Religions- und Kirchenfunktionäre haben den Beschneidungskritikern einen „erschreckenden religiösen Analphabetismus“ vorgeworfen. Die Schriftgelehrten zitierten immer und immer wieder eine Bibelstelle (Gen. 17,10-12a) und ließen dabei geschickt alle weiteren Zusammenhänge außen vor. In Wirklichkeit ist der biblische Befund jedoch recht komplex und durchaus widersprüchlich. Ich beschränke mich hier auf die Hebräische Bibel (AltesTestament). Im Neuen Testament ist die Vorhaut-Beschneidung für Christen ohnehin überwunden.
Schon seit Jahrhunderten ist ernsthaften Bibellesern und –forschern aufgefallen, dass die Fünf Bücher Mose (Pentateuch, Tora) nicht aus einem Guß sind, sondern sehr unterschiedliche Traditionen enthalten. Man geht daher von mindestens vier Quellenschriften aus, die später zusammengefügt und redaktionell überarbeitet wurden.
Stark verkürzt hier die wichtigsten Befunde zum Thema (wobei ich mich im Einzelnen irren kann). Mein bescheidener Beitrag zur biblisch-religiösen Alphabetisierung:
Einzig die Priesterschrift (P) als die jüngste der Pentateuch-Quellen führt die Beschneidung in die allerälteste Zeit auf den Stammvater Abraham zurück. Der habe sich selbst mit 99 Jahren und seinen Sohn Ismael mit 13 Jahren an der Vorhaut beschnitten und dadurch einen Bund mit Gott geschlossen (Gen. 17). Einzig diese Priesterschrift ordnet eine Beschneidung der männlichen Nachkommen am 8. Tag an und erzählt von der Beschneidung Isaaks (Gen. 21,4). Daneben befiehlt P auch die Beschneidung aller Sklaven und Arbeitnehmer, was jedoch wohl nicht immer befolgt wurde und m. W. auch heute von niemandem befolgt wird. Nach Hes. 44,7f leisteten Unbeschnittene sogar im Tempel Dienst. P befiehlt, dass "alles Männliche" und "jedes Knäblein, wenn's acht Tage alt ist" beschnitten werden soll. (Doch selbst der frömmste Jude hält das nicht ein und beschneidet z. B. ein Frühgeborenes oder einen Bluter nicht.) In geradezu terroristischer Weise, ohne Wenn und Aber kündigt P die Ausrottung eines jeden Männlichen aus seinem Volk an, der nicht an seiner Vorhaut beschnitten wird (Gen. 17,14).
Das ältere elohistische Geschichtswerk (E) legt den thematisch-ethischen Schwerpunkt nicht auf die Beschneidung, sondern auf die Geschichte von der letztlich nicht erfolgten Opferung Isaaks, die Gott im letzten Moment verhinderte und durch ein Tieropfer ersetzte (Gen. 22). Durch den Glaubensgehorsam Abrahams und Isaaks wird hier der Bund mit Gott begründet.
Auch in dem älteren jahwistischen Geschichtswerk (J) schließt Gott mit Abraham einen Bund ohne Beschneidung (Gen. 15,18 ). Der Gesetzgeber Mose selbst war nicht beschnitten. In einer sehr archaischen, dunklen Erzählung beschneidet dessen midianitische Frau Zippora auf dem Weg nach Ägypten ihren schon älteren Sohn Gerschom, nicht aber ihren Ehemann Mose und nennt ihn in diesem Zusammenhang „Blutbräutigam“ (Ex. 4,24 f).
Ein Vergleich der hebräisch-semitischen Wörter „Chatan“ (Bräutigam, frisch Beschnittener), „Choten“ (Schwiegervater, Beschneider) und „Chitan“ (Schnitt) legt nahe, dass es sich ursprünglich um einen Mannbarkeits- und Hochzeitsritus handelte, der also keine unmündigen Kinder betraf.
In einer weiteren Variante führt das jahwistische Geschichtswerk (J 1) die Beschneidung auf Josua (den Nachfolger des Mose) zurück, der die Israeliten kurz vor der Eroberung des gelobten Landes beschnitt (Jos. 5,2ff). Inhaltlich ist dieser Bericht insofern fragwürdig, als er selbst von der postoperativen Kampfunfähigkeit des ganzen Volkes vor den unmittelbar bevorstehenden Kriegshandlungen weiß (Jos. 5,8 ). Von der Beschneidung der Gegner als Kriegslist erzählen E und J auch vorher schon bei der Brautwerbung eines fremden Prinzen für Dina und der dann folgenden hinterhältigen Ermordung aller frischbeschnittenen Einwohner Sichems durch die Israeliten (Gen. 34).
Im Mose- oder Sinaibund stehen die 10 Gebote nach E und J in Exodus 20 eindeutig vor und über jedweder Vorhautbeschneidung. Mose empfing die Tafeln des Bundes als Unbeschnittener! (Das sollte man sich immer wieder vor Augen halten.)
Im Deuteronomium als einer weiteren Quellenschrift der Tora wird einzig die ethisch-symbolisch zu verstehende Beschneidung der Herzen gefordert (Dt. 10,16; 30,6). Diese stellt den wahren Bund Gottes mit seinem Volk dar.
