Beschneidungsgesetz, ein Jahr danach. Unendliche Diskussionen und mein Nachtrag.

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    • Robin Urban schrieb:

      "Und letztendlich kam nach langer, langer Diskussion ein sehr entlarvender Satz – ein Satz von einem Menschen, den ich noch nie wütend gesehen habe. Aber hier kochte er regelrecht. Der Satz lautete: “Was du machst, ist im Grunde MICH abwerten, indem du sowas sagst!!”
      Ich denke, da liegt der entscheidende Punkt – und das ist auch der Grund, weshalb ich wieder davon abgekommen bin, männliche Beschneidung als “Genitalverstümmelung” zu bezeichnen. Dieser Begriff ist so maximal negativ besetzt (völlig zurecht), dass spontane Ablehnungshaltungen einfach nur vorprogrammiert sind. Wer möchte schon hören, dass er verstümmelt wurde, obwohl er sich völlig okay fühlt? Das ist definitiv ein Angriff auf den Selbstwert, der mit geradezu manischer Überkompensation gekontert wird."
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Das Thema des Begriffs "Genitalverstümmelung" ist in der Tat ein schwieriges.
      Ich bin zu der Einsicht gekommen, dass ich anderen betroffenen Männern nicht per se den Stempel "verstümmelt" aufdrücken will, es aber für mich zu manchen Zeiten in Anspruch nehme und Verständnis einfordere, wenn ich über mich selbst sage: "Ich fühle mich verstümmelt".
      So viel Empathie kann und will ich verlangen.

      Ich habe aber im Gegenzug durchaus Verständnis, wenn bei anderen Männern, vor allem jenen, die keine Probleme oder Einschränkungen verspüren, sofort die Schotten zugehen. Insofern: Vermintes Gebiet.
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Die gleichen Gründe

      sprächen dafür, dann auch nicht mehr von weiblicher Genitalverstümmelung zu sprechen.
      Sind es betroffene Frauen und Mädchen weniger Wert, dass auf ihre Gefühle Rücksicht genommen wird?

      Die Frauenbewegung hat sich klar dafür entschieden, durch sprachliche Mittel auf die Dimension der Grausamkeit dieser Handlungen aufmerksam zu machen - und das mit Erfolg.

      Wenn wir darauf verzichten, da auf sprachlicher Ebene gleichzuziehen, wird für die Öffentlichkeit immer der Eindruck bleiben, dass es bei Männern im Gegensatz zu Frauen etwas ganz anderes ist - keine Verstümmelung eben.

      Also eben nicht so schlimm.

      Natürlich muss man sich im Einzelfall immer überlegen, welche Sprache gerade zielführend ist.
      Aber mit Rücksichtnahme auf (berechtigte und verständliche) Verdrängungsmuster und Ahnungslosigkeiten von Betroffenen schaffen wir kein Problembewusstsein.

      Da haben sich die Frauen richtig entschieden.
    • Die Bezeichnung Female Genital Mutilation bzw. weibliche Genitalverstümmelung wird unter anderem von der United States Agency for International Development (USAID) kritisiert, da sie einerseits den kulturellen Hintergrund für die Praktiken ignoriere und andererseits dazu führen könne, Betroffene als „Verstümmelte“ zu stigmatisieren.[18][23][21] Auch könnten Menschen, die Abschaffungsbestrebungen mit der Kolonialzeit verbinden, die Bezeichnung FGM als abwertend empfinden und/oder in ihr ein Indiz für Kulturimperialismus sehen.[23] Umfragen hätten ergeben, dass sich Betroffene oft nicht als „Genitalverstümmelte“, sondern als beschnittene Frauen bezeichnen und „Verstümmelung“ als beleidigend und verletzend ansehen.[
      de.wikipedia.org/wiki/Genitalverst%C3%BCmmelung
    • Ich sage jedem offen ins Gesicht, dass das Verstümmelung ist. Als Begründung muss dafür alleine bereits reichen, dass 1. ein Körperteil amputiert wird und 2. ich es subjektiv als Verstümmelung empfinden würde. Das nimmt jemandem anderen ja nicht das Recht, sich nicht verstümmelt zu fühlen.

