Am 14. November benachrichtigte ich die Redaktion von Swissmom, über den fragwürdigen Inhalt eines Artikels über Beschneidung (Die Urfassung wurde gesichert) und bot Mithilfe an bei der Überarbeitung.
Hier die aktuelle Fassung: swissmom.ch/baby/medizinisches/das-neugeborene/beschneidung/
Als Rückantwort kam eine Bitte um Präzisierung der strittigen Punkte, Bitte der ich gerne nachkam:
Am 21. November erhielt ich folgende Antwort:
Der Hinweis auf die Ursprungsautorin Yael Wyhler ist gänzlich verschwunden.
Worin sich die Vorhäute der Schweizer Jungen von anderen unterscheiden, erschließt sich nicht ohne Weiteres.
Von der Rechtslage ist in dem Artikel überhaupt nicht die Rede.
Man hat ja sonst nichts weiter zu tun, als sich zu wiederholen:
Die Antworten werden immer kürzer. Ist man genervt und verunsichert?
Und mühsam ernährt sich das Eichhörnchen:
Stand heute:
Ahnungslosen Leserinnen, die berechtigte Fragen haben, werden weiterhin Falsch-Informationen serviert.
Wer, trotz Zugang zu Informationen, wissentlich weiter Falschinformationen verbreitet, die ein Gefahrenpotential für Kinder darstellen, muss mit öffentlichem Gegenwind rechnen.
Das Gefahrenpotential ist konkret. Alleine die propagierte 2-Jahres-Grenze ist geradezu eine Einladung an Mütter, Ihren Sohn, jenseits dieses Alters, als nicht normal anzusehen, falls er noch nicht retrahierbar ist. So manche Mutter wird hier, dank der Empfehlungen von Swissmom, nachhelfen wollen und dadurch Sekundär-Phimosen induzieren, die eine Beschneidung münden.
Ganz nebenbei bemerkt, Frau Holzgreve ist Dr. med. und somit dem hippokratischen Eid verpflichtet.
Einstweilen nehme ich wohlwollend an, dass die "urologische" Prüfung im Gange ist. Ihre Verzögerung erklärt sich allenfalls durch die Weihnachtsfeiertage. Wir dürfen gespannt bleiben, wie die Endfassung aussehen wird.
Anhang: Sicherstellung des Stands der betroffenen Swissmom-Seite aus dem Dezember 2013, aus web.archive.org.
Hier die aktuelle Fassung: swissmom.ch/baby/medizinisches/das-neugeborene/beschneidung/
Als Rückantwort kam eine Bitte um Präzisierung der strittigen Punkte, Bitte der ich gerne nachkam:
Sehr verehrte Frau Holzgreve,
gerne nenne ich Ihnen die Stellen, die nicht haltbar sind:Die Beschneidungsquote bei Neugeborenen in den USA ist gefallen von 80 auf ca. 35% , so dass die Bevölkerung zu 50-60% beschnitten ist. In Ländern wie Spanien,China, Japan, und den nordischen Länder liegen Quoten von unter 2% vor. Finnland weist 1% (in manchen Untersuchungen sogar noch deutlich unter 1%) auf. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass der Drang zur Beschneidung generell kulturell und religiös motiviert ist, als medizinisch, genetisch oder gar klimatisch (dabei ist nicht bekannt, dass in warmen Ländern beheimatete männliche Säugetiere besondere Maßnahmen für Hautfalten ihrer Geschlechtsorgane treffen müssen) .Ausnahme: USA. Dort werden Beschneidungen aus hygienischen bzw. gesundheitlichen Gründen bei praktisch allen männlichen Babys praktiziert.
Anthropologen zufolge, gibt es Genitalmodifikationen schon seit mehreren Tausend Jahren, also lange vor Abraham.Auch der Islam hat die im biblischen Alten Testament aufgeführte Beschneidung Abrahams für alle Knaben dieses Glaubens übernommen.
