Erster Religionsvertreter fordert die Legalisierung der Beschneidung auch bei Frauen

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    • Erster Religionsvertreter fordert die Legalisierung der Beschneidung auch bei Frauen

      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • weibliche Beschneidung sei eine religiöse Pflicht, um die sexuellen Gelüste von Frauen zu kontrollieren

      komisch - wer hätte das gedacht?

      „Aus gesundheitlicher Perspektive stellt die Beschneidung von Mädchen und Frauen eine große Gefährdung für ihre Fortpflanzungsfähigkeit dar“, so die Organisation in einer Pressemitteilung. Außerdem bestehe die Gefahr, dass Frauen durch diesen Eingriff ihrer Möglichkeit, lustvollen Sexualverkehr zu erleben, beraubt werden.

      Ich möchte mal erleben, wie eine beschnittene Frau sich hinstellt und sagt "Das kann doch alles gar nicht sein, bei mir ist alles in bester Ordnung. Im Gegenteil, alles schön sauber..." :S
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Ich möchte mal erleben, wie eine beschnittene Frau sich hinstellt und sagt "Das kann doch alles gar nicht sein, bei mir ist alles in bester Ordnung. Im Gegenteil, alles schön sauber... :S


      Das ist eher die Regel, vor allem solange sich die betroffenen Frauen in ihrem Kulturkreis befinden.


      Hier zwei Ausschnitte aus einer UNICEF-Studie über die Situation afrikanischer Frauen in Deutschland, die die schwerste Form der FGM, die Infibulation erlitten haben:

      "Keine beschnittene Frau aus Guinea fühlt sich verstümmelt,im Gegenteil, wir fühlen uns sauber. Wir sind stolz. Ich erinnere mich daran, dass ich als kleines Mädchen unbedingt beschnitten werden wollte."

      Und:

      "Viele Frauen ärgern sich zudem,dass sie in bester Absicht zu Opfern abgestempelt werden. Der Begriff „Genitalverstümmelung“ wird von vielen Betroffenen als abwertend und verletzend empfunden. Migrantin Muthoni Sana aus Tansania bringt die Sache auf den Punkt: „Fragst du mich, ob ich beschnitten bin,sage ich Ja. Fragst du mich, ob ich verstümmelt bin,antworte ich Nein.“

      Diese Gestalt der psychischen Verarbeitung reduktiver Genitalchirurgie kennen wir doch irgendwoher...
    • Danke susanna für diese Funde.
      Es zeigt, dass MGM und FGM in mehr Aspekten vergleichbar sind, als das den Befürwortern lieb ist.
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Viele Frauen ärgern sich zudem,dass sie in bester Absicht zu Opfern abgestempelt werden. Der Begriff „Genitalverstümmelung“ wird von vielen Betroffenen als abwertend und verletzend empfunden. Migrantin Muthoni Sana aus Tansania bringt die Sache auf den Punkt: „Fragst du mich, ob ich beschnitten bin,sage ich Ja. Fragst du mich, ob ich verstümmelt bin,antworte ich Nein.



      Dies scheint wirklich ein wichtiger Punkt zu sein.

      Ich habe kürzlich von einem Kumpel erfahren, dass er aus medizinischen Gründen beschnitten ist, und wir haben uns ein wenig über das Thema religiöse Beschneidung unterhalten. Obwohl absolut sekulär eingestellt, merkte man deutlich, wie unangenehm ihm meine Einschätzung war. Er sehe hier kein Problem, er hatte diesbezüglich auch bisher nie Probleme beim Sex, und Frauen hätten sich nie beschwert, das sei ja alles nicht so schlimm usw.

      Das mag für ihn ja alles wahr sein, aber wie er es gesagt hat, merkte ich deutlich, dass ihm der Gedanke "verstümmelt zu sein" sehr unangenehm war.

      Ich mache mir seitdem so meine Gedanken, welche Wortwahl wann angebracht ist.

