Nachricht an den kinderschutzbund

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    • Nachricht an den kinderschutzbund

      Ich neige dazu zu lange Mails zu schreiben. Gebt mir mal ein Feedback. Der unterstrichene Text ist eine leicht veränderte Kopie meiner Geschichte.

      Sehr geerte Damen und Herren,


      ich bin entsetzt von der Aussage Heinz Hilgers die rituelle Beschneidung zu legalisieren.

      Ich wurde mit 6 beschnitten. Mein Vater, der leider vor einigen Jahren verstarb, zwang mich aus religiöser Überzeugung. Meine Mutter, die anfangs skeptisch war, wurde von ihm, den Ärzten und muslimischen Bekannten überredet. Keiner von denen wusste wirklich, was Beschneidung bedeutet. Außer der Arzt, aber der sagte nichts. Nur das es sehr gut ist, und sehr hygienisch. Da ich seit einer Krankheit im Kindesalter Probleme mit meinem Gehör habe sollte ich zu einer Untersuchung in der ich unter Vollnarkose operiert werden musste. Diese Chance nahmen meine Eltern wahr um mich beschneiden zu lassen.

      Mir hat man nichts gesagt. Aus Angst ich könnte eine Szene machen. Ich bin ins Krankenhaus gefahren und alle waren sehr nett zu mir. Dann bekam ich die Narkose. Das nächste, was ich weiß, ist, dass ich nackt auf der Bettkante sitze und bitterlich weine. Mein Penis sieht grotesk aus, er ist so geschwollen, dass er fast rund ist. Die Eichel, die ich davor noch nie gesehen habe, ist pink. Ein komischer Ring ist an ihrem Ende und hält die Haut zurück. Es tut furchbar weh. Mein Vater beteuert immer wieder wie stolz er auf mich ist. Das ich jetzt ein richtiger Muslim sei. Ich weine trotzdem.

      Die nächsten drei Wochen waren eine Qual. Ich weiß nicht ob die Narben weh taten oder die vertrocknende freigelegte Eichel. Ich konnte keine Hose tragen. Ich konnte nicht laufen. Ich konnte mich im Bett nicht zudecken. Ich lag stundenlang im Bett auf dem Rücken mit angewinkelten Knien, dass die Decke meine Eichel nicht berührt. Tagelang. Ich weinte heufig. Das erste mal, als ich aufs Klo ging, wusste ich nicht, was passieren wurde. Ich hatte Angst es könnte weh tun. Ich hatte Recht. Von nun an hielt ich es zurück, bis es nicht mehr ging. Der Druck war deshalb größer. Es war schlimmer. Aber ich hatte Angst.

      Irgendwann tat es nicht mehr weh. Ich konnte keine engen Hosen tragen. Wie lange weiß ich nicht. Es kommt mir heute wie eine Ewigkeit vor. Aber auch das verging. Irgendwann.

      Eines Tages spielte ich mit meinen Freunden in der Umgebung. Einer sagte er müsse aufs Klo. Ich musste auch. Wir gingen zu einem Busch. Er machte die Hose auf und pinkelte. Ich pinkelte nicht. Ich schämte mich. Zum ersten mal. Die Scham blieb. Bis heute. In der Schule beim Schwimmunterricht kämpfte ich mich immer ganz vorne an die Tür um den Platz an der Ecke zu bekommen. Während die anderen Jungs nackt herumalberten zog ich mich mithilfe eines Handtuchs um und verlies den Raum fluchtartig. In der Sauna zog ich immer eine Badehose an. Ich ging nie in Gemeinschaftsduschen. Niemand durfte wissen das ich anders war. Ich wollte immer gerne wie die anderen sein. Einfach mal mit meinen Freunden nackt in den See springen. Sprüche wie: "Der will uns seinen kleinen Schwanz nicht zeigen!" ertrug ich. Ich lachte mit. Niemand durfte den wahren Grund wissen. Heute weiß ich, dass ich nicht ausgelacht werden würde aber das "nicht nackt sein dürfen" brannte sich so in mein Unterbewusstsein, dass ich bis heute nicht die Kraft finde diese Angewohnheit zu überwinden.

      Irgendwann begann ich über all das nachzudenken. Wieso bin ich beschnitten? Weil ich ein Muslim bin.
      Wieso bin ich ein Muslim? Mir fiel keine Antwort ein. Also wieso bin ich beschnitten?

      Ich sprach nie mit Freunden oder Freundinnen über meine Beschneidung. Und sie fragten auch wenig.
      "Mein Vater ist halt Muslim" reichte immer als Antwort. Zum Glück.

