Raum Köln/Bonn: Lidocain-Vergiftung bei einem 12 Wochen alten Jungen

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    • Raum Köln/Bonn: Lidocain-Vergiftung bei einem 12 Wochen alten Jungen

      Offenbar unserer "Qualitätspresse" keine Notiz wert. Von RTL2 ganz abgesehen. ;)
      Schließlich ging es ja nicht um eine Klitorisvorhautamputation bei einem Mädchen! Dann wäre ein Orkan durch die Medien getobt.

      Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom?

      Aber immerhin in der Zeitschrift "Forensic Science, Medicine and Pathology" erschien ein Artikel dazu, von Noelle Dyballa, Julian Alexander Härtel, Julian Prangenberg & Hilke Andresen-Streichert

      Als der Notarzt eintraf, lag der Junge auf dem Pflaster vorm Haus und von Umstehenden wurden Wiederbelebungsmaßnahmen versucht.
      Der Junge befand sich in einem "Status epilepticus", einem potentiell lebensbedrohlichen Zustand und musste wegen unzureichender Atmung künstlich beatmet werden. Außerdem bestanden eine Tachykardie (Herzrasen) und Rhythmusstörungen.
      Es handelte sich um eine "religiöse" Zirkumzision im Hause eines Freundes der Familie.
      Der Durchführende der Zirkumzision war ausländischer Nationalität, hatte angeblich einige solcher Eingriffe in Deutschland ausgeführt. Ob er eine Lizenz hatte in Deutschland Medizin zu praktizieren ist nicht bekannt.
      Im Serum wurde eine potentiell tödliche Lidocain-Konzentration nachgewiesen.
      Der Artikel suggeriert, dass es sich rechtlich höchstwahrscheinlich um fahrlässige Körperverletzung handele. Auch andere Anklagepunkte wären denkbar. Ob allerdings eine Strafverfolgung stattfindet oder stattfand ist völlig unklar.
      Die Autoren halten es für zwingend, dass Zirkumzisionen ausschließlich durch ausgebildete Chirurgen in einer professionellen Umgebung, unter sterilen Bedingungen und mit einem klar definierten Notfall-Protokoll stattfinden.

      Von solchen Forderungen ist der angebliche "Kinderschutzparagraph" 1631d weit entfernt - das würde ja mit religiösen Vorstellungen kollidieren - und diese haben offenbar Vorrang vor dem Schutz von Leben und Gesundheit eines Kindes.
      Aber nur im Falle von Jungen, versteht sich!

      link.springer.com/article/10.1007/s12024-024-00859-8

      Siehe auch:

      argus-kinderschutz.org/meldungen.html
      Ex iniuria ius non oritur
      Aus Unrecht entsteht kein Recht
    • Ich befürchte, dass sich jetzt einige Eltern / Verstümmler auf die Schultern klopfen werden:
      Seht ihr, so wie wir das machen, ohne jede Schmerzbehandlung, mit dem vollen Schmerzprogramm, so wie es seit Jahrtausenden kleinen Jungen angetan wird - so ist es richtig!
      Ex iniuria ius non oritur
      Aus Unrecht entsteht kein Recht
    • Es hat schon seinen Grund, warum z.B. EMLA (Lidocain/Prilocain) nicht im Genitalbereich von Kindern unter 12 Jahren angewendet werden darf. Gefährliche Methämoglobinämien kommen immer wieder vor.
      Damit entfällt auch das Anästhesie-Feigenblatt der Bundesregierung für den Absatz (2) des §1631d BGB. Das war eine Nebelkerze, ob sie nun bewusst oder mangels sorgfältiger Beschäftigung mit dem Thema geworfen wurde.
      Aber mit Jungen kann man es ja machen... sind ja keine Mädchen, und es werden später keine FRAUEN daraus (obwohl letzteres nicht ganz sicher ist). Und wenn man als Junge verstümmelt wurde kann man ja später, wenn man sich hat als Frau eintragen lassen sich nicht auf den §226a StGB berufen - dumm gelaufen! "Was wollen sie denn? Damals hatten sie ja noch den Status "männlich!"
      Ja, so fair und gerecht ist unsere Gesetzgebung. (Ironie)
      Ex iniuria ius non oritur
      Aus Unrecht entsteht kein Recht
    • Gerichtsentscheidung in Bonn: Eine menschenverachtende Entscheidung

      Diese Entscheidung in Bonn ist wirklich menschenverachtend. Ich weiß nicht, ob im Forum schon darüber berichtet wurde.
      Ein Bonner Amtsrichter hat ein Verfahren gegen einen syrischen Arzt für eine Zahlung von 3000 Euro eingestellt, der durch eine unnötige Beschneidung ein Kind in Lebensgefahr brachte.

