Gauck soll jetzt die Unterschrift unter den Mautbefehl verweigern

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Gauck soll jetzt die Unterschrift unter den Mautbefehl verweigern

      Das fordert jetzt der Chef der Grünen-Fraktion im Bundestag

      Schreibt ein User bei SPON ganz passend:



      #101 Gestern, 12:02 von MtSchiara
      Bundespräsidenten haben schon wesentlich grundgesetzwidrigere Gesetze unterschrieben

      Das Mautgesetz ist nicht so offensichtlich grundgesetzwidrig, wie eine Reihe anderer Gesetze, die trotzdem anstandslos die Unterschirft des Bundespräsidenten erhielten:

      1) Beschneidung von Jungen (ist gleich dreifach grundgesetzwidrig: Gleichberechtigung zu Mädchen, körperliche Unversehrtheit, spätere Religionsfreiheit des Heranwachsenden)....


      spiegel.de/forum/politik/pkw-a…-11.html#postbit_26536070

      Aber von Gauck zu verlangen das Jungenverstümmelungsgesetz nicht zu unterschreiben war in etwa so blauäugig wie ein Nashorn zum Zitherspiel aufzufordern...
      "Natürlich" hatte in 2012 niemand von unseren Volks- bzw. Kinderverrätern so etwas von Gauck verlangt. Aber die Maut....
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Selbstbestimmung schrieb:

      Aber von Gauck zu verlangen das Jungenverstümmelungsgesetz nicht zu unterschreiben war in etwa so blauäugig wie ein Nashorn zum Zitherspiel aufzufordern...
      Joachim Gauck ist ja protestantischer Pfarrer. Bei der evangelischen Kirche gibt es keinen Vatikan, der festlegen kann, wie die Bibel auszulegen sei. Daher glauben hier viele fast wörtlich an den Inhalt der Luther-Übersetzung. Im alten Testament steht die Beschneidung und im neuen Testament hält Paulus sie salopp gesagt dann für weniger wichtig, wenn sie bei der Missionierung von unbeschnittenen Heiden zum Problem werden könnte. In den Briefen an die Galater (römische Provinz mit keltischen Wurzeln) hat daher Paulus die Notwendigkeit dieses schmerzhaften Rituals gewissermaßen als entbehrlich betrachtet (symbolische Beschneidung der Herzen).

      Ist es daher verwunderlich, wenn dieser Theologe, der nun den Staat in weltlicher Sicht vertritt, mutmaßlich seine theologische Sichtweise durch eine Unterschrift bei einem Gesetz zur Zwangsbeschneidung dokumentiert. Wir leben in einer Art "Gottesstaat" bzw. haben wir es noch immer nicht geschafft Staat und Kirche zu trennen. Früher waren Geistliche auch weltliche Fürsten und jetzt im 21. Jahrhundert wurde wieder ein Geistlicher zum weltlichen Repräsentanten unsere Landes gewählt.

      Da aber die Zwangsbeschneidung auch in Frankreich nicht verboten ist, würde auch eine saubere Trennung die Probleme nicht automatisch lösen. Dennoch ist Deutschland vermutlich die einzige Komikernation der Welt, die Zwangsbeschneidungen offiziell erlaubt.
      Der Unterschied zwischen Dogmatikern und Aufklärern besteht bei der Beschneidungsdebatte darin, dass die einen kindliche Vorhäute und die anderen alte Zöpfe abschneiden wollen. (Quelle: NoCut)
    • Dass er das Verstümmelungsgesetz unterschrieben hat, werde ich ihm persönlich nie verzeihen! Und das als Theologe (ist mir egal, was irgendwelche Bibeln und Testamente davon halten).