Der Prophet Jeremia fordert ebenfalls die ethische Beschneidung der Herzen (Jer. 4,4) und sieht darin den erhofften neuen Bund (Jer. 31,31).
Schon seit Jahrhunderten ist ernsthaften Bibellesern und –forschern aufgefallen, dass die Fünf Bücher Mose (Pentateuch, Tora) nicht aus einem Guß sind, sondern sehr unterschiedliche Traditionen enthalten. Man geht daher von mindestens vier Quellenschriften aus, die später zusammengefügt und redaktionell überarbeitet wurden.
Stark verkürzt hier die wichtigsten Befunde zum Thema (wobei ich mich im Einzelnen irren kann). Mein bescheidener Beitrag zur biblisch-religiösen Alphabetisierung:
Einzig die Priesterschrift (P) als die jüngste der Pentateuch-Quellen führt die Beschneidung in die allerälteste Zeit auf den Stammvater Abraham zurück. Der habe sich selbst mit 99 Jahren und seinen Sohn Ismael mit 13 Jahren an der Vorhaut beschnitten und dadurch einen Bund mit Gott geschlossen (Gen. 17). Einzig diese Priesterschrift ordnet eine Beschneidung der männlichen Nachkommen am 8. Tag an und erzählt von der Beschneidung Isaaks (Gen. 21,4). Daneben befiehlt P auch die Beschneidung aller Sklaven und Arbeitnehmer, was jedoch wohl nicht immer befolgt wurde und m. W. auch heute von niemandem befolgt wird. Nach Hes. 44,7f leisteten Unbeschnittene sogar im Tempel Dienst. P befiehlt, dass "alles Männliche" und "jedes Knäblein, wenn's acht Tage alt ist" beschnitten werden soll. (Doch selbst der frömmste Jude hält das nicht ein und beschneidet z. B. ein Frühgeborenes oder einen Bluter nicht.) In geradezu terroristischer Weise, ohne Wenn und Aber kündigt P die Ausrottung eines jeden Männlichen aus seinem Volk an, der nicht an seiner Vorhaut beschnitten wird (Gen. 17,14).
Das ältere elohistische Geschichtswerk (E) legt den thematisch-ethischen Schwerpunkt nicht auf die Beschneidung, sondern auf die Geschichte von der letztlich nicht erfolgten Opferung Isaaks, die Gott im letzten Moment verhinderte und durch ein Tieropfer ersetzte (Gen. 22). Durch den Glaubensgehorsam Abrahams und Isaaks wird hier der Bund mit Gott begründet.
Auch in dem älteren jahwistischen Geschichtswerk (J) schließt Gott mit Abraham einen Bund ohne Beschneidung (Gen. 15,18 ). Der Gesetzgeber Mose selbst war nicht beschnitten. In einer sehr archaischen, dunklen Erzählung beschneidet dessen midianitische Frau Zippora auf dem Weg nach Ägypten ihren schon älteren Sohn Gerschom, nicht aber ihren Ehemann Mose und nennt ihn in diesem Zusammenhang „Blutbräutigam“ (Ex. 4,24 f).
Ein Vergleich der hebräisch-semitischen Wörter „Chatan“ (Bräutigam, frisch Beschnittener), „Choten“ (Schwiegervater, Beschneider) und „Chitan“ (Schnitt) legt nahe, dass es sich ursprünglich um einen Mannbarkeits- und Hochzeitsritus handelte, der also keine unmündigen Kinder betraf.
In einer weiteren Variante führt das jahwistische Geschichtswerk (J 1) die Beschneidung auf Josua (den Nachfolger des Mose) zurück, der die Israeliten kurz vor der Eroberung des gelobten Landes beschnitt (Jos. 5,2ff). Inhaltlich ist dieser Bericht insofern fragwürdig, als er selbst von der postoperativen Kampfunfähigkeit des ganzen Volkes vor den unmittelbar bevorstehenden Kriegshandlungen weiß (Jos. 5,8 ). Von der Beschneidung der Gegner als Kriegslist erzählen E und J auch vorher schon bei der Brautwerbung eines fremden Prinzen für Dina und der dann folgenden hinterhältigen Ermordung aller frischbeschnittenen Einwohner Sichems durch die Israeliten (Gen. 34).
Im Mose- oder Sinaibund stehen die 10 Gebote nach E und J in Exodus 20 eindeutig vor und über jedweder Vorhautbeschneidung. Mose empfing die Tafeln des Bundes als Unbeschnittener! (Das sollte man sich immer wieder vor Augen halten.)
Im Deuteronomium als einer weiteren Quellenschrift der Tora wird einzig die ethisch-symbolisch zu verstehende Beschneidung der Herzen gefordert (Dt. 10,16; 30,6). Diese stellt den wahren Bund Gottes mit seinem Volk dar.
Der Prophet Jeremia fordert ebenfalls die ethische Beschneidung der Herzen (Jer. 4,4) und sieht darin den erhofften neuen Bund (Jer. 31,31).