Mit Verwunderung nehme ich einen Teil des Onlineangebots von Apotheken.de wahr.
apotheken.de/aktuell/sondertex…-aus-medizinischer-sicht/
Apotheken.de stellt Content für die Seiten einiger Apotheken zur Verfügung.
Die auf Seiten deren Kunden (Apotheken) verbreiteten “Informationen” sind irritierend und unvollständig bis tendenziös. Im Einzelnen:
Zitat: Bei Kindern wird die Operation in Vollnarkose durchgeführt, beim Erwachsenen ist sie auch unter örtlicher Betäubung möglich.
Die neonatale Zirkumzision wird durchgehend ohne jegliche Narkose durchgeführt. Infolge des sehr hohen Risikos würde kaum ein Anästhesist einen Säugling narkotisieren. Selbst lebensnotwendige Operationen (etwa am Herzen) werden deshalb aufgeschoben.
Zitat: In vielen Kulturkreisen ist die routinemäßige (radikale) Beschneidung von Jungen üblich. Vor allem aus rituellen Gründen beschneidet der Mohel bei den Juden, ein eigens dafür zuständiger Kultusbeamter oder ein Arzt bereits am achten Tag nach der Geburt den Säugling. Dieses Ritual soll an den heiligen Bund erinnern, den Gott mit dem Stammvater Abraham geschlossen hat (Mos 17,7ff.). Durch die Beschneidung wird das Kind in diesen Bund aufgenommen und erhält dabei seinen jüdischen Namen.
Warum soll eine Apotheken-Webseite die religiöse Beschneidung thematisieren?
Zitat:
Bei zurückgestreifter Vorhaut ist es nach ein paar Tagen Wasch-Abstinenz deutlich zu erkennen: weißlich-gelbes Smegma.
Begründet wird die Beschneidung aber auch mit „Hygienevorteilen“ im späteren Leben.
Und in der Tat: Bei beschnittenen Männern entwickelt sich kein Smegma, die weißlich-gelbe Flüssigkeit zwischen Vorhaut und Eichel, die sich ab der Pubertät bildet und das Aneinandergleiten von Eichel und Vorhaut erleichtert. Jedoch bietet es mit seiner feuchtwarmen Umgebung eine Brutstätte für Mikroorganismen (z. B. sexuell übertragbare Keime) und ist deshalb eine Quelle für Penisinfektionen. Wird es nicht regelmäßig weggewaschen, entwickelt es einen starken Geruch, rückführbar auf die zersetzten Abbauprodukte, von denen auch die Krebsgefahr ausgeht (zwar sorgt die Reibung beim Geschlechtsverkehr auch dafür, dass sich das Smegma abträgt – dies stellt aber keine Alternative zum Waschen dar).
Das natürliche Smegma -übrigens von weiblichen Geschlechtsorganen ebenso gebildet und abgesondert - wird verteufelt. Seine natürlichen Funktionen, seine Zusammensetzung und seine Sinnhaftigkeit sind inzwischen weitgehend erforscht, werden hier aber nicht benannt.es ist antibakteriell und antiviral.
Vereinzelte Hygiene-Probleme mancher Männer werden in sexistischer Weise als allgemeingültig dargestellt und die Beschneidung allen Ernstes als Abhilfe empfohlen.
Zitat:
Die Statistik bestätigt die medizinischen Vorteile der Beschneidung, denn beschnittene Jungen leiden seltener unter Harnwegsinfektionen und ihr Risiko für Peniskrebs ist nahezu gleich Null. Auch für die Partnerin wirkt sich eine „nicht vorhandene Vorhaut“ vorteilhaft beim Geschlechtsverkehr aus: Studien belegen, dass Frauen in einer Partnerschaft mit einem beschnittenen Mann seltener Gebärmutterhalskrebs entwickeln als Frauen aus Kulturkreisen, in denen die Beschneidung nicht üblich ist.
