"Wir Juden mussten wieder einmal unsere jahrtausendealte Identität rechtfertigen"

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    • "Wir Juden mussten wieder einmal unsere jahrtausendealte Identität rechtfertigen"

      Gerade dass der Antisemitismus in Deutschland so eng mit dem Gedenken an die Schoah verbunden sei, stehe der Auseinandersetzung mit dem heutigen Antisemitismus im Wege. Joffe erinnerte an die jüngsten Debatten etwa über Beschneidung oder das Schächten von Tieren: Als „grausame mittelalterliche Rituale“ seien diese Praktiken, die für gläubige Juden „absolute Verpflichtung“ seien, in der Debatte beschrieben worden: „Wir Juden mussten wieder einmal unsere jahrtausendealte Identität rechtfertigen.“ Wer denke, dass Beschneidung oder Schächten verboten gehöre, „der denkt antisemitisch“, so Joffe: „Und der Gedanke ist immer ein Vorläufer der Tat.“


      Mal wieder meint hier jemand, er könne sich dem Zwang, sein eigenes Handeln zu rechtfertigen, durch einen Hinweis auf Identität und Tradition entledigen. Und von welcher offenbar befürchteten Tat spricht er?

      taz.de/Gedenken/!127205/
    • Wirst schon sehen, R2D2: Heute noch verlangen wir, die Geschlechtsorgane von Kindern in Ruhe zu lassen. Und morgen zünden wir Synagogen an.
      Meint offenbar dieser Herr. Hab ich den Eindruck... :wacko:
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Jahrzehntelang hat man "Kristallnacht" gesagt - jetzt sagt man "Reichsprogromnacht", nein jetzt schon wieder "Novemberprogrome". Wer Kristallnacht sagt ist unten durch.
      Ich hoffe, eines Tages ist man auch unten durch wenn man "Beschneidung" für nicht-indizierte Amputationen an Kindergenitalien sagt. Und nicht Verstümmelung. Dass man dann unter "Beschneidung" nur noch Gartenbaubetriebe oder "Beschneidung von finanziellen Mitteln" etc. findet.
      Eine solche Gleichsetzung von Ablehnung dieses Rituals mit Antisemitismus, an einem solchen traurigen Gedenktag so etwas rauszuhauen, hundert Bundestagsabgeordneten und 70% der Bevölkerung antisemitisches Denken und folgend antisemitische Taten zu unterstellen - das ist Missbrauch eines wichtigen Gedenktages. Schade sowas.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Wer "Kristallnacht" sagt, ist weit mehr als bloss "unten durch": er benutzt Nazi-Jargon. "Unten durch" klingt mir dafür ein bisschen sehr salopp. Wenn Du meinst, dass irgendwann Beschneidung genauso einmal "unten durch" sein wird, wirfst Du beides in denselben Topf. Das geht mir entschieden zu weit.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Mich machen solche Meldungen hilflos wütend. Es kann doch nicht die einzige Lehre aus der deutschen Geschichte sein, dass religiöse Rituale jeder kritischen Bewertung entzogen sind, wenn es sich um Rituale der Opfer des Naziregimes handelt. Die Lehre aus dieser massiven Menschenrechtsverletzung sollte sein, eine Welt zu erschaffen, in der die Rechte aller Menschen geschützt und geachtet werden. Das jetzt die Rechte von männlichen Kindern, die über Jahrhunderte nicht beachtet wurden, in den Fokus einer öffentlichen Debatte geraten sind, ist doch kein Zeichen von Antisemitismus, sondern ein logischer Schritt auf dem Weg zu mehr Menschenrechten. Menschenrechte sind eben nicht - wie von den Nazis propagiert- Gruppenrechte, sondern Individualrechte. Jeder Mensch hat das Recht, als Individuum gesehen zu werden, auch wenn er Teil einer Gruppe ist, die ihre Interessen über seine Individualrechte stellt. Unser Grundgesetz betont darum nicht ohne Grund die Würde des Menschen, nicht die der Gruppe. Das mag jetzt vermessen klingen, aber manche Juden scheinen ein Problem damit zu haben, dass die Deutschen aus der gemeinsamen Vergangenheit mehr gelernt haben, als sie sollten. Selbst die Mehrheit deutscher Politiker schreckte letztes Jahr davor zurück, selber beurteilen zu dürfen, welche Konsequenzen man aus der deutschen Vergangenheit ziehen darf. Menschenrechte? Na klar. Kinderrechte? Auf jeden Fall, aber bitte maßvoll. Wir haben eine Schuld, die uns nicht erlaubt, Kinder davor zu schonen, sie zu bezahlen.
    • Der Joffe und die um ihn gescharten Leuten scheinen ja auch nicht ganz ohne zu sein...
      Jetzt stoppte der Senat die Zahlung seiner Zuschüsse, da er den von Joffe vorgelegten Wirtschaftsplan nicht akzeptierte.
      Der Prügelei ging eine Abstimmung voraus, bei der Joffe die Beleihung eines Gemeindegrundstücks durchsetzte, um die Mai-Gehälter der Mitarbeiter zahlen zu können. Gamal und andere wollten wissen, um welches Grundstück es sich handelt, um welche Summen. Joffes Gruppe verhängte mit ihrer Zweidrittelmehrheit kurzerhand einen „Debattenstopp“. In der Pause gingen Anhänger von Joffe auf die Opposition los. Der kleine, schmal gebaute Jewgenij sah sich einem zwei Köpfe größeren Gemeindemitarbeiter mit breitem Kreuz gegenüber, dessen Hände am Hals. Als einer der Repräsentanten anfing, den Tumult zu filmen, nahm ihm Joffe das Handy ab, löschte die Dateien.
      aus tagesspiegel.de/berlin/vorsitz…n-berlin-kam/8262706.html

