). Die Plexusanästhesie wird in den Kliniken, in denen ich bislang tätig war so in etwa ab dem Alter von 6 - 8 Jahren gemacht, und auch dann nur, wenn es gute Gründe dafür gibt, z.B. daß das Kind gerade Pommes mit Currywurst gegessen hat und das Risiko, daß die ganze Schweinerei bei einer Narkoseeinleitung hochkommt und in die Lunge läuft, größer ist als die Traumatisierung durch die Regionalanästhesie. Ansonsten ist bei Kindern auch für so eine Einrenkung eines Bruches die Narkose das Regelverfahren.
    • Noch 'ne kleine Fortbildung in Anästhesie:

      Eine Narkose ist nicht gefährlicher als eine Regionalanästhesie. Die Komplikationen sind bloß andere. In der Hand des Facharztes und unter Beachtung der bei der Ausbildung gelernten Regeln ist eine Narkose oder ein Regionalanästhesieverfahren wesentlich weniger gefährlich als an einer grünen Ampel über die Straße zu gehen. Gefährlich wird das Überqueren der Straße bei Rot mit verbundenen Augen. Anästhesieverfahren in den Händen von Nichtanästhesisten und in Einrichtungen, die nicht auf die Diagnose und Therapie von Komplikationen eingerichtet sind, wären so etwa das Pendant.

      Ein Peniswurzelblock birgt wegen seiner Versagerquote und der Kürze des Eingriffes der Vorhautamputation das Risiko, Ratz-Fatz fertig zu machen, auch wenn das Kind Schmerzen hat. Bei der Injektion der Lokalanästhetika für eine Peniswurzelblock kann versehentlich ein Teil der Medikamente ins Blut gelangen und einen generalisierten Krampfanfall mit Atemlähmung oder ein Herz-Kreislaufversagen auslösen. Das kann genauso zu einer Sauerstoffunterversorgung des Gehirns führen wie eine undurchführbare Beatmung bei einer Narkose.

      Wie meine Kollegin mal so schön sagte, als sie ein Patient fragte, was denn ungefährlicher sei, Narkose oder Regionalanästhesie: Beide Verfahren haben Risiken. Und wenn das Auto im Graben liegt, ist es relativ egal, welches Risiko sich da gerade realisiert hat. Das Auto ist kaputt.
    • dann müßte ich ein paar mehr Infos haben zu Deinem Beschneidungsalter


      Ganz einfach, mein Beschneidungsalter ist "unendlich". (nocut) Ich werde mich nie beschneiden lassen. Egal, wie viel Propaganda die noch machen. Wie ich bereits schrieb, ich bin noch im Besitze meiner Vorhaut.
      Bei mir ist nur ein ganz kleiner Eingriff gemacht worden, ein kleiner Schnitt, mit zwei Stichen genäht. Von einem Arzt, ein anderer Mann kommt mir nicht an mein gutes Stück. ^^

      Es glaube allerdings immer noch, dass die Aussage von S. Kramer:

      sie ist mindestens, wenn nicht sogar schmerzhafter als die eigentliche Beschneidung selbst.


      nicht nur schlechtes Deutsch, sondern auch sachlich lächerlich ist. Und darum ging es mir eigentlich.

      Wakankar, ich plädiere nicht für Peniswurzelblock bei Kindern. Ich schrieb doch bereits, für Kinder mag eine Vollnarkose die bessere Wahl sein. Bei Kindern unter einem Jahr allerdings gilt anscheinend, so wie ich von ärztlicher Seite vernommen habe eine Vollnarkose als besonders riskant. Vor allem anderen plädiere ich natürlich dafür, an Kindern nur akut medizinisch gebotene Amputationen durchzuführen. Bzw. aufschiebbare Operationen aufzuschieben, bis eine optimale Anästhesie möglich ist.

      Mir persönlich fiel der Eingriff wegen der Regionalanästhesie wesentlich leichter. Es gibt Leute, die lassen sich eine Vollnarkose geben, wenn der Zahnarzt nur etwas bohrt. Wirklich.
      Ich bin da anders. Ich bekomme lieber etwas mit, was mit mir passiert.
      Da kann ich notfalls immer noch vom Tisch hopsen. :thumbsup:
      Und wenn mir Ärzte noch so nervig eine Sedierung aufschwatzen wollen, ich bestehe immer auf "nüchtern". Habe auch bzgl. "Sedierung" im Freundes- und Verwandtenkreis schon die schlimmsten Sachen erlebt.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • werner schrieb:

      Selbstbestimmung schrieb:

      Von einem Arzt, ein anderer Mann kommt mir nicht an mein gutes Stück. ^^

      Vielleicht würde ein anderer Mann mit Deinem guten Stück besser umgehen können als eine Frau. ^^


      Ach Werner!

      Solche Sprüche kommen auch immer wieder von heterosexuellen Männern gegenüber lesbischen Frauen. Und die liegen damit in aller Regel genauso falsch. Die vielen, immer wieder bejubelten Nervenenden dienen dazu, "das da unten" mit "dem da oben" zu verbinden. Und "das da oben" ist meist auf "das eine" oder "das andere" geeicht.
      Brauchst gar nicht über mein gutes Stück zu spekulieren, ich kenne das schon ziemlich lange!
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.