10 Jahre Beschneidungsgesetz (2012-2022)-was ist alles erlaubt?

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    • 10 Jahre Beschneidungsgesetz (2012-2022)-was ist alles erlaubt?

      Hallo, eine kurze Frage an alle ExpertInnnen hier:

      Früher dachte ich immer, dass die kleinen Jungen nur in den ersten 6 Monaten beschnitten werden dürfen laut Beschneidungsgesetz. Die Idee sollte dabei sein, dass das unmittelbare seelische Leid für das Kind dann ein wenig geringer ausfällt, weil es das Prozedere nicht bewusst wahrnimmt. Offenbar dürfen aber weiterhin Kinder eines beliebigen Alters beschnitten werden. Die Regelung mit den ersten 6 Monaten sieht nämlich lediglich vor, dass in dieser Zeit auch Religionsbeautragte beschneiden dürfen. In diesem Fall dürfen die Kinder sogar mit mangelhafter Betäubung beschnitten werden, also ohne eine Vollnarkose!
      Auch die Auslandsoption wird in dem Gesetz nicht verboten. Demnach darf man die Kinder im Urlaub ins Ausland bringen und nach den dortigen Regelungen beschneiden lassen. Wenn es sich dabei um Regionen mit Armut und ohne Krankenhäuser handelt, kann durchaus auch mal eine rostige Rasierklinge oder eine Glasscherbe zum Einsatz kommen.

      Habe ich das alles korrekt wiedergegeben?
    • Hallo SebastianKaiser4763,
      willkommen bei uns!
      Nein, das stimmt nur zum Teil.
      Der §1631d BGB erlaubt es Eltern in die nicht medizinisch indizierte Vorhautamputation ihres männlichen Kindes einzuwilligen, sofern der Eingriff nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen soll.
      Das bedeutet:
      - Es spielt grundsätzlich keine Rolle, aus welchen Gründen der Junge operiert werden soll. Ob es aus religiösen, traditionellen, kulturellen, ästhetischen, prophylaktischen oder welchen Gründen auch immer stattfinden soll, ist schnurzegal. Das Gesetz schränkt nur ein, dass das Kindeswohl nicht gefährdet werden soll. Also sollten die Eltern lauthals verkünden, dass die dem Jungen die Masturbation erschweren wollen, dann handeln sie dem Gesetz zuwider. Aber sonst schränkt der Gesetzgeber nicht weiter ein. Dies ist auch ein Punkt, der in der Presse immer wieder falsch wiedergegeben wird, wenn interpretiert wird, das Gesetz erlaube religiöse Beschneidungen. Nein, es werden "Beschneidungen" aus quasi jedwedem Grunde erlaubt. Es muss sich lediglich um ein männliches Kind handeln.
      - Die Einschränkung auf die "ärztliche Kunst" verbietet die rostige Rasierklinge. Was aber nicht bedeutet, dass sowas trotzdem geschieht. Solche Gemetzel werden jedoch nicht effektiv verfolgt, wie man immer wieder feststellen muss.

      Der Zusatz mit den ersten sechs Monaten hat mit den seelischen Auswirkungen auf den Jungen rein gar nichts zu tun. Hierbei gehts lediglich um ein Zugeständnis an die jüdische Religion, die vorschreibt, den Jungen am achten Tage nach der Geburt operieren zu lassen. Aus diesem Grunde erlaubt man hier die Operation durch einen Nichtarzt. Er soll von der Religionsgesellschaft bestellt und ausreichend befähigt sein. Mehr verlangt der Gesetzgeber nicht. Und hier haben wir den nächsten Punkt:
      Einerseits soll der Eingriff nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen (andernfalls ist es den Eltern gar nicht erlaubt, zuzustimmen), gleichzeitig darf ein Laie ohne medizinische Ausbildung und vor allem ohne die Befähigung, wirksam zu anästhesieren, den Eingriff durchführen.
      Der Gesetzgeber sieht also ganz bewusst weg, nachdem er den Religionsgemeinschaften ausreichend entgegengekommen ist. So, wie das Gesetz formuliert ist, ist es in sich widersprüchlich und kann de facto gar nicht funktionieren.

