"Was soll der ganze Scheiß!"

    • "Was soll der ganze Scheiß!"

      Philipp Gessler schrieb:

      ...und sofort anfingst, zu schreien wie am Spieß. Dabei solltest Du nicht schreien...
      Ein Vater versucht, sich gegenüber seinem Sohn zu rechtfertigen. Schriftlich.


      Deine Mutter ist eine Jüdin - und vor unserer Hochzeit machten sie und ich einen Deal, den Du vielleicht etwas banal findest, der aber Konsequenzen für dich hatte: Unsere Kinder, so wir welche haben sollten, würden meinen Nachnamen und ihre Religion haben. Und das bedeutete für Dich: Beschneidung!
      Ja, in der Tat seht banal. Ein Fleisch-Handel, gewissermaßen. Vielleicht wäre es dem Jungen anders herum lieber gewesen: Den Nachnamen der Mutter und dafür einen vollständigen Penis. Aber seine Wünsche spielten ja keine Rolle.


      Du kannst Dir vorstellen, dass wir ein ziemlich schlechtes Gewissen hatten.....
      Hach! Immer diese armen, geplagten Eltern mit ihrem schlechten Gewissen! Die eigentlichen Opfer. Soll man jetzt wohl noch Mitleid mit haben?
      Wäre alles so leicht vermeidbar gewesen. Den Deal anders herum, oder Brit Shalom...


      Nicht auszudenken, wenn Dir bei der Beschneidung selbst oder durch die Betäubung etwas zugestoßen wäre.
      Es ist ihm ja etwas zugestoßen. Jemand ist mit dem Messer auf ihn los und hat ihm einen Teil seines Penis abgeschnitten.
      Klar, es hätte noch schlimmer kommen können. Zum Beispiel Eichel ab, Penis ab oder tot. Passiert sehr selten, aber passiert. Wie man dann mit seinem Gewissen klar kommt?
      Aber dann ist es ja wieder ganz einfach: der "Beschneider" war Schuld. Oder eine "preexisting condition". Nie die Auftraggeber.
      In Oslo wurde den Auftraggebern sogar noch eine Entschädigung zugesprochen. Wäre es ein Mädchen gewesen - die Eltern und der Arzt wären in den Knast gewandert. In D wären sogar 15 Jahre Haft möglich.


      In der Nacht vor der Operation schlief ich sehr schlecht.
      Hach! Der arme Vater! Hätte jetzt immer noch einfach NEIN! sagen können. Hat aber in seiner väterlichen Schutzfunktion versagt.


      Dass ich die Operation geschehen ließ, mag Dir heute brutal erscheinen.
      Aber nützt dir nichts - passiert ist passiert!


      Als ich Deine Mutter am Nachmittag nach der Operation mit Deiner Schwester besuchte, war Deine Mama völlig fertig. Geweint hatte sie auch schon....
      Ja, die arme, arme Mutter! Die kann ja auch gar nichts dafür!


      Die ersten Tage nach der Beschneidung waren ein Horror - für Dich vor allem, aber auch für uns.

      Wie leicht hätte drei Menschen Leid erspart werden können! Einfach durch "bleiben lassen", wachsen und gedeihen lassen. Auch den kompletten Penis, auch die Vorhaut.


      Aber Gott sei Dank hast Du das alles noch gar nicht verstanden

      Weil ein 2,5-jähriges Kind noch nicht versteht was da passiert kann man ihm ruhig ein paar Tage "Horror" zumuten? Ein pikante und weit auslegbare Auffassung gegenüber Kinderrechten!

      Jetzt kommt der zweite Fleischhandel: Dafür gibt es auch den teuersten Feuerwehrwagen der erhältlich war! Kompensation durch Geschenke, die Korruption eines Kindes.
      Mir ist das mal ähnlich ergangen, dann fühlt man sich als Kind auch noch mitschuldig, weil das Kompensations-Geschenk so verlockend war.

      Was für ein Deal, was für ein "Schnäppchen", was für ein rip-off, was für ein Besch...

      Wir nehmen dir für immer einen Teil von deinem Penis, aber dafür bekommst du meinen Nachnamen und nicht den deiner Mutter!

      Wir nehmen dir für immer deine Vorhaut, aber dafür bekommst du einen schönen Feuerwehrwagen, mit dem du dann dein Leben lang Spaß haben kannst!

      Aber wäre ein schönes jüdisches Leben nicht auch ohne Beschneidung möglich?
      Natürlich, dafür gibt es doch Beispiele. Aber sich hinterher solche Fragen zu stellen, was soll das?