      Das Wort "Verstümmelung" bedeutet grob verallgemeinert, dass etwas "eingeschränkt" ist. Dies mag hilfreich sein, um einen generellen Sachverhalt zu verdeutlichen und ist in unserem Thema wichtig, um mit einem Wort gleichzeitig auch auf die Nebenwirkungen hinzuweisen. In bezug auf Personen wiederum scheint es aber offensichtlich sehr abwertend zu wirken - denn wer bezeichnet sich, egal ob körperlich oder geistig, schon gerne als "eingeschränkt".

      Mal wieder eine schwierige Sache.
      Art. 2 GG:
      (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Geschuldet der deutschen Vergangenheitsbewältigung gilt dieses Grundrecht ausdrücklich nicht, wenn die Person a) ein Kind und b) männlich ist, c) die Eltern entweder jüdischen oder muslimischen Glaubens sind und d) das kindliche Genital das Ziel der Versehrtheit ist.
    • Die Hürde liegt wohl oft in der Bereitschaft, sich der Realität zu stellen. Dabei verkenne ich sicher nicht, dass viele beschnittene Männer tatsächlich keine Probleme haben. Andere jedoch sind schlicht nicht bereit, sie anzuerkennen, wie eben auch die afrikanischen Frauen.
      Ich habe kein Problem damit, mich als verstümmelt zu bezeichnen seit mir bewusst ist, was mir angetan und genommen wurde. Deshalb bin ich als Mensch nicht weniger wert. Aber ich will dieses Verbrechen nicht länger beschönigt wissen durch Verharmlosungen und Beschwichtigungen.
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    • Ich finde den Gebrauch des Wortes "verstümmelt"
      übergriffig, im Fall, den josc beschreibt. Sein Freund fühlt sich OK, dann will er und braucht sich eine derartige Abwertung nicht anzuhören. Ein Betroffener, dem jedoch etwas fehlt, der darf sich natürlich und zutreffend als verstümmelt bezeichnen.
      In diesem Wort steckt auch eine Absichtsvermutung hinsichtlich derer, die das vollbracht haben. Menschen, die ihre Kinder beschneiden (lassen) wollen ihnen nichts böses, zumindest nicht bewusst. Und ohne Unrechtsbewusstsein, keine Schuld....
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Dann muss man den Begriff FGM (Mutilation=Verstümmelung) dann aber auch streichen und sich was anderes ausdenken, denn wir können davon ausgehen, dass afrikanische Eltern die gleichen liebevollen Absichten gegenüber ihren Töchtern haben wie alle anderen Eltern auf der Welt auch.
      Habe schon einmal FGC (=Cutting) gehört, für Männer wäre das dann entsprechend MGC.
    • Der Begriff FGM wurde vermutlich ais folgenden Gründen
      gewählt:
      • man wollte bewusst schockieren
      • es sollte die westliche Welt damit adressiert werden (insofern war das ein Wenig kulturimperialistisch gemeint)

      Bei der MGM befinden wir uns schon hier und, wenn es darum geht die, die es praktizieren, zu überzeugen, fängt man am Besten nicht damit an, sie als Verstümmler zu bezeichnen.

      Ich verweise auf Isabel Henriques und Sister Fa, die beide diese Begrifflichkeiten vermeiden, in Sachen FGM. Denn so überzeugt man nicht, man beleidigt nur und begeht einen Formfehler, der bei der Gegenseite das Denken sofort unterbricht und sie in Abwehrposition zwingt.

      Aber, diese Debatte hatten wir hier schon. Es ist eine Gefühlsfrage, wie man als Gegner, als Betroffener, als Politiker, sein semantisches Feld besetzt.

      Wir hatten das schon an anderer Stelle hier besprochen:

      Strafanzeige und Strafantrag gegen Zwangsbeschneidung vom 4. 10. 2012

      Gedankenspiel

      Ein Film über eine jüdische Beschneidung
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Verstümmelung oder Beschneidung?

