Buchveröffentlichung mit einem Beitrag von Jérôme Segal - Herausgeber: Prof. Matthias Franz: "Die Beschneidung von Jungen, ein trauriges Vermächtnis"

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    • Buchveröffentlichung mit einem Beitrag von Jérôme Segal - Herausgeber: Prof. Matthias Franz: "Die Beschneidung von Jungen, ein trauriges Vermächtnis"

      In diesem Verlag wird im Herbst ein Buch erscheinen, in dem Jérôme Segal einen Beitrag mit dem Titel "Die Beschneidung aus jüdisch-humanistischer Perspektive" veröffentlichen wird.

      Seinen Gastbeitrag in der Wiener Zeitung hatten wir hier im Forum ja bereits veröffentlicht; hier sieht man die Grundzüge, auf die der Artikel wohl hinauslaufen wird.
    • Jérôme Segal schrieb mir kürzlich, der Artikel sei unter Dach und Fach und erschiene in einem Buch, das von Prof. Matthias Franz herausgegeben werde. Wir hatten über dieses Buch auch schon im Forum berichtet, soweit ich mich erinnere.
      Titel: "Die Beschneidung von Jungen. Abrahams trauriges Vermächtnis"
      Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
      Umfang: 460 Seiten
      Geplantes Erscheinungsdatum: März 2014

    • Sollen nun alle Beschneidungsgegner ohne (eigene) Argumente, ein großes Kompendium erhalten?
      Medizinische, juristische und religionswissenschaftliche Beiträge decken jedes Feld ab. Teile dieser Argumentationen werden jüdische Gemeinden in der Post finden, jüdische Onlinemedien in den Kommentaren oder in Gruppen zirkulieren, die sowieso gegen Israel und irgendwie auch gegen Juden sind.

      Ach Gott, wie lächerlich! Eines ist bei vielen pro-MGM-Advokaten in jedem Fall - und zwar bedauerlicherweise - festzuhalten: sie kennen offensichtlich keine Grenzen der Dummheit, wenn es um dieses Thema geht. Nicht einmal dann, wenn es sich im Übrigen um Menschen mit Verstand handelt. Sei's drum. Solche Äußerungen sind dermaßen absurd und primitiv, dass man sie unkommentiert einfach so stehen lassen und wiedergeben kann.
    • Da bleibt eigentlich nur eines:


      oder die klassische Variante:
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Ui, ui, uiuiuiuiui!

      ...warum das simple Abtrennen der Vorhaut so furchtbar sei..


      Genau, tut doch überhaupt nicht weh, und kann man doch später wieder dran machen!

      ein paar vernünftige Links


      Und dann kommen Broder, Deusel und Martensstein! (würg) :cursing: :thumbdown:
      Die drei apokalyptischen Reiter der Vorhaut!


      sprachkasse.de/blog/2012/07/05/schnipp-schnapp-ab/

      Hier wandte sich der Gast mit Grausen.... :evil:
      Ein Erwachsener weiß sich seiner Haut zu wehren.
      Ein Kind aber kann das nicht. Ein Rechtsstaat muss sich schützend vor Kinder stellen.
    • Flyer zum Buch "Die Beschneidung von Jungen - "Ein trauriges Vermächtnis

      Fundierte kritische Bewertung zum Thema Jungenbeschneidung aus allen relevanten Disziplinen

      siehe PDF im Anhang



      mit beiträgen von
      Matthias Franz / Andreas Gotzmann / Rolf Dietrich Herzberg / Adriaan de Klerk / Christoph Kupferschmid / Volker von Loewenich / Friedrich H. Moll / Holm Putzke / Marlene Rupprecht / Mattias Schäfer / Jörg Scheinfeld / Irmingard Schewe-Gerigk / Jérôme Segal / Maximilian Stehr / Josef Tutsch.
      Dateien
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Prof. Matthias Franz: Vorwort des Herausgebers zum Buch "Die Beschneidung von Jungen Ein trauriges Vermächtnis"

      Entgegen den Unkenrufen mancher Buchhändler, dass das Buch von Matthias Franz nicht erscheinen würde...
      erhalte ich heute sein Vorwort zur Veröffentlichung, mit der freundlichen Erlaubnis des Verlags es zu veröffentlichen.

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      Fundierte kritische Bewertung zum Thema Jungenbeschneidung aus allen relevanten Disziplinen
      Matthias Franz (Hg.)
      Die Beschneidung von Jungen.
      Ein trauriges Vermächtnis
      2014. 447 Seiten mit 11 Abb., kartoniert
      ca. € 29,99 D / € 30,90 A
      ISBN 978-3-525-40455-3
      Erscheint im März 2014

      Die Auseinandersetzung um die rituelle, medizinisch nicht begründete Genitalbeschneidung kleiner, nicht einwilligungsfähiger Jungen findet seit dem Urteil des Kölner Landgerichts vom Mai 2012 nun auch in Deutschland statt. Sie bewegt sich im Spannungsfeld der Grundrechte auf Religionsfreiheit einerseits und auf körperliche Unversehrtheit andererseits. Die Heftigkeit der Debatte lässt auf tiefgreifende Ängste und Konflikte schließen. Es geht um die Frage, ob es heute in einer säkularen Demokratie noch angemessen ist, kleinen Jungen zur Absicherung der gruppalen und religiösen Identität von Erwachsenen Schmerzen und Ängste zuzufügen, sie erheblichen Gesundheitsrisiken und irreversibler Verletzung der Intimzone auszusetzen. Leidvolle körperliche, sexuelle und seelische Langzeitfolgen der Beschneidung sind möglich und belegt. In diesem Buch äußern sich Betroffene, Ärzte, Juristen, Psychoanalytiker, Politiker und andere Fachleute kritisch zur Jungenbeschneidung und engagieren sich für den Kinderschutzgedanken. Sie werben für eine Debatte auf wissenschaftlicher und rechtlicher Grundlage.

      Mit Beiträgen von

      Matthias Franz / Andreas Gotzmann / Rolf Dietrich
      Herzberg / Adriaan de Klerk / Christoph Kupferschmid /
      Volker von Loewenich / Friedrich H. Moll / Holm
      Putzke / Marlene Rupprecht / Mattias Schäfer / Jörg
      Scheinfeld / Irmingard Schewe-Gerigk / Jérôme Segal /
      Maximilian Stehr / Josef Tutsch.
      Dateien
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Danke für das Vorwort. Hört sich interessant an.

      Der Strafrechtler und
      Rechtsphilosoph Reinhard Merkel (2012) hat darauf aufmerksam gemacht, dass
      es Eltern, die beispielsweise die Selbstbefriedigung ihres Jungen unterbinden
      möchten, zwar verboten wäre, ihren Jungen deswegen zu schlagen. Das Gesetz
      würde es ihnen jedoch gestatten den Jungen beschneiden zu lassen, um seine
      Selbstbefriedigung zu erschweren.


      Lt. Ansicht der Bundesregierung würde es das doch gerade nicht gestatten.



      §1631d (1):
      ...Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.


      Ergibt sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls eine Gefährdung des Kindeswohls, steht § 1631d Absatz 1 Satz 2 BGB- E der elterlichen Einwilligung entgegen. Im Rahmen der Kindeswohlprüfung muss auch der Zweck der Beschneidung in den Blick genommen werden (etwa bei einer Beschneidung aus rein ästhetischen Gründen oder mit dem Ziel, die Masturbation zu erschweren).


