Die Fachzeitschrift “Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie“ erscheint vierteljährlich im Verlag Brandes und Apsel und richtet sich vorrangig an Psychoanalytiker, Psychologen und Psychotherapeuten.
Heft 180 4/2018 enthält einen Beitrag von Ulrike Krüger-Degenkolbe mit dem Titel „Zum Glück gibt es Reißverschlüsse – Wenn Löcher und Knöpfe Angst machen │Fall eines 6jährigen Jungen nach medizinisch indizierter Zirkumzision“
Kurz umrissen geht es in dem 17seitigen Artikel um Folgendes:
Ein 6jähriger Junge entwickelt eine Phobie vor Knöpfen und Löchern. Diese Phobie entstand während der langjährigen konservativen Behandlung einer kindlichen Vorhautenge mit anschließender Zirkumzision. Die Salbenbehandlung durch eine Kortisonsalbe wurde über Jahre hinweg durch die Mutter an ihrem Sohn vorgenommen. In der Therapie zeigte sich, dass diese Erfahrung die psychosexuelle Entwicklung des Jungen behinderte und in dem Jungen die unbewussten Inzestwünsche und Kastrationsängste verstärkte.
Diese Phimose-Behandlung überschnitt sich mit der Überarbeitung der AWMF S1 Leitlinie Phimose und Paraphimose, in der ein weitreichender Bruch in Diagnose und Behandlungsindikation kindlicher Vorhautengen vorgenommen wurde und in der nun auch die psychoanalytische Sichtweite einen großen Stellenwert einnimmt.
Der in dem Artikel dargestellte Fall zeigt gut, wie sehr medizinische Behandlungen im Allgemeinen und die Phimosebehandlung im Besonderen in die psychische Entwicklung von Kindern eingreifen können.
Der Artikel befasst sich hauptsächlich mit der Psychotherapie an dem Jungen, den dabei verwendeten Methoden und psychologischer Diagnostik. Dies soll hier nicht weiter ausgeführt werden, jedoch stellt Frau Krüger-Degenkolbes Zusammenfassung am Anfang des Artikels die Situation gut dar:
Basierend auf den Erfahrungen und der Mitwirkung Krüger-Degenkolbes an der Erstellung der Leitlinie enthält diese nun eine Änderung in der Vorgehensweise bei der konservativen Behandlung von kindlichen Vorhautengen.
So sah die alte LL von 2013 vor, dass Mutter oder Vater die Salbe auf den zu behandelnden Penis des Jungen auftragen sollten (S1-Leitlinie Phimose und Paraphimose, 2013, S. 4). Unter ungünstigen Umständen kann dies zu schweren Störungen der psychosexuellen Entwicklung eines Jungen führen, wie der beschriebene Fall eindrücklich belegt. Dieser Umstand ist nun durch die neue Leitlinie berücksichtigt:
„Nach 2 Wochen beginnen je nach Alter entweder die Eltern oder nach Möglichkeit besser der Patient selbst mit vorsichtigem Zurückschieben der Vorhaut unter Vermeidung von Einrissen.“ (S2k Leitlinie Phimose und Paraphimose, 2017, Seite 11, Hervorhebung durch mich).
Leider ist aus dem Artikel nicht ersichtlich, ob die diagnostizierte Phimose bei dem Jungen überhaupt behandlungsbedürftig war. Auffällig ist jedoch die überaus lange Zeit der Behandlung mit corticoidhaltiger Salbe am Penis des Jungen. Die daraus folgenden Rückschlüsse auf die Auswirkungen auf die kindliche Psyche scheinen nur allzu logisch und nachvollziehbar:
So wird mehr als deutlich, wie hochsensibel manche Jungen auf Interventionen an ihrem Genital reagieren und wie schwerwiegend die Folgen daraus sein können. Ein Umdenken in der Fachwelt und deutlich mehr Rücksicht auf die Psyche der Kinder – gerade bei nur scheinbar so harmlosen Eingriffen – sind hier unabdingbar.
Erfreulich an diesem Fachartikel sind darüberhinaus noch zwei Dinge:
So werden aus „Ent-hüllt!“ zwei Betroffene zitiert, die ähnlich gelagerte Fälle beschreiben und somit die Argumentation der Autorin untermauern.
Außerdem verweist die Autorin auf MOGiS e.V. und den dortigen Facharbeitskreis für Beschneidungsbetroffene.
Dies zeigt, wie wichtig und erfolgreich sowohl die Arbeit an „Ent-hüllt!“ als auch bei MOGiS e.V. ist und die neue Leitlinie in ihrem Wert für den Kinderschutz nicht zu unterschätzen ist.
