Angepinnt Nomos Kommentar (NK) zum StGB: Prof. Dr. Ullrich Paeffgen von der Universität Bonn, zum Thema Beschneidung

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    • Nomos Kommentar (NK) zum StGB: Prof. Dr. Ullrich Paeffgen von der Universität Bonn, zum Thema Beschneidung

      In der nun folgenden Abhandlung werden die Erläuterungen zur Frage der Einwilligung in die Beschneidung von Jungen besprochen, unter Beleuchtung ihrer Darstellung im Nomos Kommentar zum Strafgesetzbuch.

      Die Zitate stammen aus der online-Version der Neuauflage des Nomos Kommentars (NK) zum StGB. Der Kommentator ist Prof. Dr. Ullrich Paeffgen von der Universität Bonn. Hier der Verlagslink zu dem Kommentar: Strafgesetzbuch | Kindhäuser / Neumann / Paeffgen | Nomos Verlagsgesellschaft.
      NB: Die Hervorhebungen (Fettdruck) in Prof. Paeffgens Zitate sind die im Originaltext von ihm selbst vorgenommenen.


      Bereits die Überschrift ist überaus bemerkenswert. Bezüglich der Vorbemerkungen zu §§ 32 ff., Ziffer 3., Unterpunkt b) lautet sie nämlich:

      b) Elterliche Einwilligung in Genitalverstümmelung ihrer Kinder, sog. Beschneidung von Mädchen und Knaben

      Hierbei fallen zwei Dinge auf: zum einen wird das Wort „Genitalverstümmelungen“ verwendet, zum anderen wird die oft bemühte Unterscheidung, ob diese nun an Jungen oder an Mädchen vorgenommen werde, außen vor gelassen. Diese Klarheit ist zu begrüßen, entlarvt sie doch die unaufrichtige Zweiteilung von angeblich „guten“ Beschneidungen von Jungen im künstlichen Gegensatz zur verwerflichen Beschneidung von Mädchen. Ist daher eine Form dieses Eingriffs – nämlich bei Mädchen – als „Genitalverstümmelung“ zu bezeichnen, so erschließt sich nicht, weshalb dieses Substantiv nicht auch für Jungen verwendet werden sollte, wird doch weder nach Qualität, noch nach den Folgen des Eingriffs, sondern allein nach Geschlecht differenziert. Es sei an dieser Stelle nochmals in Erinnerung gerufen, dass etwa auch das Einritzen der Klitoris oder „nur“ die Entfernung ihrer Vorhaut, die (obschon weit weniger innerviert) biologisch mit derjenigen von Jungen vergleichbar ist, zu Recht als „Genitalverstümmelung“ bezeichnet wird.

      Neben einem kurzen Passus aus den "Vorbemerkungen zu den §§ 32 ff." geht es um eine ausführlichere Erläuterung im Rahmen des § 228. Dieser Paragraph ordnet (unter der etwas irreführenden amtlichen Überschrift "Einwilligung") die Strafbarkeit einer trotz Einwilligung sittenwidrigen Körperverletzung an. Man darf ganz sicher sein, dass Paeffgen mit Bedacht die Erläuterungen zur Beschneidung genau dort placiert hat: nicht einfach allgemein bei der Körperverletzung (§ 223), sondern eben bei der trotz Einwilligung sittenwidrigen (und deshalb rechtswidrigen) Körperverletzung. Erfreulicherweise wird das religiöse Motiv für eine Beschneidung als strafrechtlich und verfassungsrechtlich irrlevant beurteilt. Auch wird der körperlichen Unversehrtheit in der Hierarchie der Grundrechte wieder der Platz eingeräumt, der ihr während der Beschneidungsdebatte streitig gemacht wurde:

      Das Bestimmungsrecht der Eltern aus Art 6 Abs 2 S 1 GG eröffnet diesen keine Rechtsmacht, in die körperliche Unversehrtheit des Kindes, geschützt in Art 2 Abs 2 S 1 GG, einzugreifen. In Wirklichkeit dürfte es auf das religiöse Motiv der Eltern und des Beschneiders weder verfassungsrechtlich (so aber Wiater NVwZ 2012, 1379 [1381]) noch strafrechtlich ankommen.