      Damit wird die Beschneidung eines Kindes - selbst wenn sie zu lebensbedrohlichen Folgen führt - zur Bagatelle erklärt.

      Der Amtsrichter, der die Verhandlung leitete, machte schon vor Beginn klar, dass ein voreingenommen ist und die Beschneidung für komplett harmlos hält:

      Kölnische Rundschau: wrote:

      Dieser Fall, so der Amtsrichter gleich zu Prozessbeginn, bewege sich „in rechtlich durchaus kompliziertem Fahrwasser“. Denn der angeklagte Beschneider habe ja im Auftrag und mit Einwilligung der Eltern gehandelt, weil ihre Kinder sonst – nach dem 6. Lebensmonat – aus der Religionsgemeinschaft ausgeschlossen würden. Schließlich auch sei eine Beschneidung bei Jungen gesetzlich erlaubt. Zwar sei es keine Heilbehandlung im klassischen Sinn, so der Richter weiter, aber eine andere, vom Gesetz gedeckte Handlung. Jedenfalls gebe es, anders als bei anderen Körperverletzungsvorwürfen, in diesem Fall keinen erkennbaren Schädigungsvorsatz. Weder mit dem Narkosegift, noch dem Skalpell sollte dem Kind ein körperlicher Schaden zugefügt werden.


      Wer solche wahnwitzigen Aussagen tätigt, dass eine vorsätzliche Beschneidung keine Schädigungsabsicht bedeuten soll, dem kann man durchaus attestieren, dass er die Beschneidung von Kindern sehr wohlgesonnen ist. Durch diese Argumentation wird die Beschneidung selbst praktisch zu einer Nicht-Körperverletzung erklärt, entgegen sämtlicher voriger Rechtssprechung. Das Koma wäre dieser Argumentation folgend dann eine nicht-beabsichtigte Folge und damit eine fahrlässige Körperverletzung.


      Kölnische Rundschau: wrote:

      Auf Vorschlag des Amtsrichters und mit Einwilligung der Staatsanwältin wurde der Fall gegen eine Geldauflage von 3000 Euro eingestellt; die Summe muss der 40-Jährige an den Verein „Ärzte ohne Grenzen“ zahlen. Das Verfahren gegen die mittlerweile geschiedene Ehefrau wurde auf Kosten der Landeskasse eingestellt.


      Und die Staatsanwältin lässt sich dann noch auf dieses unmoralische Angebot ein.

      (Die Aussage, man werde ab dem 6. Lebensmonat aus der Religionsgemeinschaft ausgeschlossen, ist Schwachsinn, sofern es sich bei den Eltern des Kindes Muslime handelt. Es gibt kein Alter im Islam, ab dem die Beschneidung stattfinden muss. Außerdem wird niemand aus dem Islam wegen fehlender Beschneidung ausgeschlossen.)


      Weiß jemand den Namen des Richters? Im Bericht der Rundschau wird er nicht genannt.

      The post was edited 3 times, last by Sokrates ().

    • Manulein wrote:

      Aber bei religiösen Beschneidungen sehe ich das Problem seitens der Mitglieder der Religionsgemeinschaft, die dieses Ritual übernehmen, praktizieren und nicht hinterfragen. Man müsste daher hier ansetzen, wenn man eine Veränderung herbeiführen will, und zeigen sich dann psychologische und vor allem soziologische Fragestellungen. Aber wie kann man denn ganze Religionsgemeinschaften von der Nicht-Notwendigkeit überzeugen?

      Damit habe ich mich jetzt gar nicht befassen wollen.


      Es geht es in diesem Fall darum, dass der Richter die Beschneidung offenbar für einen Witz hält. Dabei handelt es sich hier nicht um eine gewöhnliche Beschneidung. Denn der Eingriff war mit lebensbedrohlichen Komplikationen verbunden.

      Der Junge lag im Koma und musste reanimiert werden. Er hätte sterben können - wegen eines komplett unnötigen Eingriffs.

      Und der Richter stellt das Verfahren ein gegen einen lächerlichen Betrag - und der Staatsanwalt lässt sich auf dieses Angebot auch noch ein.

      Und mal ganz ehrlich: Ich vermute: Selbst in islamischen Ländern wäre ein Arzt, der so behandelt, härter bestraft worden.