      Bereits die Definition von "Verstümmelung" zielt auf eine "negative Bewertung" ab, und die. Jemand der an Body Integrity Identity Disorder leidet und sich eine Hand amputiert, fühlt sich ja offenbar auch wohl damit. Nichtsdestotrotz würde man es klar als Verstümmelung bezeichnen.

      Ob man etwas allgemein als Verstümmelung bezeichnet hängt also nicht davon ab, ob es jemanden gibt, der das nicht als Verstümmelung ansieht, sondern davon, ob es Menschen gibt, die das tun.
    • Wir hatten das woanders schon einmal.
      Jeder, der als Kind einen reduktiven Eingriff an seinen Genitalien erfahren hat, hat alles Recht der Welt, sich selbst verstümmelt zu fühlen und sich auch so zu bezeichnen. Wenn man (männliche) Genitalbeschneidung als Phänomen betrachtet, wird die Definition von Verstümmelung objektiv selbstverständlich erfüllt.
      Aber nicht mal ein Großteil der Frauen, die erhelblich größere physische Verluste erlitten haben, fühlt sich selbst verstümmelt oder würde gar ein solches Etikett von außen akzeptieren.
      Weil mir diese individuelle Perspektive wichtiger ist, trifft es meiner Auffassung nach FGC und MGC auch besser.

      In Skandinavien hat man untersucht, wie Aufklärung über das Ausmaß ihrer physischen Verluste und Zufriedenheit mit der Sexualität bei Frauen, die als Kind FGC erlitten haben, zusammenhängen. Informierte Betroffene waren deutlich weniger zufrieden mit ihrem Intimleben (zumindest im beobachteten Zeitraum). Aufklärung hat eben ihren Preis.

      In Gegenden in Afrika, in denen FGC erfolgreich zurückgedrängt wurde, stehen die Lehrer ihren Schülern gegenüber auch in dieser Zwickmühle: Auf der einen Seite wollen und sollen sie über FGC aufklären und die intakten Mädchen bestärken, auf der anderen Seite müssen sie es den dennoch beschnittenen Mädchen irgendwie vermitteln, dass sie trotzdem noch vollwertige Frauen sind.
    • Innerhalb der internationalen, meist auf Nordamerika beschränkte Anti-Zwangsbeschneidungsbewegung Intaktivistenbewegung ist ebenfalls eine Abkehr von diesem Begriff erfolgt.

      In der Tat hat der Begriff eine wechselvolle Geschichte, wurde er in der ersten Hälfte 1990er zunächst verstärkt und demonstrativ verwendet, viel dieser Begriff auch innerhalb der Inkativistischen Bewegung in Ungnade.
    • Das ist doch ein schöner Rap:

      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      ...

      Das hat doch Rhythmus, das geht doch richtig in die Beine! ^^

      "Beschneiden", das macht man mit Pflanzen. Und das muss man regelmäßig machen, WEIL ES NACHWÄCHST.

      Am Penis wächst nichts nach.

      EOD (für mich)

      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      ...

      Bis es der letzte kapiert!

      Was steht im §226a StGB? Was steht da? Na? Na?

      VERSTÜMMELUNG!

      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      ...

      Es wird sich bei der Verstümmelung von Knaben erst dann etwas ändern wenn es allgemein üblich ist, diesen Mist genauso zu benennen wie die Verstümmelung von Mädchen.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Ich denke das Problem an solchen Begriffen - für manche Personen ist - dass sie sich gewissermaßen mit ihrer Beschneidung identifizieren - und so die Verurteilung des Vorgangs, denen sie in der Regel gewaltsam unterzogen wurden, mit einer Verurteilung ihrer Person verwechseln.
      (Also ich spreche hier von unterbewussten Vorgängen.)

      Dies steht natürlich in Zusammenhang mit dem männlichen Stolz und mit der hohen psychischen Bedeutung des Penis für die männliche Selbstwertgefühl und Identität zu tun.

      Männer wollen nicht an ihrem Penis verstümmelt oder geschädigt sein - und damit in ihrer Männlichkeit verletzt sein, selbst dann wie sie es sind.
      Deshalb können Begriffe wie Verstümmlung - aber nicht nur die sondern die Verurteilung der Beschneidung allgemein bereits Abwehrreflexe auslösen.
    • Sokrates schrieb:

      Ich denke das Problem an solchen Begriffen - für manche Personen ist - dass sie sich gewissermaßen mit ihrer Beschneidung identifizieren - und so die Verurteilung des Vorgangs, denen sie in der Regel gewaltsam unterzogen wurden, mit einer Verurteilung ihrer Person verwechseln.


      Das ist: Täter zu Opfern deklarieren. Wer sich damit identifiziert, wird es seinen Söhnen antun. Oder hat das schon getan.

      "Das Problem" ist nicht die Befindlichkeiten der Täter. Auf die kann man keine Rücksicht nehmen, wenn es um den Schutz der potentiellen Opfer geht. "Das Problem" ist das, was man Kindern antut.

      Die "Abwehrreflexe" erleben wir die ganze Zeit - egal wie weit wir denen in denen sprachlich entgegenkommen. Diese "Abwehrreflexe" gibt es seit mindestens 4.000 Jahren. Sonst gäbe es das längst nicht mehr. Diese Selbsterhaltungsmechanismen des Rituals sind doch leicht durchschaubar.

      Dafür verharmlosende, falsche Assoziationen weckende Begriffe zu verwenden - das fällt den Kindern in den Rücken.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Ich finde den Begriff " Beschneidung" keinesfalls positiv oder verharmlosend. Ich fand es niemals postiv " beschnitten" zu sein. Ganz im Gegenteil, früher zuckte ich innerlich zusammen, wenn irgendwo der Begriff " beschnitten" " beschneiden" " Beschneidung" fiel, und sei es in ganz anderem Zusammenhang. Jahrelang habe ich den Begriff selber gemieden, er kam mir kaum über die Lippen. Und es ist ja auch keinesfalls was Positives, wenn man zB von "Rechte/ Freiheiten/ Kompetenzen beschneiden" redet. Dennoch ist der Begriff insgesamt neutraler und weniger wertend als " verstümmelt" und heute macht es mir auch nichts mehr aus als " beschnitten" oder " Beschnittener" bezeichnet zu werden, ich bezeichne mich ja mittlerweile selber so. Aber " genitalverstümmelt", das ist echt heftig. Ich bitte Euch mal zu bedenken, dass viele Betroffene, jenseits aller politischen und gesellschaftlichen Debatten, im Alltag und in ihrem Sexualleben damit leben müssen. Nicht für jeden ist Vorhautrestoration ein gangbarer Weg, viele suchen nach anderen Kompensationsmöglichkeiten. Und das wird mit einer derart pauschalierten Begrifflichkeit doch sehr erschwert. Ich möchte keinem Betroffenen absprechen, sich verstümmelt zu fühlen, respektiere das, und gestehe dies auch jedem zu. Aber das ist eben ein subjektives Empfinden, andere empfinden das nicht so, oder jedenfalls nicht so heftig. Auch das sollte bitte respektiert werden. Vielleicht kann man sich auf eine Sprachregelung einigen , dass der Begriff " Beschneidung" grundsätzlich beibehalten wird, in politischen und gesellschaftlichen Debatten aber betont wird, dass dies von vielen Betroffenen als " Verstümmelung" empfunden wird. Ich kann nur für mich sprechen, aber ich empfinde meine Beschneidung eher wie meine gleichwohl vorhandene Kurzsichtigkeit. Das heißt, es gibt ohne Frage Einschränkungen , aber ich sehe es nicht als Behinderung. Kein Kurzsichtiger würde sich wohl als " behindert" bezeichnen, auch wenn dies rein biologisch gesehen vermutlich zutreffend ist. Und dennoch würde niemand absichtlich eine Kurzsichtigkeit herbeiführen bzw, würde es jemand tun, würde dies ohne Frage als Körperverletzung gewertet werden...
    • Es geht nicht um medizinisch notwendige Genitalmodifikationen, auch nicht um selbstbestimmte Eingriffe von Erwachsenen.
      Wenn einer Frau die tumoröse Brust abgenommen wird, redet kein Mensch von "Verstümmelung". Wenn aber ein durchgeknallter Soldat im Krieg eine Zivilistin vergewaltigt, und dann ihr als "Trophäe" noch eine Brust abschneidet - dann sagt jeder - der hat die verstümmelt.
      Es hat sehr viel mit Einverständnis und unabdingbarer Notwendigkeit zu tun. Mit notwendigem Übel, oder mit verachtenswertem Verbrechen.

      Die Lage, die wir jetzt bei der FGM haben, dass sie auf breiter Front bekämpft wird, dass wir extra einen Paragraphen ins Strafgesetzbuch bekommen haben hat sehr, sehr viel damit zu tun, dass man das jetzt eben FGM nennt, MUTILATION und nicht mehr FGC, Cutting!

      Die Zeit der salbungsvollen Worte muss irgendwann mal vorbei sein, jetzt muss Tacheles geredet werden - sonst können wir das Spielchen noch 4000 Jahre weiter spielen.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Selbstbestimmung schrieb:

      Sokrates schrieb:

      Ich denke das Problem an solchen Begriffen - für manche Personen ist - dass sie sich gewissermaßen mit ihrer Beschneidung identifizieren - und so die Verurteilung des Vorgangs, denen sie in der Regel gewaltsam unterzogen wurden, mit einer Verurteilung ihrer Person verwechseln.


      Das ist: Täter zu Opfern deklarieren. Wer sich damit identifiziert, wird es seinen Söhnen antun. Oder hat das schon getan.

      Ich glaube du verstehst mich da ganz falsch. Ich spreche hier nicht von den Tätern. Ich spreche hier sehr wohl von Opfern. Auch ist die Annahme, dass wer sich damit identifiziert, es deshalb gleich und in jedem Fall seinen Söhnen antun wird, sicher nicht allgemeingültig. Sie ist natürlich auch nicht vollkommen verkehrt, nur eben nicht die garantierte Regel. Es ist immer die Frage, wie diese Indentifikation ist, und wie diese sich auch auf andere Menschen auswirkt.

      Vielleicht ist der Begriff "identifizieren" etwas irreführend, aber mir fällt kein besserer Begriff ein.

      PS: Die Diskussion geht hier nicht darum, - jedenfalls für mich nicht - ob der Begriff "Verstümmelung" für die Beschneidung nun zutreffend ist oder nicht. Ich halte ihn für äußert zutreffend.
      Die Diskussion geht darum, ob und wann man vor dem Gebrauch des Begriffes zurückscheuen sollte oder nicht, und warum solche Begriff bei bestimmten Leute Reaktionen auslösen, wie von RobinUrban beschrieben.
    • picard_72 schrieb:

      Ich finde den Begriff " Beschneidung" keinesfalls positiv oder verharmlosend. Ich fand es niemals postiv " beschnitten" zu sein. Ganz im Gegenteil, früher zuckte ich innerlich zusammen, wenn irgendwo der Begriff " beschnitten" " beschneiden" " Beschneidung" fiel, und sei es in ganz anderem Zusammenhang. Jahrelang habe ich den Begriff selber gemieden, er kam mir kaum über die Lippen. Und es ist ja auch keinesfalls was Positives, wenn man zB von "Rechte/ Freiheiten/ Kompetenzen beschneiden" redet. Dennoch ist der Begriff insgesamt neutraler und weniger wertend als " verstümmelt" und heute macht es mir auch nichts mehr aus als " beschnitten" oder " Beschnittener" bezeichnet zu werden, ich bezeichne mich ja mittlerweile selber so.

      Ich finde deinen Beitrag sehr sehr sehr gut, und geht genau in die Richtung, beschreibt ungefähr diese gedanklichen Prozesse, die ich in meinem Beitrag verdeutlichen wollte.

      Auch stimme ich dir hinsichtlich deiner Bewertung des Begriffs "Beschneidung" zu.

      Es ist der Penis!

      ". Ich kann nur für mich sprechen, aber ich empfinde meine Beschneidung eher wie meine gleichwohl vorhandene Kurzsichtigkeit. "
      Also ich finde meine Kurzsichtigkeit als massive Behinderung :D Ehrlich. Aber trotzdem glaube ich, dass wenn man einen Kurzsichtigen als nun ja Behinderten oder Verstümmelten bezeichnen würde, dies nicht die gleichen Reaktionen hervorrufen würde, wie man manchen beschnittenen Männern.
      Eben weil der Penis so kindisch sich das nun mal anhören mag, eben doch eine andere emotionaleren und psychische Bedeutung hat, als etwa die Augen oder die Mandeln.
    • Sokrates schrieb:

      PS: Die Diskussion geht hier nicht darum, - jedenfalls für mich nicht - ob der Begriff "Verstümmelung" für die Beschneidung nun zutreffend ist oder nicht. Ich halte ihn für äußert zutreffend.

      Die Diskkussion geht darum, ob und wann man vor dem Gebrauch des Begriffes zurückscheuen sollte oder nicht, und warum solche Begriff bei bestimmten Leute Reaktionen auslösen, wie von RobinUrban beschrieben.
      Ich denke auch, dass hier der Kern des Problems bzw. ihrer Lösung gut beschrieben ist. Faktisch ist es Verstümmelung, einem Menschen ohne Not am Genital rumzuschneiden, es in seiner Funktion einzuschränken und nicht selten zu beschädigen oder gar komplett zu zerstören.
      Es kommt nur darauf an, wie, wann und wem gegenüber diese Vokabel so benutzt wird. Der Holzhammer kann, muss aber nicht zielführend sein. Hier ist Augenmaß gefragt, sonst erreichen wir schnell das Gegenteil von dem, was wir erreichen wollen und müssen.
      Ich habe nicht die geringste Scheu, einem Politiker, Juristen, Arzt oder sonstwem gegenüber zu erklären, dass ICH mich als verstümmelt empfinde. Punkt. Wie die damit dann umgehen ist mir schnurz.
      Aber ich habe nicht das Recht, einem anderen beschnittenen Mann diese Empfindung bzw. Erkenntnis aufzuzwingen.
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    • Ich halte Beschneidung für beschönigend. Dann schon lieber von "Vorhautamputation" sprechen.
      Als ich in diesem Vortrag von Frau Deusel war, habe ich die Formulierung "...wenn sich einer der Jungen, denen Sie die Vorhaut abgeschnitten haben,...?" gewählt. Das ist sachlich und macht klar, dass danach definitiv etwas weg ist. Genaus kann man auch von Eltern reden "die ihren Söhnen die Vorhaut abschneiden lassen".
      "Beschneidung" benutze ich wegen des euphemistischen Untertons auch nur ungern.
    • R2D2 schrieb:

      wenn man zB von "Rechte/ Freiheiten/ Kompetenzen beschneiden" redet.


      Damit wird er aber nicht assoziert. Normalerweise da eine Analogie zur Pflege eines Apfelbaums mit indiziert.
      Interessant, wie allein hier schon verschiedene Assoziationen deutlich werden. Diese Assoziaton drängt sich mir gerade nicht auf, und ob das " normalerweise" so ist, stelle ich auch mal in Frage. Für mich hatte das Wort " Beschneidung" immer einen negativen Klang und auch in meinem Freundes-und Bekanntenkreis ist es eher negativ besetzt.
    • Lieber picard_72
      Für mich hatte das Wort " Beschneidung" immer einen negativen Klang und
      auch in meinem Freundes-und Bekanntenkreis ist es eher negativ besetzt.
      Individuelle Einschätzungen stellt ja niemand in Frage.
      Aber keine der VA ausführenden Communities würden das Wort "Beschneidung" benützen, wenn dieser im Schnitt der Gesellschaft mit etwas Negativem in Verbindung gebracht würde.
      Dieser Begriff steht für den sauberen, gesellschaftlich akzeptierten religiösen Brauch oder für den angeblich häufig notwendigen medizinischen Eingriff.
      Wenn man wie ich ständig zu diesem Thema öffentlich arbeitet, ist man in einer Tour mit ungläubigem Staunen konfrontiert, dass "Beschneidung" etwas Negatives sein könnte!
      Ganz selten ist bereits ein Problembewusstsein vorhanden.
      Das zeigt, dass der Begriff "Beschneidung" eben gerade der (häufig aus Nichtwissen resultierenden) Banalisierung und Normalität vermittelnden Verschleierung der eigentlichen Sachverhalte dient.

      Ich wäre sehr froh, wäre es anders!

      Da es aber ist wie es ist, muss auch das Mittel der Sprache benutzt werden, sorgsam ausgesucht wo passend und wo vielleicht auch nicht, um zu vermitteln, über was eigentlich gesprochen wird.
    • Die Verstümmelungspropagandisten wehren sich mit Händen und Füßen - und z.T. mit enormer Aggressivität - gegen den zutreffenden Begriff "Verstümmelung". Warum?

      Weil sie genau wissen - wenn sich dieser Begriff allgemein durchsetzt - das ist das Ende.

      Und genau das muss das Ziel sein: das Ende der Kindsverstümmelung - bei beiden Geschlechtern.
      Wenn bei Wikipedia unterschieden wird zwischen "Zirkumzision", dem indizierten medizinischen Eingriff - und "Genitalverstümmelung" - dem Ritual. So wie es bei Frauen/Mädchen auch ist. "Klitoridektomie" (auch dafür gibt es eine Indikation) und "weibliche Genitalverstümmelung". Dann haben wir es geschafft.

      Der medizinisch indizierte Eingriff und die willkürliche Verstümmelung - das muss fein säuberlich voneinander getrennt werden. Dazwischen ist ein tiefer Abgrund.

      Man muss auch unterscheiden zwischen der Tat - der Verstümmelung - an der nichts, aber auch gar nichts gutzuheißen ist - ein Verbrechen - und dem anschließenden Zustand - für den die Betroffenen absolut nichts können.
      Ich würde nie zu einem Betroffenen sagen: "du bist verstümmelt". Man ist so verstümmelt, wie man sich fühlt. Niemand ist "minderwertig", weil ihm die Vorhaut fehlt. Aber dass da was fehlt, wo eigentlich was sein sollte - von der Natur aus gutem Grund so vorgesehen - das ist unbestreitbar.
      Aber die TAT ist ein Verbrechen gegen die Menschenrechte, und der Begriff dafür muss Verachtung zum Ausdruck bringen. Sonst läuft was falsch. Die Menschenrechte sind nicht Pillepalle.

      Weguer schrieb:

      Der Holzhammer kann, muss aber nicht zielführend sein.


      Das Werkzeug richtet sich nach dem Werkstück:

      Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil


      Und schau dir die zahlreichen Berichte in diesem Forum über die diverse "Lobbyarbeit" an - wir haben es hier mit einem sehr, sehr groben Keil zu tun!

      Da kann man mit niedlichem Feinmechanikerwerkzeug nichts erreichen!
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Selbstbestimmung schrieb:

      Das Werkzeug richtet sich nach dem Werkstück

      Im Grunde sind wir uns ja eh einig.

      Weguer schrieb:

      Ich habe nicht die geringste Scheu, einem Politiker, Juristen, Arzt oder sonstwem gegenüber zu erklären, dass ICH mich als verstümmelt empfinde. Punkt. Wie die damit dann umgehen ist mir schnurz.

      Aber ich habe nicht das Recht, einem anderen beschnittenen Mann diese Empfindung bzw. Erkenntnis aufzuzwingen.

      Ich wiederhole: Den Verstümmlern oder Befürwortern gegenüber habe ich keine Scheu, diesen Begriff auch zu benutzten, vor allem im Zusammenhang mit meinem eigenen Zustand.

      Selbstbestimmung schrieb:

      Ich würde nie zu einem Betroffenen sagen: "du bist verstümmelt". Man ist so verstümmelt, wie man sich fühlt.

      Der Kreis schließt sich. :thumbup:
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • picard_72 schrieb:

      Interessant, wie allein hier schon verschiedene Assoziationen deutlich werden.



      "Beschneidung" wird regelmäßig im Zusammenhang gebraucht von "Auswüchsen", Überschießendem, Wucherndem, Unverhältnismäßigem. Z.B. wenn die exorbitanten Boni von Bankern die uns die Finanzkrise beschert haben "beschnitten" werden sollen.

      Die Vorhaut ist keine Wucherung, ist nicht "unverhältnismäßig"!

      Und es geht bei "Beschneidung" um etwas quasi-reversibles. Jedenfalls nicht um etwas endgültiges. Wenn die eine Regierung die Boni beschneidet, kann die nächste sie gleich wieder freigeben.


      Die Amputation der Vorhaut kann niemand "aufheben". Die ist endgültig. Denn die abgetrennte Vorhaut stirbt innerhalb von Minuten ab.
      (Eigentlich wäre jeder Arzt ja verpflichtet (bei einem gesunden Kind) - die Vorhaut unverzüglich wieder anzunähen. In den ersten Minuten nach dem Eingriff wäre das prinzipiell möglich.
      Denn genau das ist dir Aufgabe des Arztes - den gesunden Körper des Kindes in allen Teilen zu erhalten. Näht er sich nicht wieder an, kommt das als "Unterlassene Hilfeleistung" noch erschwerend hinzu.)


      Der Begriff der Beschneidung ist im Zusammenhang mit einer unnötigen, willkürlichen Zwangsamputation völlig daneben.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Selbstbestimmung schrieb:

      Das ist doch ein schöner Rap:

      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      ...

      Das hat doch Rhythmus, das geht doch richtig in die Beine! ^^

      "Beschneiden", das macht man mit Pflanzen. Und das muss man regelmäßig machen, WEIL ES NACHWÄCHST.

      Am Penis wächst nichts nach.

      EOD (für mich)

      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      ...

      Bis es der letzte kapiert!

      Was steht im §226a StGB? Was steht da? Na? Na?

      VERSTÜMMELUNG!

      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung, Verstümmelung
      ...

      Es wird sich bei der Verstümmelung von Knaben erst dann etwas ändern wenn es allgemein üblich ist, diesen Mist genauso zu benennen wie die Verstümmelung von Mädchen.


      Warum heisst dieses Forum eigentlich nicht "Verstümmelungsforum"?
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Auch wenn ich das Wort bisher nur sehr selten verwende und es sicherlich noch mehr Abwehr hervorruft durch die Assoziation zur analogen Foltermethode: "Häutung" trifft den Sachverhalt mMn sachlich präzise, ehrlich und, wenn man sich von dieser spontanen Folter-Assoziation freimacht, wertneutral.

      Zur Auflockerung unseres Themas hier ein Beitrag des grandiosen George Carlin zum Thema Euphemismen.

      [video]http://www.youtube.com/watch?v=vuEQixrBKCc[/video]
      Art. 2 GG:
      (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Geschuldet der deutschen Vergangenheitsbewältigung gilt dieses Grundrecht ausdrücklich nicht, wenn die Person a) ein Kind und b) männlich ist, c) die Eltern entweder jüdischen oder muslimischen Glaubens sind und d) das kindliche Genital das Ziel der Versehrtheit ist.
    • Da hast du recht, bei Tieren. Ich beziehe mich allerdings mit dem Begriff auf den Sachverhalt innerhalb unserer Spezies und zwar "jemandem die Haut abziehen oder abschneiden", das Substantiv hierzu wäre meiner Einschätzung nach "Häuten". de.wikipedia.org/wiki/Enth%C3%A4uten
      Art. 2 GG:
      (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Geschuldet der deutschen Vergangenheitsbewältigung gilt dieses Grundrecht ausdrücklich nicht, wenn die Person a) ein Kind und b) männlich ist, c) die Eltern entweder jüdischen oder muslimischen Glaubens sind und d) das kindliche Genital das Ziel der Versehrtheit ist.