Das heißgeliebte Urologen-Portal

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    • Das heißgeliebte Urologen-Portal

      Grüezi,

      ich kann ja meinen Schnabel nicht halten. Konnt ich noch nie. ;)
      Und als ich über das Urologen-Portal gestolpert bin, hab ich mir fast ein Loch in den Bauch geärgert. Fehlinformation, Falschinformation und teilweise hoch veraltete Positionen. Aber wie sagte schon meine Großmutter? Ärger dich nicht im stillen, lass es raus.

      Habbsch gemacht. Ich hab mir eine falsche Flagge genäht und hab dann mal beim Urologen-Portal freundlich angeklopft:

      ****
      Sehr geehrte/r Herr Mustermann,

      durch Zufall bin ich in ihrem Urologenportal über die Beschneidungsinformationen gestolpert und habe dazu einige Fragen, möglicherweise können sie die an die Autoren weiterleiten? Mein kleiner Sohn soll möglicherweise aufgrund einer Phimose beschnitten werden (er ist zwei) und bevor ich mich entscheide, möchte ich sicher sein, dass ich die beste Entscheidung in seinem Sinne treffe.

      1. die Autorinnen behaupten, dass 90% der Kinder im Alter von einem Jahr die Vorhaut komplett zurückziehen können. Wäre es möglich, hier einen Quellennachweis zu benennen? Ich bin bei meinen Recherchen auf die physiologische Phimose gestoßen, aber die Alterszahlen waren ganz andere, die ich da gefunden habe. Woher kommen die Altersangaben der Autoren?

      2. Das Ballonnieren wurde als Beschneidungsgrund angegeben. Mein Kinderarzt sagte mir, dass wäre ein völlig normaler und vorübergehender Befund, weil sich die Vorhaut teilweise gelöst hätte, die vordere Öffnung aber noch nicht entsprechend geweitet hätte. Der Kinderurologe riet zur sofortigen Beschneidung. Wer hat recht?

      3. Was halten die Autoren von der Triple Inzision, also der vorhauterhaltenden Vorhautplastik?

      4. wie häufig kommen diese wiederkehrenden Harnwegsinfekte bei männlichen Säuglingen eigentlich vor? Ehrlich gesagt, war das bei keinem der Jungs, die ich gesehen hatte, der Fall. Aber mindestens 2 wurden beschnitten, um diese Infekte zu verhüten?

      5. Die Autoren schreiben, dass die Beschneidung ein komplikationsarmer Eingriff ist.
      Bei meinen Google-Recherchen bin ich aber mehrfach darüber gestolpert, dass alleine in den USA um die 100 Kinder jedes Jahr daran sterben, und in den Nachrichten sah ich jetzt mehrfach Fälle, wo der Beschneider verklagt wurde, weil er das Kind schwerst verstümmelt hat. Das klingt in meinen Ohren nicht nach "komplikationsarm"?

      6. Laut den Autoren hätten Männer über verstärkte Orgasmen nach der Beschneidung berichtet. Gibt es Studien dazu? Während die andere Argumente alle sehr durchdacht und fundiert wirken, ist dieses so seltsam "out of place", anders als bei den anderen Argumenten wird hier mit "Hörensagen" argumentiert.

      Verstehen sie mich nicht falsch, ich will die Kompetenz der Autoren nicht anzweifeln. Aber ich muss die Entscheidung treffen, ob ich meinen Sohn dieser Operation unterziehen soll. Und wenn man einen Körperteil entfernt, bekommt man ihn nicht zurück. Mein Kinderurologe meinte, es wäre nur ein Stückchen haut und er würde nichts vermissen. Mein Kinderarzt sagt das Gegenteil und ich weiß derzeit nicht, wem ich trauen soll.

      Soweit ich es verstehe, soll die Entscheidung in informierter Zustimmung getroffen werden. Aber wenn die Informationen falsch sind, habe ich allenfalls noch das Recht, den Arzt zu verklagen. Meinem Sohn wurde dann womöglich jedoch bereits unwiderruflich Schaden zugefügt. Sie verstehen vielleicht, dass ich das vermeiden möchte.
      Über weitere Informationen wäre ich hier wirklich sehr dankbar.

      Mit freundlichen Grüßen

      ME
      ******

      Womit ich nicht gerechnet habe: Das ich eine Antwort bekomme. Kommt im nächsten Schritt, sonst wirds unübersichtlich.
    • Und hier die (von mir hoffentlich gut anonymisierte) Antwort vom Urologen-Portal:

      *******

      gerne nehme ich zu Ihren Fragen, die mir von unserer Pressestelle übermittelt wurden Stellung, soweit das ohne Untersuchung Ihres Kleinen möglich ist - ich stelle die Antworten dirket unter die Fragen.


      Ich hoffe, Ihnen damit ein paar Hilfen zur Entscheidungfindung geben zu können und empfehle Ihnen ggf. folgendes Video dazu:


      springermedizin.de/video-relig…derjaehriger/3541410.html


      Sehr geehrte durch Zufall bin ich in ihrem Urologenportal über die Beschneidungsinformationen gestolpert und habe dazu einige Fragen, möglicherweise können sie die an die Autorinnen weiterleiten? Mein kleiner Sohn soll möglicherweise aufgrund einer Phimose beschnitten werden (er ist zwei) und bevor ich mich entscheide, möchte ich sicher sein, dass ich die beste Entscheidung in seinem Sinne treffe.


      1. die Autoren behaupten, dass 90% der Kinder im Alter von einem Jahr die Vorhaut komplett zurückziehen können. Wäre es möglich, hier einen Quellennachweis zu benennen? Ich bin bei meinen Recherchen auf die physiologische Phimose gestoßen, aber die Alterszahlen waren ganz andere, die ich da gefunden habe. Woher kommen die Altersangaben der Autoren?


      Die Prozentzahl ist eine Schätzung, da es keine verläßliche Statistiken gibt, für Ihren Sohn aber auch ohne Bedeutung. Tatsächlich besteht nach der Geburt eine natürliche Enge, die - so von der Natur vorgesehen - die Benutzung der Eichel mit Urin verhindern soll, etwa bis zum 3. Lebensjahr, bis die Jungs überwiegend trocken sind.


      2. Das Ballonnieren wurde als Beschneidungsgrund angegeben. Mein Kinderarzt sagte mir, dass wäre ein völlig normaler und vorübergehender Befund, weil sich die Vorhaut teilweise gelöst hätte, die vordere
      Öffnung aber noch nicht entsprechend geweitet hätte. Der Kinderurologe riet zur sofortigen Beschneidung. Wer hat recht?



      Das Ballonieren der Vorhaut beim Urinlassen ist ebenso ein natürlicher Vorgang, solange eine gewisse Enge besteht, und allein kein Grund zur Beschneidung.


      3. Was halten die Autoren von der Triple Inzision, also der vorhauterhaltenden Vorhautplastik?


      Kann ich nicht sagen, weil ich nicht der Autor bin. Aus eigener (selbst habe ich etwa 1500 Circumcisionen durchgeführt) und fremder Erfahrung kann ich Ihnen von einer vorhauterhaltenden Operation nur abraten, da dabei ein etwa 30%iges Risiko einer durch Narbenbildung erneut nowtwendigen Operation besteht. Da weder kosmetisch (Frauen kennen den männlichen Penis hauptsächlich im erigierten Zustand ohne Vorhaut) noch von der Funktion her Nachteile bestehen, meine ich, dass Kinder nicht unnötig wiederkehrenden Operationen unterzogen werden sollten. Selbst habe ich einen meiner Söhne nach der "klassischen" Technik beschnitten.


      4. wie häufig kommen diese wiederkehrenden Harnwegsinfekte bei männlichen Säuglingen eigentlich vor? Ehrlich gesagt, war das bei keinem der Jungs, die ich gesehen hatte, der Fall. Aber mindestens 2 wurden beschnitten, um diese Infekte zu verhüten?

      Ein Zusammenhang zwischen Vorhautenge und Harnwegsinfekten ist nicht nachgewiesen und auch ncht nachzuvollziehen. Eichel und Vorhaut sind immer keimbesiedelt (das muss auch so sein), was aber nicht bedeutet, dass dadurch eine Harnwegsinfektion entsteht, da die Keime erst durch die relativ lange männliche Harnröhre in die Prostata oder Blase gelangen und erst dort eventuell Infekte verursachen. Eine Blasenentzündung ist bei Männern übrigens eine absolute Rarität, eher entzündet sich die Prostata. Nicht selten werden Keime von der Vorhaut/Eichel, die man im Urin findet, mit einer Harnwegsinfektion in Zusammenhang gebracht. Ohne Schmerzen beim Wasseerlassen und/oder Fieber gibt es keinen Grund, Bakterien im Urin zu behandeln.


      5.Die Autoren schreiben, dass die Beschneidung ein komplikationsarmer Eingriff ist. Bei meinen Google-Recherchen bin ich aber mehrfach darüber gestolpert, dass alleine in den USA um die 100 Kinder jedes Jahr daran sterben, und in den Nachrichten sah ich jetzt mehrfach Fälle, wo der Beschneider verklagt wurde, weil er das Kind schwerst verstümmelt hat. Das klingt in meinen Ohren nicht nach "komplikationsarm"?

      Es gibt - wie bei jeder Operation - mögliche Komplikationen; in Deutschland sind mir allerdings keine Todesfälle bekannt. Geringergradige Blutungen, manchmal auch Engen am Harnröhrenausgang können auftreten, sind aber beherrschbar. Die Todesfälle in den USA beruhen ganz überwiegend auf nicht ärztlich-fachgerecht durchgeführten Eingriffen, durch Infektionen wegen unsteriler Instrumente, fehlerhafte Narkosen etc.


      6.Laut den Autoren hätten Männer über verstärkte Orgasmen nach der Beschneidung berichtet. Gibt es Studien dazu? Während die andere Argumente alle sehr durchdacht und fundiert wirken, ist dieses so
      seltsam "out of place", anders als bei den anderen Argumenten wird hier mit "Hörensagen" argumentiert.



      Leider oder Gott sei Dank ändert sich das sexuelle Empfinden nach einer Beschneidung nicht - das ist in den Bereich der Legende einzuordnen. Die Eichel bleibt nach dem Eingriff ein paar Wochen empfindlicher und passt sich dann der "normalen" Sensibilität an.


      Verstehen sie mich nicht falsch, ich will die Kompetenz der Autoren nicht anzweifeln. Aber ich muss die Entscheidung treffen, ob ich meinen Sohn dieser Operation unterziehen soll. Und wenn man einen Körperteil entfernt, bekommt man ihn nicht zurück. Mein Kinderurologe meinte, es wäre nur ein Stückchen haut und er würde nichts vermissen. Mein Kinderarzt sagt das Gegenteil und ich weiß derzeit nicht, wem ich trauen soll.



      Kommentar: Wenn der liebe Gott(oder für Atheisten: die Natur) - und das meine ich durchaus ernst - die Vorhaut für überflüssig gehalten hätte, hätte er (oder sie) sie im Laufe der Evolution abgeschafft. Wenn Ihr Sohn meiner wäre, würde ich ihn nach dem, was sie geschildert haben, nicht beschneiden lassen. Im Alter von zwei Jahren ist eine Beschneidung extrem selten, und wenn, dann nur notwendig, wenn er unter immer wiederkehrenden eitrigen Entzündungen mit Schmerzen leidet. Sollte das nicht der Fall sein, würde ich ihn etwa 6 Monate vor der geplanten Einschulung noch einmal von einem Urologen Ihres Vertrauens ansehen lassen, um - falls dann notwendig - eine Beschneidung vor Einschulung planen zu können, um in der Phase der beginnenden Schulzeit eine "Diskriminierung" durch andere Schüler zu vermeiden - in dem Alter fängt die Seele der Jungs an, sich für ihre Genitalien zu schämen, ebenso unsinnig wie kompliziert, aber so sind nun einmal die Jungs.

      Eins ist sicher: die Vorhaut ist deutlich mehr als nur ein Stück Haut - und es muss (wie übrigens überall am menschlichen Körper) ein guter Grund vorliegen, irgendetwas am Menschen zu entfernen. Dies ist übrigens Ärzten in Deutschland auch gesetzlich vorgegeben bw. verboten.

      ********

      Und bevor ihr euch aufregt, guckt bitte meine Antwort - auf die ich aller Wahrscheinlichkeit nach KEINE Antwort mehr erhalten werde ;)
    • Und last but not least meine Antwort an den zuständigen Arzt, auf die ich, ehrlich gesagt, keine Antwort mehr erwarte. ;)

      *****************

      ich danke ihnen für die Informationen und finde es nur fair, wenn ich die Scharade jetzt auflöse. Nein, den angenommenen Sohn gibt es nicht - und selbst wenn es ihn geben würde: Beschnitten würde er zu KEINER Zeit und niemals. Allerdings bin ich äußerst stark in der Abschaffung der Beschneidung engagiert. Und leider ist die Aussage, das in meinem Bekanntenkreis mindestens zwei Junge beschnitten wurden, weil die Mütter Infektionen verhindern wollten, richtig. Die Jungen waren 4 Monate alt bzw. 1 Jahr als sie beschnitten wurden und das ganze war der pure Horror mit anzusehen. Wenn ich noch *irgendeinen* Zweifel gehabt hätte, nach dem, was die Kinder durchmachen mussten, wäre jeder dagegen eingestellt gewesen. Aber ich hatte einen anderen Grund, sie, bzw. das Urologenportal anzuschreiben. Denn hier sind viele Informationen schlichtweg falsch bzw. sehr veraltet und das kann zu einer erhöhten Beschneidungsfrequenz von Kindern führen, weil die Eltern glauben, dass Probleme vorliegen, wo keine sind.

      Soviel zur Laienmeinung. Aber es gibt auch fachspezifisches. Ich nehme nicht an, dass sie sich mit mir auf eine Diskussion einlassen werden, da ich kein medizinisches Fachpersonal bin (das ist der Grund, warum ich übrigens diese Scharade aufgeführt habe, sonst wäre erfahrungsgemäß überhaupt keine Antwort gekommen).

      Ihr Interview halte ich für stringent, gut begründet und sehr klar gegen die Beschneidung aus nicht medizinischen Gründen positioniert und fand es im übrigen sehr gut. Ihre Antworten auf meine Fragen zum Teil allerdings weniger. Und ich kann das begründen. Und vielleicht bekomme ich ja doch eine Antwort?

      Zu 1: Physiologische Phimose

      Gemäß dem Flyer des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte ist das durchschnittliche Alter, ab dem eine Vorhaut zurückziehbar sein sollte, 10,4 Jahre. Durchschnittlich, das heißt, das kann auch durchaus später erfolgen. Die Kinderärzte propagieren: Solange es keine Probleme gibt, gibt es keinen Grund zur Beschneidung. Insbesondere die massive Zunahme der Beschneidungen zur Einschulung aufgrund einer Phimose ist laut den Kinderärzten völlig unnötig. Diese physiologische Phimose löst sich den Kinderärzten zufolge aufgrund von Reifungsvorgängen und durch die Hormonumstellung im Laufe der Pubertät. 3 Jahre, wie von ihnen genannt, ist in dem Zusammenhang eine völlig entgegenlautende Annahme. Wie kommt es zu dem Zeitpunkt "3 Jahre"?

      kinderaerzte-im-netz.de/bvkj/p…om-0161_Vorhautbrosch.pdf
      kinderaerzte-im-netz.de/bvkj/a…ow.php3?id=4492&nodeid=26

      Zu 2: Ballonieren:
      DANKE. Sie sind buchstäblich der erste Urologe, den ich gesprochen habe, der das nicht für einen krankhaften Zustand hielt.

      Zu 3: Triple Inzision:

      Sie raten zur Radikalzirkumzision, weil die Triple Inzision Probleme birgt aufgrund der Narbenbildung. Es gibt Ärzte, die sagen, dass man diese Technik beherrschen muss, sonst gibt es in der Tat Probleme. Aber mehr Sorgen macht mir ihre These, dass beschnittene Männer keine Funktionseinbußen zu befürchten haben. Und ich fürchte, hier muss ich ihnen widersprechen. Als 44jährige Frau WEISS ich, dass es Funktionseinbußen gibt, da ich beides kenne: Beschnittene und intakte Sexualpartner.

      Der Sex mit den beschnittenen Partnern war schmerzhaft, rauh und beinahe gewalttätig. Die Männer mussten immer stärker ran. Ich hatte permanent ein Trockengefühl und war auch nach kurzer Zeit wundgerieben. Inzwischen weiß ich: Das liegt definitiv an der Beschneidung. Der Gleitmechanismus der Vorhaut ist weg. Beim Beischlaf schiebt sich beim zurückziehen die Vorhaut über die Eichel, sie liegt eng an der Scheidenwand an. Das System Vagina/Vorhaut/Eichel ist durch die Natur aufeinander abgestimmt, die Feuchtigkeit, die die Eichel produziert, wird auch benötigt, damit der Sex entsprechend sanfter ist. Hinzu kommt, dass die Vorhaut das empfindlichste Teil am männlichen Genital ist. Ist sie weg, spüren die Männer nur noch wenig, da die sensorischen Zellen auf der Eichel keine Tastempfindlichen Zellen sind, sondern eher mit "Schmerz" in Verbindung gebracht werden.

      Aber das führt mich direkt zu:

      Punkt 4: Sensorische Deprivation

      Es gibt inzwischen viele Webseiten, die sich mit Vorhautwiederherstellung beschäftigen. Sei es Devices wie der DLCtugger, oder Senslip für die Männer, die zu radikal beschnitten wurden, um die Restvorhaut verlängern zu können oder die die mehrjährige Prozedur nicht über sich ergehen lassen wollen.

      Es gibt Foren, die sich mit dem Thema "Folgen der Beschneidung" beschäftigen. Und die Geschichten der Männer gleichen sich: Die Eichel keratinisiert, da die schützende Vorhaut fehlt. Die Keratinisierung geht einher mit einer zunehmenden Unempfindlichkeit, die nicht aufhört, nachdem es nicht mehr unangenehm ist, sich Unterwäsche anzuziehen.

      Die Berichte der Betroffenen, die entweder eine De-Keratinisierung der Eichel betreiben oder aber Vorhautwiederherstellung gleichen sich wie ein Ei dem anderen: Vorher nahezu völlige Taubheit und hinterher eine hundertprozentige Verbesserung der Situation durch die Rückkehr der Empfindsamkeit. Sex begann wieder Spaß zu machen und bei einigen konnten selbst Spätfolgen wie die sexuelle Dysfunktion wieder rückgängig gemacht werden. Nur psychologische Fälle? Eher nicht, wie die Studie von Bronselear et. al. zeigt (eine ins Deutsche übersetzte Version dieser Studie kann ich ihnen gerne zukommen lassen):

      onlinelibrary.wiley.com/doi/10…06CBDBC0C6E07498A7.f03t01

      Sie widersprechen sich übrigens in einem Punkt, auch wenn das nicht sehr augenfällig ist:

      Leider oder Gott sei Dank ändert sich das sexuelle Empfinden nach einer Beschneidung nicht - das ist in den Bereich der Legende einzuordnen. Die Eichel bleibt nach dem Eingriff ein paar Wochen empfindlicher und passt sich dann der "normalen" Sensibilität an.
      Wenn der liebe Gott(oder für Atheisten: die Natur) - und das meine ich durchaus ernst - die Vorhaut für überflüssig gehalten hätte, hätte er (oder sie) sie im Laufe der Evolution abgeschafft.

      WENN die Vorhaut eine Funktion hat, dann *KANN* das Empfinden nach Entfernen derselben nicht mehr dasselbe sein, weil die Funktion dann entfallen ist. Und weil etwas WENIGER ist, kann es nicht MEHR vom Empfinden her sein - oder auch nur GLEICH.

      Weitere Betroffenenberichte kann ich ihnen gerne ebenfalls auf Wunsch zukommen lassen.

      Was ihre Annahme betrifft, dass in den USA überwiegend unsteril operiert wird: Nein, wird es nicht. Es wird dort die RIC betrieben, die Routine Infant Circumcision. Die Babies werden bis maximal 24 Stunden nach der Geburt beschnitten, ohne Betäubung (Succhrose pacifier, also Zuckerschnuller fällt bei mir nicht unter "Betäubung", wird aber als solche gewertet, weil die gequälten Kinder wie die Berserker auf dem Ding rumnuckeln, in der Hoffnung, etwas Erleichterung zu finden) und angeschnallt auf dem Circumstraint. Beschnitten wird entweder mit der Mogen- oder der Gomco-Clamp. Beide Klemmen sind leider notwendig, da die Kinder sonst verbluten, haben aber eklatante Nachteile.

      Die Säuglingsgenitalien sind verdammt klein. Und während bei der Gomco-Clamp ein durchaus normaler Nebeneffekt ist, dass man die Penisarterie anritzt, ist bei der Mogen-Clamp eine recht häufige "Nebenwirkung", dass hier die Eichel zumindest teilamputiert wird. Die Beschneidung wird in sterilem Umfeld vorgenommen, sofern es um die RIC geht. Die Kinder sterben dann an einem nichtbehandelten neurogenischen Schock, sie verbluten, entwickeln Infektionen bis hin zur Sepsis (Offene Wunde, nur mit Gaze und Vaseline bedeckt in einer warmen Windel ist nicht gerade ideal). Die religiöse Beschneidung fordert eine andere Art von Tributen: Hier sind aufgrund des Rituals der Metzitzah b'peh Herpes-Infektionen verbreitet, wenn die Mohelim das Blut vom Babypenis saugen ohne weitere Schutzmaßnahmen zu treffen. Manchmal haben diese Mohelim eine offene Herpes-Infektion, führen das Ritual in völliger Ignoranz der Probleme dennoch durch und hinterlassen einen ziemlichen Tsunami an toten und schwerst behinderten Kindern.

      Aber "mangelnde Hygiene" kann man den USA da nicht vorwerfen. Das ist - noch - kein Dritte Welt-Land.

      **********
      Ende. ;)

      Ehrlich, ich *kann* sowas nicht stehenlassen. Und wenns unwidersprochen bleibt, dann ist das doch echt... :-/
    • Danke Tantchen, das war mal wieder ein Meisterstück von Dir! :thumbsup:
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • bitte schreibe nicht

      dass durch die Folgen von Vorhautamputationen lindernde Maßnahmen eine Besserung von 100 Prozent einträte - das ist leider unmöglich. Und könnte so verstanden werden, als könnten die paar unglücklich Zwangsbeschnittenen dann ja damit beglückt werden.
      Restoring ist nur eine Hilfsmaßnahme, um wieder ein Innengewebe am Penis herzustellen, das durch die Vorhautamputation zerstört wurde. Dies führt bei vielen - aber auch nicht allen - Betroffenen zu einer Resensibilisierung der verbliebenen Hautzonen des ehemaligen Innengewebes, die durch die Zerstörung der natürlichen Physiologie des Penis trockengelegt waren.
    • Erstmal vielen, vielen Dank für deine Mühen.

      Darf ich fragen, wer die geantwortet hat?

      Welche Position hat der Antwortschreiber im Urologenportal? Ist er Webmaster oder Seitenbetreuuer, oder was sonst?
      Es war aber nicht der Autor (die ja eine Autorin und auch keine Ärtzin ist), richtig?

      Details gerne auch als PM!

      PS: Ich werde versuchen noch eine ausführliche Replik zu den sehr interessanten Ausführungen des Arztes zu sagen. Ich kann es nicht versprechen, ich habe immer so viel zu tun.

      Um es vorab zu sagen: Positiv ist, dass der Arzt so etwas wie eine medizinethnische Grundposition zu haben scheint, was nicht-medizinische Zirkumzision betritt. Leider hat er mit einigen seiner Antworten ein Fehlen von Fachkenntnis und damit auch der verfügbaren Literatur gezeigt. Er hat nach eigenen Angaben 1500 einen Körperteil entfernt, über deren Entwicklung und damit zusammenhängend über die medizinische Fachliteratur über diesen Körperteil das grundlegendste Wissen zu fehlen scheint.
    • ich glaubs nicht....

      *anticker*

      /edit
      *grummeligguckt* die Mail wurde erheblich schlecht gelaunter als geplant. *grummel*

      -------------------
      Sehr geehrter Herr Dr. Baunacke,

      Ich möchte mich kurz vorstellen, mein Name ist Kerstin Ludwig, ich bin Journalistin, Bloggerin und eine sog. "Intaktivistin" - unser Ziel ist in der Tat das Verbot jeglicher Genitalbeschneidung, solange keine medizinischen Gründe vorliegen.

      Ihre Umfrage zum Urologenportal habe ich gesehen, aber konnte diese nicht guten Gewissens abschließen, weil sie ein falsches Bild gezeichnet hätte.

      Insbesondere der Punkt "Beschneidung" hat bei mir Fragen aufgeworfen, die ich gerne geklärt hätte.

      Sie schreiben im Punkt "Beschneidung aus medizinischen Gründen" korrekterweise, dass die Vorhaut bei Kindern mit der Eichel verklebt ist ("Präputialverklebung"). Allerdings habe ich hier andere Zahlen über die freie Beweglichkeit, als sie sie haben.

      Nach meinem Wissensstand, der auch von amerikanischen Ärzten geteilt wird, ist das durchschnittliche Alter der freien Retrahierbarkeit der Vorhaut bei 10,4 Jahren. Das spricht eklatant gegen ihre Zahl, dass 90% der Jungen bereits im Alter von 3 Jahren über eine frei retrahierbare Vorhaut verfügen.

      Ich stütze mich hier auf Dr. Ryan McAllister und der NGO "Doctors opposing circumcision". Den dazugehörigen, wissenschaftlich fundierten Artikel, der auch die Altersangaben der Gairdner-Studie, auf die sich sich offenbar stützen, widerlegen, finden Sie hier:

      doctorsopposingcircumcision.org/info/retraction.html

      Die Gairdner-Studie war in der Tat die erste, die sich mit der vollständigen Retrahierbarkeit befaßt hat, aber sie war fehlerhaft, weder die Altersangaben noch die Prozentzahlen waren korrekt.

      Folgestudien haben das bewiesen.

      Weiterhin schreiben Sie, dass dass sog. "Ballooning" sowie wiederkehrende Balanitis und wiederkehrende Entzündungen der Harnwege, wenn keine andere Ursache gefunden werden kann, eine Indikation für eine Beschneidung sind.

      Auch als medizinischer Laie möchte ich ihnen hier auf das Schärfste widersprechen.

      Balanitis/wiederkehrende Harnwegsinfektionen:
      Viele Kinderärzte und Urologen erklären Eltern immer und immer wieder, dass sie die Vorhaut "vorsichtig" zurückziehen müssen, um "darunter das Smegma zu entfernen".

      Und genau DIESE Anweisungen verursacht erst diese wiederkehrenden Entzündungen, die dann unglücklicherweise nur mit einer Beschneidung gelöst werden können.

      Es fehlt hier sehr klar der deutliche Hinweis, dass aufgrund der auch von ihnen eingangs genannten Präputialverklebung die Vorhaut auf gar keinen Fall zurückgezogen werden darf. Niemals. Der *einzige* der die Vorhaut zurückzieht, ist der Junge selber, sonst niemand.

      Wenn die Präputialverklebung aufgebrochen wird, wird ein in sich geschlossenes System geöffnet. Das erzwungene Retrahieren der Vorhaut hinterläßt in den meisten Fällen eine Wunde, über die Bakterien erst eindringen können. Die Folge sind Balanitis und Harnwegsinfektionen, die in einer intakten Vorhaut nicht stattfinden.

      Schlimmer noch: Die Vorhaut kann narbig abheilen, was dann in der Tat eine Beschneidungsindikation ist.

      Ballooning:

      Ich stütze mich hier auf Doctors opposing circumcision, die die Beschneidung für kontraindiziert halten - und ich stimme ihnen hier vollen Herzens zu.

      Die Präputialverklebung erfolgt durch eine hauchdünne Membran. Diese löst sich mit hormonellen Veränderungen langsam auf, das geschieht aber nicht gleichmäßig. Auch der dünne Muskelring an der Spitze der Vorhaut wächst nicht immer mit - kindliches Wachstum ist ebenso nicht gleichmäßig.

      Solange es keine großen Probleme, wie z.B. verlängertes Harnverhalten gibt, kann man das Problem sehr gut mit Salbentherapie lösen, bei der hochdosierte Cortison- oder Steroidsalben aufgetragen werden und der Effekt der Salbe gezielt zur Dehnung genutzt wird.

      Oder man läßt es einfach so und wartet bis sich das auswächst.


      Weiterere Kritikpunkte:

      Was mir auf der gesamten Beschneidungsseite fehlt, ist, dass die radikale Zirkumzision das allerletzte Mittel sein sollte, nicht das erste, wie es ein Grundsatz bei jedem chirurgischen Eingriff ist.

      Salbentherapien, Triple Incision (wo in der Länge weggenommen wird was in der Breite fehlt): All das sind mildere, Vorhauterhaltende Mittel.

      Auch bin ich sehr verwundert, dass sie keinerlei Langzeitprobleme bei der Beschneidung erwähnen, wie z.b. dass die Vorhaut inklusive Frenulum das sensitivste Organ am männlichen Penis ist, dass die Eichel lediglich über drucksensitive Nervenenden verfügt, während die Vorhaut über sog. Fine-touch-Nervenzellen verfügt, die ähnlich sensitiv wie die Nervenzellen der Fingerbeere sind.

      Erektile Dysfunktion, schmerzhafte Erektionen, "haarige Schäfte": All das sind Komplikationen, die direkt auf die Beschneidung zurückzuführen sind.

      Sie wollen an der Stelle vielleicht auch die Studie von Sorrells et al zu Rate ziehen:

      ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17378847

      Und ergänzend hierzu vielleicht noch die Studie von Frisch et al:

      ije.oxfordjournals.org/content…06/13/ije.dyr104.abstract

      Die Beschneidung von Kindern zur Vermeidung von Krankheiten:

      Es stellt eine Verletzung der medizinischen Ethik da, präventiv Körperteile zu entfernen, weil sie sich vielleicht irgendwann in der Zukunft entzünden könnten (nicht einmal erwähnt, dass die meisten Entzündungen problemlos abheilen können).

      Wie ist ihre Stellungnahme hierzu?

      Sie haben des Weiteren in der FAQ geschrieben (ich zitiere hier):


      Hat die Beschneidung Auswirkungen auf das Liebesleben? Manche Männer berichten über verstärkte Höhepunkte beim Geschlechtsverkehr (Orgasmen). Auch vermehrte Ausdauer beim Geschlechtsverkehr wird angegeben.


      Es fehlt hier der Hinweis, dass das allenfalls in den ersten Jahren nach der Beschneidung der Fall ist. Irgendwann ist die Eichel so keratinisiert, die Haut der Eichel so verdickt, dass die Männer kaum noch etwas spüren.

      "Vermehrte Ausdauer" ist ein beschönigender Begriff dafür, dass der Mann dann länger *muss* - nicht *kann*.

      Vergleiche hierzu auch die beiden angeführten Studien Sorrells et al und Frisch et al.

      Zuguterletzt:

      Laut einer sehr aktuellen Schmerzstudie der Universität Oxford hat sich unter einem MRI-Scan gezeigt, dass Säuglinge bis zu 4x sensitiver auf Schmerzreize reagieren als Erwachsene.

      Sie haben auch eine wesentlich geringere Schmerzschwelle als Erwachsene.

      Es reicht bei Babies kein "penile Block" - der wirkt nicht. Eine örtliche Betäubung mit EMLA *kann* allenfalls oberflächlich wirken, zudem ist EMLA nicht für die Anwendung an Schleimhäuten zugelassen.

      Der Artikel ist vielleicht von Interesse:

      ox.ac.uk/news/2015-04-21-babies-feel-pain-adults

      Ich weiß, dass meine Kritik harsch ist, aber das Urologenportal ist weitflächig bekannt und Fehlinformationen hier sind fatal - wenn jemand in die Beschneidung gedrängt wird der hinterher erst feststellt, dass die Versprechungen des Portals zum Teil auf Fehlinformationen, zum Teil aber auch leider auf geschickter Rhetorik aufgebaut sind. Das ist auch keine vollständige Liste der problematischen Teile auf dem Portal, ich habe die weniger wichtigen Dinge ausgeblendet.

      Eine einmal abgetrennte Vorhaut ist abgetrennt - und kann auch mit Vorhautwiederherstellung (die inzwischen von einer stark wachsenden Gruppe beschnittener Männer betrieben wird - wie kann das sein, wenn doch "keine Auswirkungen auf das Liebesleben" folgen?) nicht ersetzt werden.

      Ich bitte Sie daher, die Informationen auf dem Urologenportal noch einmal zu überarbeiten. Sie entsprechend nicht dem medizinischen Standard, und das sollte man doch bei einem offiziellen Portal erwarten können.

      --
      Mit freundlichen Grüßen

      Kerstin Ludwig