      Soweit die Rechtslage in aller Kürze von einem Laien wiedergegeben.
      Hier findest Du übrigens ein paar recht gute Videos, in denen Fachleute erklären, wie es zum §1631d BGB kam und was er genau bedeutet:



      und

      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Eine Narkose (eine Narkose ist immer eine "Voll"-narkose, eine Generalanästhesie) ist auch für Kinder über sechs Monate nicht vorgeschrieben.
      Eine Narkose ist bei Kindern unter einem Jahr mit einem erhöhten Risiko schwerer Narkosezwischenfälle verbunden. Bei unvermeidlichen Operationen wird sie aber natürlich gemacht, alles andere wäre ja Folter.
      Die listige Gummi-Formulierung im Gesetzentwurf lautet "im Einzelfall angemessen".

      Die Wirkung des §1631d BGB Abs. 2 ist die Delegierung des vom Grundgesetz vorgeschriebenen "staatlichen Wächteramtes" für Kinder im Falle von männlichen Kindern an irgendwelche, nicht näher bestimmten Religionsgesellschaften.
      Der Staat überwacht in keiner Weise die Qualifikation und Arbeitsweise derjenigen, die da blutige Operationen an Kindern vornehmen. Das ist ein Novum. Ein religiöses Extrawurst-Gesetz.
      Der ganze §1631d baut auf: "Wo kein Kläger, da kein Richter". Warum sollten die Eltern schon gegen sich selbst klagen?

      Und vor allem: ist ja viel billiger, billiger, billiger! Diese Ärzte, Narkose, das ist doch alles schweineteuer!

      Die Folgen - tote Jungen, die noch quietsch-fidel sein könnten:

      Säugling in Frankreich nach ritueller Beschneidung gestorben

      Gerade ein Monat her, und schon hat man erfolgreich Gras über den Fall wachsen lassen.

      Die prägnante super-Kurzfassung des 1631d lautet: "Erlaubt ist, was (den Eltern) gefällt" (Denn die Eltern wissen ja am Besten, was gut für das Kind ist. Sieht man ja auch an den "Zwölf Stämmen", den Zeugen Jehovas, den Dawoodi Bohra... ;) )
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"
    • Der §1631d war von gar nicht so wenigen ("Angesichts der deutschen Geschichte", "Ausgerechnet in Deutschland!") gemeint als eine Art "Wiedergutmachung" für den Holocaust.
      Als ob man man Massenmord mit Genitalverstümmelung "wieder gut machen" könnte! :FP01

      Ganz nebenbei hat man aber alle Jungen, nicht allein die Söhne jüdischer Eltern entrechtet, ihres Grundrechtes auf körperliche Unversehrtheit beraubt.
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"
    • Selbstbestimmung schrieb:

      Der §1631d war von gar nicht so wenigen ("Angesichts der deutschen Geschichte", "Ausgerechnet in Deutschland!") gemeint als eine Art "Wiedergutmachung" für den Holocaust.
      Als ob man man Massenmord mit Genitalverstümmelung "wieder gut machen" könnte! :FP01

      Ganz nebenbei hat man aber alle Jungen, nicht allein die Söhne jüdischer Eltern entrechtet, ihres Grundrechtes auf körperliche Unversehrtheit beraubt.
      Schon irgendwie komisch, diese Argumente "Angesichts der deutschen Geschichte", "Ausgerechnet in Deutschland", die die Befürworter des §1631d bei der Verabschiedung vorgebracht haben. Ich hab das Gefühl, diese Politiker haben anscheinend folgendes aus der Nazizeit gelernt:
      • Menschenrechte für Jungen sind anscheinend unnötig, insbesondere brauchen jüdische männliche Babys keine Menschenrechte
      • Auch wenn es bei der Einführung des §1631d schon viel internationale medizinische Fachliteratur gab, die die Nachteile der Beschneidung aufgeführt haben, so gab es angeblich doch keinen einzigen Deutschen Bürger, der sich nach einer Beschneidung beschwert hatte. Medizinisches Fachwissen kann man anscheinend nicht einfach von Undeutschen auf Deutsche übertragen.
      und dann werfen die Verstümmelungsbefürworter uns Verstümmelungsgegnern vor, wir wären ja alle phöse Nazis und so! Dabei sind doch gerade wir diejenigen, die fordern dass Menschenrechte für alle Menschen gelten, unabhängig von Geschlecht, Abstammung oder Religion - Ja, insbesondere fordern wir auch Menschenrechte für jüdische Babys. Und ich sehe hier im Forum auch oft Links zu Studien; die meisten davon wurden nicht in Deutschland durchgeführt. Für uns Beschneidungsgegner ist es nämlich irgendwie selbstverständlich, dass medizinisches Wissen was man in einem Land gewonnen hat, vermutlich auch in einem anderen gilt, weil wir nämlich keine Rassisten sind.
      deutsch, männlich, verstümmelt
      ➔ zu meiner Geschichte
      *Kotz*
    • Weguer schrieb:

      Hallo SebastianKaiser4763,
      willkommen bei uns!
      Nein, das stimmt nur zum Teil.
      Der §1631d BGB erlaubt es Eltern in die nicht medizinisch indizierte Vorhautamputation ihres männlichen Kindes einzuwilligen, sofern der Eingriff nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen soll.
      Das bedeutet:
      - Es spielt grundsätzlich keine Rolle, aus welchen Gründen der Junge operiert werden soll. Ob es aus religiösen, traditionellen, kulturellen, ästhetischen, prophylaktischen oder welchen Gründen auch immer stattfinden soll, ist schnurzegal. Das Gesetz schränkt nur ein, dass das Kindeswohl nicht gefährdet werden soll. Also sollten die Eltern lauthals verkünden, dass die dem Jungen die Masturbation erschweren wollen, dann handeln sie dem Gesetz zuwider. Aber sonst schränkt der Gesetzgeber nicht weiter ein. Dies ist auch ein Punkt, der in der Presse immer wieder falsch wiedergegeben wird, wenn interpretiert wird, das Gesetz erlaube religiöse Beschneidungen. Nein, es werden "Beschneidungen" aus quasi jedwedem Grunde erlaubt. Es muss sich lediglich um ein männliches Kind handeln.
      - Die Einschränkung auf die "ärztliche Kunst" verbietet die rostige Rasierklinge. Was aber nicht bedeutet, dass sowas trotzdem geschieht. Solche Gemetzel werden jedoch nicht effektiv verfolgt, wie man immer wieder feststellen muss.

      Der Zusatz mit den ersten sechs Monaten hat mit den seelischen Auswirkungen auf den Jungen rein gar nichts zu tun. Hierbei gehts lediglich um ein Zugeständnis an die jüdische Religion, die vorschreibt, den Jungen am achten Tage nach der Geburt operieren zu lassen. Aus diesem Grunde erlaubt man hier die Operation durch einen Nichtarzt. Er soll von der Religionsgesellschaft bestellt und ausreichend befähigt sein. Mehr verlangt der Gesetzgeber nicht. Und hier haben wir den nächsten Punkt:
      Einerseits soll der Eingriff nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen (andernfalls ist es den Eltern gar nicht erlaubt, zuzustimmen), gleichzeitig darf ein Laie ohne medizinische Ausbildung und vor allem ohne die Befähigung, wirksam zu anästhesieren, den Eingriff durchführen.
      Der Gesetzgeber sieht also ganz bewusst weg, nachdem er den Religionsgemeinschaften ausreichend entgegengekommen ist. So, wie das Gesetz formuliert ist, ist es in sich widersprüchlich und kann de facto gar nicht funktionieren.

      Soweit die Rechtslage in aller Kürze von einem Laien wiedergegeben.
      Hier findest Du übrigens ein paar recht gute Videos, in denen Fachleute erklären, wie es zum §1631d BGB kam und was er genau bedeutet:



      und


      Danke für die Links. Sehr lange Videos aber mitunter sehr interessant. Zu schade, dass die Videos nur so wenig Aufrufe haben und es eine solche Diskussion nicht mal in der breiten Gesellschaft gibt (Anne Will etc...).
      Für mich als Nicht-Jurist ist es allerdings nicht nachvollziehbar, dass die Rasierklinge nicht zum Einsatz kommen dürfte, sofern im Ausland beschnitten wird. Müsste da nicht noch zusätzlich eine Formulierung wegen Beschneidungen im Ausland drinstehen, damit es dann in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden könnte?

