Beschneidung mit 5 Jahren, leider oder zum Glück keine Erinnerung daran.

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    • Beschneidung mit 5 Jahren, leider oder zum Glück keine Erinnerung daran.

      Hallo zusammen,

      vorweg muss ich sagen, dass es mich erfreut hat wie respektvoll in diesem Forum miteinander umgegangen wird.

      Was wahrscheinlich auch der Grund ist warum ich meine Geschichte erzählen möchte.

      Ich war damals fast 6 Jahre alt und habe bis heute keine Erinnerung an das Ereignis noch an die Schmerzen danach.
      Habe mich überhaupt mit dem Thema Beschneidung erst mit 27 Jahren auseinandergesetzt.
      Wenn ich so darüber nachdenke kann ich sehr gut verstehen warum sich so viele Betroffene nicht zu Wort melden.
      Hatte bis mich mit 14 Jahren ein damaliger Schulkamerad in der Dusche auf meine Beschneidung angesprochen hatte keine Probleme.
      Ich muss dazu sagen, dass er sich nicht abfällig geäußert hat. Nur ich wußt bis dahin gar nicht was er überhaupt meint. Hatte mich dann informiert was es damit auf sich hat.
      Schlug es damals nur kurz nach und informierte mich auch nicht weiter. Eigenartig war nur, dass ich seit dieser Zeit extreme Probleme hatte mit anderen zu duschen oder auch nur eine öffentliche Toilette zu benutzen wenn andere dabei waren. Hatte mich zudem mit 14 Jahren verliebt, nur waren meine Gefühle für sie nach diesem Ereignis fast nicht mehr existent. Außerdem haben sich bei mir Bilder eingeschlichen, wie mein Penis abgeschnitten wird. Es waren keine Erinnerungsbilder nur irgendwie die Vorstellung von so einem Ereignis.
      Seit dieser Zeit "kämpfe" (ich muss es fast so ausdrücken) ich um meine Männlichkeit und auch gegen die Vorstellung entmannt worden zu sein.

      Zur damaligen Zeit konnte ich mir auf all das keinen Reim bilden. Seit dem ich mich jedoch damit auseinandersetze wird mir so einiges klarer.

      Bin heute um einiges gefestigter und habe auch wieder zumindest teilweise erfreuliche Empfindungen.

      Sehr gut hat mir der Beitrag von Traubenzucker gefallen "Meine Beschneidung als neugeborenes Kind".
      Es hört sich wirklich komisch an aber es hilft wenn man sich selbst vergiebt und natürlich auch den vermeintlichen Verursachern.

      Danke für's zuhören/lesen.
    • Willkommen, mein Lieber.

      Sehr interessant an deinem Beitrag ist die Meldung, dass alleine eine Bemerkung eines Schulkameraden dich aus dem Gleis geworfen hat. Kurz vorher war die Welt noch in Ordnung.
      Scheint übrigens häufiger vorzukommen, dass das körperliche Trauma gar nicht so präsent ist, jedoch alleine der Blick und die Beurteilung anderer schon ein Trauma auslösen können.


      An deiner netten Bemerkung über den Stil des Umgangs miteinander, merke ich wie nahe Respekt und Empathie beieinander liegen.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Hallo Guy,

      stimmt, ist irgendwie ziemlich interessant. Ich weiß jedoch nicht mehr ob die Beurteilung von dem Schulkameraden oder, dass ich mich über das Thema informiert habe etwas ausgelöst hat.

      Glaube auch, dass Respekt und Empathie zusammen gehören. Meine Erfahrung ist die, dass man zwar verstandesmäßig etwas nachempfinden kann jedoch nur das was anhand des eigenen schon erlebten Gefühlsspektrums eben vorhanden ist.
    • Einige Gedanken ...

      Hallo!

      Du schreibst:

      Ich weiß jedoch nicht mehr ob die Beurteilung von dem Schulkameraden oder, dass ich mich über das Thema informiert habe etwas ausgelöst hat.