      Debattenstop scheint ein gängiges Mittel zu sein oder? Und was einem nicht beliebt wird gelöscht?
    • Selbstbestimmung schrieb:

      das ist Missbrauch eines wichtigen Gedenktages
      Man muss sich da nicht aufregen. Die Gegenwehr in der Beschneidungsdebatte ist bestens eingespielt. Ein solcher Termin wie die Pogromnacht (mit nur einem R, bitte) vom 9.11.38 wird natürlich nicht ausgelassen und wirksam in die PR eingebaut.
      Wirksam? Ich glaube fest daran, dass diese Zusammenziehung (Beschneidungsgegnerschaft <-> Naziregime) von vielen Juden als absurd und von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung als Verleumdung empfunden wird. Diese Inflation der Begriffsnutzung kann einen schon traurig machen. Man verhindert damit eine sachliche Debatte und entwertet zugleich historische Tatsachen, in dem man sie zu jeder Gelegenheit benutzt. In dem Zusammenhang nenne ich das Missbrauch.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Guy schrieb:


      Wirksam? Ich glaube fest daran, dass diese Zusammenziehung (Beschneidungsgegnerschaft <-> Naziregime) von vielen Juden als absurd und von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung als Verleumdung empfunden wird.
      Ich stimme Dir hier absolut zu. Die Zusammenziehung von Beschneidungsbefürwortung und Naziregime halte ich allerdings für noch absurder.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • werner schrieb:

      Die Zusammenziehung von Beschneidungsbefürwortung und Naziregime halte ich allerdings für noch absurder.
      Wenn ich es nun recht bedenke, hast du Recht.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Wer "Kristallnacht" sagt, ist weit mehr als bloss "unten durch": er benutzt Nazi-Jargon.


      Na, dann ist Wolfgang Niedecken wohl auch ein alter Nazi:

      celan-projekt.de/materialien-bap-index.html

      Die Bezeichnung "Reichskristallnacht" war 45 Jahre lang in der Bundesrepublik üblich. Ohne dass sich die allermeisten Verwender dabei etwas böses gedacht haben.

      Ich finde es gut, wenn gedankenlos verwendete Begriffe durch den Sachverhalt wiedergebende ersetzt werden. Was du da alles wieder draus konstruierst... ich habe nicht rituelle Kindsvertümmelung mit den Novemberprogromen 38 gleichgesetzt. Ich habe gar nichts gleichgesetzt.
      Man kann es mit dem Godwin aber auch übertreiben!
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.
    • Selbstbestimmung schrieb:

      ... ich habe nicht rituelle Kindsvertümmelung mit den Novemberprogromen 38 gleichgesetzt.

      Ich finde es gut und wichtig, dies unmissverständlich klar zu stellen, und auch Anspielungen durch "Wortakrobatik" zu vermeiden. Danke!

      Bei allem mehr als verständlichem Ärger über die sich wiederholenden Gleichsetzungen von Beschneidungskritik und Antisemitismus bzw. Holocaust seitens einiger jüdischer Verbands- und Religionsvertreter sollten wir uns nicht verleiten lassen, "mit gleicher Münze heimzuzahlen" und den "Nazispiess umzudrehen".
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Ich kann mich gut dran erinnern, daß ich die "Nazi-Diskussion" mit einer Freundin und Kollegin vor über einem Jahr auch geführt habe.