Was den Islam anlangt. Die Beschneidung taucht erst 200 Jahre nach Mohamed auf, in den Haddithen. Mitnichten handelt es sich um eine literale Überlieferung und es darf vermutet werden, dass es eine kulturelle und verbreitete Gewohnheit war, die pseudo-religiös kodifiziert wurde, und zwar deshalb, weil eine weltliche Gesetzgebung damals kaum existierte.
Im Islam ist Beschneidung keine "Pflicht", sondern nur eine Empfehlung.
Selbst im Judentum ist sie umstritten, wie z.B. 60% der schwedischen Juden beweisen, die mit vollständigem Genital leben.
"routiniert" und "kurz" kann man gelten lassen, aber unter leichter örtlicher Betäubung, ist unzutreffend. Entweder gibt es eine wirksame Betäubung oder Schmerzen für den Patienten. Der sog. Peniswurzelblock (das sind 2-3 Einstiche an der Peniswurzel, die die Nerven im Penis ausschalten sollen) ist mit einer Versagerquote von ca 30% behaftet. Die der ärztlichen Kunst entsprechende und angemessene Betäubung ist also eine Vollnarkose mit anschließendem PNB, gegen die Schmerzen unmittelbar nach dem Aufwachen.ein routinierter, kurzer, steriler Eingriff, der meist unter leichter örtlicher Betäubung vorgenommen wird.
Es ist gängige Praxis, dass eine Vollnarkose unter einem Lebensalter von einem Jahr nicht gegeben werden, da sie zu gefährlich ist. Selbst für notwendige Herz-OPs wartet man lieber diesen Zeitpunkt ab.
Dies bedeutet, dass Beschneidungen im ersten Lebensjahr nach den Regeln der ärztlichen Kunst gar nicht durchführbar sind, eben weil eine wirksame Narkotisierung unmöglich ist. Durch die Einstiche, verursacht ein PNB erhebliche Schmerzen, abgesehen von der oben erwähnten Versagerquote.
Hilfsmittel wie die Gabe einer Zuckerlösung oder eines Schnullers und die Benutzung von Betäubungssalben sind absolut unzureichend (siehe Statement der europ. Zulassungsbehörde für Arzneimittel, 2013) und erfüllen lediglich die Alibifunktion, das elterliche Gewissen zu betäuben.
Wie kann eine Frau aus nicht-religiösen Gründen eine Beschneidung schon vor der Geburt in Erwägung ziehen, außer aus religiösen, kulturellen oder hygienischen Gründen? Damit wird das medizinische Terrain, mangels Indikation, verlassen. Und es leuchtet nicht ein, warum diese Beratung durch einen Frauenarzt und nicht durch einen dafür zuständigen Facharzt geleistet wird (z.B. Kinder- und Jugendarzt), natürlich nur in Anbetracht einer vorliegenden Pathologie.Soll bei Ihrem Sohn (aus nicht-religiösen Gründen) die Vorhaut beschnitten werden, müssen Sie sich darüber Gedanken machen, wann und wo der Eingriff vorgenommen werden soll. Eine Beschneidung wird oft von einem Kinderchirurgen durchgeführt. Lassen Sie sich rechtzeitig, am besten noch vor der Geburt, von Ihrem Frauenarzt, Ihrer Frauenärztin darüber beraten.
Das ist nicht zutreffend. Bei einer Beschneidung wird das innere Vorhautblatt i.d.R. komplett reseziert und das äußere wird stark eingekürzt. Die verbleibende Schafthaut wird hinter der Eichel wieder angenäht. Bei den Ausführungen handelt es ich somit um eine tendenziöse Verharmlosung.Bei der vollständigen Beschneidung wird das innere Vorhautblatt gekürzt, so dass die Eichel ganz frei ist.
Hier wäre es interessant, diese Behauptung mit gesicherten Zahlen zu stützen, sofern das überhaupt möglich ist und dabei eine räumlich und historisch präzisere Eingrenzung vorzunehmen.Früher wurden Beschneidungen sehr viel häufiger durchgeführt.