      Was hast Du denn an Informationen bekommen, als Du anfingst, Dich mit dem Thema zu befassen? Wo und wie hast Du Dich informiert und was hat Dich von diesen Informationen emotional am meisten berührt? Was ist im Gedächtnis „hängengeblieben“?

      Ich denke, Du machst es genau richtig: Du suchst nicht nach Schuld, sondern nach Erklärungen. Du hältst Dich nicht mit der Vergangenheit auf, sondern schaust in die Zukunft.

      Was denkst Du denn, was man in Zukunft in Bezug auf andere, heutige Jungen besser machen könnte? Was hättest Du Dir für Dich selbst gewünscht, damals, mit 14 oder schon früher?

      Du schreibst, der andere Junge hat sich damals nicht abfällig geäußert, trotzdem hat die Frage Dir bewusst gemacht, dass „etwas“ anders ist bei Dir.

      "Leider oder zum Glück keine Erinnerung daran"


      Leider, weil Dir niemand etwas erklärt hat und zum Glück, weil Dir damit möglicherweise ein Trauma erspart geblieben ist – so verstehe ich die Überschrift.

      Trotzdem hat der Moment, in dem Dir dein Anderssein bewusst wurde, Dein Leben zumindest vorübergehend aus dem Gleichgewicht gebracht.

      Eigenartig war nur, dass ich seit dieser Zeit extreme Probleme hatte mit anderen zu duschen oder auch nur eine öffentliche Toilette zu benutzen wenn andere dabei waren. Hatte mich zudem mit 14 Jahren verliebt, nur waren meine Gefühle für sie nach diesem Ereignis fast nicht mehr existent.


      Na ja, wahrscheinlich hast Du Dich geschämt. Auch hier ist die Frage: Woher kam das plötzlich? Woher kommt denn Scham? Aus den Informationen, die Du gewonnen hast?

      Interessant ist, dass viele Jungen und Männer Ähnliches berichten, dass aber in den teilweise auch heute noch gängigen Ratgebern, Aufklärungsmaterialien u. ä. – im krassen Gegensatz zur Wirklichkeit – Beschneidung, Zirkumzision oder die „Phimose-OP“ durchweg verharmlost werden. Psychische Folgen werden oft gleich ganz ausgeschlossen oder in Frage gestellt.

      Zu den Bildern, die Du siehst, kann ich nichts sagen. Da fehlt mir wohl das psychologische Wissen. Das wäre aber vielleicht etwas für einen Psychologen (Schreib doch mal an Prof. Dr. Matthias Franz. Vielleicht kann er Dir das erklären), zumal Du damals ja schon 14 warst, also 8 Jahre seit der OP keinerlei Probleme hattest.

      Du schreibst, dass Du plötzlich keine Gefühle mehr für Deine damalige Freundin empfunden hast und Du schreibst auch, dass Du seither um Deine Männlichkeit kämpfst. Ich will Dich nicht aushorchen (Du kannst gerne auch per PN antworten), aber mich würde interessieren, wie sich dieser Kampf dargestellt hat, wie man sich dieses „Kämpfen“ vorstellen muss.

      Es heißt immer, Beschneidung solle man vor allem in der sogenannten „ödipalen Phase“ vermeiden, also bei 3 – 5-jährigen Jungen, weil in diesem Alter die geschlechtliche Identifikation als Junge stattfindet – der Penis wird sozusagen zum Erkennungszeichen eines Jungen. Du warst damals zwar nicht viel älter; die Identitätskrise trat aber erst mit 14 auf! Das bedeutet, dass das männliche Selbstbild und Selbstbewusstsein natürlich auch noch später, eigentlich immer, etwas mit gesunden, intakten Genitalien zu tun hat.

      Glaube auch, dass Respekt und Empathie zusammen gehören. Meine Erfahrung ist die, dass man zwar verstandesmäßig etwas nachempfinden kann jedoch nur das was anhand des eigenen schon erlebten Gefühlsspektrums eben vorhanden ist.


      Dazu sage ich mal: Jein!

