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      In den nächsten Tagen wird aller Voraussicht nach das Muschischutzgesetz, der § 226a StGB, von dem Mann, der kürzlich bei der amerikanischen Nationalhymne dann doch auf einmal Nerven zeigte, im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden.

      Ab diesem Zeitpunkt dürfte jede männliche Person jeden Alters, die über äußere Genitalien verfügt, in Form einer Verfassungsbeschwerde dagegen klagen können. Verletzte Grundrechte könnten dabei sein:

      Art. 3 Abs. 2 u. 3 GG:

      • Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch Ausschluss von dem Genuss des Schutzes der in Art. 2 Abs. 2 GG gewährten körperlichen Unversehrtheit durch strafrechtliche Prävention in Form des § 226a StGB.
      • Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes durch Schlechterstellung des Schutzes der in Art. 1 Abs. 1 GG gewährten Menschenwürde.

      Eltern kleiner Jungs haben besonders gute Karten, da sie den § 1631d BGB gleich mit angreifen können (bis zum 27.12.2013). Die können das BVerfG dazu auffordern, entweder den Unterschied zwischen Beschneidung und Verstümmelung bei Jungen klar und präzise zu definieren und abzugrenzen, oder beide Gesetze außer Kraft zu setzen. Auf den ersten Fall wird sich das Gericht wohl kaum einlassen.

      Ich werde auf jeden Fall klagen, da die Diskriminierung durch den § 226a StGB altersunabhängig wirkt. Was ich hier schreibe, stellt lediglich meine persönliche Rechtsauffassung dar. Es bleibt natürlich jedem selbst überlassen, sich seine eigene zu bilden.

      BTW: meine in Karlruhe gescheiterte Diskriminierungsrüge gegen den § 1631d BGB ist in Straßburg von der Kanzlei des EGMR an das Gericht übergeben worden. Die erste Hürde dort ist also schon mal überstanden. Wäre die Beschwerde formal eindeutig unzulässig, hätte die Kanzlei mir das mitgeteilt und das wär's dann gewesen. Für Nichteingeweihte: es geht um die strafrechtliche, verfassungsrechtliche und konventionsrechtliche Bevorzugung von religiösen Beschneidern. Den meisten ist das wohl wurscht, da sie kein Interesse am Beschneiden haben. Das Religionsprivileg deshalb nicht anzugreifen, halte ich jedoch für ebenso falsch wie die Haltung, man könne doch überwacht werden, da man nichts zu verbergen habe. Wenn man im Leben erst dann Au schreit, wenn's einen persönlich erwischt, ist es oft zu spät.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Lutz Herzer ()

    • Lutz Herzer schrieb:



      Ab diesem Zeitpunkt dürfte jede männliche Person jeden Alters, die über äußere Genitalien verfügt, in Form einer Verfassungsbeschwerde dagegen klagen können. Verletzte Grundrechte könnten dabei sein:



      Die geschlechtliche Diskriminierung durch den §1631d gab es doch schon vor dem 226a! Und es hat ja ein Verstümmelter versucht - abgeschmettert.
      "Ätsch, bist ja gar nicht betroffen!", haben die Rotmäntel ganz einfach gesagt. Zu früh verstümmelt! ;(

      Nein, klagen könnten Eltern die ihre Tochter vorhaut-amputieren möchten. Denn die werden durch den §226a in ihren elterlichen Rechten eingeschränkt gegenüber Eltern mit Söhnen - die dürfen ja, ohne irgend einen Grund anzugeben. Also aus Gründen des Geschlechtes.
      Sie könnten z.B. argumentieren: wir haben das bei unserem Sohn ja auch machen lassen - das wäre doch ungerecht gegenüber unserer Tochter! Wir wollen die Kinder doch gerecht behandeln, keines soll bevorzugt oder benachteiligt werden!
      Sieht doch auch viel hübscher aus, blabblabla... :cursing:

      Aber solche Eltern könnten gleich ihre Koffer packen, ansonsten würden sie von Feministinnen geteert und gefedert.
      Ex iniuria ius non oritur
      Aus Unrecht entsteht kein Recht
    • Selbstbestimmung schrieb:

      Die geschlechtliche Diskriminierung durch den §1631d gab es doch schon vor dem 226a! Und es hat ja ein Verstümmelter versucht - abgeschmettert.