      The post was edited 1 time, last by Sokrates ().

    • Es spricht sehr viel dafür, dass es sich um diesen Fall handelt:

      Anscheinend Raum Köln/Bonn: Lidocain-Vergiftung bei einem 12 Wochen alten Jungen

      Der Ort, das Alter des Jungen, die ausländische Nationalität des Verstümmlers, der Krampfanfall, das Narkosemittel als Ursache, die Einlieferung in die Uniklinik...

      Allerdings gibt es einen Widerspruch zwischen dem Artikel in der "Forensic Science" und der Kölnischen Rundschau:


      Kölnische Rundschau wrote:

      Der Beschneider reanimierte den Säugling und wies die Eltern an, einen Notarzt zu rufen.

      Während es in der Forensic Science hieß, der Verstümmler habe nicht den Notarzt gerufen, stattdessen die Eltern gedrängt zum nächsten Krankenhaus zu fahren. Es gäbe keine Informationen, ob der Vestümmler nach dem Vorfall medizinischen Beistand geleistet habe. Umstehende hätten auf dem Pflaster vor dem Haus Wiederbelebungsmaßnahmen versucht.

      Wäre ein Mädchen bei einer religiös motivierten Klitorisvorhautbeschneidung beinahe zu Tode gekommen - der "Beschneider" wäre in den KNAST gewandert.
      100%ig, mit Brief und Siegel.
      Und das wäre auch gerecht und angemessen.
      So gerecht ist unser "Rechtsstaat"
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      Aus Unrecht entsteht kein Recht
    • Selbstbestimmung wrote:

      Offenbar unserer "Qualitätspresse" keine Notiz wert.
      Die Kölnische Rundschau möchte man auch nach diesem Artikel von Ulrike Schödel kaum noch als Qualitätspresse bezeichnen - so manipulativ wie der geschrieben ist.


      KR wrote:

      musste sich ein syrischer Arzt aus Hamburg vor Gericht verantworten
      Ein Arzt? Arbeitet der in Hamburg in einer Praxis oder Klinik?

      Auch der Vorwurf, der 40-Jährige sei kein Arzt, laufe rechtlich ins Aus, so sein Verteidiger Dr. Stefan Hiebl. Schließlich sei sein Mandant „in dieser Kunst sicher versierter als so mancher Urologe an deutschen Kliniken“.
      Jemand, der behauptet er sei versierter als manche Ärzte ist rechtlich einem approbierten Arzt gleichgestellt? Was für ein Bullshit!

      Der lebensbedrohliche Zustand war Folge einer Betäubungsspritze. Die darf in Deutschland nur ein tatsächlicher Arzt setzen, aus gutem Grund.

      Woher kommt denn der Vorwurf? Das wird im Artikel nicht untersucht. Für die Rundschau ist der Mann einfach ein Arzt. Einfach so.

      Der §1631d BGB kann hier gar nicht entlastend wirken, denn die Verstümmelung erfolgte eben nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst.

      "..wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll"

      Nach den Regeln der ärztlichen Kunst darf nur ein Arzt eine solche Spritze setzen. Dass der Verstümmler beim Setzen eines PWB überfordert war, hat er ja unter Beweis gestellt. Gefährliche Körperverletzung, der Junge wäre ja beinahe drauf gegangen. Bis zu zehn Jahre Haft sind möglich.
      3000 Piepen Geldstrafe sind eine Lachnummer. Hat der nach ein paar Verstümmelungen wieder drin. Wer schützt Kinder vor diesem Gefährder?


      KR wrote:

      ...der diese Kunst 1000-fach bereits angewandt hat...

      Kunst? Genitalverstümmelung ist eine Kunst? Allein die Wortwahl - unterirdisch. Aber klar, dann gilt natürlich der "Kunstvorbehalt" (Ironie)


      ...hatten händeringend einen ausgebildeten Beschneider für ihre Söhne gesucht
      Händeringend? Ist das schwierig?
      Das ist ja wohl der Witz an sich. Einfach mal Googeln, "beschneidung bonn", da fliegen einem die "Beschneidungsspezialisten" nur so um die Ohren. Und zwar approbierte Ärzte.
      Oder waren die zu teuer?


      Der 40-jährige in Syrien ausgebildete Arzt...