      Ich persönlich vermute, dass die Schäden für das Kind noch höher ausfallen, wenn es in einem höheren Kindesalter beschnitten wird. Hier sehe ich vor allem das Risiko, dass ein Erwachsener zusätzlich besonders stark manipulativ auf das Kind einwirken kann, um die Beschneidung durchzusetzen. Also dem Kind beispielsweise sagen: "Sobald du beschnitten bist, bist du ein richtiger Mann!" Oder das Kind mit Geschenken für die Beschneidung zu "entlohnen". Oder aber das Kind mit expliziter Gewalt zur Beschneidung zwingen. Meine Vermutung ist (die ich allerdings nicht beweisen kann), dass ein solches Erlebnis ein Kind derart zerstören kann, dass es im Extremfall zum Selbstmordattentäter beim islamischen Staat werden kann.
      Oder das Erlebte wirkt sich alternativ nach Innen aus in Form von Depression, Angst- und Panikattacken.
    • Selbstbestimmung schrieb:

      Der §1631d war von gar nicht so wenigen ("Angesichts der deutschen Geschichte", "Ausgerechnet in Deutschland!") gemeint als eine Art "Wiedergutmachung" für den Holocaust.
      Als ob man man Massenmord mit Genitalverstümmelung "wieder gut machen" könnte! :FP01

      Ganz nebenbei hat man aber alle Jungen, nicht allein die Söhne jüdischer Eltern entrechtet, ihres Grundrechtes auf körperliche Unversehrtheit beraubt.
      Ich halte nationalstaatliche Alleingänge allerdings bei so einem brisanten Thema auch nicht für gut.
      Meine Idee: Deutschland sollte die Entscheidung nicht alleine treffen, weil wir einfach Angst haben (insbesondere wegen dem Holocaust), Themen anzusprechen, die in Richtung fremdenfeindlich gehen könnten. Wir sollten alle unsere EU-Mitgliedsstaaten um Mithilfe bitten. Jeden Staat sollten wir um ein Gutachten bitten, in dem das Land für Deutschland eine Empfehlung ausspricht, ob wir das Beschneidungsgesetz brauchen, das Rechtssicherheit für die die Beschneidung von Jungen garantiert. Das könnte im günstigsten Fall eine EU-weite Debatte (oder gar internationale Debatte) über die Beschneidung von Jungen auslösen. Das würde die anderen Staaten auch "zwingen" sich damit auseinanderzusetzen, so wie wir es nach dem Kölner Urteil tun mussten.
      In Australien wurden vor einigen Jahrzehnten fast 100% der Jungen beschnitten. Nach einer intensiven gesellschaftlichen Debatte kam man zu dem Entschluss, dass es moralisch verwerflich ist, kleine Jungen zu beschneiden. Der Gesetzgeber hat anschließend per Gesetz die unnötige Beschneidung von Jungen verboten.
    • SebastianKaiser4763 schrieb:

      Der Gesetzgeber hat anschließend per Gesetz die unnötige Beschneidung von Jungen verboten.
      Wie bitte? Dass BGM in irgendeinem Land der Welt verboten ist wäre prima, aber mir neu. Vielleicht haben sie dort die Finanzierung durch die Krankenkasse abgeschafft, was normalerweise zu einer drastischen Reduzierung der Fälle führt.
      Im Übrigen hätte Deutschland genauso viel Recht Jungen vor GM zu schützen wie jedes andere Land der Welt.

      Die Sache ist doch so: In Deutschland, in Dänemark, in Norwegen, auf Island - überall hieß es: "Wir können doch nicht das erste Land sein, dass..." Wenn man z,B., beim Frauenwahlrecht eben so verfahren wäre gäbe es heute noch keins.
      Irgend ein Land muss das erste sein, und man soll sich nicht hinter anderen Ländern verstecken, nach dem Motto: "Hannemann, geh' du voran!"
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"
    • Selbstbestimmung schrieb:

      SebastianKaiser4763 schrieb:

      Der Gesetzgeber hat anschließend per Gesetz die unnötige Beschneidung von Jungen verboten.
      Wie bitte? Dass BGM in irgendeinem Land der Welt verboten ist wäre prima, aber mir neu. Vielleicht haben sie dort die Finanzierung durch die Krankenkasse abgeschafft, was normalerweise zu einer drastischen Reduzierung der Fälle führt.Im Übrigen hätte Deutschland genauso viel Recht Jungen vor GM zu schützen wie jedes andere Land der Welt.