      Ich denke, es geht um verschiedene Wertungen des Körpers.

      Beschneidung:
      Der von der Natur nur unvollkommen geschaffene Körper wird durch eine Kulturhandlung veredelt (wie beim Schneiden der Haare, Nägel, Bäume).

      Verstümmelung:
      Der von der Natur volllkommen geschaffene Körper wird verletzt und beschädigt.

      Mit dem Wort Beschneidung wird zum Ausdruck gebracht, dass ein überflüssiges, unwertes, unreines oder krankes, böses Körperteil entfernt wird.

      Mit dem Wort Verstümmelung bringt man zum Ausdruck, dass ein wertvolles und funktionsfähiges Körperteil aus welchen Gründen auch immer abhanden gekommen ist oder mutwillig zerstört wurde und dem Körper nun fehlt.

      Ich persönlich bin in der griechisch-europäischen Kultur verwurzelt, in der der natürliche menschliche Körper als vollkommen angesehen wird. Man schaue sich nur einmal griechische Statuen und Bilder des Körpers an. Den Griechen und Römern galt darum die Entfernung der Vorhaut als eine barbarisch-grauenhafte Verstümmelung des männlichen Körpers. Und nebenbei bemerkt: den Griechen verdanken wir Philosophie, Naturwissenschaften, Medizin.

      Als aufgeklärter Europäer trage ich also meine Vorhaut mit Dankbarkeit und Stolz und empfinde deren Abschneiden sehr wohl als Verstümmelung des Körpers. Auch in Gesprächen mit Muslimen habe ich schon gute Erfahrungen gemacht, wenn ich zuweilen das Wort Verstümmelung gebrauchte, da auch Muslime die Vorstellung kennen, dass Allah den Menschen perfekt und schön geschaffen hat und den Menschen jede Zerstörung der Schöpfung Allahs untersagt ist.
    • Benni schrieb:

      Mit dem Wort Beschneidung wird zum Ausdruck gebracht, dass ein überflüssiges, unwertes, unreines oder krankes, böses Körperteil entfernt wird.


      Es ist erstaunlich wie die gefühlsmäßige Auffassung eines Begriffs individuell unterschiedlich erlebt werden kann.
      Ich finde den Begriff eher neutral und Ausdruck einer teilweise Entfernung der Vorhaut (Milah). Gott geht es ja nicht darum, dass alles gründlich entfernt wird, sondern nur die Opfergeste zählt. Insofern steht die Vorsilbe "Be-" im Widerspruch zur gängigen Praxis der religiösen Radikalzirkumzision (periah).
      Wie immer, haben 140 v. Chr. religiöse Extremisten (heute sagt man Integristen) Anstoss daran genommen, dass Olympioniken versucht haben sollen, sich den Rest Vorhaut über die Glans zu ziehen, um ihre religiöse Zugehörigkeit zu verdecken. Dieser Apostasie wurde durch die Einführung der Periah (vollständige Beschneidung) entgegengewirkt.

      Insofern, finde ich den Begriff von Frau Deusel "Entfernung der Vorhaut" schlimmer als den der Beschneidung.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Lieber Guy, wenn du schreibst, dass junge Olymioniken sich ihre Vorhäute wieder herzustellen versuchten, "um ihre religiöse Zugehörigkeit zu verdecken" und in diesem Zusammenhang sogar von "Apostasie" (Abfall vom Judentum) sprichst, machst du dir (wahrscheinlich ungewollt) die Sichtweise der orthodoxen jüdischen Geschichtsschreibung zu eigen.