      Weil Du immer wieder geheult hast, las ich Dir ein Kinderbuch vor, um Dich abzulenken. Es hat wenig gebracht.

      Und genug des Vorspiels, jetzt kommen natürlich die üblichen Rechtfertigungs-Phrasen:


      ...und, zugegeben, das sieht nicht schlecht aus, ästhetisch betrachtet. Nun hören wir von dem und dem, dass er auch beschnitten sei - aus hygienischen und medizinischen Gründen meist.

      Warum kann der Junge nicht selbst entscheiden, was er ästhetisch findet? Es ist doch sein Körper, sein Penis!
      Hygienische Gründe? Glaubt Gessler sein Sohn sei nicht in der Lage sich regelmäßig zu waschen?
      Oder hält er sich selbst für unfähig ihn zu einem gepflegten Menschen zu erziehen?

      Zwei Frauen erzählten mir, dass es mit beschnittenen Männern besser sei im Bett.
      Die einen Frauen sagen dies, die andere sagen das: rauher, unangenehmer, schmerzhaft...
      Wenn "ohne" für für Frauen besser wäre - gäbe es keine Vorhaut. Durch Selektionsdruck.

      Ein Freund von mir, der beschnitten ist, berichtete mir, was sein Arzt ihm vor der Beschneidung gesagt habe: "Vor der Operation: Pistole - nach der Operation: Kanone!"

      Geht es darum, Frauen zu erschießen?
      Hat der Penis danach ein größeres Kaliber? Einen längeren Lauf? Kommt danach mehr Ejakulat? :FP01
      There is no skin like foreskin
    • Phillip Gessler hat sich fünf Jahre später auch intensiv mit Holm Putzke beschäftigt:

      taz.de/Ist-Beschneidung-eine-Koerperverletzung/!5089272/
      Rabbiner sehen jüdisches Leben bedroht. Wieder einmal.
      Allein diese unsägliche Formulierung! Die Assoziation mit dem Massenmord an Juden, Roma, Sinti, Geisteskranken und Oppositionellen.
      Die Nazis haben BGM nie verboten!

      Putzke, der Störenfried:

      Putzkes ist wesentlich dafür verantwortlich, dass der Religionsfrieden in Deutschland derzeit schief hängt.
      Wie, gab es einen Krieg?
      Wenn es einen Krieg gibt, dann gegen die Vorhäute von Jungen. Er wird mit Waffen, mit Messern geführt.
      Allerdings ist der Krieg ziemlich einseitig - die Jungen können sich nicht wehren.
      Könnte es auch daran liegen, dass ihm, der mit 16 die Mauer fallen sah, am alten westdeutschen Miteinander von Staat und Religionsgemeinschaften weniger liegt?
      Putzke ist ein Ossi! Die haben da was gegen Körperverletzung an Kindern!


      Die Sätze aber, die Putzke spricht, sind juristisch haargenau, druckreif – und scharf wie ein Skalpell. Oder wie das Messer eines Mohel

      Na bitte, was will der denn? Der schneidet doch selber! Der ist doch im Grunde selbst ein Beschneider!
      Es hat schon Chuzpe, Holm Putzke, weil er juristisch klar formuliert (das soll ein Jurist doch wohl!) rhetorisch auf eine Stufe mit einem professionellen Jungenverstümmler zu stellen.

      Vor dem Jüdischen Krankenhaus Berlin tritt eine Frau mit Kopftuch aus der Klinik, hinter sich ihre deutsch-türkische Familie.
      Ach, genau, das JKB - war da nicht was? War das nicht der Ort, wo Gesslers Sohn Tage des "Horrors" zugefügt wurden?
      Aber das hat Gessler wohl schon wieder vergessen? Und seine Frage: "Was soll der Scheiß?"

      Graf und Deusel dürfen sich auslassen, Deusel darf intakte Männer als ungepflegt diffamieren und keine Rede mehr bei Gessler von "Was soll der ganze Scheiß!" und "...wäre ein schönes jüdisches Leben nicht auch ohne Beschneidung möglich?".

      Klar, wenn man den Rubikon überschritten hat muss man das natürlich hinterher verteidigen. Wie steht man denn sonst da?


      Ansonsten scheint sich Gessler hauptsächlich an Missständen in der katholischen Kirche abzuarbeiten. Was Religion angeht, sehr selektiv.
      There is no skin like foreskin
    • Philipp Gessler schrieb:

      Zwei Frauen erzählten mir, dass es mit beschnittenen Männern besser sei im Bett.
      So. Hatten diese beiden Frauen denn mit einer Vielzahl Männer "beiderlei Art" Sex, dass sie meinen, sich ein repräsentatives Urteil bilden zu können?
      Oder entspringen diese beiden Frauen vielleicht einer "beschneidenden" Tradition, so dass da eine gewisse Voreingenommenheit besteht?