      Behaupten kann man viel. Wenn der Syrer tatsächlich eine fundierte Ausbildung hätte nachweisen können - dann wäre er hier doch sicher auch als Arzt in einer Praxis oder Klinik tätig geworden - wie viele andere syrische Ärzte auch (ich hatte auch einige Jahre einen syrischen Arzt als Hausarzt).


      aber landete wegen vorsätzlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Bonn
      Schon wieder - was für eine Wortwahl! Ist er dorthin geschleudert worden oder geflogen? da bekommt man ja richtig Mitleid! ;)

      Dass er angeklagt wurde - völlig korrekt. Und natürlich war das eine vorsätzliche Körperverletzung. Es wurde vorsätzlich ein gesunder, funktionaler, sensibler, allein dem Jungen gehörender Körperteil kaputt gemacht.
      Der entlastende §1631d BGB greift hier eben nicht, s.o. Hätte er halt Emla oder Rotwein nehmen müssen.


      KR wrote:

      ...dem Kind mit der Narkosespritze Gift beigebracht


      Was für ein Quatsch. Wenn Lidocain Gift ist, dann ist es Kochsalz auch. "in Überdosierung tödlich".
      Der kleine Franjo war im Rahmen einer VA an Glukose gestorben. War völlig überdosiert und sowieso unangebracht, Ist Glukose jetzt ein Gift?


      ..und es mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs – dem Skalpell – körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt.
      Völlig korrekt.


      ...weil ihre Kinder sonst – nach dem 6. Lebensmonat – aus der Religionsgemeinschaft ausgeschlossen würden.

      Warum verdammt noch mal - wird denn diese "Religionsgemeinschaft" nicht benannt? Welche Religionsgemeinschaft schließt ein Kind (hoffentlich nur einen Jungen, sonst geht es ja in den Knast) aus, wenn es bis zum 6. Monat nicht einer Genitalverstümmelung unterzogen wurde?
      Welche? Da habe ich noch nie von gehört!
      Tja, da schweigt die Kölnische Rundschau fein still...

      Wartet mal - sechs Monate? Nachtigall ick hör' dir trapsen!

      Das hat wohl eher mit dem Absatz (2) Der Verstümmelungsparagraphen zu tun:

      In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen....

      Beim Arzt ist halt teurer als bei einem reisenden Wohnzimmer-Genitalverstümmler.


      Zwar sei es keine Heilbehandlung im klassischen Sinn, so der Richter weiter, aber eine andere, vom Gesetz gedeckte Handlung...
      In diesem Fall eben nicht, weil sie gar nicht gemäß des Gesetzes erfolgte.


      Dass die Sache schiefgegangen sei, argumentierte Hiebl weiter, sei ein Unglücksfall gewesen.
      Das ist die gebetsmühlenartige Standard-Ausrede.

      Der Unglücksfall heißt "Genitalverstümmelung".

      Ohne die wären viele Kinder noch am Leben, oder ohne lebenslang nachwirkende Komplikationen und ohne lebensbedrohliche Zustände.


      Weder mit dem Narkosegift, noch dem Skalpell sollte dem Kind ein körperlicher Schaden zugefügt werden.

      Wer eine Lidocain-Spritze im Genitalbereich eines Säuglings setzt ohne Arzt zu sein nimmt den Tod des so Behandelten billigend in Kauf.
      Denn wenn er die Spritze falsch setzt und ein großes Blutgefäß trifft, dann wirkt das Lidocain nicht lokal, sondern systemisch. Und dann wird es sehr gefährlich.

      Mit dem Skalpell wird dem Jungen ein lebenslang nachwirkender Schaden zugefügt. Der Verlust eines funktionalen Körperteils. Man nimmt dem Jungen etwas für immer weg, was ihm allein gehört.


      Das Verfahren gegen die mittlerweile geschiedene Ehefrau wurde auf Kosten der Landeskasse eingestellt.

      Wunderbar! Das darf dann auch noch der Steuerzahler bezahlen.
      Für die erheblichen Behandlungskosten in der Uni-Klinik (Intubation, Beatmung, Sauerstoff, Midazolam, Levetiracetam, Esketamin, Remifentanil, Vecuronium, Sonografie, MRT, EEG, EKG, Langzeit-EKG, Untersuchung auf Lidocain am Institut für Forensische Medizin, Echokardiogramm Blutbild, 24 Stunden auf der Intensivstation, weiter Überwachung des Jungen für sechs Tage in der Klinik, nochmal Untersuchung auf Lidocain, nach drei Monaten noch mal Untersuchung (was macht das alles mit einem Säugling? Kein Schaden?)) kommen die Kassenbeitragszahler natürlich gerne auf.