      Da der Beschwerdeführer bei seiner Beschneidung älter als sechs Monate war und von einem Nichtarzt beschnitten worden ist, lag keine Beschneidung nach § 1631d vor. Das war die wesentliche Begründung der Zurückweisung, wenn du den Fall meinst, den ich auch meine. Man müsste auch mal die Beschwerde gelesen haben.

      Da der § 226a StGB altersunabhängig ist, sieht die Sache anders aus.

      Selbstbestimmung schrieb:

      Nein, klagen könnten Eltern die ihre Tochter vorhaut-amputieren möchten.
      Der höhere Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Tochter dürfte kaum einen Beschwerdegrund darstellen. Wenn eine Bevorzugung durch den Bevorzugten angreifbar sein sollte, würde mich das wundern. Ausschließen kann ich es wiederum nicht. Von dem Versuch würde ich solchen Eltern eher abraten. Vielleicht endet der recht schnell in einem Entzug des Sorgerechts.
    • Wenn jemand vor Inkrafttreten des 1631d verstümmelt wurde (auch lege artis, von einem Arzt), wie soll er dann vom 1631d betroffen sein?
      Das Verbrechen ist geschehen, und nicht wieder rückgängig zu machen. Die Täter könnten auch ohne 1631d nicht verurteilt werden (Verbotsirrtum).

      Der höhere Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Tochter dürfte kaum einen Beschwerdegrund darstellen.


      Das aus geschlechtlichen Gründen verminderte elterliche Sorgerecht aber. Eltern einer Tochter können doch schlecht weniger Rechte haben als Eltern eines Sohnes. Das wäre geschlechtliche Diskriminierung.
      Das BVerfG müsste dann Farbe bekennen: Ist diese Vorhaut-Amputation bei Mädchen vom Sorgerecht gedeckt, oder nicht? Und wenn nicht, dann liegt die nächste Frage auf der Hand.
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    • Selbstbestimmung schrieb:

      Wenn jemand vor Inkrafttreten des 1631d verstümmelt wurde (auch lege artis, von einem Arzt), wie soll er dann vom 1631d betroffen sein?
      Das Verbrechen ist geschehen, und nicht wieder rückgängig zu machen. Die Täter könnten auch ohne 1631d nicht verurteilt werden (Verbotsirrtum).
      Der § 1631d BGB verharmlost den Eingriff und tangiert somit durchaus die Rechte von früher Beschnittenen. Angenommen jemand möchte zivilrechtliche Schadensersatzansprüche aus einer noch nicht verjährten Beschneidung auf dem Rechtsweg geltend machen, wäre er vor Gericht durch den § 1631d BGB eindeutig in eine ungünstigere Rechtsposition versetzt, als ohne dieses Gesetz. Gegnerische Versicherungsanwälte würden da so viel wie möglich herausholen. Meiner Auffassung nach müsste es sogar möglich sein, eine Verfassungsbeschwerde vorzuschalten, da eine Schadensersatzklage unter den durch § 1631d BGB geschaffenen Bedingungen als unzumutbar betrachtet werden kann. Benachteiligungen vor Gericht - seien sie auch noch so geringfügig - müssen vom BVerfG eigentlich sehr ernst genommen werden. Ich hatte das vor ein paar Monaten bereits unter einem anderen Nickname angesprochen. Aktiv werden müssten halt Betroffene.


      Selbstbestimmung schrieb:

      Das aus geschlechtlichen Gründen verminderte elterliche Sorgerecht aber. Eltern einer Tochter können doch schlecht weniger Rechte haben als Eltern eines Sohnes. Das wäre geschlechtliche Diskriminierung.

      Das BVerfG müsste dann Farbe bekennen: Ist diese Vorhaut-Amputaion bei Mädchen vom Sorgerecht gedeckt, oder nicht? Und wenn nicht, dann liegt die nächste Frage auf der Hand.

      Ja, Eltern könnten so eine Beschwerde auf Art 3 i.V.m. Art. 6 GG stützen. Dem BVerfG würde zu dieser Ungleichbehandlung aber höchstwahrscheinlich eine Rechtfertigung einfallen. Interessant wär's aber allemal.