      Gut, "muss berücksichtigt werden" ist natürlich echter Naturschwamm.

      Der Gesetzgeber redet von einer "Kindeswohlprüfung" - aber die findet überhaupt nicht statt. Oder höchstens dann, wenn die Eltern nicht einig sind, und die Sache vor Gericht geht.
      Welche Eltern würden denn vorher öffentlich ausposaunen: "so, wir lassen jetzt unseren Sohn "beschneiden", damit der noch immer so viel schubbert!"? Und selbst dann, garantiert würde kein Staatsanwalt eingreifen.
      Denn dann käme das Argument: "Aber die anderen dürfen das auch - und das Ergebnis ist das selbe." Und da ist schwer gegen zu argumentieren.
      Die Motive der Eltern können überhaupt keine Rolle spielen. Es kommt allein darauf an, ob die Amputation objektiv dem Kindeswohl dient (nicht dem Elternwohl).
      Ein Erwachsener weiß sich seiner Haut zu wehren.
      Ein Kind aber kann das nicht. Ein Rechtsstaat muss sich schützend vor Kinder stellen.
    • Selbstbestimmung schrieb:


      ...mit dem Ziel, die Masturbation zu erschweren.)
      Man fragt sich, wieso dieser Vorsatz hier eigentlich so ungeprüft übernommen wird. Nach Ansicht der "evidenzbasierten Wissenschaft" sind doch mit der Beschneidung keinerlei sexuelle Einschränkungen verbunden, eher im Gegentum. Aber der Gesetzgeber geht wie selbstverständlich davon aus, dass Beschneidung die Masturbation erschwert (wenn er dies auch als Erziehungsziel missbilligt.)
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Nach der Studie von Laumann et al. sollen vorhautlose Männer ja im Durchschnitt öfter masturbieren, wenn also eine Reduzierung der Mastubationsfrequenz das elterlich Ziel wäre, dann wäre die OP eher kontraproduktiv.
      Eine Erschwernis muss eben nicht unbedingt zu einer Reduktion führen. Da käme wieder das Beispiel mit den "light"-Zigaretten. Erschweren die Nikotinaufnahme, führen aber nicht zu "weniger rauchen". Im Gegenteil.

      Es ist völlig logisch, dass die Vorhaut-Amputation eine Masturbationserschwernis darstellt, das muss man nicht diskutieren.
      Wenn man also die Masturbation als legitimes Recht des Kindes (und später des Erwachsenen) ansieht - und daran kann heute eigentlich auch kein Zweifel bestehen - dann ist diese Erschwernis ein Nachteil und ein Eingriff in die freie Entfaltung des Menschen.
      Diese Erschwernis tritt aber immer ein, gänzlich unabhängig davon, ob die Erschwernis Ziel des elterlichen Angriffs auf ihr Kind ist, oder ob es religiöse oder "indentitätsstiftende" Motive sind.
      Wenn also das eine verwerflich ist, ist es das andere auch.
      Ein Erwachsener weiß sich seiner Haut zu wehren.
      Ein Kind aber kann das nicht. Ein Rechtsstaat muss sich schützend vor Kinder stellen.
    • Maria Werner schrieb:

      Ob der körperliche Zugriff entwürdigend ist oder so empfunden wird, ist unerheblich;
      Bezieht sich das auf die Jungenbeschneidung? Das kann ich kaum fassen. So einfach wird die Frage der Menschenwürde vom Tisch gefegt? Aus welchem vergangenen Zeitalter stammt denn der Urheber dieses Kommentars?
      Aufrichtig zu sein kann ich versprechen, unparteiisch zu sein aber nicht. (JWvG)
      Auch für die Religionsfreiheit gilt: "Freiheit ist immer nur die Freiheit des anders Denkenden." (R.Luxemburg)
    • Ja, Danke, der Link ist wirklich klasse! Dieses lexetius ist eine Fundgrube.

      [1] Der Vater kann kraft des Erziehungsrechts angemessene Zuchtmittel gegen das Kind anwenden. [2] Auf seinen Antrag hat das Vormundschaftsgericht ihn durch Anwendung geeigneter Zuchtmittel zu unterstützen.


      Kann Papi wegen Rheuma nicht mehr doll genug kloppen, dann kloppt ggf. auch schon mal der Gerichtsdiener. :evil:
      Ja, und früher, da durfte Papi auch die Mami hauen! "Maßvoll züchtigen" nannte sich das damals. In Bayern wurde das Züchtigungsrecht erst 1928 offiziell aufgehoben.


      Und vergewaltigen durfte der Papi die Mami auch, das war halt "Notzucht". ;)

      Und nach der preußischen Gesindeordnung hatte die "Herrschaft" gegenüber dem minderjährigen "Gesinde" noch bis 1918 ein Züchtigungsrecht.

      (1) Mit Zuchthaus wird bestraft, wer durch Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine Frauensperson zur Duldung des außerehelichen Beischlafs nöthigt, oder wer eine Frauensperson zum außerehelichen Beischlafe mißbraucht, ...

      lexetius.com/StGB/177
      Ja, ja, die Betonung liegt auf "außerehelich"! Und Mannspersonen - die konnten selbstverständlich nicht vergewaltigt werden.
      Das "Vergewaltigungsrecht" wurde sogar erst 1998 abgeschafft.

      Das wie auch der berüchtigte §175 geht alles zurück auf christlich-religiöse Vorstellungen (das Weib sei dem Mann untertan...), über die der Gesetzgeber sich hinweggesetzt hat. Man kann also alte, stinkende Zöpfe abschneiden. Das geht schon, es kommt offenbar nur auf die Religion an.

      Fortschritt ist möglich, und das spiegelt sich auch im §1631 wieder. Aber der 1631d stellt jeden Fortschritt auf den Kopf. Eltern dürfen Kindern nicht nur Gewalt antun, sie dürfen sie sogar verstümmeln. Aber nur am Genital. Und nur Jungen. Aber bloß keinen Klaps auf den Po!
      Ein Erwachsener weiß sich seiner Haut zu wehren.
      Ein Kind aber kann das nicht. Ein Rechtsstaat muss sich schützend vor Kinder stellen.
    • Im Buch „Male and Female Circumcision“ von Denniston, Hodges und Milos (1998, ISBN 0-306-46131-5) findet sich ein immer noch erschreckend aktuelles Buchkapitel „Anaesthesia for Circumcision“. In diesem beschreibt, erfaßt und belegt Robert S. Van Howe umfassend auf der Grundlage von 216 Literaturhinweisen die unzureichenden Betäubungsversuche um diesen Eingriff.

      Dem Buch von Matthias Franz fehlt ein solches Kapitel. Er hat sich neben kinderchirurgischem und kinderärztlichem Sachverstand keiner anästhesiologischen Fachkompetenz bedient, um auch zu dieser Thematik eine Aktualisierung vorzulegen. Dies ist bedauerlich und kann einer der ersten inhaltlich fundierten Kritikpunkte nach der Veröffentlichung sein.

      Das Buch wäre eine gute Gelegenheit gewesen, der behaupteten Wirksamkeit der immer noch verwendeten Anästhesieillusionen insbesondere bei der Neugeborenenbeschneidung die wissenschaftliche Grundlage zu entziehen. Es hätte zur Aufklärung der jüdischen und muslimischen Eltern einen entscheidenden Beitrag leisten können. Das Thema als Teilbereich anderer ärztlicher Aspekte zu behandeln, verfehlt seine Bedeutung.