      Was du beschreibst, geschah durch den Hohepriester Jason. Er hatte dieses Amt unter dem hellenistischen Herrscher Antiochus IV. von 175-171 v. Chr. in Jerusalem inne. Man kann wohl schlecht behaupten, dass ein Hohepriester vom Judentum abgefallen wäre. Natürlich stellt die orthoxe jüdische Geschichtsschreibung, angefangen mit den biblischen Makkabäerbüchern, den Hohepriester Jason in das denkbar schlechteste Licht und bezeichnet ihn als "gottlos". Jason führte viele Reformen ein und versuchte die griechische Lebensart seiner Zeit mit dem Judentum kompatibel zu machen. So ließ er direkt neben dem Jerusalemer Tempel ein griechisches Gymnasium für die jüdische Jugend erbauen. Dort fanden Sportwettbewerbe statt, bei denen die jüdischen Sportler nackt auftraten, so wie es in der hellenistischen Kultur üblich war (2. Makk. 4, 12-15). Diese jüdischen Sportler hatten sich "ihre Vorhaut künstlich wieder hergestellt" (1. Makk. 1, 16). Als Kinder der hellenistischen Zivilisation empfanden sie ihre (halb-)nackte Eichel nicht nur als un-chique, sondern wohl auch als Zeichen einer barbarischen Verstümmelung.

      Zu Jasons Gymnasium fand ich auf der Internetseite der Uni Graz einen kleinen Aufsatz von Friedrich Schipper, den ich hier als pdf anhänge: "Jasons Gymnasium in Jerusalem. Die Makkabäische Polemik gegen die griechische Athletik im Kontext der Hellenisierungsmaßnahmen des Hohepriesters Jason in Jerusalem" (Frankfurt a,M. / Wien 2003)

      Nicht viel anders war es, als im 19. Jahrhundert mehr und mehr liberale Juden aufhörten, ihre Kinder zu verstümmeln und sich damit ihrer Umgebungskultur anpassten.

      Den Begriff "Beschneidung" empfinde ich als keineswegs neutral. Es ist ein Euphemismus aus der Gärtner- oder Buchbindersprache. Die antiken griechischen und römischen Autoren sprachen fast immer von "Verstümmelung", weil ihnen der intakte Körper heilig war. Von Antiochus IV. (175-164 v. Chr.) und Kaiser Hadrian wurde das grausame Ritual daher verboten. Auch im 19. Jahrhundert sprachen viele aufgeklärte Autoren von Verstümmelung. Vielleicht sollte man auch einmal bedenken, dass unser Recht auf dem römischen aufbaut. Das Menschenrecht der körperlichen Unversehrtheit haben wir letzendlich den Griechen zu verdanken. Nur das Beschneidungsgesetz vom 12.12.2012 fällt aus diesem Rahmen gänzlich heraus.

      Wo ich dir Recht gebe, lieber Guy, ist deine Einschätzung der Periah (Radikal-Zirkumzision) als eine quasi totalitäre Reaktion der orthodoxen Rabbinen des 2. Jahrhunderts n.Chr. auf das hellenistische Judentum. Das ist mit unserem modernen Verständnis vom allgemeinen Selbstbestimmungsrecht des Menschen überhaupt nicht mehr vereinbar - und könnte daher eines Tages auch für das Bundesverfassungsgericht wichtig sein!
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    • Benni schrieb:

      Lieber Guy, wenn du schreibst, dass junge Olymioniken sich ihre Vorhäute wieder herzustellen versuchten, "um ihre religiöse Zugehörigkeit zu verdecken" und in diesem Zusammenhang sogar von "Apostasie" (Abfall vom Judentum) sprichst, machst du dir (wahrscheinlich ungewollt) die Sichtweise der orthodoxen jüdischen Geschichtsschreibung zu eigen....