      Erst jetzt beginne ich mich mit Beschneidung auseinanderzusetzen. Erst jetzt mit 23 lese ich über die sexuellen Folgen. Lese ich über den Sensitivitätsverlust. Ich habe nie einen unbeschnittenen Penis erigiert gesehen und war sehr überrascht als ich las, das die Eichel weich, feucht und empfindlich ist. Ich lese über Verhornung, über Stimulanzzonen wie innere Vorhaut, Dorsalnerv oder Vorhautbändchen. Lese, dass beschnittene Männer nur die Schnittnarbe zur Stimulierung haben, da dort noch Reste der so sensiblen Vorhaut kleben. Ich denke darüber, wie Sex sich anfühlen könnte. Wenn alles noch da wäre. Aber das ist es nicht.

      Ja, es stimmt. Ich kann länger. Noch kann ich nur länger. Aber ab wann kann ich gar nicht mehr? Ich bin 23 Jahre alt. Das heißt auch das ich mit ca. 23 jährigen Frauen schlafe. Aber ich muss kämpfen. Unter 20 min geht nichts. Manchmal habe ich nach einer Stunde einfach keine Lust mehr und gebe auf. Ich war deshalb bei einem Urologen. Dieser sagte mir bei der Beschneidung würden 70% der für die sexuelle Sensibilität zuständigen Nerven entfernt, da sie auf der Vorhaut sitzen. Die Nerven auf der Eichel liegen in der Schleimhaut die ohne den Schutz der Vorhaut austrocknet. Durch die ständige Reibung an der Hose würde die Nerven mit der Zeit absterben. Ich habe große Angst impotent zu werden.

      Meine Beschneidung ist das Schlimmste, was man mir je angetan hat. Sie hat mein gesamtes Leben beeinflusst. Hat mich immer mit Scham erfüllt. Meiner Mutter tut es sehr leid. Sie sagt sie würde es nie wieder tun. Das hilft seelisch aber nicht körperlich. Meine Vorhaut ist weg und kommt nicht wieder.



      Auf ihrer Homepage nennen sie sich die Lobby für Kinder. Aber sie haben die Kinder verraten. Sie haben sich nicht einmal die Mühe gemacht eine Möglichkeit zu suchen Eltern von der Beschneidung ihrer Sohne abzuhalten. Sie sind den Weg des geringsten Widerstandes gegangen.

      Mit dieser Entscheidung nehmen sie willentlich das Leid vieler Kinder in kauf. Denn bei Weitem nicht jedes Kind will beschnitten werden und bei Weitem nicht jeder Beschnittene ist glücklich darüber. Was sagen sie einem 12 jährigen, dessen Mutter einen Muslim kennengelernt hat, der fordert, dass der Junge beschnitten wird. Wie soll sich ein 12 jähriger wehren können, wenn er gezwungen wird.

      Als Beschnittener hat man keine Möglichkeit Gerechtigkeit zu finden. Ich weiß es, ich habe versucht Strafanzeige zu stellen, aber alle Ansprüche, die ich hatte verjährten als ich 11 Jahre alt war. Man hat keine Chance. Am Anfang kann man sich nicht wehren und später darf man nicht mehr.

      Ich fordere sie auf ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. Diese ganze Debatte ist mittlerweile eine Farce geworden. Der Ethikrat erringt in einer harten Diskussion mit der religiösen Verbänden, das die Kinder betäubt werden sollen.
      Wann stand denn bitte jemals zu Diskussion, ob man die Kinder foltern darf. Es stand zur Diskussion ob die Entscheidung der Eltern genügt, eine irreversible Operation mit gravierenden Auswirkungen zuzulassen.

      Die religiösen Verbände schreien so laut, dass man das weinen der Kinder leicht überhört. Bei Mädchen sind zurecht selbst Ersatzrituale wie das Anritzen der Klitoris mit einer Klinge ohne zu schneiden streng verboten. Bei kleinen Jungen darf man 50% der Haut des Penises entfernen, weil es der Glaube verlangt, man es schöner findet, man der spätere Freundin einen Gesundheitsbonus geben oder man sein Kind das Onanieren erschweren will.

      Jungen, die in die Geschlechtsreife kommen sind sehr leicht erregbar. Oft bekommen sie beim Aufzeichnen der Schnittlinien eine Elektion oder einen Samenerguss. Es ist unvorstellbar peinlich für sie und vielen das Schlimmste bei dem Gedanken an die Beschneidung. Trotzdem sind bei der Behandlung Mütter und Väter, Schwester und Brüder, Tanten und Omas, Lehrer und Heimleiter, Freunde und Bekannte anwesend. Auf die Würde der Jungen wird in keiner Form geachtet. Im Gegenteil, man lacht sie aus. Sie sollen sich nicht so anstellen, es sind schließlich Jungs.

      Wenn sie ihre Meinung nicht ändern und weiterhin für die Legalisierung der Knabenbeschneidung eintreten, werden viele Bürger die Achtung vor Ihnen verlieren. Denn wer außer Ihnen soll die Kinder sonst beschützen.

      Schwer enttäuscht und voller Sorge schreibt Ihnen


      Alexander ...

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Baba ()

    • Der Brief ist klasse, hatte eine Gänsehaut. Einziger Korrekturvorschlag: Den letzten Satz würde ich mit einem Fragezeichen versehen, denn eine Frage spricht direkter an.
      Ansonsten: Sehr gut!
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Hier die Antwort. Klingt gut oder.