      Warum ein solches Kapitel nicht konzipiert wurde, kann nur gemutmaßt werden. Jeder kann einmal einen wesentlichen Aspekt eines Themas vergessen, auch ein Herausgeber. Insbesondere wenn sein beruflicher Fokus eher auf der sexuellen Traumatisierung älterer Jungen liegt. So wäre es Aufgabe der Begleiter bei der Zusammenstellung des Buches gewesen, auf diese Problematik und ihre Bedeutung hinzuweisen.
    • So fehlen wichtige Hintergrundinformationen zum Medikament EMLA®-Salbe, zu toxischen Nebenwirkungen bei Überdosierungen und zum arzneimittelrechtlichen Hintergrund. Die nie vorhandene Zulassung ist nur ein – kleiner – Teil des Skandals, der es dem Hersteller über mehr als zehn Jahre ermöglichte, durch den 2003 in die Fach- und Gebrauchsinformation aufgenommenen Unbedenklichkeitshinweis eine Zulassung für die Neugeborenenbeschneidung zu suggerieren. Der nicht-arzneimittelrechtlich versierte Arzt geht ja davon aus, daß es keinen Sinn macht, eine Unbedenklichkeit zu einer Anwendung in eine Fach- und Gebrauchsinformation aufzunehmen, wenn das Medikament nicht auch für die Anwendung zugelassen wurde.

      Daß EMLA®-Salbe also schon immer in Deutschland für die Neugeborenenbeschneidung im Off-label-use benutzt wurde, ist nur ein Aspekt. Ein Off-label-use von Medikamenten ist besonders in der Kinderheilkunde an sich nicht ungewöhnlich. Studien in dieser Patientenklientel fehlen häufig, da sie mit hohen Auflagen verbunden sind und der pekuniäre Nutzen für die Herstellerfirmen oft nicht entsprechend groß ist. Ein behandelnder Arzt kann ein Medikament im Off-label-use benutzen. Die ärztlichen Fachgesellschaften empfehlen, Off-label-Verordnungen nur auf Basis von gültigen Leitlinien, Empfehlungen oder von anerkannter wissenschaftlicher Literatur durchzuführen. An die Aufklärung der Patienten werden ebenfalls zusätzliche Anforderungen gestellt. Die behandelnden Ärzte haften zudem bei Off-label-use für die medizinische Richtigkeit beziehungsweise für eventuelle Nebenwirkungen. Eine Haftungspflicht des Pharmaunternehmens kann ebenfalls bestehen. Des weiteren kann eine Haftung der Pharmakovigilanz des BfArM aus dem „Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ (2. AMG-ÄndG) abgeleitet werden. Dort wurde der Begriff „Nebenwirkungen“ neu definiert als schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf ein Arzneimittel. Durch die Streichung des bisherigen Zusatzes einer Reaktion „bei bestimmungsgemäßem Gebrauch“ zählen nun auch solche Reaktionen als Nebenwirkungen, die beispielsweise auf Überdosierungen, Fehlgebrauch, Mißbrauch oder andere Medikationsfehler zurückzuführen sind.

      Ein besonderes Problem besteht bei der EMLA®-Salbe darin, daß sie nicht rezeptpflichtig ist. Sie kann also ohne ärztliche Verordnung von jedermann in der Apotheke käuflich erworben werden. Damit ist auch eine ärztliche Risikoabschätzung für den Off-label-use nicht gewährleistet. Noch weniger kann davon ausgegangen werden, daß der z.T. nichtärztliche Personenkreis, der EMLA®-Salbe für die Neugeborenenbeschneidung verwendet, die Symptome toxischer Medikamentenspiegel bei den Neugeborenen erkennt, geschweige denn beherrscht. Weil EMLA®-Salbe den Operationsschmerz einer Beschneidung nicht annähernd beseitigt kann, liegt hier – und nicht in der fehlenden Zulassung – das tatsächliche Gefährdungspotential für die kleinen Patienten:

      Durch Aussagen wie die von Prof. Graf vor dem Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages wird suggeriert, die EMLA®-Salbe wirke bei der Neugeborenenbeschneidung. Zudem wird in dieser Stellungnahme sogar eine gefährliche postoperative Zweitapplikation auf die offene Wunde empfohlen. Dies muß zu Überdosierungen, insbesondere durch Nichtärzte kommen, die sich dieser Gefahr nicht bewußt sind, mit allen Gesundheitsrisiken durch Sauerstoffunterversorgung auf der Basis von Methämoglobinämien und epileptischen Krampfanfällen.

      Im Juni 2013 wurde durch die CMDh-Gruppe bei der EMA die Verwendung von EMLA®-Salbe bei der Neugeborenenbeschneidung als „ethisch inakzeptabel“ eingestuft (hma.eu/fileadmin/dateien/Human…caine_2013_07_45_PdAR.pdf , siehe S. 24 ff., S. 58 f., S. 64). Da die Risikoeinschätzung der CMDh-Gruppe das Gefährdungspotential durch die absehbare Überdosierung bei der Neugeborenenbeschneidung nicht berücksichtigt, wurde dort um eine Neubewertung nachgesucht. Parallel wurde am 7. Oktober 2013 beim BfArM ein Antrag auf Unterstellung von EMLA®-Salbe unter Rezeptpflicht gestellt, der dort aktuell bearbeitet wird.

      Die meisten dieser Informationen sind im Buch von Prof. Franz nicht enthalten, weil trotz der bekannten Bedeutung des Themas ein Kapitel zur Anästhesie nicht vorgesehen wurde.
    • Bereits am 25. August 2013 hat Birgitta vom Lehn in der FAS und noch davor am 19. August 2013 Markus Schulte vom Drach zur Änderung der Fach- und Gebrauchsinformation von EMLA auf sz-Online veröffentlicht (sueddeutsche.de/wissen/beschne…ge-betaeubung-1.1747655): „Doch das Mittel, das bei Neugeborenen angewendet wird, ist dafür gar nicht zugelassen.“

      Eine klare Aussage zur nie vorhandenen Indikation zu erhalten, hat allerdings einen umfangreichen Schriftwechsel mit dem BfArM erfordert. Dieses bestätigte letztlich noch früher, nämlich bereits am 9. März 2013 (Brief hier angefügt) die nicht bestehende Zulassung für EMLA für die Neugeborenenbeschneidung.

      Der bloße Umstand einer fehlenden Zulassung von EMLA für die Neugeborenenbeschneidung war für einen arzneimittelrechtlich versierten Juristen von Anfang an ersichtlich. Indikationen eines Medikamentes werden in Abschnitt 4.1 der Fach- und Gebrauchsinformation aufgeführt. Dort war die Neugeborenenbeschneidung nie gelistet. Durch den Unbedenklichkeitszusatz in Kapitel 4.4 sind es Hersteller und BfArM aber über zehn Jahre gelungen, diese fehlende Indikation zu verschleiern. Die Klarstellung des BfArM erfolgte am 9. März 2013 (siehe Anlage). Die Berichtigung der Fach- und Gebrauchsinformation am 22. Juli 2013.
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    • Hin und her hoch und runter

      Mein Mann ist Anästhesist, kommt aus dem arabischen Raum. Er und Kollegen arbeiten seit vielen Jahren mit Emla in der Kinderpraxis. Er rief mich soeben an und bat mich den Brief von Dr. Horn runterzuladen. Vor einigen Tagen war der eingestellt und plötzlich wieder verschwunden. Also Danke Wakaknar. Nicht nur mein Mann und Kollegen sondern ich interessiere mich als Autorin auch für das Thema Emla und Neugeborenenbeschneidung.