      Zu Unrecht wurde beispielsweise das Grundrecht auf Religionsfreiheit hauptsächlich von Politikern und Journalisten über seine vom Grundgesetz i.V.m. WRV gesetzten Grenzen hinaus ausgedehnt, um öffentlich etwas zu rechtfertigen, was dieses Grundrecht niemals beinhaltete. Dies erst führte zu einer großen Verunsicherung und Verärgerung innerhalb der Bevölkerung. Es tut Not, dass, wie hier, sauber aufgezeigt wird, wie eine Subsumtion zu erfolgen hat und was hierfür maßgeblich ist.

      Ungewöhnlich ist auch die harte Etikettierung der Beschneidungspraxis mit den Worten "quälerisch" und "Gewaltanwendung", sowie die Abqualifizierung der Schutzbehauptung der seitens einiger Beschneidungsbefürworter behaupteten Schmerzunempfindlichkeit von Säuglingen:


      Jede Form von psycho-physischer Gewaltanwendung gegen Kinder, zu der auch die regelmäßig ohne Betäubung erfolgende und, entgegen der unwahren Behauptung von der Schmerzunempfindlichkeit der Neugeborenen, quälerische Beschneidung gehört, ist im Rahmen der Pflege und Erziehung untersagt.

      Viele Menschen mussten sich wundern, welche gedanklichen Konstruktionen seitens einiger Juristen und v.a. von Journalisten und Politikern bemüht wurden, um die religiös motivierte Beschneidung zu legitimieren.
      Auch der gelegentlich sarkastische, manchmal geradezu wütende Tonfall Paeffgens erklärt sich so:
      IÜ steht die Vehemenz, mit der breite Teile der Medien, aber auch der politisch herrschenden Klasse gegenüber den Beschneidungsbefürwortern zu Kreuze krochen, in diametralem Gegensatz zu der vollmundigen Verteidigung einer nicht nur „gewaltfreien“, sondern auch schmerz- und angstfreien Pädagogik.


      Dieser Gegensatz ist in der Tat nicht logisch nachvollziehbar. Auf der einen Seite hat sich die Politik jahrelang dahingehend dafür ausgesprochen, dass das elterliche Erziehungsrecht – nur darum geht es überhaupt, was immer wieder betont werden muss, da Religionsfreiheit niemals dazu befugt, den Körper eines anderen Menschen zu verletzen – dass also das Erziehungsrecht soweit begrenzt werden solle, dass „seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen ... unzulässig“ seien, wie § 1631 Abs.2 BGB nunmehr postuliert und damit das verfassungsrechtlich garantierte Erziehungsrecht der Eltern legitim begrenzt. Die Politik machte es sich also zum Ziel, diesen Schutz von Kindern in dieser sehr weiten Form zu normieren, um dann plötzlich im Falle einer veritablen Genitalverstümmelung eines Kindes mit einem Schlag all diese hehren Grundsätze über den Haufen zu werfen und nur noch die Behauptungen der Befürworter der Beschneidung unreflektiert nachzuplaudern, als handele es sich um einen Wetterbericht. Seelische Verletzung nein, Genitalverstümmelung ja? Ein derartiger Wertungswiderspruch ist dermaßen krass, dass man ihm mit Mitteln der Vernunft nicht mehr beikommen kann.


      Deswegen ist auch der Minimalkonsens, auf den sich der Deutsche Ethikrat verständigt hat, von einer sachgerechten Problemlösung weit entfernt. Kurz: In der Sache ist die medizinisch nicht indizierte Zirkumzision eine nicht rechtfertigungsfähige Körperverletzung.