Was ist früher? für dem 19 Jhd. ? vor 1920, vor 1945? Was ist mit Korea, die erst in den 50gern auf 70% Quote kamen. Und warum wohl?
Und Welche Länder werden für diese Behauptung überhaupt herangezogen?
Das feuchtwarme Klima der weiblichen Organe begünstigen das noch mehr. Die HWI sind bei Mädchen 4 Mal häufiger. Beschneidet man sie deshalb? Natürlich nicht, man gibt Antibiotika, die man Jungen im gleichen Falle vorenthalten will?Die Befürworter der vorsorglichen Vorhautentfernung argumentierten, das feuchtwarme Klima unter der Vorhaut begünstige die Vermehrung von Krankheitserregern. Tatsächlich sind Harnwegsinfektionen, Geschlechtskrankheiten, AIDS und auch das Penis-Karzinom bei unbeschnittenen Männern etwas häufiger.
AIDS ist bei Männern mit vollständigem Genital nicht häufiger und das Penis-Karzinom bei Beschnittenen nur deshalb geringer präsent, weil - mangels Vorhaut - weniger Haut da ist, die befallen werden kann. Bei alledem liegt die Inzidenz für Peniskrebs bei 1:110.000 !!!
Die AIDS-Studien aus Afrika untersuchten lediglich die Übertragung von der Frau auf den Mann und weisen schwere methodologische Mängel auf. In dem vorliegenden Artikel fehlen diese Hinweise zur Umstrittenheit dieser Studien, wie auch der Hinweis darauf, dass eine Reduktion von 60% nur dazu führt, dass bei jedem GV das Ansteckungsrisiko von 1:1000 auf 1:2000 fällt, während ein Kondom das Ansteckungsrisiko in die Nähe von 0% rücken lässt.
Trotz der Beschneidungskampagnen in Afrika, wird den Patienten dennoch die Kondombenutzung ans Herz gelegt...
Mangels sexueller Betätigung im Kindesalter werden alle diese vermeintlichen Vorteile erst in einem Alter relevant, in dem der Betroffene informiert und mündig entscheiden kann, ob er diesen Studien glauben schenken und ihnen einen Teil seines Genitals opfern möchte.
Sie spielen für die Rechtfertigung von Zwangsbeschneidungen an Kindern deshalb keine Rolle.
Hier sei wieder die Frage erlaubt, ob das bei Frauen auch so ist. Seit wann schneidet man prophylaktisch Körperteile ab - noch zumal ohne das Einverständnis der betroffenen Person(!) - die irgendwann, möglicherweise und nur mit geringer Wahrscheinlichkeit, einer Pathologie anheim fallen?So betrachtet ersetzt die sorgfältige Reinigung mit warmem Wasser in vielen Fällen einen medizinischen Eingriff. Denn alle Krankheiten, die bei Beschnittenen weniger häufig auftreten, werden von Erregern verursacht, die sich nur dann unter der Vorhaut ansammeln, wenn zu selten gewaschen wird.
Gairdner, 1949 / Oster, 1968 / Kobajashi, 1974, sehen das anders.In den ersten zwei Lebensjahren besteht noch eine sogenannte "physiologische" Phimose.... noch nicht vollständig abgelöst
Eine physiologische Phimose ist eine Kombination aus mit der Eichel verklebter Vorhaut und enger Vorhautöffnung. Für einen Jungen ist das ein Normalzustand, der sich im Schnitt mit 10,4 Jahren gibt. D.h. dann ist die Vorhaut retraktibel, weil sich die Vorhautöffnung geweitet hat und die Vorhaut von der Eichel losgelöst ist.
In der vorliegenden Erklärung werden Verengung der Öffnung und Verklebung vermischt. Die Altersgrenze von 2 Jahren entbehrt jeder statistischen Grundlage. Wenn es nach ihr ginge, würden bei ca. 80% der Jungen im Alter von 2 Jahren eine behandlungsbedürftige "Phimose" diagnostiziert werden.