      Dr. Horn beschreibt März13 die Absicht, die Altersgrenze so festzulegen, dass die Anwendung von Emla Creme bei der Beschneidung männlicher Neugeborener nicht mehr in den unter Abschnitt 4.1 der Fachinformation aufgeführten Indikationen eingeschlossen ist. Dann kommt der entscheidende Satz:“Somit würde dann die Anwendung von Emla Creme bei der Beschneidung männlicher Neugeborener einen „off-label use“darstellen. Schreibt von Drach auch so „Nun ist die Anwendung der Creme bei der Beschneidung Neugeborener definitiv ein sogenannter Off-Label_Use, eine nicht zugelassene Anwendung." Nun???

      Am 12.August 2013 schreibst Du, Wakanka folgende Botschaft in dieses Forum:Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat die Indikation der Betäubungssalbe EMLA für die Neugeborenenbeschneidung widerrufen.“ Die Indikation für die Neugeborenenbeschneidung ist also weg!!! Da folgte eine echte Welle, eine Freude Welle in den Foren und Kommentaren. Wir fanden das auch gut und dachten da tut sich was. AstraZeneca hat der Emla Creme die Zulassung für die Zirkumzision entzogen, super! „Der Emla-Salbe hat das BfArM auf europäischen Druck hin die Zulassung für die Anwendung bei der Beschneidung
      entzogen“- 26.8.13,B-Forum. Die Zeitungsberichte waren auch in Aufbruchstimmung, da tut sich was!!! Und Brigitta von Lehn schreibt den starken Satz “Emla ist nicht mehr für die Neugeborenenbeschneidung indiziert.“ Auch super, ähnlich wie Du das auch geschrieben hast!!!!

      Vor einigen Tagen hat ein guter Freund meines Mannes, auch Arzt, an dieser Stelle hier im Forum einen Brief gelesen, den er total nicht einordnen konnte und dann verschwand der auch wieder, der Brief von Dr. Horn war auch dabei. Du hast gestern 18.2.14 um 21:14 Uhr einen langen post eingestellt, der gibt davon „etwas“ wieder. Du schreibst (s.18.2.14) - oben, „die nie vorhandene Zulassung ist nur ein kleiner Teil des Skandals“ […] Warum stand das nicht in den Zeitungsberichten? Skandal!!! Zulassung war nie vorhanden!!! Das wäre ein Boulevard gewesen! Stattdessen gab es ein „Verwirr mich bitte“-sechs Gänge Menü!!!

      Während ich das hier runterrattere sendet eine Freundin diesen Post vom 21.Oktober 2013, auch hier aus dem Forum: „Inzwischen stellte sich heraus, dass EMLA niemals die Zulassung für diesen Eingriff hatte und zudem völlig wirkungslos ist. Siehe auch den Bericht in der FAS vom 25.08.2013“ Hier wird signifikant die Verwirrung der Propagierung „Emla-Zulassung-weg-Creme“ für die Neugeborenenbeschneidung. Der User verweisst auf den Bericht, oben zitiert:“Emla ist nicht mehr für die Neugeborenenbeschneidung indiziert.“ Also auch nicht ganz ...., die Quelle sagt:“...nicht mehr indiziert...“. Aber egal,das ist das erste Mal, das wir öffentlich gefunden haben, dass Emla Creme niemals die Zulassung für die Neugeborenenbeschneidung hatte. Hast Du, Wakanka, eine Quelle vor oder nach dem 12. August 2013, als Du den Indikationsentzug hier publiziert hast zur Hand, aus der hervorgeht, das veröffentlicht wurde, dass Emla nie eine Zulassung für die Neugeborenenbeschneidung in Deutschland hatte? Wäre echt freundlich, wenn Du uns die hier posten könntest. Wir wollen das verstehen :thumbsup:



      Wakankar schrieb:


      Bereits am 25. August 2013 hat Birgitta vom Lehn in der FAS und noch davor am 19. August 2013 Markus Schulte vom Drach zur Änderung der Fach- und Gebrauchsinformation von EMLA auf sz-Online veröffentlicht (sueddeutsche.de/wissen/beschn…ung-1.1747655): „Doch das Mittel, das bei Neugeborenen angewendet wird, ist dafür gar nicht zugelassen.“

      Eine klare Aussage zur nie vorhandenen Indikation zu erhalten, hat allerdings einen umfangreichen Schriftwechsel mit dem BfArM erfordert. Dieses bestätigte letztlich noch früher, nämlich bereits am 9. März 2013 (Brief hier angefügt) die nicht bestehende Zulassung für EMLA für die Neugeborenenbeschneidung.

      Der bloße Umstand einer fehlenden Zulassung von EMLA für die Neugeborenenbeschneidung war für einen arzneimittelrechtlich versierten Juristen von Anfang an ersichtlich. Indikationen eines Medikamentes werden in Abschnitt 4.1 der Fach- und Gebrauchsinformation aufgeführt. Dort war die Neugeborenenbeschneidung nie gelistet. Durch den Unbedenklichkeitszusatz in Kapitel 4.4 sind es Hersteller und BfArM aber über zehn Jahre gelungen, diese fehlende Indikation zu verschleiern. Die Klarstellung des BfArM erfolgte am 9. März 2013 (siehe Anlage). Die Berichtigung der Fach- und Gebrauchsinformation am 22. Juli 2013.

      Wakankar schrieb:

      So fehlen wichtige Hintergrundinformationen zum Medikament EMLA®-Salbe, zu toxischen Nebenwirkungen bei Überdosierungen und zum arzneimittelrechtlichen Hintergrund. Die nie vorhandene Zulassung ist nur ein – kleiner – Teil des Skandals, der es dem Hersteller über mehr als zehn Jahre ermöglichte, durch den 2003 in die Fach- und Gebrauchsinformation aufgenommenen Unbedenklichkeitshinweis eine Zulassung für die Neugeborenenbeschneidung zu suggerieren. Der nicht-arzneimittelrechtlich versierte Arzt geht ja davon aus, daß es keinen Sinn macht, eine Unbedenklichkeit zu einer Anwendung in eine Fach- und Gebrauchsinformation aufzunehmen, wenn das Medikament nicht auch für die Anwendung zugelassen wurde.