      Die Sache ist doch so: In Deutschland, in Dänemark, in Norwegen, auf Island - überall hieß es: "Wir können doch nicht das erste Land sein, dass..." Wenn man z,B., beim Frauenwahlrecht eben so verfahren wäre gäbe es heute noch keins.
      Irgend ein Land muss das erste sein, und man soll sich nicht hinter anderen Ländern verstecken, nach dem Motto: "Hannemann, geh' du voran!"
      Stimmt, da habe ich zu schnell getippt. Ich wollte schreiben, dass die Beschneidung ohne medizinischen Grund in Australien wenigstens in den KRANKENHÄUSERN verboten wurde. Kann ich leider jetzt nicht mehr edititeren.
    • Rush schrieb:

      SebastianKaiser4763 schrieb:

      Stimmt, da habe ich zu schnell getippt. Ich wollte schreiben, dass die Beschneidung ohne medizinischen Grund in Australien wenigstens in den KRANKENHÄUSERN verboten wurde. Kann ich leider jetzt nicht mehr edititeren.
      Ich glaube da würden Morris et al. rotieren, das kann ich nicht glauben und wenn dem so ist schreiben sie einen medizinischen Grund unter Prävention herbei.
      Die Quelle ist u.a. eine Aussage von Angelika Kallwas in diesem Video :



      Auch der Präsident der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland hat bereits damals allen ÄrztInnen dringend empfohlen, keine Beschneidungen an Jungen ohne einen medizinischen Grund durchzuführen. Schwarze Schafe gibt es aber leider trotzdem.
    • Was erlaubt ist...per Gesetz?

      Darf ein Gesetz überhaupt was erlauben? Bzw...Gesetze, die was erlauben...muss da nicht immer was faul sein?

      Gibt es in Deutschland bzw anderen Rechtsstaaten, EIN Gesetz, das etwas erlaubt? (Gesetze die was erlauben...gab es mal in Deutschland...aber waren diese Gesetze ausschlaggebend für das Beschneidungsgesetz?

      Erlaubt...ist es für mich auch nach diesem Gesetz nicht. Für mich hat die Politik den schwarzen Peter, die Verantwortung lediglich weitergeschoben.
      Ist es nicht nur erlaubt, wenn dieser Eingriff nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen wird? Und welcher, nicht absolut med indizierte Eingriff an nicht einsichts und einwilligungsfähigen Menschen entspricht irgendeiner Regel "der ärztlichen Kunst "?
      Das Ärzte sich das eigentlich gefallen lassen?

