Zum Hinterzimmer/Im-Ausland-Beschneiden Argument

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    • Zum Hinterzimmer/Im-Ausland-Beschneiden Argument

      Das Argument, dass bei einem Verbot in D die Beschneidungsfans ins Ausland oder ins Hinterzimmer gedrängt werden, ist offensichtlich nicht totzukriegen und erfreut sich großer Beliebtheit. Dabei existiert eine ähnliche Problematik auch in anderen strafrechtlichen Fragen, ohne dass der Gesetzgeber einknickt.

      Beispiel Kinderprostitution: Sollen wir die hier erlauben, damit sie in gepflegten deutschen, behördlich überwachten Puffs stattfindet, weil ansonsten die Konsumenten nach Thailand fliegen?
      Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
      George Orwell
    • B.O.Bachter schrieb:

      Konsumenten nach Thailand
      Da ist man ja übereingekommen, dass auch dann, wenn das corpus delicti imAusland bleibt, es sich dennoch um eine strafbare Handlung handelt.
      Man kann nur davon träumen, dass das bei der Beschneidung auch mal gelten könnte.

      Das Hinterzimmer-Argument ist wirklich ein Witz.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Kindeswohl im Hinterzimmer?

      Das Argument ist super. Natürlich kann es zu einem Beschneidungstourismus kommen (ähnlich damals bei der Abtreibung) oder dem Hinterzimmereingriff mit unter Umständen fatalen Folgen. Gerade das letzte Vorgehen aber und das in Kaufnehmen möglicher schlimmer Folgen zeigt, wie wenig die Eltern in diesem Fall das ganz reale Kindeswohl interessiert hat, und damit das Kindeswohl als Ganzes. Wem wirklich am Wohl seines Kindes gelegen ist, der reist entweder ins Ausland zu einem ausgewiesenen Fachmann oder aber er verzichtet, bis der Eingriff ganz legal vorgenommen wird. - Ein wie auch immer gearteter Gott könnte ihm keinen Vorwurf daraus machen, denn ein Gebot zu übertreten das man nicht einhalten kann, kann nicht bestraft werden - es sei denn, dieser Gott ist eher ein böser, also ein Verwandter des Satatans oder er selbst.
    • Hallo, bin neu hier.

      Das Hinterzimmerargument funktioniert auch deshalb nicht, weil es einem Kernargument pro Beschneidung widerspricht, nämlich dass es sich hier um eine Jahrtausende alte Tradition handelt, die es allein deshalb schon zu respektieren gilt. Das. wofür hier Respekt eingefordert wird, ist aber nicht der heute mögliche saubere chirurgische Eingriff in einem modernen Krankenhaus, sondern das entsprach die meiste Zeit eher der heutigen Hinterzimmerbeschneidung - wenn es nicht sogar schlimmer war.
    • Hallo Kramer, willkommen im Forum! :thumbup:

      Ich finde es auch nicht besonders überzeugend, die Aufrechterhaltung des Verbots am Hinterzimmer-Argument festzumachen. Nehmen wir einmal an, die Beschneidung von Jungen bliebe eine Straftat. Und nehmen wir weiterhin an, sie würde in einem Hinterzimmer vorgenommen werden. Dann ist es ja nun so, dass das etwa einem Kinderarzt bei einer U-Untersuchung auffallen würde. Oder es würde im Kindergarten auffallen. Die Gefahr des Bestraftwerdens wäre also relativ hoch, denn der Eingriff ist nicht ganz unsichtbar. Kommt nun hinzu, dass sie nicht einmal von einem Arzt unter klinischen Bedingungen vorgenommen wurde, so erhöht sich die Strafe erheblich, nämlich auf bis zu 10 Jahre Freiheitsstrafe. Das ist kein Pappenstiel. Ich denke durchaus, dass ein derartiger Druck Eltern davon abhalten kann, jenseits ihrer Überzeugungen auf die Beschneidung zu verzichten (der religiösen Überzeugung kommt meiner bisherigen Erfahrung diversen Gesprächen zufolge eine eher untergeordnete Bedeutung zu. Das hat natürlich keine statistische Aussagekraft. Gesellschaftlicher Druck, Tradition, Identität und vor allem die Tatsache, dass beschnittene Väter ihre Beschneidung oft glorifizieren und sie daher auch dem Sohn gönnen wollen, werden als Beweggründe viel eher genannt).

      Die hohe Strafandrohung und das hohe Risiko, erwischt zu werden, dürften m.E. eine stark präventive Wirkung haben.
    • Mal ganz ehrlich: Was wären das für Leute, die ihren Kindern das zumuteten?!
      Ganz sicher nicht viele, denn die meisten Eltern sind natürlich am Wohlergehen des Kindes interessiert und unterliegen nur dem Irrtum, daß der Eingriff keinerlei Risiken berge.
      Denjenigen, die sich in die Hinterzimmer begeben würden, darf getrost unterstellt werden, daß sie nicht am Kindeswohl interessiert sind.
      Da ist nicht der Gesetzgeber, da ist der Familienhelfer gefragt.
    • Ja, ist es. Ich hatte vor einiger Zeit mal ein historisches Dokument gepostet, das genau das zeigt.
      Nur früher war der Erkenntnisstand auch ein anderer und früheren Generationen kann man nur bedingt Vorwürfe machen. Vieles war( auch hier) normal, was heute Körperverletzung, seelische Grausamkeit o.ä. ist.
      Heute jedoch kann jeder auf alle relevanten Informationen zugreifen.
    • Descant und Kramer willkommen im Forum.


      Euren Argumenten möchte ich noch eine Befürchtung hinzufügen: wenn Deutschland mit einer legalen Knabenbeschneidung auf hohem medizinischem Niveau auch noch Reklame macht, dann könnte es zu einem Beschneidungstourismus in Richtung BRD kommen - so wie seinerzeit zahllose Frauen zum Schwangerschaftsabbruch in die Niederlande fuhren. Das würde m.E. den Rechtsunfrieden zusätzlich verschärfen.
      Aufrichtig zu sein kann ich versprechen, unparteiisch zu sein aber nicht. (JWvG)
      Auch für die Religionsfreiheit gilt: "Freiheit ist immer nur die Freiheit des anders Denkenden." (R.Luxemburg)