Keine Korrelation subjektiver Schmerzstärke mit dem sympathischen Nervensystem

    • Keine Korrelation subjektiver Schmerzstärke mit dem sympathischen Nervensystem

      Auf dem Deutschen Anästhesiekongreß 2013 wurden die Forscher Prof. Dr. med. Thomas Ledowski und Dr. med. Manuel Wenk mit dem Carl-Ludwig-Schleich-Preis ausgezeichnet. Die Arbeit wurde veröffentlicht in "Pain 153 (2012) 759-764" und kam zu folgenden Ergebnissen:

      "Ärzte folgen häufig der Hypothese, daß Reaktionen des sympathischen Nervensystems (Blutdruck, Herzfrequenz, Atemfrequenz und Plasmakatecholaminspiegel) mit der subjektiven Schmerzstärke ihrer Patienten in Zusammenhang stehen. Allerdings findet sich in der Literatur keine Evidenz, die diese Hypothese unterstützt.

      Entgegen dieser intuitiven Annahme, daß Schmerzen zu einer verstärkten und meßbaren Aktivierung des sympathischen Nervensystems führen, fanden die Forscher keine Korrelation zwischen der subjektiven Schmerzstärke des Patienten und dem Grad der postoperativen sympathischen Streßantwort nach einer Operation. Insbesondere ein linearer Zusammenhang zwischen steigenden Schmerzen und parallel ansteigenden Werten von Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz und Plasmakatecholaminen als Surrogat für Schmerz war nicht darstellbar.

      Im Umkehrschluß bedeutet dies, daß die Abwesenheit von Zeichen sympathischen Stresses nicht als Garant für die Abwesenheit von Schmerzen gesehen werden darf. Schmerz bleibt eine subjektive Erfahrung, und wir sind weiter auf die Kooperaiton des Patienten angewiesen."

      Was "von außen" so aussieht wie ein schmerzfreier Mensch muß demnach noch lange kein schmerzfreier Mensch sein. Man muß ihn fragen.



      Und da man das bei Kindern, die noch nicht sprechen können, nicht kann, muß man Methoden anwenden, die "ins Hirn reingucken", so wie das Rebeccah Slater mit ihren EEG-Messungen getan hat.

      Für die behauptete Wirksamkeit von oralen Zuckerlösungen, der Betäubungssalbe EMLA, von Schmerzzäpfchen wie Paracetamol und andere Umgebungsveränderungen gibt es nicht eine einzige Studie, die Parameter mit einschließt, die direkt die Reaktionen der Schmerzzentren im Gehirn messen.

      All diese Methoden müssen somit bis zum Beweis des Gegenteils als unwirksam gelten. Insbesondere wenn sie bei Kindern angewandt werden sollen, die noch nicht sprechen können.
      Dateien
      • Scan.pdf

        (2,36 MB, 685 mal heruntergeladen, zuletzt: )
    • Heribert Prantl hat damals das Beschneidungsgesetz dafür gelobt, dass es sich mit der Verwendung des Begriffs "ärztliche Kunst" dem medizinischen Fortschritt öffne. Ändere sich der Fortschritt, müsse sich auch die Rechtsprechung ändern. Was also folgt daraus, wenn sich herausstellt, dass es bei der Säuglingsbeschneidung nicht nur keine "angemessene", sondern überhaupt keine Betäubung gibt?
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Lieber werner, meinst Du Heribert Prantl hat sich damit - unbemerkt oder ungewollt - ein Hintertürchen offengelassen?
      Mir ist ein solches aus seinen Artikeln nicht erinnerlich. Aber wenn er da künftig ein solches feststellt und durchgehen möchte ... sehr gerne.

      Bleibt einzig die Tatsache, dass auch mit perfekter Anästhesie und Schmerzstillung Menschenrechtsverletzungen Menschenrechtsverletzungen sind. Und zwar altersunabhängig.
      Aber dieses Scheunentor mag Prantl nicht sehen, geschweige denn es öffnen und durchgehen:

      Ich erinnere mich nur an das "Nötige Minimum", von dem ausgehend ich mir nicht vorstellen möchte, was für Prantl ein "Optimum" oder ein "Maximum" in dieser Sache ist:
      sueddeutsche.de/politik/gesetz…noetige-minimum-1.1549241
    • Joeye schrieb:

      Aber dieses Scheunentor mag Prantl nicht sehen, geschweige denn es öffnen und durchgehen
      Aufgetreten ist es ja jetzt.

      Und er hat genau zwei Möglichkeiten:
      • Er benutzt das Hintertörchen
      • oder er sitzt wie ein Huhn vor einem Messer und weiss nichts damit anzufangen.

      Schaumamal...
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Joeye schrieb:

      Lieber werner, meinst Du Heribert Prantl hat sich damit - unbemerkt oder ungewollt - ein Hintertürchen offengelassen?
      Mir ist ein solches aus seinen Artikeln nicht erinnerlich.

      Hm, kann auch Dobrinski gewesen sein, jedenfalls SZ, meine ich.

      Namen sind hier m.A. aber auch nur Platzhalter für die Argumente, die geäussert wurden wie z.B. dass die Einhaltung der "ärztlichen Kunst" das Grundrecht auf körperliche Unversehrheit schütze, dass die Vergleichbarkeit der rituellen Beschneider mit den Ärzten zur erhöhten Qualifikation der Beschneider führe und dass EMLA und Sucrose eine "angemessene Betäubung nach den Regeln der ärztlichen Kunst" bedeute, verbunden mit der Hoffnung, dass der wissenschaftliche Fortschritt irgendwann einmal zur schmerzfreien Beschneidung führe. Zur Zeit ist aber genau das Gegenteil der Fall: die Unsinnigkeit von EMLA muss arzneimittelrechtlich festgeschrieben werden und die Forschung zur angemessenen Betäubung führt nicht zur vermehrten Schmerzfreiheit, sondern zerpulvert alle bisherigen Untersuchungen.


      Womit will man dann noch die tatbestandlich unstrittige Körperverletzung rechtfertigen? Damit, dass es ratzfatz geht?
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Bein amputieren geht auch ratzfatz.

      Wenn der Mensch nicht auf Überleben auch in schwierigsten Umgebungen ausgerichtet wäre, dann wäre er längst ausgestorben. Überleben heißt aber nicht: Keinen Schaden nehmen.

      Die Anästhesie wurde um 1850 erfunden. Davor zeichnete es einen guten Chirurgen aus, möglichst schnell zu operieren, damit der Patient nicht so lange leiden mußte, wenn ihm bei lebendigem Leib wasweißich ab- oder rausgeschnitten wurde. Die "Glücklichen" fielen rasch in Ohnmacht. Daß damals operative Eingriffe nicht so oft überlebt wurden, lag an den fehlenden Desinfektionsmaßnahmen, nicht daran, daß die Operation ohne Anästhesie nicht überlebbar war.

      Die Anästhesie wurde nicht erfunden, weil man eine Operation ohne Anästhesie nicht überleben kann. Die Anästhesie wurde erfunden, weil eine Operation ohne Anästhesie unmenschlich ist. Vor der Erfindung der Anästhesie waren Operationssäle Folterkammern des Schreckens.

      Eine Zirkumzision aus medizinischen oder sogenannten medizinischen Gründen wird in jedem Kindesalter außerhalb des Neugeborenenalters in Allgemeinnarkose durchgeführt. Ein Peniswurzelblock für die postoperative Schmerztherapie wird erst gelegt, wenn das Kind schläft.

      Wenn das alles so einfach, ratzfatz und unschädlich für die Neugeborenen ist:

      Warum werden also nicht alle Zirkumzisionen bei Kindern und meinetwegen bei Erwachsenen ohne Narkose durchgeführt, wenn das so wenig traumatisch ist?