Sicht auf das Kind - Schmerzbehandlung damals / heute

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    • Sicht auf das Kind - Schmerzbehandlung damals / heute

      "Es sei unüblich, den Schmerz von Früh- und Neugeborenen auszuschalten - selbst wenn, wie in Jeffreys Fall, Haut und Muskulatur durchtrennt, Geräte in den Brustraum eingeführt und abschließend alle Wunden wieder vernäht wurden."

      „Ich kann mich aber auch erinnern, damals auf Kongressen gehört zu haben: Wieso braucht man ein Schmerzmittel? Es reicht doch, die Kinder zu fixieren.“

      01.07.14:
      faz.net/aktuell/feuilleton/deb…gen-stellte-13012474.html

      Dieser Horror findet in die Gegenwart statt, durch eine Tür, wo draufsteht: Die Beschneidung von Kleinstkindern.
    • Ja, diese Sicht auf das Kind hat auch geführt, dass bis mind. 1985 circa 99% der 85% amerikanischer neugeborener Jungen ohne irgendein (auch noch so gering-wirksames) Anästhetikum beschnitten wurden, und das quälende Geschrei der Kinder als bloßer Stress oder Unwohlsein infolge der Fixierung abgetan wurde.
    • Bernard Roth fragwürdige Thesen.

      Herr Bernard Roth propagiert wieder einmal fragwürdige Thesen zur Schmerzbehandlung.


      Stattdessen werden in großen Zentren nun neue, weniger belastende Verfahren verwendet und erforscht, die solchen Babys mehrere Wochen lang helfen können. „Offenbar kann es die Schmerzreaktion modulieren, wenn man bestimmte Zuckerstoffe oral verabreicht“, erklärt Roth.

      Eine andere Möglichkeit ist ein Nuckel. „Das Saugen aktiviert eine endogene Schmerzhemmung“, sagt Roth. Eine der wichtigsten neuen Erkenntnisse ist aber, dass auch die Trennung des Neugeborenen von der Mutter Schmerz verstärkt. „Schmerzereignisse haben eine ganz andere Auswirkung, wenn die Mutter nicht dabei ist, wenn sie das Kind nicht adäquat trösten kann“, sagt Roth. „Die moderne Neonatologie muss deshalb darauf ausgelegt sein, dass die Mutter-Kind-Dyade nicht getrennt wird.“

      Und auch Prof. Dr. Bernhard Roth, ... empfiehlt für die Neugeborenenzirkumzision „den Einsatz einer lokal betäubenden Creme und eines Saugers mit Glucoselösung“ [3]. Er bekräftigt seine Auffassung in seiner Stellungnahme in der anästhesiologischen Fachzeitschrift Anästhesie & Intensivmedizin [4]:

      „Die Anwendung nicht-pharmakologischer Maßnahmen ist im Ritual der Brit Milah in gewissem Sinne bereits enthalten und leicht in dem hier gewünschten Sinne zu intensivieren (Glukose-Lösung, nicht-nutritives Saugen, Facilitated Tucking).“ (...)


      Glucose als schmerzlinderndes Verfahren bei Frühgeborenen, Neugeborenen und jungen Säuglingen ?

      Ausflug in die Literatur der Befürworter der Methode
      1. In der Übersichtsarbeit „Perioperative Schmerztherapie bei Frühgeborenen, Säuglingen und Kleinkindern“ [6] beschreiben Kaufmann et al. auch nicht-medikamentöse Methoden der Schmerzprävention. Sie empfehlen bei Neugeborenen bis zum Ende des 1. Lebensmonats das nicht-nutritive Saugen (NNS) an einem mit 20-30%iger Zuckerlösung getränkten Schnuller als wissenschaftlich nachgewiesen wirksam. Auch nach dem 1. Lebensmonat vermuten Kaufmann et al. einen Effekt der Methode.

        An Referenzliteratur benennen die Autoren die Untersuchungen von Bonnie Stevens et al. (Department of Paediatrics, Hospital for Sick Children, Toronto) [7]. Stevens et al. ziehen in ihrer Übersichtsarbeit den Schluß: „Sucrose is safe and effective for reducing procedural pain from single events.” Diese Aussage ist allerdings aus den Studiendaten nicht ableitbar. Für den Moment des Lanzetteneinstiches kann kein Unterschied zur Kontrollgruppe belegt werden, ebensowenig unterscheiden sich die Herzfrequenzen der Neugeborenen in beiden Untersuchungsgruppen. Lediglich die „Gesamtschreidauer“ der mit NNS vorbehandelten Kinder ist etwas kürzer. Durch neuere Untersuchungen aus derselben Kinderklinik in Toronto kann selbst dieses Ergebnis nicht mehr reproduziert werden. Es wird lediglich noch eine Wirksamkeit bei der Venenpunktion und nicht mehr bei Fersenblutabnahmen und Vitamin-K-Injektionen postuliert [8].