      "Was das Gesetz nicht verbietet, verbietet der Anstand" Seneca (hätten wir alle genug Anstand...bräuchte es dann noch....?)
      Menschen wurden erschaffen, um geliebt zu werden. Dinge wurden erschaffen, um benutzt zu werden. Der Grund, warum sich die Welt im Chaos befindet ist, weil Dinge geliebt und Menschen benutzt werden. -Dalai Lama
    • Zu den „Regeln der ärztlichen Kunst“ gehört natürlich eine ausreichende Betäubung vor dem Eingriff, um Schmerzen während des Eingriffs zu verhindern, und nicht nur zu mildern
      Die Abgeordneten des Bundestags hatten sich damals vor der Abstimmung zum §163 über die Schmerzbehandlung informiert. Dazu waren Experten aufgetreten, unter anderem einer des jüdischen Krankenhauses in Berlin, der berichtete, dass von 2003 bis 2012 insgesamt 385 Beschneidungen an Säuglingen innerhalb der ersten Lebenstage vorgenommen wurden und dazu am Penis lokal mit der Creme Emla betäubt wurde.
      Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass die Lokalanästhesie mit Emla zuverlässig wirke, wenn sie auch nicht mit der Vollnarkose vergleichbar sei. Dazu gehört, dass die Kinder sofort zu Schreien aufhörten, wenn sie wieder im Arm der Mutter waren, außerdem rasches Trinken und spontanes Urinieren – augenscheinlich Zeichen für Entspannung.
      Diese Stellungnahme war für die Mehrheit im Rechtsausschuss und letztlich im Bundestag offenbar überzeugend. Die Beschneidung von Neugeborenen, so ihr Eindruck, lässt sich nach den ärztlichen Regeln der Kunst vornehmen - inklusive einer ausreichenden Anästhesie. Allerdings gab es damals auch Zweifel, unter anderem von einer Ärztin, die auf den Beipackzettel von Emla hinwies, der bald danach geändert wurde und heute diesbezüglich doch recht eindeutig ist; da steht:
      „Die Wirksamkeit der Creme bei der Blutentnahme an der Ferse von Neugeborenen oder hinsichtlich der Gewährleistung einer hinreichenden Analgesie bei einer Zirkumzision konnte in klinischen Studien nicht bestätigt werden.“
      Nach Wiki gibt es allerdings einen markanten Unterschied zwischen Analgesie und Anästhesie. Bei der Anästhesie wird das komplette Empfinden unterdrückt, wohingegen bei der Analgesie zum Beispiel die Druckempfindlichkeit vorhanden bleibt: das heißt doch, dass mit Emla noch nicht einmal die Druckempfindlichkeit ausreichend unterbunden wird, geschweige denn die Schmerzempfindlichkeit !
      Und weiter findet sich auf dem Beipackzettel:
      „Aufgrund unzureichender Daten zur Wirkstoffaufnahme sollte die Creme bei Kindern (unter 12 Jahren) nicht auf der genitalen Haut (z. B. Penis) und der genitalen Schleimhaut (z. B. in der Scheide) angewendet werden“.
      Ich meine, dass damit der Einsatz bei einer Beschneidung gar nicht mehr erlaubt ist; mich würde nur interessieren, was in dem jüdischen Krankenhaus inzwischen verwendet wird, leider finde ich darüber nichts. Und ob und was bei entsprechenden Beschneidungen außerhalb der Krankenhäuser verwendet wird, ist ebenfalls fragwürdig.
      Mal ganz abgesehen davon kann ich mich noch sehr gut an meine eigene Beschneidung erinnern, wo ich zwar lokal betäubt war, aber trotzdem Schmerzen empfand, als mir das Vorhautbändchen herausgeschnitten wurde! Der Arzt meinte damals nur, das ginge gleich vorbei, und dass er nicht mehr Anästhetikum spritzen kann und sich immer mal wieder Kinder darüber beklagen, und die Arzthelferin tröstete mich, dass sei doch in ein paar Tagen vergessen, aber Schmerzen vergisst man nicht!
      Ich möchte nicht wissen, wie schmerzhaft das ist, wenn nur mit Emla betäubt wird, und das auch nur auf der Außenseite des Penis, und nicht einmal unter der Vorhaut und auf der Eichel, wie es bei Säuglingen ja gar nicht anders geht, weil die Haut noch verklebt ist.
      Es ist glaube ich unstrittig, dass ein Säugling mindestens genauso Schmerzen empfindet wie ein Erwachsener. Selbst in USA werben die Kliniken inzwischen bei Neugeborenen - Beschneidungen, bei denen den Säuglingen zu mindestens nicht das Bändchen herausgetrennt wird, und auch nicht genäht wird, mit
      einer Lokalanästhesie, nachdem dort zuvor jahrzehntelang ganz ohne Betäubung oder mit Emla beschnitten wurde, einfach nur grausam! ;(
      Mich würde mal interessieren, wie die Befürworter und Befürworterinnen zu §163 reagierten, wenn man ihnen ihre Beschneidung mit eine Emla - Creme als Schmerzmittel anbietet - auf die Ausreden wäre ich gespannt.
    • Urolüge schrieb:

      Darf ein Gesetz überhaupt was erlauben? Bzw...Gesetze, die was erlauben
      Spontan fällt mir da der §218a StGB ein. Diese Handlung war zuvor verboten und wurde durch das Gesetz explizit erlaubt. (Ich möchte aber keine neue Diskussion über jenes Thema anstoßen, das wäre (off topic) )
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"
    • Selbstbestimmung schrieb:

      Urolüge schrieb:

      Darf ein Gesetz überhaupt was erlauben? Bzw...Gesetze, die was erlauben
      Spontan fällt mir da der §218a StGB ein. Diese Handlung war zuvor verboten und wurde durch das Gesetz explizit erlaubt. (Ich möchte aber keine neue Diskussion über jenes Thema anstoßen, das wäre (off topic) )
      Danke, ja ...und Diskussion um dieses Thema braucht es da sicher nicht...und eigentlich sehr viele Parallelen ? Ein Tabu, das gesellschaftlich kontrovers diskutiert, und immer noch ergebnisoffen?

      Und das eigentliche Problem (das sich meiner Meinung nach ÜBERALL durchzieht)...eine fehlende, offene Diskussionskultur, die Unfähigkeit sich andere Meinungen anzuhören und auch mal auszuhalten, die (Ab und Be)Wertung anderer Meinungen...ohne nach dem Warum? zu fragen?
      Menschen wurden erschaffen, um geliebt zu werden. Dinge wurden erschaffen, um benutzt zu werden. Der Grund, warum sich die Welt im Chaos befindet ist, weil Dinge geliebt und Menschen benutzt werden. -Dalai Lama