      Daß EMLA®-Salbe also schon immer in Deutschland für die Neugeborenenbeschneidung im Off-label-use benutzt wurde, ist nur ein Aspekt. Ein Off-label-use von Medikamenten ist besonders in der Kinderheilkunde an sich nicht ungewöhnlich. Studien in dieser Patientenklientel fehlen häufig, da sie mit hohen Auflagen verbunden sind und der pekuniäre Nutzen für die Herstellerfirmen oft nicht entsprechend groß ist. Ein behandelnder Arzt kann ein Medikament im Off-label-use benutzen. Die ärztlichen Fachgesellschaften empfehlen, Off-label-Verordnungen nur auf Basis von gültigen Leitlinien, Empfehlungen oder von anerkannter wissenschaftlicher Literatur durchzuführen. An die Aufklärung der Patienten werden ebenfalls zusätzliche Anforderungen gestellt. Die behandelnden Ärzte haften zudem bei Off-label-use für die medizinische Richtigkeit beziehungsweise für eventuelle Nebenwirkungen. Eine Haftungspflicht des Pharmaunternehmens kann ebenfalls bestehen. Des weiteren kann eine Haftung der Pharmakovigilanz des BfArM aus dem „Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ (2. AMG-ÄndG) abgeleitet werden. Dort wurde der Begriff „Nebenwirkungen“ neu definiert als schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf ein Arzneimittel. Durch die Streichung des bisherigen Zusatzes einer Reaktion „bei bestimmungsgemäßem Gebrauch“ zählen nun auch solche Reaktionen als Nebenwirkungen, die beispielsweise auf Überdosierungen, Fehlgebrauch, Mißbrauch oder andere Medikationsfehler zurückzuführen sind.

      Ein besonderes Problem besteht bei der EMLA®-Salbe darin, daß sie nicht rezeptpflichtig ist. Sie kann also ohne ärztliche Verordnung von jedermann in der Apotheke käuflich erworben werden. Damit ist auch eine ärztliche Risikoabschätzung für den Off-label-use nicht gewährleistet. Noch weniger kann davon ausgegangen werden, daß der z.T. nichtärztliche Personenkreis, der EMLA®-Salbe für die Neugeborenenbeschneidung verwendet, die Symptome toxischer Medikamentenspiegel bei den Neugeborenen erkennt, geschweige denn beherrscht. Weil EMLA®-Salbe den Operationsschmerz einer Beschneidung nicht annähernd beseitigt kann, liegt hier – und nicht in der fehlenden Zulassung – das tatsächliche Gefährdungspotential für die kleinen Patienten:

      Durch Aussagen wie die von Prof. Graf vor dem Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages wird suggeriert, die EMLA®-Salbe wirke bei der Neugeborenenbeschneidung. Zudem wird in dieser Stellungnahme sogar eine gefährliche postoperative Zweitapplikation auf die offene Wunde empfohlen. Dies muß zu Überdosierungen, insbesondere durch Nichtärzte kommen, die sich dieser Gefahr nicht bewußt sind, mit allen Gesundheitsrisiken durch Sauerstoffunterversorgung auf der Basis von Methämoglobinämien und epileptischen Krampfanfällen.

      Im Juni 2013 wurde durch die CMDh-Gruppe bei der EMA die Verwendung von EMLA®-Salbe bei der Neugeborenenbeschneidung als „ethisch inakzeptabel“ eingestuft (hma.eu/fileadmin/dateien/Human…caine_2013_07_45_PdAR.pdf , siehe S. 24 ff., S. 58 f., S. 64). Da die Risikoeinschätzung der CMDh-Gruppe das Gefährdungspotential durch die absehbare Überdosierung bei der Neugeborenenbeschneidung nicht berücksichtigt, wurde dort um eine Neubewertung nachgesucht. Parallel wurde am 7. Oktober 2013 beim BfArM ein Antrag auf Unterstellung von EMLA®-Salbe unter Rezeptpflicht gestellt, der dort aktuell bearbeitet wird.

      Die meisten dieser Informationen sind im Buch von Prof. Franz nicht enthalten, weil trotz der bekannten Bedeutung des Themas ein Kapitel zur Anästhesie nicht vorgesehen wurde.
    • Nie vorhandene Indikation von EMLA für die Neugeborenenbeschneidung

      Das Problem an der nie vorhandenen Zulassung von EMLA für die Neugeborenenbeschneidung ist, daß sich der Hersteller AstraZeneca sehr viel Mühe gegeben hat, diesen Umstand zu verschleiern.

      Welcher normal sterbliche Patient (Es handelt sich um ein frei verkäufliches Arzneimittel!) versteht, warum ein Unbedenklichkeitshinweis keineswegs bedeutet, daß ein Medikament für die Anwendung, für die der Unbedenklichkeitshinweis gilt, gar nicht zugelassen ist? Der normal sterbliche Arzt versteht es ja auch nicht? Dafür muß man ein in Arzneimittelrecht versierter Juristsein. In meinem Schriftwechsel mit dem BfArM habe ich das am 15. März 2013 folgendermaßen auf den Punkt gebracht:
      Wenn der Unbedenklichkeitshinweis in der Fachinformationen für EMLA keine Indikationserweiterung sein sollte, bleibt unverständlich, warum er überhaupt aufgenommen wurde. Der Hinweis ist überflüssig, sinnlos und inhaltsleer, wenn er nicht aufgenommen wurde, um das Medikament bei der Beschneidung von Neugeborenen zuzulassen.

      Wenn ein Arzneimittel für eine bestimmte Indikation nicht angewendet werden darf, dann ist für den Anwender des Medikamentes uninteressant, ob es für diese Indikation unbedenklich ist.

      Bereits am 29. November 2012 schrieb ich an seine Kollegin, Frau Dr. Karge:
      In „Male and Female Circumcision. Medical, Legal, and Ethical Considerations in Pediatric Practice“, 1998, steht auf Seite 83, die Application von EMLA in der empfohlenen Dosis von bis zu 1g sei “safe but ineffective”. Diese Aussage gilt auch für die Applikation von Magerquark auf den Neugeborenenpenis. Im Weiteren wird berichtet, „larger doses of EMLA may be needed to provide pain relief, but even a 40% increase in the dose hast been demonstrated to be toxic.”
      Die Verwirrung um den Unbedenklichkeitshinweis und die damit lediglich suggerierte Zulassung fiel erst, als dieser Unbedenklichkeitshinweis endlich aus Fach- und Gebrauchsinformation entfernt wurde. Deshalb habe ich um die Entfernung dieses Unbedenklichkeitshinweises gekämpft. Und um eine Klärung der Verwirrung. Daß es nie eine Indikation für EMLA bei der Neugeborenenbeschneidung gegeben hat, hat das BfArM erstmals im nun wieder eingestellten Brief vom 7. März 2013 eingeräumt. Die Verwirrung -- auch die, die Du in Deinen Zitaten beschreibst -- endete aber erst mit der Änderung der Fach- und Gebrauchsanweisung am 22. Juli 2013.

      Daß der eingestellte Brief von Dr. Horn vom BfArMvor ein paar Tagen plötzlich wieder nicht mehr eingestellt war, lag übrigens nicht an mir, sondern an der Forumsleitung.

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    • Fach- und Gebrauchsinformation für EMLA

      Entschuldigung, ich habe eine Frage vergessen, zu beantworten:

      Die nie vorhandene Zulassung geht aus der Fach- und Gebrauchsinformation für EMLA und dem Arzneimittelrecht hervor.

      Unter 4.1 einer Fach- und Gebrauchsinformation stehen die Indikationen. Da stand die Neugeborenenbeschneidung in Deutschland niemals drin.

      Eine gesonderte Stellungnahme dazu braucht es nicht.