      Ob eine Frau einem ihr bekannten Mann erzählt, dass es mit vorhautlosen Männer besser sei, wenn sie den Genitalzustand des Rezipienten gar nicht kennt? Sie könnte jenen Mann doch damit vor den Kopf stoßen?

      Was sagte denn Gesslers Frau zu der Thematik? Oder war sie zufällig eine der beiden Frauen?
      Gessler schreibt viel über den Penis seines Sohnes. Über seinen eigenen schreibt er - nichts.
      Das muss er natürlich nicht. Aber das ist irgendwie merkwürdig.

      Nachdem, was er schreibt scheint er doch von den angeblichen Vorzügen der Vorhautlosigkeit überzeugt zu sein. Ästhetik, Hygiene, Kanone, die Frauen stehen drauf....
      Also, wenn er zu dem Zeitpunkt noch eine Vorhaut gehabt hätte - wäre sie doch wohl spätestens jetzt fällig gewesen, oder? Denn es kann doch wohl nicht sein, dass einem die Medizin, die man dem Sohn verordnet selbst nicht schmeckt?
      Davon aber schreibt Gessler nichts. Oder ist ihm auch als Kind seine Vorhaut genommen worden? Vielleicht unsinniger Weise wegen einer physiologischen Phimose, wie früher so häufig?
      Wir werden es wohl nie erfahren - interessant wäre es in dem Zusammenhang schon.
      There is no skin like foreskin
    • Selbstbestimmung schrieb:

      Offener Brief von CHRISTIAN SCHUHMANN:
      Von wegen dass es damals, 2007, "fünf Jahre vor Köln" gar keine Kritik an BGM gab - es gab auch Kommentare zu dem ersten Artikel von Gessler:

      goof schrieb:

      Beschneidung ist bei Mädchen wie Jungen schwere Körperverletzung, eine nicht wieder gut zu machende seelische und körperliche Verstümmelung....
      Und was dem Jungen blüht, ist eine erhebliche Herabsetzung der sexuellen Empfindungsfähigkeit.

      Stardust schrieb:

      Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie es vorziehen, meine ausdrücklich an Sie gerichtete Frage, welche Art von "Betäubung" für die Beschneidung eines Babys angebracht ist, nicht zu beantworten....
      Religionsfreiheit hört (normalerweise) da auf, wo ein anderer, insbesondere ein schwächerer, abhängiger, Mensch irreversibel betroffen ist (körperliche Folgen, Einschränkung der zukünftigen Wahlfreiheit).

      lips schrieb:

      ...oder gibt es in deutschland ein gesetz für muslime und/oder juden, das die geltung dieses Art.2 Abs.2 aufhebt ?
      Da noch nicht - das kam dann aber subito - im Schweinsgalopp. 434 "Volksvertreter" haben die Hacken zusammengeschlagen - "Augen zu und durch".

      Carsten schrieb:

      Was für ein Deal! Mitten in Europa, am Beginn des 21. Jahrhunderts, verkauft ein vermeintlich aufgeklärter, gebildeter Vater die Freiheit der Religionsentscheidung und die Vorhaut seines Sohnes gegen das Privilleg, seinen Namen weiterzugeben.

      Peter Maas schrieb:

      Aus religiösen Motiven sein Kind beschneiden zu lassen bedeutet, es grundlos einer Gefahr auszusetzen...
      Ich habe allerdings ein grundsätzliches Problem mit religiös begründeten Beschneidungen, weil man einem Menschen, meist dem eigenen Kind, Schmerzen zufügt, nur weil der jeweils zuständige Bezirksgott das angeblich vorschreibt....
      ..wer das Recht auf religiös begründete Beschneidung verteidigt, hat ein Problem, wenn es gegen Genitalverstümmelung von Mädchen geht. Denn die Antwort ist hier wie da: Gott/Brauch/Sitte will das so. Deswegen mein Standpunkt: Operation nur, wenn sie dem Operierten hilft oder der Operierte freiwillig einem anderen helfen will. Alles andere ist Körperverletzung.