      Hallo Hr. Baba,

      bei mir ist diese Haltung von Hr. Hilgers noch nicht angekommen und ich teile sie nicht. Ich sehe es wie Sie, dass die körperliche Unversehrtheit von Jungen eklatant verletzt wird und an der Stelle eindeutig Kindeswohl vor Elternrecht stehen muss. Kinder sind uns anvertraut und vertrauen auf unseren Schutz.

      Sie sind sehr mutig mit der Veröffentlichung Ihres Leidensweges und ich wünsche Ihnen Kraft für die Bewältigung Ihres Schicksals.

      Mit herzlichen Grüßen,

      Ulla Wessels
      (Geschäftsführerin)
      Sehr geehrter Herr Baba,

      ich bin zu tiefst berührt von Ihren Ausführungen. Ich kann Ihnen mitteilen, dass die Mitarbeiterinnen des Kinderschutzbundes Kreisverband Schwerin gegen jegliche Beschneidung sind. Die Diskussion innerhalb des Kinderschutzbundes in Deutschland ist noch nicht abgeschlossen. Nach unserem Kenntnisstand hat sich neben dem Bundesverband auch der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern der Problematik angenommen. Ich würde Ihre Mail gerne dorthin weiterleiten.

      Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Kraft und Stärke und hoffen, dass in naher Zukunft diese unfassbare Misshandlung von Kindern in Deutschland unter Strafe gestellt wird. Auch in anderen Ländern sollten die Kinder ein Recht auf Selbstbestimmung haben so wie es in der UN-Kinderrechtskonvention fest geschrieben ist. An diese sollten sich alle Länder halten.

      Mit freundlichen Grüßen

      B. Schirrmacher
      Projektleiterin
      Sehr geehrter Herr Baba ,

      haben Sie vielen Dank für Ihren beeindruckenden Bericht. Ich werde Ihre Mail an unseren Vorstand (Ortsverband Calw e.V.) weiterleiten und wir werden mit Sicherheit demnächst darüber diskutieren.
      Wie Sie vielleicht auf der homepage des Bundesverbandes gelesen haben, findet gerade eine Diskussion über dieses wichtige Thema innerhalb des Deutschen Kinderschutzbundes statt. Da kommt Ihr Brief gerade zur richtigen Zeit.
      Meines Wissens hat sich Herr Hilgers gegen eine strafrechtliche Verfolgung ausgesprochen, um die bekannten Folgen eines Abgleitens in die Illegalität zu verhindern. Jedoch hat er auch dafür plädiert, keinen gesetzlichen Rahmen für die Beschneidung zu schaffen, da noch viel zu viele Fragen ungeklärt sind. Mir ist bewußt, dass das für viele Menschen vermutlich ein fast unerträgliches Spannungsfeld ist.

      Ich persönlich bin der Meinung, dass Menschen ein Recht auf körperliche Unversehrtheit haben und werde dies in unseren Diskussionen auch so vertreten.
      Können Sie mir etwas über eine symbolische Beschneidung sagen, die meines Wissens in manchen Ländern praktiziert wird? Wäre das eine Alternative?

      Freundliche
      Grüße

      Martina Bühler, Kinderschutzbund Calw
      e.V.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Baba ()

    • Baba, hol die ins Forum... dann verarzten wir die - ohne Skalpell versteht sich :D.

      Der interne Kreis besteht aus 10 sattelfesten Mitarbeitenden (Mitarbeiter hört sich so weisungsbefugt an :D)

      Wir sind fitt und Material haben wir auch ausreichend: BVJ.de
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • :thumbup: Super Baba.

      Irgendwo hier habe ich etwas über die symbolische Beschneidung gelesen, ich weiß nur leider nicht mehr wo ?( . Bei dieser Fülle an Infos verliert man schnell den Überblick.

      Aber das ist eine gute Idee von Guy. Wenn Du ihnen einen Link zu diesem Forum schickst, können sie sich weiter informieren...
    • Anna schrieb:

      twas über die symbolische Beschneidung gelesen
      hier?
      Die Welt: Nicht die Beschneidung macht den Juden
      sonst auf BVJ.de nach brit shalom suchen...
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Jeder männliche Proselyt muss sich vor dem Übertritt beschneiden lassen. Auch im liberalen Judentum gilt dieser Grundsatz. Einen Unterschied gibt es allerdings hinsichtlich bereits - unabhängig aus welchen Gründen - beschnittener Proselyten: Während das orthodoxe Judentum eine symbolische zweite Beschneidung ("Tippat Dam"), hebr. "Blutstropfen", d. h. Vornahme einer kleinen Inzision, bei der mindestens ein Blutstropfen sichtbar wird) verlangt, ist dies bei liberalen/progressiven Juden nicht durchgängig der Fall.

      Quelle de.wikipedia.org/wiki/Brit_Mila