Birgit Keller: "Die Geschichte der Religionen birgt eine Fülle konkreter Phänomene geschlechtsbezogener Gewalt"

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    • Birgit Keller: "Die Geschichte der Religionen birgt eine Fülle konkreter Phänomene geschlechtsbezogener Gewalt"

      Die Geschichte der Religionen birgt eine Fülle konkreter Phänomene geschlechts-
      bezogener Gewalt: Sexuelle Orientierungen, die von der Heteronormativität ab-
      weichen, werden überwiegend abgelehnt oder zumindest als Fehlverhalten be-
      trachtet, teilweise sind sie verboten oder werden sogar streng bestraft;⁶ die
      Beschneidung und Verstümmelung von Genitalorganen wird begründet und/oder
      unterstützt; sexueller Missbrauch und Vergewaltigung werden begünstigt; Gleich-
      heits- und Freiheitsrechte werden eingeschränkt (beispielsweise durch den Aus-
      schluss von zentralen religiösen Ämtern, durch Bildungsverbote oder Kleidungs-
      vorschriften);
      Das Phänomen der
      Knabenbeschneidung wird erst in der jüngeren Zeit stark kontrovers diskutiert und
      ethisch problematisiert.
      GM wird nicht "problematisiert", es ist ein Problem.


      Im Lauf des 20. Jahrhunderts kritisierten
      einzelne Ärzte die gängigen medizinischen Theorien vom Nutzen der Beschneidung.
      Erst Ende der 1980er Jahre formierte sich eine breitere Bewegung gegen die Be-
      schneidung, die den Schutz vor unnötigen medizinischen Eingriffen unter Verweis
      auf Kinderrechte und Menschenrechte forderte.
      Auch wenn in den Diskursen um die rituell-religiöse Knabenbeschneidung
      immer wieder auf gesundheitliche Vorteile hingewiesen wird, gibt es dafür keine
      wissenschaftliche Evidenz.
      Die Fronten werden zusätzlich ver-
      härtet durch den Vorwurf, der am Ursprung des Diskurses einen ideologischen
      Vorbehalt ortet: Es ginge eigentlich nicht um den Schutz des kindlichen Körpers,
      sondern um den Schutz der abendländischen Gesellschaft und die Ausgrenzung der
      Fremden aus der selbst erklärten Konsensgesellschaft (Bodenheimer 2014, 57–60).


      In Hinblick auf die
      weibliche Genitalverstümmelung hat sich kulturübergreifend in weiten Kreisen eine ablehnende Haltung durchgesetzt.
      Entweder man nennt beides Beschneidung, oder beides (treffender, wenn es um Kinder geht) Verstümmelung.


      Die männliche Beschneidung wird überwiegend als Bestandteil
      der religiösen Praxis toleriert, die weibliche Beschneidung als Verstoß gegen die
      Menschenrechte abgelehnt (Tutsch 2014)
      Knabenbeschneidung wird gerechtfertigt,
      weil sie – anders als die weibliche Genitalverstümmelung – nicht zu Organschä-
      digung und damit verbundener Organdysfunktion führe (Ilkilic 2014, 82–83)
      Doch! Die Vorhaut erleidet einen Totalschaden und funktioniert überhaupt nicht mehr.
      Evtl. funktioniert auch noch einiges andere nicht mehr optimal.


      Ob-
      wohl die weibliche Genitalverstümmelung zurecht begrifflich von der männlichen
      Beschneidung unterschieden wird, sind milde Formen der weiblichen Genitalbe-
      schneidung (wie das Ritzen der Klitoris) mit der Knabenbeschneidung durchaus
      vergleichbar, aber etwa in Deutschland bei Strafe verboten. Die alleinige Krimina-
      lisierung der weiblichen Genitalverstümmelung verstößt allerdings gegen den
      Gleichheitsgrundsatz (Scheinfeld 2014, 387–388).
      Gleichberechtigung ist in der Politik ausschließlich dann ein Thema, wenn Mädchen oder Frauen benachteiligt sind.

      rw-ktf.univie.ac.at/fileadmin/…/Gewalt_Birgit_Heller.pdf
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.