      Stardust schrieb:

      Beschneidung betrifft nach Schätzungen weltweit jährlich 13 Millionen Jungen, deren Rechte auf einen unversehrten Körper, Selbstbestimmung und Freiheit von Schmerz mit Füßen getreten werden. Sie hinterlässt vermutlich Tausende aufgrund von katastrophal unhygienischen und unprofessionellen Bedingungen - aber nicht selten auch in Folge von "Pannen" in modernen Kliniken - tot, behindert, schwer verstümmelt, sexuell funktionsunfähig und/oder von Schmerzen geplagt. Niemand ist daran interessiert, diese Opfer zu zählen - und sie selbst bzw. ihre Eltern schweigen meist beschämt....
      Ich persönlich finde es im Gegenteil diskriminierend und bedenklich, Kindern eines bestimmten Geschlechtes gewisse (Menschen)Rechte abzuerkennen, weil sie bzw. ihre Eltern einem bestimmten Glauben oder einer bestimmten Nationalität oder Ethnie angehören.

      Posemuckel schrieb:

      Schlichte Frage:
      Wenn ein GOTT (christlich, muslimisch, was auch immer) den Mann ohne Vorhaut am Pimmel erschaffen wollte - warum hat er es dann nicht getan?
      Also ist Vorhaut wohl von "Mutter Natur" = GOTT (?) gewollt???

      Beutelratte schrieb:

      Ich distanziere mich ausdrücklich von religös gesteuerten Ritualen (soweit es der gesellschaftliche Zwang zuläßt) und verurteile in diesem Zusammenhang die Beschneidung von neugeborenen-, pupertierenden, u. heranwachsenden Jungs, gerade wie sie heute noch in vielen Regionen der Welt unter haarsträubenden medizinischen Bedingungen durchgeführt werden, aufs schärste!

      mattias luehmann schrieb:

      Meine (mittlerweile gescheidene) muslimische Frau hat meinen Sohn in dessen Geburtsland Marokko im Alter von 1,5 Jahren beschneiden lassen....

      Den Behörden teilte ich hier die Beschneidung, für mich einen Akt der Körperverletzung, mit. Es interessierte sich bislang niemand dafür...

      rights schrieb:

      Wie kann man mit seiner Frau eine Übereinkunft darüber schließen, gegen die Menschenrechte seines Sohnes verstoßen zu wollen? Irgendwas läuft da doch grundsätzlich falsch ...

      G.F. schrieb:

      Mein Mann ist beschnitten, und zwar nicht aus religioesen Gruenden. Als ich Teile des Briefes fuer ihn uebersetzte, wurde er so wuetend, dass er kaum sprechen konnte.
      Er zieht an seiner Vorhaut jeden Abend und jeden Morgen, um den Schaden teilweise gutzumachen, und kann es seinen Eltern nicht verzeichen, dass sie ihm diese unnoetige Schmerzen zugefuegt haben.
      Uebrigens: meine Familie muetterlicherseits sind glaeubige Muslime, und ich glaube eigentlich nicht an kulturelle Anpassung. Nichtsdestotrotz finde ich die Sitte archaisch.

      Ralf Borghard Heinen schrieb:

      Dieser "Nix für ungut!"-Brief ist das öffentliche Eingeständnis einer körperverletzenden und kinderrechtsverletzenden Straftat für einen "banalen Deal"

      anonym schrieb:

      Auch ich empfinde religiös motovierte Beschneidungen als Körperverletzung. Dass es sowas auch in unseren Breitengraden heute überhaupt noch gibt, finde ich äußerst beschämend.

      Ärger schrieb:

      Warum wird hier nicht auch von "Genitalverstümmelung" gesprochen? Jede Art von nicht medizinisch notwendigem, sondern allein weltanschaulich motiviertem Eingriff, der eine Körperverletzung darstellt, verdient diesen Begriff.

      Christian Münster schrieb:

      Sollten die archaischen, medizinisch nicht zu begründenden Körperverletzungen, ausgeführt von unaufgeklärten Eltern und Fundi-Ärzten in zivilisierten Gegenden nicht verboten werden, sowohl bei Mädchen und bei Jungen.

      fotoralf schrieb:

      Seid Ihr noch bei Trost?
      Religiöse Spinner lassen wehrlose Kinder verstümmeln und Ihr habt nix besseres zu tun, als die schwachsinnigen Schwadronierereien der Väter zu verbreiten? Pistole..? Kanone..? Kopfschuss!
      Vielleicht als nächstes noch der Brief eines ägyptischen Vaters an seine verstümmelte Tochter?

      Im 21. Jahrhundert kann von einer "Sozialadäquanz" (Thomas Exner) der Genitalverstümmelung von Jungen in der deutschen Allgemeinheit keine Rede mehr sein. Das hat sich dann im Sommer/Herbst 2012 noch verstärkt gezeigt.
      There is no skin like foreskin