Anspruch auf Schadensersatz nach Beschneidung ohne Einwilligung?

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    • Anspruch auf Schadensersatz nach Beschneidung ohne Einwilligung?

      Folgendes ist passiert - aber leider vor 20 Jahren, da war ich 8.
      Ich war in einer familienanalogen Wohngruppe des DRK. Meine Mutter hatte das Sorgerecht.
      Eine Betreuerin - die nicht innewohnend war sondern einfach nur eine Schichtbetreuerin war, war der Meinung, dass ich unbedingt meine Vorhaut zurückschieben soll.
      Es wurde auch geübt in der Badewanne mehrere Wochen lang bis sie einen Termin beim Urologen vereinbart hat .
      Dort wurde bei der Kontrolle die teilweise Entfernung vorgeschlagen .
      Einen Tag vor der Teilbeschneidung hat diese Betreuerin meiner Mutter lediglich telefonisch mitgeteilt, dass ich operiert werden würde und ob sie nicht Lust hätte vorbeizukommen .
      Meine Mutter hat nichts eingewilligt und wurde auch nicht direkt aufgeklärt was gemacht werden würde.

      Kann ich einen Strafantrag gegen die Betreuerin, der erfolgreich sein wird, stellen , wegen schwerer Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft?
      Und kann ich durch die Aussage der Mutter und den OP Akten ein Schmerzensgeld gemäß §823 BGB verlangen ?
    • Rechtsberatung darf nur ein Anwalt leisten und den würde ich in Deinem speziellen Fall auch kontaktieren.

      Viele Kanzleien bieten ein kostenfreies oder kostengünstiges Erstgespräch an wo man die grundsätzlichen Chancen schon mal klären könnte.

      Anwälte sind allerdings wie Urologen - man weiß vorher eigentlich nie, wie sie auf das Thema reagieren.
      Gruß
      Hickhack
    • Hickhack hat natürlich Recht, dass wir hier keine Rechtsberatung leisten dürfen und können.

      Man muss aber zwischen Strafrecht und Zivilrecht (Schadensersatz) unterscheiden.

      So weit mir bekannt ist, wird die Zirkumzision von der Rechtsprechung - soweit sie eh nicht durch den §1631d legalisiert wurde - nicht als "schwere Körperverletzung" gesehen. Sofern sie von einem Arzt ausgeführt wird, auch nicht als "gefährliche Körperverletzung". Sondern als "einfache Körperverletzung". (Während die Tätowierung eines 14-jährigen Mädchens eine "gefährliche Körperverletzung" sein kann)
      Allerdings verjähren selbst gefährliche Körperverletzung und schwere Körperverletzung nach meiner Kenntnis nach 10 Jahren, die "einfache" nach fünf Jahren. Anders als bei der Beschneidung von Mädchen beginnt die Uhr nicht erst mit dem 30. Lebensjahr zu ticken.

      Somit dürfte in deinem Fall strafrechtlich nichts mehr zu machen sein. Die bei fehlender Einwilligung der Mutter bislang verhängten Strafen waren eh eher lächerlich, quasi "symbolisch". "darfste aber net"

      Was Schadensersatz angeht, gibt es unterschiedliche Urteile.

      So wurde einem, der mit 16 zirkumzidiert wurde Schadensersatz wegen mangelnder Einwilligung (der Mutter) Schadensersatz zugesprochen. Die Zirkumzision wurde als "ärztlicher Eingriff schwererer Art mit nicht unbedeutenden Risiken" eingestuft. Allerdings kam es in dem Fall zu erheblichen Komplikationen.

      rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE190035810

      In einem anderen Fall (2004) hatte ein Gericht einem Jungen, der als 9-Jähriger auf Wunsch seiner Eltern zirkumzidiert wurde Schadensersatz und Schmerzensgeldanspruch zugesprochen - allerdings hatte der nichtärztliche Jungenverstümmler die OP verpfuscht.

      Schwierig wird es, wenn die OP ohne über den Verlust des Praeputiums hinausgehende Komplikationen verläuft. Denn der Gesetzgeber hat ja fataler Weise den Verlust der Vorhaut an sich quasi als schadlos postuliert.
      Der §1631d BGB wirft einen langen Schatten.
      Auch bei "pseudomedizinisch indizierten" Zirkumzisionen. Denn die medizinischen Richtlinien haben sich inzwischen geändert, und das ärztliche Handeln wird nach den damals geltenden Richtlinien von Gerichten beurteilt.

      aerztezeitung.de/Nachrichten/O…d-Forderungen-421019.html

      openjur.de/u/2363250.html


      Was es mit dem erwähnten Urteil des LG Osnabrück auf sich hat konnte ich leider nicht herausfinden.


      Heureka: dr-rosenke.de/_media/zirkumzis…Osnabrueck_2002-08-21.pdf


      Disclaimer: Ich bin kein Jurist, Irrtum vorbehalten! Fundierte Auskünfte kann nur ein Jurist erteilen.


      Allerdings - unter Juristen gibt es "solche und solche". Da gibt es den Typ "ehrliche Haut", der einem von einer Klage bei mangelnder Erfolgsaussicht abrät. Und andere.

      Und es gibt Juristen, die sich intensiv hinter einen Fall klemmen und solche, die sich auf ihren "Lorbeeren" ausruhen. Das kenne ich aus eigener Erfahrung.


      Am besten man holt mehrere Meinungen ein.
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"
    • Ich habe das mal in "Rechtliche Aspekte" verschoben.
      Ich meine, da passt es besser.
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"