      Hauptsache, die Eltern sparen ein paar Kröten?

      Nochmal: wer schützt Kinder vor diesem Gefährder?

      Das Amtsgericht Bonn nicht, der Gesetzgeber (§1631d BGB) nicht, das Bundesfrauenministerium nicht, das Bundesgesundheitsministerium nicht, die Jugendämter nicht, der sog. "Kinderschutzbund" nicht....
      Und die Fälle, die vor Gericht gehen - sie dürften die Spitze des Eisbergs sein. Ehe wird das "unter der Hand" geregelt, oder durch einen "Friedensrichter". Damit ja keine Diskussion aufkommt.
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    • Sokrates wrote:

      Und trotzdem hat der Richter das Verfahren eingestellt - und die Staatsanwaltschaft willigte ein.
      Es ging halt nicht um ein Mädchen. Es ging auch nicht um einen einzigen Schlag auf den Kinderpopo durch eine Angehörige einer eine christliche Freikirche. Dann gibt es eine Haftstrafe.


      Dass die Sache schiefgegangen sei...sei ein Unglücksfall gewesen
      Da ist halt mal was "schiefgegangen" - bitte weitergehen!

      Es kann passieren, was will. Es kann zu Todesfällen kommen, wie in England, Irland, Norwegen, Frankreich oder zu schwerwiegenden Komplikationen wie schon mehrfach in Deutschland - die Reaktionen der jeweiligen Gesetzgeber sind immer gleich:

      "Shit happens - aber Genitalverstümmelung muss weitergehen!"

      Und die Medien - am liebsten gar nicht darüber berichten, aber wenn - dann verständnisvoll und auf keinen Fall in Frage stellend *Brech*
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    • Selbstbestimmung wrote:

      Sokrates wrote:

      Und trotzdem hat der Richter das Verfahren eingestellt - und die Staatsanwaltschaft willigte ein.
      "Shit happens - aber Genitalverstümmelung muss weitergehen!"

      Und die Medien - am liebsten gar nicht darüber berichten, aber wenn - dann verständnisvoll und auf keinen Fall in Frage stellend *Brech*
      Wie dem auch sei: Dieses Urteil ist einfach nur katastrophal. Ich kann mich keinen Fall in jüngerer Zeit erinnern, in der ein Gericht eine derart sanftes Urteil gefällt hätte. Wirklich nicht. Der Mann hat ja schon quasi bei Verhandlungsbeginn seine Voreingenommenheit klar gestellt, dass er die Beschneidung für total harmlos hält.

      Die Staatsanwältin war wohl offenbar auch nicht leidenschaftlich bei der Sache - sonst hätte sie auf ein Urteil bestanden und ggf. dann Berufung eingelegt.
    • Sokrates wrote:

      Der Mann hat ja schon quasi bei Verhandlungsbeginn seine Voreingenommenheit klar gestellt, dass er die Beschneidung für total harmlos hält.
      Mit "der Mann" meinst du vermutlich den Richter?

      Der hat sich am §1631d BGB orientiert. Die Parlamentsmehrheit hatte 2012 postuliert, dass die Genitalverstümmelung von Jungen im Regelfall völlig harmlos sei. Sie sei sogar "Sorge".
      Gegen das Rechtsempfinden einer großen Mehrheit der Deutschen. Und wir wissen auch, mit welchen Methoden diese Entscheidung herbeigeführt wurde.
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    • Selbstbestimmung wrote:

      Sokrates wrote:

      Der Mann hat ja schon quasi bei Verhandlungsbeginn seine Voreingenommenheit klar gestellt, dass er die Beschneidung für total harmlos hält.
      Mit "der Mann" meinst du vermutlich den Richter?
      Der hat sich am §1631d BGB orientiert.

      Der Fall ist ein Zeugnis dafür, dass der 1631d BGB zu einer Trivialisierung der Beschneidung von Kindern im Justizsystem geführt hat - selbst wenn die Beschneidung zu lebensbedrohlichen Folgen führte.

      Das ist aber keine Entschuldigung für die Argumentation des Richters - es ist eine Erklärung. Denn auch unter Berücksichtigung des 1631d BGB ist ein Richter nicht gezwungen, einer vorsätzlichen Beschneidung jedwede Schädigungsabsicht ansprechen, zumal es hier um eine Beschneidung handelt, die zu lebensbedrohlichen Komplikationen führte - also nicht nach Regeln der ärztlichen Kunst. Du hast es selbst gesagt - der 1631d BGB dürfte hier keine Rolle spielen. Er hätte hier einfach ignoriert werden können.