      Wollte man ernsthaft das Recht auf Religionsfreiheit, welche spätestens seit Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung am 14. August 1919 dahingehend begrenzt ist, dass sie nicht dazu befugt, in Rechte anderer einzugreifen, plötzlich wieder, fast 100 Jahre später, revidieren – diesen Schluss lassen die Aussagen vieler Politiker und Journalisten zu, wenn sie sagen, mit der Untersagung einer Körperverletzung wie der kindlichen Beschneidung werde in das Recht der Religionsfreiheit eingegriffen – so käme man zu skurrilen Ergebnissen. Ebenfalls ist den Beschneidungsbefürwortern kulturelle Voreingenommenheit vorzuwerfen. Wären sie mit einem Brauch konfrontiert, der ihnen fremd wäre, so würde ihnen das verwerfende Urteil hierüber leicht von der Hand gehen; ein Argument, das schon Reinhard Merkel im Ethikrat verdeutlichte. Paeffgen skizziert, was geschehen würde, wenn alle Gruppierungen auch hier gleich behandelt werden würden. Hierdurch wird deutlich, weshalb eine Einwilligung in derartige Vorgänge als sittenwidrig betrachtet werden muss:


      Die misanthropisch gestimmten Eltern, die ihrem gesunden Kind die Knochen brechen ließen, damit es, genau wie sie selbst, die Füße in einer Schief- und Rückwärtsstellung haben sollen, würde wohl kein seriöser Arzt „bedienen“, jedenfalls kein deutsches Amtsgericht ungeschoren davon kommen lassen. Aber auch Eltern, die an den überlangen Hälsen von ostafrikanischen Eingeborenenmädchen oder den tellerartigen Implantaten in der Unterlippe manch anderer Stämme Gefallen gefunden haben, könnten den Arzt, den sie zu der Halswirbel-Verlängerung bei ihrer Tochter per immer neu aufgelegter Halsringe oder eben Einlegung jener Fremdkörper in die Unterlippe aufforderten, nicht von der Strafbarkeit dispensieren. Ob es freilich schon als ein Grenzfall eingestuft würde, wenn die ganzkörpertatooisierten Eltern ihrem Neugeborenen als Zeichen der Unverbrüchlichkeit ihrer Liebe ihre Initialen als Tatoo einspritzen lassen wollten, oder als Sektenmitglieder das Logo ihrer Sekte, würde von manchem möglicherweise schon nicht mehr als so gravierend angesehen.

      Der NK gehört neben dem sog. Leipziger Kommentar und dem Münchener Kommentar zu den drei Großkommentaren des deutschen Strafgesetzbuchs. Sein Einfluss, jedenfalls in der Wissenschaft, hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen.

      Auch in der Neuauflage (2. Aufl.) des Münchener Kommentars in den "Vorbemerkungen zu den § 32 ff." steht übrigens ganz deutlich, dass die nicht indizierte frühkindliche Knabenbeschneidung eine nicht rechtfertigungsfähige Körperverletzung ist (Münchener Kommentar, Vor § 32, Rnr. 144). Kommentator dort ist Prof. Dr. Horst Schlehofer, Universität Düsseldorf.

      Mit dieser geballten Front von dreien der vier wichtigsten StGB-Kommentare - Fischer, Beck-OK und Nomos) hat man nun eine ganz fraglos "herrschende Meinung" der Strafrechtswissenschaft: gegen die Zulässigkeit der Knabenbeschneidung. Obschon die nächste (13.) Auflage des Leipziger Kommentars in den kommenden fünf Jahren wohl kaum erscheinen wird, so kann man doch davon ausgehen, dass die Beurteilung der Problematik darin nicht nennenswert anders ausfallen wird als das in den drei anderen Kommentaren.

      Nun kann man gespannt sein, wie das nach und nach bis zur Judikatur durchsickern und v.a. welche Folgen es haben wird. Und da sich nun zwei Bundesrichter deutlich gegen die Zulässigkeit der Beschneidung ausgesprochen haben, kann trotz unseres gloriosen § 1631d BGB eine solche Wirkung eigentlich nicht ausbleiben.
      Folglich haben wir im Ergebnis 3 von 4 Kommentaren, die sich in unmissverständlicher Weise gegen die Beschneidung aussprechen, und insgesamt dem unter rechtspolitischem Notstand durchgepeitschten § 1631 d BGB deutlich seine Qualitäten absprechen.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Guy schrieb:

      Man darf ganz sicher sein, dass Paeffgen mit Bedacht die Erläuterungen zur Beschneidung genau dort placiert hat: nicht einfach allgemein bei der Körperverletzung (§ 223), sondern eben bei der trotz Einwilligung sittenwidrigen (und deshalb rechtswidrigen) Körperverletzung.


      Das ist eine Bombe. Paeffgen sagt damit, dass die Einwilligung der Eltern immer unwirksam sei, um Genitalverstümmelung zu rechtfertigen - bei Jungen wie bei Mädchen. Geht nicht. Die Idee des Gesetzgebers, das Legalisierungsgesetz im Familienrecht zu orten, war zwar prinzipiell dazu gedacht, die Strafbarkeit entfallen zu lassen. Paeffgen macht dem jedoch einen saftigen Strich durch die Rechnung.
    • Erfreulich ist auch, dass der Satz von Prof. Merkel "Die Religionsfreiheit endet an der Nase des Anderen" zur herrschenden Meinung im Strafrecht geworden ist. Prof. Paeffgen formuliert es so:

      Als Fazit sollte immerhin festgestellt werden, dass jedenfalls massive Integritätseingriffe, für die nicht eine klare medizinische Diagnose besteht (zB Klumpfuß) und die nicht oder jedenfalls nicht ohne beträchtlichem Aufwand reversibel zu machen sind, nicht durch schlichte Zustimmung der Erziehungsberechtigten legitimiert werden können.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Hickhack schrieb:

      Oder beschreibt er an anderer Stelle, warum die Zirkumzision ein "massiver" Eingriff ist (unabhängig von der herrschenden Meinung hier)?
      Paeffgen stimmt in dem in dem Kommentar an anderer Stelle Eschelbach zu, der bereits im Dezember 2010 (!) von der Beschneidung als einer "Operation im Kernbereich der körperlichen Unversehrtheit" und einer "Substanzverletzung des Körpers" gesprochen hatte (vergleiche auch den aktuellen Kommentar von Eschelbach in diesem Forum).

      Paeffgen setzt sich übrigens intensiv mit den Auswirkungen elterlicher Erziehung auf den Körper ihrer Zöglinge auseinander ( z.B. Hochleistungssport) und spricht von einer "Grauzone". Der irreversible Eingriff in den "Kernbereich der körperlichen Unversehrtheit" (d.i. die sexuelle Selbstbestimmung) ragt für ihn (wie für viele andere) unzweifelbar aus dieser Grauzone heraus . Das Argument gilt per se und muss deshalb die Frage, ob mit diesem Substanzverlust Komplikationen einhergehen, gar nicht berühren. Selbst wenn dem nicht so wäre, handelt es sich (objektiv) um einen Substanzverlust.

      Mit dem Hinweis, bei der Vorhaut handele es sich um einen völlig überflüssigen "Hautlappen", kann man bei den Juristen offensichtlich nicht landen.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Guy schrieb:

      Ungewöhnlich ist auch die harte Etikettierung der Beschneidungspraxis mit den Worten "quälerisch" und "Gewaltanwendung", sowie die Abqualifizierung der Schutzbehauptung der seitens einiger Beschneidungsbefürworter behaupteten Schmerzunempfindlichkeit von Säuglingen:


      Das ist keine "harte Etikettierung", sondern eine große Annäherung an die Realität - tatsächlich kann das Ausmaß des Leids und Entsetzens, das durch Genitalverstümmelung notwendigerweise ausgelöst wird, mit Worten nur unzureichend beschrieben werden. Ich würde die Wahl von nicht gezielt verharmlosenden Vokabeln auch nicht als "ungewöhnlich", sondern vielmehr als überfällig bezeichnen. Auch der Begriff Genitalverstümmelung ist angemessen. Es ist zu wünschen, dass er sich mittelfristig im allgemeinen Sprachgebrauch durchsetzt und dabei ein wachsendes Verständnis der Bevölkerung für die relevanten Zusammenhänge reflektiert, denn die gängigen Euphemismen (B... / Z... / C...) sind auf Dauer den Opfern gleich welchen Geschlechts nicht zumutbar.
    • Pensador schrieb:

      Das ist keine "harte Etikettierung"
      Ich finde es ist eine harte Etikettierung, und zwar gerade mal hart genug 8) und sehr passend. Grausam als Qualifikativ, käme für mich auch in Betracht. Insgesamt ist die Ausdrucksweise der Herren Juristen, aus denen eine gewisse Gereiztheit zu vernehmen ist, der Praxis sehr angemessen. Keine Effekthascherei, sondern sehr deutlich Worte, die der um sich greifenden manipulativen verbalen Verschleierungstaktik Einhalt gebieten.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Eine Darlegung wie die von Paeffgen hat zwei Seiten: auf der einen Seite benennt sie die Dinge korrekt und würdigt somit das Leid der Betroffenen. Auf der anderen Seite wirkt sie sehr abschreckend auf uninformierte Interessenten der Materie, und das sind die meisten. Der Begriff "Genitalverstümmelung" stört mich hierbei überhaupt nicht, im Gegenteil, weil er vollkommen richtig ist und weil der Vorgang so genannt werden muss. Doch der Text als Gesamtes wirkt leider emotional überdreht - wegen seiner Gesamtheit, nicht wegen einzelner, richtiger Begrifflichkeiten. Beide Aspekte gilt es letztlich zu berücksichtigen: keine Verharmlosung, aber auch keine Abschreckung. Eine polemisch wirkende Abhandlung, die emotional aufgewühlt erscheint, dient der Sache letztlich nicht besonders. Das ist gerade deshalb bedauerlich, weil Paeffgen in der Sache eigentlich recht hat. Die Verortung unter § 228 StGB ist ein wichtiger Punkt, der sich gut nachvollziehen und belegen läßt. Paeffgens Ansatzpunkt sollte unbedingt eine Rolle spielen in der juristischen Debatte.

      Hierzu noch ein paar vertiefende Gedanken von "Molly McFly":
      As abhorrent as circumcision seems to most intactivists, we must remember to withhold our judgment and our anger in order to be productive in our cause. I’ve personally struggled with such emotions, and I certainly haven’t overcome their presence in my life.
    • Maria Werner schrieb:

      Eine polemisch wirkende Abhandlung, die emotional aufgewühlt erscheint, dient der Sache letztlich nicht besonders. Das ist gerade deshalb bedauerlich, weil Paeffgen in der Sache eigentlich recht hat.
      Ich denke, dass Paeffgen hier nicht in erster Linie die religiösen Beschneidungsbefürworter meint, sondern einige seiner juristischen Kollegen und Teile der politischen Klasse bzw. deren publizistischen Sprachrohre, die mit geradezu abenteuerlichen Winkelzügen die Rechtmässigkeit der Beschneidung "begründet" haben. Man kann da natürlich versuchen, so kühl deduzierend zu bleiben wie z.B. Putzke und Isensee. Dass Paeffgen die Verblödungstaktik mancher seiner Kollegen über die Hutschnur gegangen ist, kann ich menschlich verstehen, und bringt den ganzen Irrrsinn vielleicht mehr auf den Punkt als bei den kühlen Köpfen.

      Auf diesem Hintergrund zieht das amerikanische Beispiel nur eingeschränkt, denn in der dortigen Diskussion stehen die Beschneider (Eltern, Ärzte, Religionsvertreter) im Focus, während wir es hier mit einer Offensive rechtsverdrehender "Fachleute" zu zun gehabt haben, deren Äusserungen unserer Rechtswissenschaft nicht gerade zur Ehre gereicht haben und die ganze Zunft ins Zwielicht rückten.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.