Keine Ärztevereinigung der Welt empfiehlt prophylaktische Beschneidung von Jungen. Die Krebsgefahr, die übrigens fast nur ältere Männer betrifft, liegt bei 1:110.000, sowohl in den USA mit hoher Beschneidungsrate wie auch in Deutschland. Wenn man die Überlegung der Beschneidung als Vorbeugung zulässt, dann sollte auch überlegt werden, welche anderen Organe und Körperteile im Hinblick auf mögliche Erkrankungen frühzeitig entfernt werden sollten, und das natürlich auch bei Frauen. Generell kann aber im 21. Jahrhundert die Amputation eines Organes nicht die Therapie der Wahl sein.
Die Häufigkeit für Harnwegsinfekte ist bei Mädchen viermal höher als bei Jungen. Welche Schlussfolgerung außer der Gabe von Antibiotika würden Sie als Apotheker/in daraus ziehen?
Die Vorteilhaftigkeit der Beschneidung für die Partnerin ist längst und umfassend infrage gestellt. Gegen den HPV-Virus (Inzidenz für eine Erkrankung, übrigens nur 1:20.000) existieren wirkungsvolle Impfungen.
Die Vorhaut ist Ergebnis der Evolution und kein angeborener Defekt, den man korrigieren müsste. Vielmehr ist sie funktionales und hoch erogenes Gewebe.
Der Artikel enthält keinerlei Warnung über die mögliche Verschlechterung der Sexualität. Hier verweise ich auf die Ergebnisse der Studie des dänischen Mediziners Morten Frisch (2011).
Eine Beschneidung sollte nur bei bei strenger medizinischer Indikation und im äußersten Fall vorgenommen werden, wenn alternative Behandlungsmethoden (Salbe, Vorhautweitung, triple Inzision) versagt haben.
Diese Apotheken sollten um ihren Ruf bangen, wenn Sie weiter auf ihren Websiten diese "information" verbreiten.
Zwei Gegenbeispiele, wie gute Information aussieht:
apotheken.de/aktuell/sondertex…-aus-medizinischer-sicht/
Apotheken.de stellt Content für die Seiten einiger Apotheken zur Verfügung.
Die auf Seiten deren Kunden (Apotheken) verbreiteten “Informationen” sind irritierend und unvollständig bis tendenziös. Im Einzelnen:
Zitat: Bei Kindern wird die Operation in Vollnarkose durchgeführt, beim Erwachsenen ist sie auch unter örtlicher Betäubung möglich.
Die neonatale Zirkumzision wird durchgehend ohne jegliche Narkose durchgeführt. Infolge des sehr hohen Risikos würde kaum ein Anästhesist einen Säugling narkotisieren. Selbst lebensnotwendige Operationen (etwa am Herzen) werden deshalb aufgeschoben.
Zitat: In vielen Kulturkreisen ist die routinemäßige (radikale) Beschneidung von Jungen üblich. Vor allem aus rituellen Gründen beschneidet der Mohel bei den Juden, ein eigens dafür zuständiger Kultusbeamter oder ein Arzt bereits am achten Tag nach der Geburt den Säugling. Dieses Ritual soll an den heiligen Bund erinnern, den Gott mit dem Stammvater Abraham geschlossen hat (Mos 17,7ff.). Durch die Beschneidung wird das Kind in diesen Bund aufgenommen und erhält dabei seinen jüdischen Namen.
Warum soll eine Apotheken-Webseite die religiöse Beschneidung thematisieren?
Zitat:
Bei zurückgestreifter Vorhaut ist es nach ein paar Tagen Wasch-Abstinenz deutlich zu erkennen: weißlich-gelbes Smegma.
Begründet wird die Beschneidung aber auch mit „Hygienevorteilen“ im späteren Leben.