      Den Begriff "Beschneidung" empfinde ich als keineswegs neutral.
      Stimmt, ich drücke mich ungenau aus. Ich gehe davon aus, dass man (die Integristen) den Vorwurf des Verrats an der Religion erhoben haben. Insofern hätte ich Apostasie in Anführungsstriche schreiben sollen, weil er unzutreffend und absolut ist. Wenn ein Olympionik seine Eichel bedeckte, war das noch lange keine Abschwören, sondern vielleicht nur der Wunsch, ein Unterscheidungsmerkmal zu verbergen, das zur Ächtung führen kann.
      Wohlgemerkt sind die, die das Sagen haben, selten die Repräsentanten der Mehrheit... und greifen häufig zu kernigen und absoluten Formulierungen, wie wir unlängst beobachten konnten.

      "Beschneidung" ist nicht neutral. Es ist eine Verharmlosung im vergleich zur aktuellen der aktuellen Praxis, evoziert er doch eine leichte Korrektur. Wäre die Beschneidung immer noch eine Teilbeschneidung, dann würde er passen.

      Dagegen ist "Entfernung der Vorhaut" passender zur aktuellen Praxis. Was mich aber an ihm stört ist seine Sachlichkeit, hinter der sich das lebenslängliche Leid vieler Männer versteckt.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Guy schrieb:

      Ich finde den Gebrauch des Wortes "verstümmelt"
      übergriffig, im Fall, den josc beschreibt. Sein Freund fühlt sich OK, dann will er und braucht sich eine derartige Abwertung nicht anzuhören. Ein Betroffener, dem jedoch etwas fehlt, der darf sich natürlich und zutreffend als verstümmelt bezeichnen.
      In diesem Wort steckt auch eine Absichtsvermutung hinsichtlich derer, die das vollbracht haben. Menschen, die ihre Kinder beschneiden (lassen) wollen ihnen nichts böses, zumindest nicht bewusst. Und ohne Unrechtsbewusstsein, keine Schuld....
      Eine nicht leicht zu entscheidende Frage. Es geht um die Kennzeichnung der moralisch verwerflichen Zwangsbeschneidung von Jungen. Da liegt der Fall m.E. parallel zur zwangsweisen Beschneidung von Mädchen und jungen Frauen. Dort tritt das gleiche semantische Problem auf. Vielen beschnittenen Frauen wird es nicht gefallen, als genital verstümmelt bezeichnet zu werden. Die Frauen (UN) haben sich entschieden, das Ritual als weibliche Genitalverstümmelung zu brandmarken. Sicher auch ein Stück politischer Kampfbegriff. Ich habe Verständnis dafür, weil man mit seiner Hilfe moralische Tabus errichten kann. Ich fürchte, wir werden bei der Ächtung der Zwangsbeschneidung von Jungen nicht darum herum kommen und ebenso von "mutilation" sprechen müssen, um in den Köpfen ein neues Tabu zu verankern. Immerhin müssen wir eine tief im sozialen Bewusstsein verankerte religöse Tradition aufbrechen, was wohl politisch nicht allein durch rationale Aufklärung zu erreichen ist, zumindest nicht innerhalb einer absehbaren Zeitspanne.
      Die Bezeichnung bedeutet dabei keine Entwertung von Menschen, die diesem Zwangsritual unterworfen wurden und sollte von diesen auch nicht abwertend missverstanden werden. Auch ein zwangsbeschnittener Mensch ist ein vollwertiger Mensch und verdient unsere Achtung und unseren Respekt, wie jeder Mensch mit irgend einer anderen körperlichen Einschränkung. (Übrigens stellen sich körperliche Einschränkungen im Laufe des Lebens bei fast allen von uns ein und wer eines Tages wegen eines kaputten Hüftgelenks humpelt, dem ist mit einer beschönigenden Umschreibung dieser Tatsache auch nicht geholfen. Auch wer humpelt kann sich ansonsten ganz o.k. finden.)
      Aufrichtig zu sein kann ich versprechen, unparteiisch zu sein aber nicht. (JWvG)
      Auch für die Religionsfreiheit gilt: "Freiheit ist immer nur die Freiheit des anders Denkenden." (R.Luxemburg)