        Auch in der zweitgenannten Referenzliteratur ist die Übersicht von Stevens et al. wesentlicher Bestandteil zum Thema NNS. In der zitierten Arbeit von Walter-Nicolet et al. [9] werden aber auch Vergleichsuntersuchungen zu anderen nicht-medikamentösen Methoden der Schmerzprävention bei Neugeborenen aufgeführt. Stillen sei genauso effektiv oder sogar wirksamer schmerzpräventiv als Glucose-NNS. Zudem werden Würgen und Sauerstoffsättigungsabfälle bei Walter-Nicolet et al. als Nebenwirkungen der Glucose/Sucrose-Gabe genannt und – für einen Anästhesisten schwer nachvollziehbar – als „minor problems“ bezeichnet. Erwähnt wird auch eine Untersuchung von Slater et al. [10], die 2007 feststellt, daß einige Neugeborene ohne jegliche Veränderung des Gesichtsausdruckes bei schmerzhaften Prozeduren deutliche Veränderungen ihrer Hirnaktivität zeigen. Dieses Ergebnis reduziert die Aussagekraft der bis dahin üblichen Studienmethoden fundamental. Zusammenfassend fordert der zweite Referenzartikel der Übersichtsarbeit von Kaufmann et al. mithin auch folgerichtig, daß umfassendere Untersuchungen notwendig sind, um den tatsächlichen analgetischen Effekt dieser Strategien zu evaluieren.

        Die von Kaufmann et al. zitierte Referenzliteratur ist also auf keinen Fall für eine Empfehlung und einen wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit des Glucose-NNS hinreichend (...)
      1. Bernhard Roth nimmt zu der Übersichtsarbeit von Kaufmann behaupteten Wirksamkeit von Glucose-NNS unterstützend Stellung [4].
        Er zieht zur Begründung seiner Auffassung Studien heran, deren Kriterien zur Schmerzbeurteilung (Gesichtsgrimassieren, Schreiqualitäten und vegetative Parameter) den Forderungen der Deklaration von Helsinki nach dem heutigen Stand der Forschung bei weitem nicht genügen. Noch befremdlicher ist es, daß Roth auf der Grundlage dieser unzureichenden Belege einer wirkungsvollen Schmerzbekämpfung durch Glucose-NNS sogar eine Wirkung bei einem operativen Eingriff an der Vorhaut des Neugeborenen mutmaßt. Dafür gibt es keinen einzigen wissenschaftlichen Beleg. Seine Literaturhinweise sind dafür sämtlich untauglich.

      1. Auch die Studien, die Latasch in seinem Vortrag am 23. August 2012 im Deutschen Ethikrat beigebracht hat, sind ungeeignet, eine Wirksamkeit der Methode bei der Neugeborenenbeschneidung zu belegen:

        Die Studie „Efficacy of sweet solutions for analgesia in infants between 1 and 12 months of age“ bezieht sich — wie bereits der Titel ausweist — nicht auf Neugeborene [12]. Ausschließlich der Schmerz einer Impfung war Grundlage der Messungen,
        andere schmerzhafte Prozeduren wurden explizit ausgeschlossen. Über den unzureichenden Effekt der Zuckerlösung sagt bereits der folgende Satz alles:

        „Die Schmerzreduktion war vorwiegend in der Zeit unmittelbar nach der Vollendung der Operation nachweisbar, und nicht während der Operation.“
      Bereits bei etwas schmerzhafteren Prozeduren wie dem Legen von Blasenkathetern oder Venenpunktionen blieb ein auch nur geringfügiger Effekt der Zuckerlösungspräparation der Kinder vollständig aus
      Ausflug in die Literatur der Kritiker der Methode
      1. Die zuletzt 2013 aktualisierte Übersichtsarbeit „Pain relief for neonatal circumcision“ von Barbara Fryer-Brady (Cochrane Database) bezieht zur Wirksamkeit solcher Betäubungsversuche für den Fall der Neugeborenenbeschneidung klar Position [14]:

        „Versuche mit oralem Acetaminophen (entspricht in Deutschland: Paracetamol), Zucker-Lösungen, Schnullern, Musik und anderen Umweltveränderungen, den Zirkumzisionsschmerz zu reduzieren, haben [diese Mittel] als nicht
        wirksam nachgewiesen.“
      1. Auch die Studie „Circumcision of neonates and children without appropriate anaesthesia is an unacceptable practice“ enthält als relevante Aussage zum Thema [15]:

        „Eine Vielzahl weniger analgetischer Techniken einschließlich Schnuller, orale Sukrose, Musik, Paracetamol und intramuskuläre Opiode wurden allesamt für diese Operation als unwirksam nachgewiesen.“
      1. Eine bereits 2010 in Lancet veröffentlichte Studie an einer kleinen Patientenzahl setzt ein mehr als dickes Fragezeichen hinter die
        behauptete Wirksamkeit der Methode zur Schmerzunterdrückung bei Früh- und Neugeborenen [16].
        In dieser Studie werden außer Verhaltensbeobachtungen und Messungen von sympathischen Streßparametern auch EEG- und EMG-Ableitungen durchgeführt. Die zusätzlichen Messungen mit effizienteren Methoden geben einen deutlichen Hinweis darauf, daß ein Neugeborenes, das „von außen“ weniger schmerzgeplagt aussieht, dies nicht notwendigerweise auch so erlebt. Die Autorin schreibt dazu:

        „Das Fehlen von Belegen für eine analgetische Wirkung der Sucrose in dieser Studie, einhergehend mit der Ungewissheit hinsichtlich der Langzeit-Folgen wiederholter Sukrose-Verabreichung, legt nahe, dass Sucrose ohne weitere Forschungen nicht routinemäßig für [die Behandlung] operativer Schmerzen bei Säuglingen verwendet werden sollte.“ Slater schließt ihre „Author’s reply“ [17] mit den Worten:

        „Was unsere Studie in der Tat zeigte, ist, dass wir nicht einfach Vermutungen über eine analgetische (schmerzlindernde) Wirkung anstellen dürfen auf der Basis eines unbegründeten Glaubens, dass der PIPP das „Schmerzerlebnis“ des Säuglings abbildet, wenn direkte Messungen am Gehirn des Säuglings uns etwas ganz anderes erzählen.“
      1. Auch die neuere Forschung zum Schmerzempfinden Erwachsener belegt, daß ein intensives Schmerzerleben ohne Korrelation zum Auftreten einer sympathischen Streßreaktion möglich ist. Die Autoren einer 2013 mit dem Carl-Ludwig-Schleich-Preis ausgezeichneten Studie [18] stellen zudem erstaunt fest, daß sie in der Literatur keinen Beleg für die Hypothese eines Zusammenhangs zwischen sympathischer Streßreaktion und Schmerzerleben finden können. Aus den Ergebnissen ihrer eigenen Studie schlußfolgern Ledowski und Wenk, daß die Abwesenheit von Zeichen sympathischen Stresses nicht als Garant für die Abwesenheit von Schmerzen gesehen werden darf.

        Fazit dieser Studienlage ist, daß ein evidenter Beleg einer Wirkung von Glucose-NNS bei Neugeborenen nicht erbracht wurde. Darüber hinaus stellen neuere Methoden der Schmerzmessung die Aussagekraft der verwandten „weichen“ Kriterien aus Verhaltensparametern und sympathischen Streßzeichen in Frage, die eine Wirksamkeit des Glucose-NNS belegen sollten.

      beschneidung-von-jungen.de/hom…rzbehandlung.html#glukose
    • Kind als Objekt ?

      Also Prof. Dr. Bernhard Roths Empfehlungen lassen mich eher an Menschenexperimente denken und die gab es auch im Nationalsozialismus, also rein von jeglicher Idee von Ethik! Einfach abscheuliches Probieren an unmündigen und unmündig gemachten Menschen!
    • Re: Bernhard Roth

      Danke an werner (wo steckt der eigentlich?) für dieses Fundstück:

      "Beschneidung ist ein würdevolles Ereignis"

      Siehe auch (ich verlinke ungern auf dieses Schundblatt):

      welt.de/politik/deutschland/ar…len-bei-Beschneidung.html

      Keine Fragen mehr....
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"
    • Also Prof. Dr. Bernhard Roths Empfehlungen lassen mich eher an Menschenexperimente denken und die gab es auch im Nationalsozialismus, also rein von jeglicher Idee von Ethik!
      Nein, sorry, aber das ist wirklich absolut übertrieben.
      Bitte sei so gut und unterlasse zukünftig solche Analogien. Das brauchen wir auch nicht. Dr. Bernhard Roth propagiert auch keine Menschenversuche, er führt gar keine Studien aus. Er beruft sich nur auf geringe und fragwürdige wissenschaftliche Literatur /(Studien anderer, die allerdings sehr wohl ethisch äußert fragwürdig sind) um damit dann gewisse vermeintliche "Änasethieverfahren" als effektiv oder effektiver als sie sind zu bewerben.

      Bitte nicht in den falschen Hals bekommen. Ich bin dir sehr dankbar, dass Du mich und viele andere auf diesen Artikel aufmerksam gemacht hast.