      Aber wie kann ein Bundespräsident, wenn er nicht selbst Jurist ist, überhaupt begreifen, was er da unterzeichnet; auch wenn er sich wohl Rat holt (ich hoffe das zumindest).
      Viele Grüße aus dem Rhein-Neckar-Raum

      Ich
    • als Pfarrer sollte er sich ja wohl der Menschenwürde verpflichtet fühlen. Und auch die Auseinandersetzung mit den über Beschneidung bekannten Fakten war ihm zuzumuten, denn das moderne Theologiestudium ist generell wissenschaftlich orientiert. Zur Arbeit eines Pfarrers dürfte es auch gehören, sich bei Konflikten in der Gemeinde die Erfahrungsberichte der unmittelbar Betroffenen anzuhören --> es gab in 2012 genug Zeugnisse von Männern, die ihre Beschneidung leidvoll erlebt hatten.
      Diesen Bundespräsidenten finde ich unter mehreren Gesichtspunkten äußerst problematisch, aber das wäre off-topic.
      ...Wir haben bis jetzt keine Freiheit des Einzelnen, des Individuums, des Bürgers. [Allen Menschen bei uns ist das Zugehörigkeitsgefühl] am wichtigsten. Sie sind Mitglieder der Nation oder Religion, aber nicht selbstbewusste und -verantwortliche Menschen.
      ein katholischer Theologe in einer Doku über Ex-Jugoslavien

      Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
      Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber. ...
      Khalil Gibran
    • Suchende schrieb:

      denn das moderne Theologiestudium ist generell wissenschaftlich orientiert.
      Ich weiß zwar was du meinst, aber lachen musst ich dennoch.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Im Oktober 2012, kurz nachdem der Gesetzentwurf zum § 1631d BGB auf dem Tisch war, hatte ich dem Herrn Bundespräsidenten einen mehrseitigen Brief geschrieben und u.a. an ihn den Appell gerichtet, er möge die Unterzeichnung des Gesetzes verweigern.

      Das Bundespräsidialamt hatte mir innerhalb von zwei Wochen geantwortet und die Lektüre meines Briefs durch den Adressaten bestätigt. Es wurde mir von einem Justiziar u.a. mitgeteilt:
      "... Ich darf Ihnen aber versichern, dass der Bundespräsident, sollte ihm nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens ein die Beschneidung betreffendes Gesetz vorgelegt werden, die Frage der Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes im Rahmen der ihm durch sein Amt verliehenen Kompetenz umfassend prüfen wird. Ihre Ausführungen wird er prüfen, soweit sie verfassungsrechtlich von Belang sind."

      Man halte sich dann aber mal das Tempo des weiteren Verlaufs der Dinge vor Augen:

      14.12.2012: Der § 1631d BGB wird vom Bundesrat zwei Tage nach dem Bundestag abgesegnet und muss nur noch dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt werden.

      19.12.2012: Der Bundespräsident trifft nach einem dreitägigen Aufenthalt in Afghanistan wieder zurück in Deutschland ein.

      20.12.2012: Der Bundespräsident unterzeichnet zusammen mit Angela Merkel, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Guido Westerwelle, Hans-Peter Friedrich, Kristina Schröder und Daniel Bahr das Beschneidungsgesetz.


      Ein gutes halbes Jahr später, bei der Unterzeichnung des Gesetzes zur Strafbarkeit der Verstümmelung weiblicher Genitalien, § 226a StGB, hatte sich Herr Gauck dann auf einmal ungewöhnlich viel Zeit gelassen. Dieses Gesetz ist am 05.07.2013 vom Bundesrat abgesegnet und von Gauck erst am 24.09.2013 unterzeichnet worden. Überlastung kann's eigentlich nicht gewesen sein, denn das ebenfalls am 05.07.2013 vom Bundesrat durchgewunkene "Gesetz zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft ... der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer" ist von Gauck bereits am 15.07.2013 unterzeichnet worden.

      Ich hatte lange darüber gerätselt, weshalb der sich da so viel Zeit lässt, gerade wo doch im Strafrecht das Rückwirkungsverbot gilt. Auch wollte ich endlich meine Verfassungsbeschwerde gegen den § 226a StGB loswerden.

      Irgendwann ist es mir dann gedämmert: Der § 226a StGB durfte (höchstwahrscheinlich) nicht in Kraft treten bevor das OLG Hamm am 30.08.2013 dem § 1631d BGB die Weihen der offiziellen Rechtsprechung (3 UF 133/13) erteilt hatte. Da hätte der § 226a StGB wohl noch etwas gestört. War ja schließlich nur zufällig ein Junge, um dessen Beschneidung es ging. Ich kann es zwar nicht beweisen, aber es riecht schon irgendwie danach, als hätten sich geteilte Gewalten über dieses Timing abgesprochen. Es kann sich ja jeder seinen eigenen Reim darauf machen.
    • Lutz, du musst das so verstehen: bei den Jungen war ja schon ein ganz furchtbarer Verstümmelungsstau aufgetreten. Da drohten Jungen. "einsichtsfähig" zu werden - und dann gibt es ja nur Scherereien!
      Bei Mädchen hingegen musste erst sorgfältigst geprüft werden, ob sie nicht doch ein Grundrecht auf Verstümmeltwerden hätten. Solange das nicht sicher ausgeschlossen werden konnte, durfte ruhig weiterverstümmelt werden.
      (Ironie)
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Suchende schrieb:

      als Pfarrer sollte er sich ja wohl der Menschenwürde verpflichtet fühlen. Und auch die Auseinandersetzung mit den über Beschneidung bekannten Fakten war ihm zuzumuten, denn das moderne Theologiestudium ist generell wissenschaftlich orientiert. Zur Arbeit eines Pfarrers dürfte es auch gehören, sich bei Konflikten in der Gemeinde die Erfahrungsberichte der unmittelbar Betroffenen anzuhören ...

      Ich kenne Herrn Gauck nicht, habe aber mal in Wikipedia etwas nachgeschaut. Die Eltern von Herrn Gauck waren beide Mitglieder der NSDAP. Der Vater kam zu Gaucks Einschulung aus britischer Kriegsgefangenschaft zurück. Bereits fünf Jahre später wird Gauks Vater wieder gefangen genommen. Der Grund dafür war ein Brief eines ehemaligen Kollegen und eine Fachzeitschrift. Als der Vater nach vier Jahren Arbeitslager in Sibirien zurückkehrt, ist er völlig entkräftet und ein Jahr arbeitsunfähig.

      Herr Gauk wird dadurch wohl zum Systemkritiker der DDR und erhofft sich wohl im Theologiestudium etwas mehr "Freiraum". Im Jahr 1964 darf er aufgrund eines nervenärztlichen Gutachtens seine Studienzeit verlängern. Allmählich scheint er sich mit seiner Aufgabe als Pastor dahingehend zu arrangieren, dass er für sich "Zweifel" als zulässig akzeptiert.

      Innerhalb seiner Arbeit kritisiert er teilweise das Regime, bis er nach der Organisation des Kirchentags 1988 Besuch von der Stasi erhält. Diese stuft ihn nach diesem Gespräch wohl als ungefährlich ein.

      Aufgrund dieser weniger Fakten zu behaupten, dass Herr Gauck aus der Familienbiografie gelernt hätte, dass mitlaufen genauso gefährlich sei wie revoltieren und er sich daher auf einen Mittelweg eingependelt hätte, wäre wohl zu oberflächlich. Dennoch werde ich wohl nicht der einzige sein, der sich von einem Bundespräsidenten eine kritischere Haltung zu Gesetzgebungsverfahren (§ 1631d BGB, etc.) und mehr Profil wünschen würde.


      BTW: Es gibt meines Wissens auch moslemische und jüdische Theologen. Theologe ist wohl außerdem kein Synonym für einen Gutmenschen, was umgekehrt aber auch nicht bedeuten soll, dass alle Theologen schlechte Menschen seien. Ein Theologe, der an die Richtigkeit der Zwangsbeschneidung inständig glaubt, begibt sich wohl moralisch aufs Glatteis, muss aber umgekehrt nicht per se ein schlechter Mensch sein.
      Der Unterschied zwischen Dogmatikern und Aufklärern besteht bei der Beschneidungsdebatte darin, dass die einen kindliche Vorhäute und die anderen alte Zöpfe abschneiden wollen. (Quelle: NoCut)