Stellungnahme im Rechtsausschuss am 24.4. 2013 zur FGM

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Stellungnahme im Rechtsausschuss am 24.4. 2013 zur FGM

      Da werden unsere Volksvertreter wieder einige Rückgratbiegeübungen vor sich haben...
      Die komplette Stellungnahme siehe hier:
      1. Verfassungsrechtliche Aspekte
      Eine Sonderstrafnorm, die pauschal alle Formen der Frauenbeschneidung erfasste, würde an das Geschlecht des Tatopfers anknüpfen, nicht an Unrechtsunterschiede zwischen der Frauen- und der Männerbeschneidung. Sie könnte deshalb vor dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG keinen Bestand haben. Deshalb sind alle vorgelegten Entwürfe zu Sonderstraftatbeständen der Frauenbeschneidung gleichheitswidrig: Sie wollen Frauenbeschneidungen, die genauso schwer iegen wie eine Männerbeschneidung oder sogar leichter, schwerer bestrafen; sie wollen schwere Formen der Frauenbeschneidung schwerer bestrafen als vergleichbar schwere (dann: misslungene) Formen der Männerbeschneidung. Einen Körperverletzungs-Sondertatbestand zu schaffen, der nur für weibliche Opfer gilt, wäre verfassungswidrig. Er könnte keinen Bestand haben vor Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Und Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG bestimmt: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes … benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Das gilt auch für Opfer von Straftaten.
      9. Einwilligung der Sorgeberechtigten bei einwilligungsunfähigen Personen (Details)
      Ob ein Eingriff dem Kindeswohl dient, darf also nicht daran festgemacht werden, ob er einem Jungen oder einem Mädchen gilt; einzig zulässiger Maßstab ist die Intensität des Eingriffs. § 1631d BGB ist deshalb zwingend analog auch auf weibliche Betroffene anzuwenden. Deshalb muss für alle Beschneidungen weiblicher Genitalien, die in ihrer Verletzungsintensität der nach § 1631d BGB erlaubten Knabenbeschneidung gleichkommen oder sogar dahinter zurückbleiben (insb.: bloße Eingriffe in die Klitorisvorhaut, leichte Einstiche), dieselbe Beurteilung gelten: Sie gefährden nicht das Kindeswohl; die Sorgeberechtigten können in sie wirksam einwilligen.
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Prof. Hardtung ist Mitunterzeichner des offenen Briefs der FAZ gegen die Jungenbeschneidung.

      Was mich dann doch ein bischen wundert, ist, dass er der einzige (!) der sieben Experten ist, der auf den Artikel 3 GG ( Geschlechtergleichheit) Bezug nimmt. Auch in den drei Gesetzesentwürfen ist davon an keiner Stelle die Rede.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Keine Argumentation ist zu blöde, wenn es um Beschneidung geht ...

      Beschneidung von Frauen ist etwas ganz ganz anderes – unvergleichbares. Ihr habt wohl unseren allwissenden Abgeordneten in der Beschneidungsdebatte nicht richtig zugehört. Es geschieht ja auf einem anderen Planeten äh… Erdteil. Und diesen Afrikanern wird man wohl sagen dürfen, dass deren tausendjährige Tradition der Mädchenbeschneidung nur auf Irrtum, Aberglaube und männlichen Machtmissbrauch beruht. Nur bei Jungen ist das eine respektable tausendjährige Tradition, die unbedingt erhalten werden muss. Oder wollt ihr intolerantes Pack andere Kulturen nicht entsprechend achten? Wie sollte ein Soldat gegen seinen Gegner richtig vorgehen, wenn ihm nicht als Kind schon beigebracht wurde, was richtige Schmerzen sind …
    • Aus dem Gutachten von Wüstenberg:
      Kein Wertungswiderspruch zur männlichen Beschneidung: Die Klitorisvorhaut entspricht der Penisvorhaut. Die männliche Beschneidung ist grundsätzlich straffrei (§ 1631d BGB). Die Aufnahme der rituellen Tat des Entfernens nur der Klitorisvorhaut (gegenwärtig nach §§ 223, 224 StGB strafbar) in den Tatbestand der schweren Körperverletzung stellte meines Erachtens einen Widerspruch der Wertungen des Gesetzgebers dar. Denn das Rituelle allein darf kein Abgrenzungskriterium sein.
    • Hardtung schrieb:



      a)
      Akute Schmerzen und Schmerzen bis zur Ausheilung (§ 223 StGB)
      Bei einer Beschneidung mit Betäubung sind die akuten Schmerzen gering, aber schon das Setzen
      einer Injektion zur Betäubung übersteigt (so eben) die Erheblichkeitsschwelle und ist damit eine
      Körperverletzung nach § 223 StGB. [nur bei Mädchen?] Eine Beschneidung ohne Betäubung verursacht grauenvolle
      Schmerzen. [nur bei Mädchen?] In beiden Fällen schmerzt die Wunde bis zur Ausheilung. [nur bei Mädchen?] All das unterfällt § 223StGB. [strafbar!]. Die Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe ist auch bei Zufügung starker Schmerzen angemessen, weil dieser extreme Schmerz nicht lange anhält.

      b)
      Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB)
      Weil die Frauenbeschneidung stets mit einem Schneidewerkzeug begangen wird, ist eine zusätz-
      liche Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2: „mittels eines ge-
      fährlichen Werkzeugs“) mit einer Freiheitsstrafdrohung von sechs Monaten bis zu zehn Jahren
      möglich. Das Tatwerkzeug ist aber nur dann „gefährlich“, wenn es nach seiner konkreten Ver-
      wendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen.
      Hier ist es wieder. Das Framing. Einerseits "Frauen" (obwohl fast immer Mädchen "beschnitten" werden, nicht wenige Frauen lassen allerdings ganz legal an ihren Genitalien schneiden, weil ihnen irgendwas nicht perfekt erscheint) - andererseits nicht etwa "Männerbeschneidung" sondern "Knabenbeschneidung".
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"