      Mit der Entfernung des Unbedenklichkeitshinweises wurde nur die "EMLA-Legende" beendet (siehe oben Christoph Kupferschmidt, Broschüre des BVKJ). Die Zulassung bestand schon vorher nicht. Dafür waren die "Studien", die der Hersteller dem BfArM seinerzeit eingereicht hatte und die mir ebenfalls vorliegen, definitiv zu dürftig.
    • Meinen Briefwechsel und meine Recherchen zu EMLA habe ich übrigens drei Journalisten zur Verfügung gestellt.

      Herr Schulte vom Drach von der Süddeutschen und Frau vom Lehn haben dazu bei Prof. Graf vom Jüdischen Krankenhaus Berlin und beim BfArM recherchiert. Das war am 12. August 2013 bzw. wenige Tage danach. Die Ergebnisse ihrer Recherchen haben Sie an mich weitergeleitet. Sie beinhalteten die nie vorhandene Zulassung für EMLA, die mit der Änderung der Fach- und Gebrauchsinformation am 22. Juli 2013 und der Entfernung des Unbedenklichkeitshinweises komplettiert wurde. Dazu haben beide Journalisten veröffentlicht.

      Der dritte Journalist hat meines Wissens mindestens einen Monat später auch einmal einen Termin im BfArM gehabt, vermutlich dieselben Antworten bekommen und -- ebenfalls meines Wissens -- nie in der Sache publiziert.
    • Was im Buch von Prof. Franz noch fehlt

      Das Buch von Prof. Franz wäre auch eine guter Ort gewesen, zu weiteren Empfehlungen zur Schmerzausschaltung bei der Neugeborenenbeschneidung Stellung zu beziehen.

      Ein Anästhesist hätte den propagierten Empfehlungen, die besonders die rezeptfrei erhältlichen Substanzen betreffen, die wissenschaftlich fundierten Handlungsempfehlungen, zum Beispiel des AK Kinderanästhesie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI), gegenüberstellen können.

      Die Broschüre „Operation Beschneidung“ (dradler-berlin.de/media/operation-beschneidung.pdf) ist zwar schon ein paar Jahre alt, aber im Internet noch immer problemlos abrufbar. Sie wurde von der Ärztin Dr. Yael Adler erstellt und enthält — neben den üblichen Desinformationen zum Schmerzempfinden kleinster Kinder — für die besorgten Eltern eine
      Einkaufsliste für die Apotheke
      · Paracetamol 75 mg Zäpfchen
      · 1 Tube EMLA-Salbe mit Tegadermpflasterfolie
      · Octenisept Wundspray
      · Sterile Mullkopressen 7,5 x 7,5
      · 200 g Augenvaseline frisch abgefüllt
      · 100 ml Mandelöl frisch abgefüllt
      Eine Tube EMLA enthält 5 g. Die Broschüre enthält keinerlei Hinweise darauf, daß die Höchstdosis für Neugeborene nach der aktuellen Fachinformation einmalig 0,5 g beträgt, eine Wiederholungsdosis frühestens nach 8 Stunden erlaubt ist. Wer solche Empfehlungen zu einem nicht für diese Indikation zugelassenen Medikament gibt, ist mindestens verpflichtet, auch Sorge dafür zu tragen, daß die fach- und sachunkundigen Eltern ihrem Kind nicht mit toxischen Lokalanästhetikadosen Schaden zufügen. Zu beurteilen, ob mit einer solchen Empfehlung auch strafrechtlich relevante Tatbestände berührt werden, obliegt den sachverständigen Juristen.

      Die o.g. „Einkaufsliste“ enthält aber auch noch eine weitere Empfehlung zu einem rezeptfreien Schmerzmittel. Das Paracetamol-Zäpfchen soll laut Broschüre:
      …„direkt beim Abmachen des EMLA-Verbandes vor dem Eingriff eingeführt werden“ …
      „Mediziner empfehlen dieses Vorgehen …"
      Der wissenschaftliche Arbeitskreis Kinderanästhesie der DGAI sieht den Stellenwert von Paracetamol sogar für die perioperative Schmerztherapie (also die Behandlung eines postoperativen Schmerzes bei Kindern, und nicht etwa eines Operationsschmerzes) ein wenig anders – siehe Anlage.

      Paracetamol ist ein schwach wirksames Schmerzmittel, dessen Wirkung oft überschätzt wird. Es könnte ein Zusammenhang der Gabe von Paracetamol mit später auftretendem kindlichen Asthma bestehen. Der Abbau von Paracetamol erfolgt in der Leber und zwar über ein giftiges Abbauprodukt, das nur in Anwesenheit von SH-Gruppen weiter abgebaut werden kann. Bei unzureichender Leberfunktion kann das giftige Abbauprodukt kumulieren und zu schweren Leberschäden führen. Paracetamol gilt als die häufigste Ursache für ein akutes Leberversagen bei Kindern. In 48% der Fälle liegt eine unbeabsichtigte Überdosierung zugrunde. Auf der anderen Seite sind bei Dosierung nach Herstellerangabe subtherapeutische Wirkspiegel zu erwarten. Eindeutig wird nach rektaler Gabe erst nach 2 – 3 Stunden (und nicht nach 5 Minuten!) der maximale Wirkspiegel erreicht.

      Das Resümee des Übersichtsartikels „Perioperative Schmerztherapie bei Frühgeborenen, Säuglingen und Kleinkindern“ (Anästh Intensivmed 2012;53:656-669) zu Paracetamol ist daher:
      „Aufgrund der geringen Wirksamkeit, der langen Anschlagzeit, einer in der Klinik oft stattfindenden Unterdosierung und den möglichen Nebenwirkungen erscheint Paracetamol kaum sinnvoll für eine Verwendung zur Akutschmerztherapie.“
      Die Alternative Ibuprofen (Nurofen-Saft) ist für Neugeborene nicht zugelassen (siehe Fachinformation in der Anlage):
      “Kinder unter 3 Monaten dürfen Nurofen für Kinder Fiebersaft nicht einnehmen, da bisher keine ausreichenden Erfahrungen zur Höhe der Dosis und zur Anwendungssicherheit von Ibuprofen bei Kindern in den ersten Lebensmonaten vorliegen."



      [Edit Admin: Anhang durch Links ersetzt]

      ak-kinderanaesthesie.de/files/…-%20GIEST%20AI%202009.pdf
      Dateien
    • Wakankar schrieb:

      Mediziner empfehlen dieses Vorgehen …"
      Ja klar, man braucht auch nur 2 davon zu finden, die das empfehlen, um so einen Stuss schreiben zu können.
      Diese Formulierung suggeriert aber, dass es unter Medizinern allgemeiner Brauch sei .
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Ach Gott ja. der Dr. Adler...

      Wakankar schrieb:

      ...Paracetamol kaum sinnvoll für eine Verwendung zur Akutschmerztherapie


      Und bei der Langzeittherapie sollte man nicht vergessen, dass es das Risiko für einige Leukämiearten verdoppelt. Aber OK, das betrifft jetzt nicht die Zirkumzision. Aber die Wirkung von Paracetamol ist wirklich nur schwach.

      Also erst unzureichende Schmerzdämpfung durch Emla, dann unzureichende Schmerzdämpfung durch Paracetamol.