Heft 180 4/2018 enthält einen Beitrag von Ulrike Krüger-Degenkolbe mit dem Titel „Zum Glück gibt es Reißverschlüsse – Wenn Löcher und Knöpfe Angst machen │Fall eines 6jährigen Jungen nach medizinisch indizierter Zirkumzision“
Kurz umrissen geht es in dem 17seitigen Artikel um Folgendes:
Ein 6jähriger Junge entwickelt eine Phobie vor Knöpfen und Löchern. Diese Phobie entstand während der langjährigen konservativen Behandlung einer kindlichen Vorhautenge mit anschließender Zirkumzision. Die Salbenbehandlung durch eine Kortisonsalbe wurde über Jahre hinweg durch die Mutter an ihrem Sohn vorgenommen. In der Therapie zeigte sich, dass diese Erfahrung die psychosexuelle Entwicklung des Jungen behinderte und in dem Jungen die unbewussten Inzestwünsche und Kastrationsängste verstärkte.
Diese Phimose-Behandlung überschnitt sich mit der Überarbeitung der AWMF S1 Leitlinie Phimose und Paraphimose, in der ein weitreichender Bruch in Diagnose und Behandlungsindikation kindlicher Vorhautengen vorgenommen wurde und in der nun auch die psychoanalytische Sichtweite einen großen Stellenwert einnimmt.
Der in dem Artikel dargestellte Fall zeigt gut, wie sehr medizinische Behandlungen im Allgemeinen und die Phimosebehandlung im Besonderen in die psychische Entwicklung von Kindern eingreifen können.
Der Artikel befasst sich hauptsächlich mit der Psychotherapie an dem Jungen, den dabei verwendeten Methoden und psychologischer Diagnostik. Dies soll hier nicht weiter ausgeführt werden, jedoch stellt Frau Krüger-Degenkolbes Zusammenfassung am Anfang des Artikels die Situation gut dar:
Ulrike Krüger-Degenkolbe schrieb:
Die vorliegende Falldarstellung handelt von einem Jungen mit einer Phimose, die zunächst drei Jahre lang konservativ behandelt wurde; am Ende erfolgte dann doch eine Zirkumzision. Die gesamte präödipale Entwicklungsphase des Jungen war somit in traumatischer Weise überlagert; entwicklungsbedingte psychosexuelle Konflikte verknüpften sich mit dem Trauma der Behandlung und mündeten so in einer neurotisch-traumatischen Entwicklung.
Basierend auf den Erfahrungen und der Mitwirkung Krüger-Degenkolbes an der Erstellung der Leitlinie enthält diese nun eine Änderung in der Vorgehensweise bei der konservativen Behandlung von kindlichen Vorhautengen.
So sah die alte LL von 2013 vor, dass Mutter oder Vater die Salbe auf den zu behandelnden Penis des Jungen auftragen sollten (S1-Leitlinie Phimose und Paraphimose, 2013, S. 4). Unter ungünstigen Umständen kann dies zu schweren Störungen der psychosexuellen Entwicklung eines Jungen führen, wie der beschriebene Fall eindrücklich belegt. Dieser Umstand ist nun durch die neue Leitlinie berücksichtigt:
„Nach 2 Wochen beginnen je nach Alter entweder die Eltern oder nach Möglichkeit besser der Patient selbst mit vorsichtigem Zurückschieben der Vorhaut unter Vermeidung von Einrissen.“ (S2k Leitlinie Phimose und Paraphimose, 2017, Seite 11, Hervorhebung durch mich).
Leider ist aus dem Artikel nicht ersichtlich, ob die diagnostizierte Phimose bei dem Jungen überhaupt behandlungsbedürftig war. Auffällig ist jedoch die überaus lange Zeit der Behandlung mit corticoidhaltiger Salbe am Penis des Jungen. Die daraus folgenden Rückschlüsse auf die Auswirkungen auf die kindliche Psyche scheinen nur allzu logisch und nachvollziehbar:
Ulrike Krüger-Degenkolbe schrieb:
„Als es nach 3 Jahren erfolgloser Behandlung mit der corticoidhaltigen Salbe dann doch zu einer Zikumzision kommt, […] wird sich der kleine Junge fragen, was da unten bei ihm falsch ist.“
So wird mehr als deutlich, wie hochsensibel manche Jungen auf Interventionen an ihrem Genital reagieren und wie schwerwiegend die Folgen daraus sein können. Ein Umdenken in der Fachwelt und deutlich mehr Rücksicht auf die Psyche der Kinder – gerade bei nur scheinbar so harmlosen Eingriffen – sind hier unabdingbar.
Erfreulich an diesem Fachartikel sind darüberhinaus noch zwei Dinge:
So werden aus „Ent-hüllt!“ zwei Betroffene zitiert, die ähnlich gelagerte Fälle beschreiben und somit die Argumentation der Autorin untermauern.
Außerdem verweist die Autorin auf MOGiS e.V. und den dortigen Facharbeitskreis für Beschneidungsbetroffene.
Dies zeigt, wie wichtig und erfolgreich sowohl die Arbeit an „Ent-hüllt!“ als auch bei MOGiS e.V. ist und die neue Leitlinie in ihrem Wert für den Kinderschutz nicht zu unterschätzen ist.
Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
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