Eine krankhafte Phimose ist ein seltener pathologischer Befund, der mit Beschwerden bei der Miktion einhergeht.
Es gibt kein Alter, in dem eine Beschneidung bevorzugt durchgeführt werden sollte. 2 Jahre ist absolut realitätsfremd und das oft angeführte Einschulalter ebenso. Es besteht kein Zusammenhang zwischen einer voll beweglichen Vorhaut und dem Erlernen des ABC und der Grundrechenarten - wohl aber mit dem Einsetzen der Pubertät und damit auch irgendwann der Aufnahme sexueller Aktivitäten, was durch das erwähnte Durchschnittsalter von ca 10 Jahren bestätigt wird. Die Evolution hat dazu geführt, dass für die Mehrheit der Jungen der Penis mit der Entdeckung der Autosexualität funktionsfähig ist.
Ich habe schon ausgeführt wo und warum eine Beschneidung als "notwendig" erachtet wird.Mit Wasser (ohne Seife) ist eine ausreichende Reinigung meist möglich. Nur bei weniger als 10% aller Knaben ist deshalb eine Operation notwendig, und nur die Hälfte davon muss schon im Kindesalter operiert werden. Der Eingriff wird ambulant und unter Vollnarkose durchgeführt.
Zu einer umfassenden Information gehört zu erwähnen, dass eine Vorhautamputation ein irreversibler und für manche Männer folgenschwerer Eingriff in den Intimbereich darstellt. Bei Kindern fehlt zudem das Einverständnis des Patienten, denn der eigene Penis wird noch nicht als Sexualorgan wahrgenommen und es besteht keine Vorstellung von Folgen für die noch nicht erwachte Sexualität. Das hat zur Folge, dass Jungen im Falle einer Vorhautamputation zwangsläufig im Unklaren darüber gelassen werden, was eigentlich mit ihnen geschieht, und mit diesem (Nicht-)wissen ins Erwachsenalter gehen und mit den Folgen allein gelassen werden.
Trotz einer in weiten Teilen fehlenden Opferwahrnehmung Jungen und Männern gegenüber und einer verbreiteten Empathieverweigerung gegenüber dem Leid, das Vorhautamputationen auslösen können, finden zunehmend Betroffene den Mut, sich öffentlich zu äußern.
Die Wissenschaft, inbesondere Medizin und Psychologie, nimmt diese Impulse auf.
Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf die aktuelle Publikation "Die Beschneidung von Jungen" von Prof. Matthias Franz und das Wissenschaftliche Symposium "Genitale Autonomie" an der Universität zu Köln, dessen Vorträge als Videos im Internet frei verfügbar sind.
http://genitale-autonomie.de/videos-der-vortraege/
Ich meine: Erwachsene haben an Genitalien von Kindern nichts zu suchen. Dieser ethische Konsens unserer Gesellschaft sollte auch in der Frage der Beschneidung von Kindern ein Denkanstoß sein, selbst wenn die (deutsche) Gesetzgebung hier eine dem kompletten Rechtssystem diametral widersprechende Ausnahmeregelung getroffen hat.
Am 21. November erhielt ich folgende Antwort:
Am selben Tag folgte der neuerlich Hinweis auf verbleibende Klopse im Artikel.Lieber Herr Sinden,
wir haben nun den Text soweit verändert, dass er unserer Meinung nach ausgewogen ist und die Schweizer Gegebenheiten und Rechtslage berücksichtigt.
Vielen Dank für Ihre konstruktive Mitarbeit.
Mit freundlichen Grüssen vom ganzen swissmom-Team,
Dr. med. Brigitte Holzgreve
Der Hinweis auf die Ursprungsautorin Yael Wyhler ist gänzlich verschwunden.
Worin sich die Vorhäute der Schweizer Jungen von anderen unterscheiden, erschließt sich nicht ohne Weiteres.