      Dafür gibt es laufend Suizidversuche/Suizide mit Paracetamol (vermtl. weil die Betreffenden nicht wissen, was für ein grausamer Tod das ist). Dann anschließend im Überlebensfall lebenslang die Folgeschäden.
      Ein Erwachsener weiß sich seiner Haut zu wehren.
      Ein Kind aber kann das nicht. Ein Rechtsstaat muss sich schützend vor Kinder stellen.
    • Bekanntlich stellte in den alten Fachinformationen zur Anwendung der EMLA-Creme der Hinweis "Die Anwendung bei Zirkumzisionen hat sich als unbedenklich erwiesen" eine (versteckte) Indikationserweiterung dar. Seitdem der Hersteller diesen Unbedenklichkeitshinweis streichen musste, ist die Anwendung von Emla bei Zirkumzisionen ein Off-Label-Use. Das gilt für Deutschland.

      In den österreichischen Gebrauchsinformationen, die den deutschen überwiegend gleichen, hat man von solchen Verstecken nichts gehalten. Der Unbedenklichkeitshinweis taucht auch hier auf und wird ganz offen als Begründung für die Indikation zur Beschneidung benannt ("4.1....Vorbereitung zur Zirkumzision...").

      orthopraxis.at/downloads/emler.pdf


      Entsprechend einfach machen es sich die kürzlich erschienenen österreichischen Handlungsempfehlungen zum postoperativen Schmerzmanagement bei Kindern. ("Nichtmedikamentöse Maßnahmen sowie topische Analgetika und orale Zuckerstoffe im Schmerzmanagement"). Aus österreichischer Sicht gehört Zirkumzision eindeutig zu den "minor procedures".

      "Am häufigsten wird EMLA®-Creme, eine eutektische Mischung aus Lidocain 2,5% und Prilocain 2,5%, eingesetzt. Sie ist indiziert für die äußerliche Anwendung auf der intakten Haut zur Oberflächenanästhesie bei venösen und arteriellen Punktionen, Lumbalpunktion, Vorbereitung zur Zirkumzision und bei chirurgischen Eingriffen an der Hautoberfläche."


      Das wars aber auch schon. Irgendwelche Begründungen für die Anwendung von Emla sucht man in den Handlungsempfehlungen vergeblich. Weder bezüglich Effektivität, noch bezüglich Nebenwirkungen. Braucht man ja nicht, weil es steht ja in den Indikationen, und ist ja unbedenklich.

      springermedizin.de/nichtmedika…rzmanagement/4973128.html

      An diesen österreichischen Verhältnissen sieht man einmal mehr, wie extrem wichtig die Entfernung des Unbedenklichkeitshinweises aus der deutschen Fachinformation war.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Gehört Österreich nicht zur EU?

      Und gilt damit die CMDh-Bewertung der EMA nicht auch für Österreich?

      Es zeigt sich nach diesen interessanten Informationen aus unserem Nachbarland auch, daß man in Deutschland nach der Entfernung des Unbedenklichkeitshinweises aus Kapitel 4.4 der Fach- und Gebrauchsinformation nicht einfach beruhigt zur Tagesordnung übergehen kann. Es ist wichtig, daß auch der am 22. Juli 2013 in Deutschland neu eingefügte Absatz in Kapitel 5.1 der Fachinformation entfernt wird, auch wenn er nur in der Fachinformation und nicht in der Gebrauchsinformation steht:
      „Es liegen nur begrenzte pädiatrische Daten zur Anwendung von Emla auf der Vorhaut vor einer Beschneidung männlicher Neugeborener vor. In einer monozentrischen, doppelblinden,
      randomisierten Studie bei 68 männlichen Neugeborenen wurde durch die Anwendung von 1 g Emla im Vergleich zu Placebo ein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Schmerzreduktion beobachtet, demonstriert anhand reduzierter Gesichtsaktivität, Reduktion der Schreidauer und Verringerung der Herzfrequenz. Bei einer Verweildauer von 60 bis 80 Minuten auf der Vorhaut traten in der Emla-Gruppe Methämoglobin-Plasmakonzentration vergleichbar der Placebo-Gruppe auf (Emla 1,3 % +- 0,6 vs. Placebo 1,3 % +- 0,2).
      Es ist der erneute Versuch von AstraZeneca, ausschließlich die von der Firma gesponserte placebokontrollierte Doktorarbeit von Taddio zu zitieren. Sämtliche Arbeiten, die die CMDh-Gruppe bei der EMA ihrer Bewertung von EMLA für die Neugeborenenzirkumzision als „ethisch inakzeptabel“ zugrunde gelegt hatte, werden in der neuen Fachinformation unterschlagen. Daher mein Antrag auf Unterstellung von EMLA unter Rezeptpflicht und mein Antrag bei der EMA, die Risikobewertung wegen der Überdosierungswahrscheinlichkeit neu vorzunehmen.

      Wenn sich jemand zurücklehnt, weil er plötzlich „recherchiert“ hat, daß EMLA für die Neugeborenenbeschneidung noch nie zugelassen war, und sich damit an der Vergangenheit orientiert, gibt das denjenigen, die ihren Verkaufsschlager retten wollen, und denjenigen, die ihre Anästhesieillusion retten wollen, Raum für neue Kreativitäten. Die haben noch lange nicht aufgegeben.
    • Erbitten Hinweis von Wakankar

      Wakankar schrieb:

      Meinen Briefwechsel und meine Recherchen zu EMLA habe ich übrigens drei Journalisten zur Verfügung gestellt.

      Herr Schulte vom Drach von der Süddeutschen und Frau vom Lehn haben dazu bei Prof. Graf vom Jüdischen Krankenhaus Berlin und beim BfArM recherchiert. Das war am 12. August 2013 bzw. wenige Tage danach. Die Ergebnisse ihrer Recherchen haben Sie an mich weitergeleitet. Sie beinhalteten die nie vorhandene Zulassung für EMLA, die mit der Änderung der Fach- und Gebrauchsinformation am 22. Juli 2013 und der Entfernung des Unbedenklichkeitshinweises komplettiert wurde. Dazu haben beide Journalisten veröffentlicht.

      Der dritte Journalist hat meines Wissens mindestens einen Monat später auch einmal einen Termin im BfArM gehabt, vermutlich dieselben Antworten bekommen und -- ebenfalls meines Wissens -- nie in der Sache publiziert.
      Drei Journalisten, puh, dann müssen wir noch mal richtig nachlesen, wir haben es nicht entdeckt, diese "scheinbar kleine" Nachricht von Dir, dass Emla Creme gar keine Zulassung für die Zirkumzision hatte.Nochmals Danke dafür ;) Auch schon vor dem 19.Juli 2012 nicht!!! Hätte das nicht ein ganz anderes Licht auf die Diskussion geworfen?? und die Berichterstattung insgesamt!! Du schreibst:"Die Ergebnisse ihrer Recherchen haben Sie an mich weitergeleitet. Sie beinhalteten die nie vorhandene Zulassung für EMLA" poste uns doch bitte einmal wo wir das in den Zeitungsberichten finden können. Danke!! :)
    • Zur Feststellung der nie vorhandenen Indikation von EMLA für die Neugeborenenbeschneidung sind zwei Dinge notwendig:

      1. Die Kenntnis des Arzneimittelrechtes, nach dem Indikationen unter Kapitel 4.1 einer Fachinformation aufgeführt werden müssen.