      Natürlich kann jemand, der etwas selbst erlebt hat, besser urteilen und sich auch besser einfühlen. Ich kenne aber z. B. inzwischen auch ganz viele Frauen (Mütter), die leidenschaftlich für die körperliche Unversehrtheit von Jungen allgemein und ihrer Söhne im Besonderen eintreten. Sie können das, was wir erlebt haben, zwar nicht aus eigener Erfahrung nachempfinden, aber sie betrachten die Unterschlagung wesentlicher Informationen zur Beschneidung oder häufig falsche oder oberflächliche Aufklärung über deren mögliche Folgen als (versuchten) Angriff auf ihr Kind. Und eine Mutter, die herausfindet, dass man ihr etwas als Wohltat (Kindeswohl) verkauft hat, dass ihrem Kind in Wirklichkeit schadet - oh oh! Armer „Wohl“-TÄTER...!

      LG Mario
      „Wer nichts weiß, muss alles glauben.“ (Marie von Ebner-Eschenbach)
    • Hallo Mario,

      ok das ist ziemlich viel Stoff für mich zum auseinandersetzen, aber danke für Deinen Ausführlichen Beitrag es ist wie Du sagst wichtig nach Erklärungen und Möglichkeiten zu suchen anstadt nur nach Schuldigen.
      Was hast Du denn an Informationen bekommen, als Du anfingst, Dich mit
      dem Thema zu befassen? Wo und wie hast Du Dich informiert und was hat
      Dich von diesen Informationen emotional am meisten berührt? Was ist im
      Gedächtnis „hängengeblieben“?
      Das ist etwas schwierig zu beschreiben ich weiß nicht mehr ob mich das damals mit 14 Jahren so sehr berührt hat. Es ist allerdings so dass ich mit 27 Jahren eine Therapie gemacht hatte und eine Psychologin mir erklärte dass (möchte nicht alles schreiben) einige meiner Probleme wahrscheinlich von meiner Beschneidung herüren. Ist selbst heute so dass ich nicht so ganz an dieses Thema emotional herankommen. Ich habe es z.B. noch nicht geschafft mir ein Video von einer Beschneidung zuende anzusehen. Ok, ist auch etwas ziemlich extremes.
      Was denkst Du denn, was man in Zukunft in Bezug auf andere, heutige
      Jungen besser machen könnte? Was hättest Du Dir für Dich selbst
      gewünscht, damals, mit 14 oder schon früher?
      Ist nicht ganz einfach zu beantworten da ich damals die Beschneidung nicht wirklich bewusst als Problem angesehen hatte. Mir war auch nicht bewusst, dass diese Über-/Unterreizung, Missempfindungen usw. überhaupt etwas mit meiner Beschneidung zu tun haben könnten. Heute glaube ich, dass das wichtigste (zumindest wenn der Schaden schon entstanden ist) die Aufklärung und das offene Gespräch der Eltern ist, auch wenn ich selber noch weiß, dass ich damals sicher nicht darüber sprechen wollte kann es denke ich schlimmeres verhindern. Ich glaube heute nämlich dass ich als Kind mir selbst eine Erklärung suchen hab müssen was da mit mir passiert ist und das ganze vielleicht auch als Strafe gesehen habe oder... . Genau weiß ich das allerdings nicht.
      Du schreibst, der andere Junge hat sich damals nicht abfällig geäußert,
      trotzdem hat die Frage Dir bewusst gemacht, dass „etwas“ anders ist bei
      Dir.
      Stimmt, ich war glaub ich ziemlich irritiert.

      Leider, weil Dir niemand etwas erklärt hat und zum Glück, weil Dir damit
      möglicherweise ein Trauma erspart geblieben ist – so verstehe ich die
      Überschrift.



      Trotzdem hat der Moment, in dem Dir dein Anderssein bewusst wurde, Dein
      Leben zumindest vorübergehend aus dem Gleichgewicht gebracht.
      Leider weil ich eher ein Sachtyp bin und es mir daher Lieber ist wenn ich weiß womit ich es zu tun hab. Woher z.B. meine Wut kommt, warum mich mein Mutter nicht wirklich in den Arm nehmen kann woher die Missempfindungen kommen... . Ihr seht es ist schwierig für jemanden der nicht 100%ig sagen kann: Diese scheiß Beschneidung ist an allem Schuld. Wäre mir manchmal Lieber, nur müsst ich sollte es der Fall sein auch mit diesen Bildern Leben und deshalb "zum Glück".
      Na ja, wahrscheinlich hast Du Dich geschämt. Auch hier ist die Frage:
      Woher kam das plötzlich? Woher kommt denn Scham? Aus den Informationen,
      die Du gewonnen hast?
      Würde ich gerne eindeutig Beantworten. Hat aber mit Sicherheit auch sehr stark mit Scham zu tun.

      Interessant ist, dass viele Jungen und Männer Ähnliches berichten, dass
      aber in den teilweise auch heute noch gängigen Ratgebern,
      Aufklärungsmaterialien u. ä. – im krassen Gegensatz zur Wirklichkeit –
      Beschneidung, Zirkumzision oder die „Phimose-OP“ durchweg verharmlost
      werden. Psychische Folgen werden oft gleich ganz ausgeschlossen oder in
      Frage gestellt.
      Hat man ja bei der Politikdebatte gut mitbekommen dass das ganze Politisiert wird. Wenn ich mir vorstelle ich wäre ein Arzt der hunderte von Beschneidungen durchgeführt hat. Wie kann es mir möglich sein mir selbst einzugestehen so viel Leid verursacht zu haben. Da muss man schon sehr gefestigt sein.

      Zu den Bildern, die Du siehst, kann ich nichts sagen. Da fehlt mir wohl
      das psychologische Wissen. Das wäre aber vielleicht etwas für einen
      Psychologen (Schreib doch mal an Prof. Dr. Matthias Franz. Vielleicht
      kann er Dir das erklären), zumal Du damals ja schon 14 warst, also 8
      Jahre seit der OP keinerlei Probleme hattest.
      War nicht ganz Problemlos bis zu meinem 14 Lebensjahr. Ich habe meine Eltern mit ca. 7 Jahren immer wieder von einem eigenartigen "tuen" aus der Ginitalgegengen berichtet das nur etwas zu lindern war indem ich urinierte. Waren so wie ich das heute Sehe Überreizungen die ich irgendwie verarbeiten musste. Wobei ich mich auch nicht mehr an eine wirkliche Sexualität in diesem Alter bis zu meiner Pupertät erinnern kann obwohl ich diese eigentlich mit 3 Jahren entdeckt hatte.

      So jetzt brauche ich eine Pause.

      Danke auch hier für's zuhören/lesen

      LG Wavediver
    • Mit 14 wurdest Du zum ersten Mal darauf angesprochen, dass bei Dir etwas anders war. Und wenn man dann nachliest, dass wahrscheinlich infolge einer „Krankheit“ namens Phimose etwas abgeschnitten wurde, kann es schon sein, dass man sich vor anderen schämt die noch alles dran haben. Wir leben nun einmal in einer Welt in der alle perfekt sein müssen.

      Gott sei Dank haben aber die meisten Menschen die Fähigkeit, sich mit ihrem Schicksal abzufinden, oder es auch positiv zu sehen. Viele sind sogar stolz auf ihren beschnittenen Penis. Das ist Geschmacksache. Entmannt wurde man ja dadurch nicht. Aber möglicherweise wurde dadurch das sexuelle Empfinden reduziert. Es bleibt natürlich die Frage, wie wäre letzteres, wenn ich nicht beschnitten worden wäre?

      Ich kann Dir nur wünschen, dass Deine teilweise erfreulichen Empfindungen mehr werden, und Du mit Deinem besten Stück wieder zu Recht kommst. Viele behaupten ja, wir Beschneidungsgegner wollen Beschnittenen einreden, dass sie sexuelle Probleme hätten. Das wollen wir natürlich nicht. Wir wollen nur verhindern, dass Kinder zwangsweise beschnitten werden, und dass endlich wahrgenommen wird, dass eine Beschneidung zu ernsthaften physischen und psychischen Problemen führen kann. 90% der medizinischen Beschneidungen (wegen angeblicher Phimose) sind unnötig und die nicht medizinisch indizierten sowieso …