Von der Rechtslage ist in dem Artikel überhaupt nicht die Rede.
Man hat ja sonst nichts weiter zu tun, als sich zu wiederholen:
Liebe Frau Holzgreve,
danke für die Einarbeitung einiger Eingaben.
nur ...
Es gibt keine "Hygienefehler". Die Eichel braucht, solange sie teilweise oder komplett verklebt ist, nicht bereinigt werden (wie denn auch?). Der sterile Urin durchspült sie während der Ablösung. Bäder und die spielerische Entdeckung des Penis tun ihr Übriges zum natürlichen Prozess.
Zur Pflege des Penis: http://www.beschneidung-von-jungen.de/ho…hautpflege.html
Auch ist die Auflösung der physiologischen Phimose ein normalverteiltes Ereignis, mit Median bei 10,4 Jahren. Mit 17 haben noch 5% der unbehandelten Jungen eine nicht retrahierbare Vorhaut.
Die erwähnte 2 Jahres-Grenze übt zwangsläufig einen normativen Imperativ auf die besorgte und lernwillige Leserin aus. Ist der Sohn mit 2 nicht retrahierbar, dann ist er krank, so deren Schlussfolgerung, wenn sie den Maßgaben Ihres Artikels glauben Schenkt.
Mit 2 Jahren sind gerade mal 6% der Jungen retrahierbar. Das stellt also eine Ausnahme dar. So Koyaba, siehe http://www.beschneidung-von-jungen.de/ho…er-vorhaut.html
mit seiner Untersuchung in Japan, wo wenig bis gar nicht beschnitten wird, außer in letzter Zeit, wo die Beschneidung in Mode kommt. Hier kann man mutmaßen, ob der Genuss amerikanischer Pornos das induziert.
Die OP ist nicht bei weniger als 10% medizinisch (!!!) notwendig, sondern im Grunde bei ca. 1%.
Entscheidend für die Behandlungsbedürftigkeit sollte das Vorliegen von Beschwerden oder gar eines pathologischen Befundes, und nicht die durch Fehlinformationen induzierte Besorgnis von Müttern.
Eine nicht zurückziehbare Vorhaut ist keine Beschwerde und nur ein Befund wie "der Junge hat 2 Augen", aber eben kein pathologischer.
Weitere Gründe, die die Quote auf ca. 15% in Deutschland anheben (in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund sind das ca. 10%) sind:
religiöse (Judentum)
kulturelle (Islam / Afrikanische Sitten)
Hygiene (also "weltliche" Gründe)
und dann wäre da noch die Weitläufigkeit der Desinformation und auch der Umstand, das Beschneidungen lukrativ sind.
Wir wissen ja, dass generell 30% der praktizierten Eingriffe nicht notwendig sind...
Bei der Beschneidung liegt diese Quote sicher um ein Vielfaches höher.
Mit freundlichen Grüßen,
Guy Sinden
Die Antworten werden immer kürzer. Ist man genervt und verunsichert?
Lieber Herr Sinden,
ich werde das nun noch einmal urologisch abklären lassen.
Und mühsam ernährt sich das Eichhörnchen:
Liebe Frau Holzgreve,
ich verstehe Ihre Reaktion sehr gut. Dieses Thema ist vermintes Gelände. Und es ist nicht leicht zur "Wahrheit" zu kommen, wenn es die überhaupt gibt. Daher würde ich die Darstellung in dem Artikel eher als Kontinuum zwischen von Ihnen vertretbaren gegensätzlichen Standpunkten darstellen. Das hat den Vorteil der fehlenden Parteinahme und auch den, dass die Leserin sich wiederfinden kann.
Urologisch und kinderchirurgisch würde ich das nicht klären lassen, sondern kinderärztlich. Urologen sehen in Ihrer Praxis nur Problemfälle. Entsprechend ist ihre Wahrnehmung "verbogen". Immer wieder wundern sich Kinderärzte Jungen zu sehen, die zuvor in den U-Untersuchungen keinerlei Befund aufwiesen, und plötzlich mit einer Totalresektion der Vorhaut daher kommen.
Es ist übrigens leider so, dass ein Urteil eines Arztes stark davon abhängt, ob er selbst beschnitten ist, oder nicht. Hier gibt es die Gefahr der kognitiven Dissonanz, wie auch eine subtile Rechtfertigungsneigung (das, was mit mir passiert ist, kann nicht falsch sein. Meine Eltern haben in meinem Interesse gehandelt).
Es kommt also darauf an wen Sie fragen. Fragen Sie Prof. Dr. Maximilian Stehr, dann geht es nach meinem Geschmack aus. Fragen Sie Prof. Dr. Bernhard Roth aus Köln, der die jüdische Beschneidung verteidigt, wird er Ihnen alle möglichen (i.m.A.) pseudo-medizischen Argumente vorlegen, vor allem zur bis dato ungelösten Frage der wirksamen Betäubung (Ein Zuckerschnuller sei ein mögliches Mittel).
Das sind beides Professoren der Medizin und dennoch diese Bandbreite. Wem wollen Sie glauben?
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin aus einer ethischen Motivation und auch einem gut Teil an Ekel dagegen, dass man Kindern (Jungen wie Mädchen) am Körper herumschneidet, um die Wünsche (religiös/kulturell) oder Zwangsvorstellungen (Hygienewahn) der Eltern, oder die Gier mancher Urologen zu befriedigen. Zum letzten Punkt könnte ich Ihnen Zahlen und Beispiele (natürlich keine Einzelfälle) nennen, die sie garantiert nachdenklich stimmen würden.
Daher plädiere ich für einen verantwortungsvollen Umgang gerade mit derart bedeutungsvollen und symbolbeladenen Körperregionen. Dort sollte nur bei eindeutiger Indikation operiert werden, etwa so wie es uns unsere nordischen Nachbarn vormachen.
Auch ist der Interpretationsspielraum für Indikationen einzuengen auf das Notwendige.
So denken übrigens durch die Bank 3/4 der befragten, in Deutschland, Dänemark und Frankreich...
Hier übrigens Beschneidungsquoten:
Süd-Korea: 80% (aber erst seit dem Korea-Krieg)
Spanien: 1,8% (2005)
Dänemark : 1,6% (1986)
China und Japan : < 1%
Finnland (1970): nahe bei 0 %
Macht das nicht nachdenklich hinsichtlich der "Indikationen"?
Mit besten Grüßen!
Guy Sinden
Stand heute:
Ahnungslosen Leserinnen, die berechtigte Fragen haben, werden weiterhin Falsch-Informationen serviert.
Wer, trotz Zugang zu Informationen, wissentlich weiter Falschinformationen verbreitet, die ein Gefahrenpotential für Kinder darstellen, muss mit öffentlichem Gegenwind rechnen.
Das Gefahrenpotential ist konkret. Alleine die propagierte 2-Jahres-Grenze ist geradezu eine Einladung an Mütter, Ihren Sohn, jenseits dieses Alters, als nicht normal anzusehen, falls er noch nicht retrahierbar ist. So manche Mutter wird hier, dank der Empfehlungen von Swissmom, nachhelfen wollen und dadurch Sekundär-Phimosen induzieren, die eine Beschneidung münden.
Ganz nebenbei bemerkt, Frau Holzgreve ist Dr. med. und somit dem hippokratischen Eid verpflichtet.
Einstweilen nehme ich wohlwollend an, dass die "urologische" Prüfung im Gange ist. Ihre Verzögerung erklärt sich allenfalls durch die Weihnachtsfeiertage. Wir dürfen gespannt bleiben, wie die Endfassung aussehen wird.
Anhang: Sicherstellung des Stands der betroffenen Swissmom-Seite aus dem Dezember 2013, aus web.archive.org.
- Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
- Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
- Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)