      2. Das Schreiben des BfArM vom 7. März 2013, in dem klargestellt wird:
      Bei der Aufnahme des Satzes "Allerdings hat sich bei Neugeborenen vor
      der Beschneidung die Anwendung von 1 g Emla auf der Vorhaut als
      unbedenklich erwiesen." im Abschnitt 4.4 der Fachinfiormation zu EMLA
      handelt es sich nicht um eine Indikationserweiterung.
      Da dieser Satz das Wort "Anwendung" enthält und "Anwendung" nach Arzneimittelrecht "Indikation" bedeutet, war bis zu dieser Klarstellung des BfArM im Schreiben vom 7. März 2013 in der Fachinformation eine Ungenauigkeit enthalten.

      Der Unbedenklichkeitshinweis stand zwar im Kapitel 4.4 und damit nicht unter den Indikationen, die ja in Kapitel 4.1 stehen. Es handelte sich aber nach Wortlaut um eine "Anwendung", also per Definitionem doch um eine Indikation.

      Diese Ungenauigkeit wurde mit dem Schreiben des BfArM vom 7. März 2013 beseitigt. Seitdem ist klar, daß die Neugeborenenbeschneidung nicht zu den Indikationen von EMLA zählt.
    • Wakankar schrieb:

      daß die Neugeborenenbeschneidung nicht zu den Indikationen von EMLA zählt.
      Horn schreibt aber "nicht mehr".
      Wie ist das denn zu interpretieren?
      Warum schrieb er nicht "noch nie"?

      Er fügt dann an "somit würde dann", konditional und "dann" (also in der Zukunft)
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Das ist als kleiner Versuch zu interpretieren, das Gesicht zu retten, weil er und seine Kollegin Frau Dr. Karge über vier Monate zunächst versucht hatten, mich abzuwimmeln, und dann die Unklarheiten um den Unbedenklichkeitshinweis möglichste lange aufrechtzuerhalten.

      Schließlich hat man mich ja auch belogen, als man behauptete, die "Studie", die zur Aufnahme des Unbedenklichkeitshinweises geführt hatte, sei nirgends veröffentlicht worden. Werner hat mich damals darauf aufmerksam gemacht, daß die Daten von Untersuchungszeitraum, Patientenzahl und Ergebnissen absolut identisch waren mit der von AstraZeneca gesponserten Doktorarbeit von Taddio.

      Wichtig am Brief vom 7. März 2013 ist die erstmalige Klarstellung, daß es sich bei dem Unbedenklichkeitshinweis um keine Indikationserweiterung handelt, obwohl darin von einer "Anwendung" die Rede ist. Ich habe das damals im Detail mit einem auf Arzneimittelrecht spezialisierten Anwalt besprochen. Und, wie gesagt, die Info an drei Journalisten weitergegeben.
    • Nachtrag zur Frage von "delphi"

      Daß EMLA in Deutschland noch nie für die Neugeborenenbeschneidung zugelassen war, ist seit der Klarstellung des BfArM vom 7. März 2013 definitiv. Der Unbedenklichkeitshinweis wurde auf Antrag von AstraZeneca 2003 in Fach- und Gebrauchsinformation aufgenommen. Seitdem ist das offensichtlich niemandem aufgefallen. Jedenfalls niemandem, der das bedenklich gefunden hätte.

      Ich bin im Sommer 2012 über diesen Unbedenklichkeitshinweis sozusagen „gestolpert“, als ich nach den Aussagen einer Kinderchirurgin zu EMLA bei der rituellen Beschneidung überprüfen wollte, ob das Medikament für diese Anwendung überhaupt zugelassen ist. Dabei ist mir dieser seltsame Unbedenklichkeitszusatz aufgefallen, der noch seltsamer wurde, weil bei einem anderen Medikament gleicher Zusammensetzung (ANESDERM), das in der „Roten Liste“ direkt vor EMLA steht, dieser Unbedenklichkeitszusatz nicht stand.

      Die Frage, ob die Diskussion um das Beschneidungsgesetz anders verlaufen wäre, wenn die fehlende Indikation von EMLA schon vor dem 19. Juli 2012 bekannt gewesen wäre, ist müßig. Sie war zu diesem Zeitpunkt niemandem aufgefallen, der ein Interesse daran hatte, das publik zu machen. Darüber hinaus hat auch in der zweiten Jahreshälfte 2012 meines Wissens außer mir niemand beim Bundesgesundheitsminister nachgefragt und sich beim BfArM nach den Studien erkundigt, die seinerzeit zur Aufnahme des Unbedenklichkeitshinweises in Fach- und Gebrauchsinformation geführt hatten.

      Mir wurden diese Studien aus dem BfArM erst am 28. November 2012 per Mail zugesandt, also zwei Tage nach der Sitzung im Rechtsausschuß, in der Prof. Graf seine Stellungnahme abgegeben hatte. Erst danach konnte ich thematisieren, wie unzureichend diese Studien waren. Währenddessen liefen die letzten Vorbereitungen zur Gesetzesverabschiedung. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich auch direkt an AstraZeneca gewandt und an deren Verantwortung appelliert. Es folgte eine Abstimmung zwischen AstraZeneca und BfArM, an deren Ende der Brief des BfArM vom 7. März 2013 stand.

      Da war die Beschneidungsdebatte, jedenfalls die vor der Gesetzesverabschiedung, „gelaufen“ und das Gesetz seit über zwei Monaten in Kraft. Auch die übrige oben aufgeführte Chronologie belegt, daß der Schriftverkehr mit Bundesgesundheitsminister und BfArM zeitlich hinter der überhasteten Gesetzes-„Beratung“ und –Verabschiedung herlief und brauchbare Informationen erst dann vorlagen, als damit kein Einfluß auf die Debatte mehr möglich war.
    • Veröffentlichung im Forum über den off-label-use von EMLA

      A Single Neonatal Injury Induces Life-Long Deficits in Response to Stress

      28. Juli 2013 12:06 von Wakankar

      Der Sachverständige Prof. Graf (Kardiologe)

      Unter bundestag.de/bundestag/aussch…hmen/index.html kannst Du lesen, was im jüdischen Krankenhaus Berlin passiert. Wie Du siehst, ist das immer noch eingestellt, obwohl ich Herrn Prof. Lammert wiederholt dazu aufgefordert habe, einen Korrekturhinweis dazuzustellen.

      Die dort beschriebene Methode ist nicht nur ein off-label-use, da EMLA für die Anwendung bei Neugeborenen keine Zulassung hat. Die Zweitapplikation auf die offene Wunde unmittelbar postoperativ ist überdies geeignet, toxische Methämoglobinspiegel und damit eine Sauerstoffunterversorgung des Neugeborenen auszulösen. EMLA darf in keinem Fall auf eine offene Wunde eines Neugeborenen gegeben werden. Und es darf erst nach einem achtstündigen Intervall eine Zweitapplikation erfolgen.
    • Montag, 12. August 2013, 21:13 Artikelauszug von Wakankar

      wakankar schrieb:

      Es gibt keine Anästhesie mehr für die Neugeborenenzirkumzision außer der Narkose

      Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat die Indikation der Betäubungssalbe EMLA für dieNeugeborenenbeschneidung widerrufen.

      Die Fach- und Gebrauchsinformation wurde am 19.7.2013, eingestellt in der Datenbank http://www.pharmnet-bund.de am 22.7.2013) geändert.

      haben nicht 19.7.2012 gemeint, sondern 2013, hatten wir beim ersten suchen entdeckt, oben im ersten Beitrag. :thumbup: