Meine Beschneidung im Alter von 23

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    • Meine Beschneidung im Alter von 23

      Meine Beschneidung


      Im Alter von 23 Jahren habe ich mich beschneiden lassen.

      Ich hatte eine Vireninfektion und dadurch eine Feigwarze in der Harnröhre. Der Arzt empfahl das auskratzen der Harnröhre und als vorbeugende Maßnahme die Beschneidung, die am besten im gleichen Arbeitsgang erfolgen sollte.

      Ich sah keinen Anlass dem Arzt zu misstrauen. Sein Hinweis auf Muslime und Juden die genau das aus „hygienischen, medizinischen Gründen“ bei allen Jungen machen, und die Möglichkeit daß meine Nichtbeschneidung die Krankheit gar provoziert hätte, bewirkte meine Zustimmung.

      Die Betäubung war lokal. Zurück blieb ein Nachtropfen beim Wasserlassen und eine veränderte Sexualität.

      In der Folgezeit habe ich mich gewundert, weshalb die vorher so schnell erfolgte Erregung nun so lange auf sich warten ließ. Hatten sich meine Gefühle gegenüber der Partnerin verändert?

      Auch waren die Erregungen flacher und überhaupt in anderer Qualität so daß der Beischlaf irgendwie verbissener erfolgte.

      Um das hier zu beschreiben bleibt mir nur der Vergleich eines Menschen der nach einem Eingriff am Auge zwar noch alles erkennen kann aber seinen Bildern die Farbenvielfalt durch Grautöne ersetzt wurde. Da kann man sich noch so anstrengen es wird nicht mehr so bunt und auch die Hingabe wird distanzierter.

      Seit über 25 Jahren habe ich über dieses Thema kaum mehr nachgedacht bzw. die Beschneidung verdrängt.

      Mit Aufkommen der Beschneidungsdiskussion in Folge des Kölner Gerichtsurteils brach aber diese alte Wunde auf.

      Im Internet fand ich diese Seite Beschneidung-von-Jungen. Hätten mir Damals solche Informationen zur Verfügung gestanden dann hätte ich meine Vorhaut vielleicht noch und wäre noch in der Lage diese intensiven Gefühle zu erleben, die seitdem nicht mehr existieren.

      Ich war ja Erwachsen und meine Entscheidung war Folge eines Nachdenkens wenn auch nur auf der Grundlage von unvollständiger Information und vielleicht auch missionarischem oder finanziellem Eifer eines Arztes. Ich habe entschieden und bin verantwortlich.

      Kinder zu beschneiden ist etwas ganz anderes und nach meinen Erfahrungen eine zu ahndende schwere Körperverletzung!

      Ich begreife überhaupt nicht wie für diese Körperverletzung Entschuldigungen gesucht werden, und wie dann noch Betäubung als Fortschritt oder möglicher Kompromiss beschrieben werden kann.

      Völlig graust es mir zu sehen wie unser gewähltes Parlament die Unversehrtheit von millionen Kindern den Religionen opfern will.

      Wir sollen wegsehen, nicht argumentieren. Bunte religionsdefinierte Feste feiern. Religionsgemachte Unterschiede feststellen, und wieder religiöse Selektion und Bevormundung akzeptieren ohne frei aus der natürlich möglichen Fülle von Eindrücken zu wählen.

      :thumbdown:
    • Danke für diesen Beitrag!

      Das war ja nun ein eindeutiger Beitrag, der keine Fragen mehr offen lässt. Da ich schon als Säugling, beschnitten worden bin, hatte ich nie die Möglichkeit, Erfahrungen mit einem Unbeschnittenen zu machen. Bei der Beschreibung, von Nachher zu Vorher, kamen bei mir, aber durchaus Erinnerungen hoch, die mir meine damaligen Gefühle und Erlebnisse, besser verständlich machen. Nochmals Danke, für deinen Beitrag!



      Grüße, Rudi Gems
    • Danke für Deinen Beitrag!
      Die meisten Betroffenen hier, mich eingeschlossen, kennen ihren Zustand nur von klein auf. Du dagegen kannst das Vorher-Nachher einschätzen und strafst alle diejenigen Lügen, die behaupten, es gäbe keinen Unterschied.
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    • Danke an Euch im Forum !

      Grad bin ich von der Arbeit Heim gekommen und dachte, sieh mal nach ob jemand was zu meinem Bericht gesagt hat, und dann Wow, Eure Resonanz ist umwerfend. Danke !

      Vor dem schreiben des Berichtes war ich unsicher ob ich hier her gehöre weil ich ja kein Kind mehr war. Und nun Euer Interesse. Wow

      An Vorhautersatz hab ich noch nie gedacht. Die Idee ist super !

      Auf die Beschneider mit Gebrüll !

      lol (nocut)
    • Spatz schrieb:

      war ich unsicher ob ich hier her gehöre

      und ob?! Gerade solche Patienten wie Du sind doch der Beleg dafür, daß Beschneidung nicht notwendigerweise, aber doch, und mit einer nicht zu vernachlässigenden Häufigkeit, eine Beeinträchtig der Lebensqualität ist.

      Es geistern eine Rate von 5-15% für langfristige Komplikationen in der Literatur herum. Nehmen wir 10%. Das heisst daß 10 beschnittene Männer von 100 ein Problem haben. Das sind dann eben keine Einzelfälle mehr oder - wie man es hinzustellen versucht - psychisch gestörte Männer, die eine Projektion auf ihr bestes Stück veranstalten.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Danke für den Beitrag

      Sehr nachvollziehbar, was Du schreibst! Und einfach auch tragisch. Deine Vorhaut wurde ein Opfer von falscher Information. Bei den meisten kam die falsche Info über den Umweg der Eltern an, Du wurdest direkt falsch beraten. Aber damals war das usus - zweimal Angina: Mandeln raus, Muttermilch ist schädlich, Vorhäute überflüssig etc.

      Die Unterschiede sind ja für jeden Beschnittenen klar, wenn er sich mal offen mit einem Unbeschnittenen unterhält: als ich einem Freund mal sagte, man könne in meine Eichel mit den Fingerspitzen kneifen, ohne dass ich Schmerz verspüre, klappten sich dem die Zehnägel hoch, schon bei dem Gedanken, dass würde jemand mit seiner Eichel machen.

      Nun ist damit aber bei mir Schluss- durch das Dehnen meiner Restvorhaut ist meine Eichelhaut total verändert, sanft und empfindsam geworden.

      Nur Mut, Spatz! Du kannst viel vom Verlorenen wieder gewinnen.