      In den meisten Fälle schließen sich die Richter der Argumentation der Anklage der Staatsanwälte an, wenn auch nicht das Strafmaß. Nur eine Minderheit der Verfahren endet mit einem Freispruch oder einer Einstellung des Verfahrens. Die Staatsanwältin hat auch trotz des 1631 BGB auf vorsätzliche Körperverletzung plädiert, sonst hätte es keine Anklage gegeben. Mir liegt die Anklageschrift nicht vor, aber ich nehme mal an, dass die Staatsanwältin den 1631 BGB darin erwähnt hat und argumentiert, warum er hier nicht greift. Der Richter hätte sich dieser Argumentation anschließen können.

      The post was edited 4 times, last by Sokrates ().

    • Also alles in allem scheint mir das eine sehr radikale, extrem beschneidungsfreudige Auslegung des 1631 BGB zu sein, nach der der 1631 BGB der Beschneidung den Status einer vorsätzlichen Körperverletzung abspricht.


      1631 BGB besagt nur, dass Beschneidungen unter gewissen Umständen und unter Einwilligung der Sorgeberechtigen straffrei sind.

      Wenn man die Argumentation dieses Richters folgt,dann wäre auch eine Beschneidung, die derart verputscht wird, dass sie zum Tod des Kindes führt, keine strafbare Handlung. Höchstens der Tod wäre dann eine fahrlässige Tötung.
    • Das Gericht hätte natürlich auch das Bundesverfassungsgericht anrufen können. Aber das macht viel Arbeit und wäre der Karriere vielleicht nicht förderlich.
      Und, wie ich das heute leider einschätze - können wir vielleicht froh sein, dass es das nicht tat.
      Die Absolution (natürlich mit ein paar kleinen Einschränkungen) des BVerfG wäre der absolute Tiefpunkt der Entwicklung von Kinderrechten.
      Es ist schon zum *Brech*
      Ex iniuria ius non oritur
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    • Lidocain intravenös ist durchaus gefährlich:


      Symptome einer Intoxikation mit Lidocain

      Laut Fachinformation kann es bei einer Überdosierung zu folgenden Symptomen kommen:
      • schwere Hypotension
      • Asystolie
      • Apnoe
      • Krampfanfälle
      • Koma.
      Ein tödlicher Verlauf sei nicht auszuschließen. Erste toxische Effekte auf das ZNS wurden nach intravenösen Dosierungen von 3 – 5 mg/kg und subkutanen Dosierungen von 30 – 50 mg/kg gesehen. Als Grenzdosis, unterhalb der die Anwendung als sicher gilt, wird für Lidocain bei i.m.-Injektion 4 mg/kg Körpergewicht angegeben.
      Die kardiovaskuläre Toxizität gilt als die am meisten gefürchtete Komplikation bei der Anwendung als Lokalanästhetikum. Die zentralnervösen Nebenwirkungen (Unruhe, Verwirrtheit, Schwindel, Ohrensausen, Somnolenz, Bewusstlosigkeit, Krämpfe) sollen den kardialen aber grundsätzlich voraus gehen und so als Warnsignale dienen. Herzstillstände durch Intoxikation gelten als schwer reanimierbar, weil die Pharmaka aus dem Myokard nur sehr langsam ausgewaschen werden. (Toxikologie, Marquardt / Schäfer /Barth, 4. Auflage, Seite 512, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart.)
      deutsche-apotheker-zeitung.de/…ch-ist-lidocain/chapter:2

      Einen Peniswurzelblock würden praktische Ärzte wohl kaum vornehmen, sondern Fachärzte mit chirurgischer Ausbildung, also Chirurgen, Kinderchirurgen, Urologen oder (wie bei mir) Hautärzte.
      So etwas zu machen ohne überhaupt Arzt zu sein ist nicht zulässig und unverantwortbar.
      Ex iniuria ius non oritur
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    • brokendream wrote:

      Wüsste mal gerne woher der Syrische Arzt das Lidocain her hatte. Das da nicht weitergeschaut würde wundert mich. Oder kann jeder in Deutschland anerkannter Arzt mit Arztausweis einfach in eine Apotheke gehen und Lidocain bekommen?
      Jeder mit Rezept kann das Zeug kriegen. Hebammen und Entbindungspfleger bekommen Lösungen von bis zu 1% auch ohne Rezept.
      Gruß
      Hickhack