Und in der Tat: Bei beschnittenen Männern entwickelt sich kein Smegma, die weißlich-gelbe Flüssigkeit zwischen Vorhaut und Eichel, die sich ab der Pubertät bildet und das Aneinandergleiten von Eichel und Vorhaut erleichtert. Jedoch bietet es mit seiner feuchtwarmen Umgebung eine Brutstätte für Mikroorganismen (z. B. sexuell übertragbare Keime) und ist deshalb eine Quelle für Penisinfektionen. Wird es nicht regelmäßig weggewaschen, entwickelt es einen starken Geruch, rückführbar auf die zersetzten Abbauprodukte, von denen auch die Krebsgefahr ausgeht (zwar sorgt die Reibung beim Geschlechtsverkehr auch dafür, dass sich das Smegma abträgt – dies stellt aber keine Alternative zum Waschen dar).
Das natürliche Smegma -übrigens von weiblichen Geschlechtsorganen ebenso gebildet und abgesondert - wird verteufelt. Seine natürlichen Funktionen, seine Zusammensetzung und seine Sinnhaftigkeit sind inzwischen weitgehend erforscht, werden hier aber nicht benannt.es ist antibakteriell und antiviral.
Vereinzelte Hygiene-Probleme mancher Männer werden in sexistischer Weise als allgemeingültig dargestellt und die Beschneidung allen Ernstes als Abhilfe empfohlen.
Zitat:
Die Statistik bestätigt die medizinischen Vorteile der Beschneidung, denn beschnittene Jungen leiden seltener unter Harnwegsinfektionen und ihr Risiko für Peniskrebs ist nahezu gleich Null. Auch für die Partnerin wirkt sich eine „nicht vorhandene Vorhaut“ vorteilhaft beim Geschlechtsverkehr aus: Studien belegen, dass Frauen in einer Partnerschaft mit einem beschnittenen Mann seltener Gebärmutterhalskrebs entwickeln als Frauen aus Kulturkreisen, in denen die Beschneidung nicht üblich ist.
Keine Ärztevereinigung der Welt empfiehlt prophylaktische Beschneidung von Jungen. Die Krebsgefahr, die übrigens fast nur ältere Männer betrifft, liegt bei 1:110.000, sowohl in den USA mit hoher Beschneidungsrate wie auch in Deutschland. Wenn man die Überlegung der Beschneidung als Vorbeugung zulässt, dann sollte auch überlegt werden, welche anderen Organe und Körperteile im Hinblick auf mögliche Erkrankungen frühzeitig entfernt werden sollten, und das natürlich auch bei Frauen. Generell kann aber im 21. Jahrhundert die Amputation eines Organes nicht die Therapie der Wahl sein.
Die Häufigkeit für Harnwegsinfekte ist bei Mädchen viermal höher als bei Jungen. Welche Schlussfolgerung außer der Gabe von Antibiotika würden Sie als Apotheker/in daraus ziehen?
Die Vorteilhaftigkeit der Beschneidung für die Partnerin ist längst und umfassend infrage gestellt. Gegen den HPV-Virus (Inzidenz für eine Erkrankung, übrigens nur 1:20.000) existieren wirkungsvolle Impfungen.
Die Vorhaut ist Ergebnis der Evolution und kein angeborener Defekt, den man korrigieren müsste. Vielmehr ist sie funktionales und hoch erogenes Gewebe.
Der Artikel enthält keinerlei Warnung über die mögliche Verschlechterung der Sexualität. Hier verweise ich auf die Ergebnisse der Studie des dänischen Mediziners Morten Frisch (2011).
Eine Beschneidung sollte nur bei bei strenger medizinischer Indikation und im äußersten Fall vorgenommen werden, wenn alternative Behandlungsmethoden (Salbe, Vorhautweitung, triple Inzision) versagt haben.
Diese Apotheken sollten um ihren Ruf bangen, wenn Sie weiter auf ihren Websiten diese "information" verbreiten.
Zwei Gegenbeispiele, wie gute Information aussieht:
- der Flyer des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ): kinderaerzte-im-netz.de/filead…om-0161_Vorhautbrosch.pdf
- aponet.de/aktuelles/ihr-apothe…st-nur-selten-noetig.html
- Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
- Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
- Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)