      Sie wollte anfangs gerne, daß man immer mal bei den Briefen an wen auch immer zunächst einen Satz darüber fallen läßt, daß man sich der deutschen Geschichte bewußt ist. Ich wollte das nicht, denn jeder solche Hinweis, egal wie nichtssagend, macht die Tür auf für das Hakenschlagen der Gegenseite auf Nebenkriegsschauplätze. Für Provokationen und Nazi-Vergleiche gilt das natürlich noch viel mehr.

      Die Holocaust-Keule brauchen die "anderen", wir können uns auf die Verletzung der Kinder un deren Rechte beschränken. Und das sollten wir auch tun. Wenn man die Deklaration von Helsinki erwähnt, dann reicht es komplett, darauf hinzuweisen, daß sie aus den Nürnberger Protokollen entstanden ist. Jedes weitere Wort ist überflüssig.

    • „Reichskristallnacht“ war jedoch anfangs kein staatliches Propagandawort. Wahrscheinlich prägte der Berliner Volksmund die Wortschöpfung „Kristallnacht“ angesichts der vielen zerbrochenen Fenster und Kristallleuchter der Synagogen und Geschäfte. Der Ausdruck „Reichskristallnacht“ wandte sich dann gegen die damaligen Machthaber, indem er ihren inflationären Gebrauch der Vorsilbe „Reichs-“ satirisch verspottete. Diese regimekritische Bedeutung ist nicht schriftlich belegt, wurde später aber von Zeitzeugen bestätigt. Adolf Arndt (SPD), der im November 1938 in Berlin als Rechtsanwalt tätig war, sagte in der Verjährungsdebatte des Deutschen Bundestages vom 10. März 1965:[82]






      „[…] den 8./9. November 1938, den man doch nicht, Herr Bundesjustizminister, als ‚sogenannte Reichskristallnacht‘ bezeichnen sollte. Das ist ein blutiger Berliner Witz gewesen, weil man sich damals nicht anders zu helfen wusste.“

      Demnach versuchten ohnmächtige Zeitzeugen damit wenigstens privat ihre innere Empörung in grimmiger, sarkastischer Form zu äußern. Erst als der Ausdruck in der NSDAP bekannt wurde, deuteten Parteimitglieder ihn zynisch um. So sagte der Funktionär Wilhelm Börger im Juni 1939 auf dem Gautag der NSDAP in Lüneburg:[83]






      „Die Sache geht als Reichskristallnacht in die Geschichte ein (Beifall, Gelächter).“

      Der Begriff wurde also schon kurz nach seinem Entstehen von den Tätern vereinnahmt, so dass die ursprünglich gemeinte bitter-ironische Distanz gegenüber dem Staatsterror und dessen ideologischer Bemäntelung verloren ging. Deshalb konnte er – so die sich in den 1950er Jahren durchsetzende Meinung – die Ereignisse vom November 1938 nicht historisch dauerhaft bezeichnen.

      Begriffe nach 1945
      In Texten der ersten Nachkriegsjahre finden sich Ausdrücke wie „Judennacht“, „Kristallnacht“, „Novemberpogrom“, „Novembernacht“, „Pogromnacht“, „Tag der (deutschen) Scherbe“, „Reichsscherbenwoche“, „Reichskristalltag“, „(Reichs-)Kristallwoche“, „Reichstrümmertag“, „Synagogenbrand“, „Synagogensturm“, „Synagogenstürmernacht“, „Verfolgungswoche“.

      In der DDR wurden die Ereignisse in der Regel „faschistische Pogromnacht“ genannt. In der Bundesrepublik setzten sich „Kristallnacht“ (Brockhaus 1952) und „Reichskristallnacht“ durch. Diese werden bis heute sowohl umgangssprachlich als auch lexikalisch verwendet, auch in anderen Ländern und unter Historikern, jedoch meist mit kritischer Distanz, angedeutet durch Anführungszeichen.
      de.wikipedia.org/wiki/Novemberpogrome_1938
    • R2D2 schrieb:

      Wer denke, dass Beschneidung oder Schächten verboten gehöre, „der denkt antisemitisch“, so Joffe: „Und der Gedanke ist immer ein Vorläufer der Tat."
      Es ist das Problem des paranoiden Denkens, dass immer nur die Erscheinungen im Umfeld gesucht und wahrgenommen werden, die der Paranoide als Aggressionen gegen sich deuten kann. "Du kritisierst mich, also hast du Aggressionen gegen mich, insbesondere wenn ich Angehöriger einer bestimmten Gruppe bin. Das beweist mir, dass du Böses - hier Antisemitismus - gegen mich im Schilde führst. Wenn du deine böse Absicht gar noch bestreitest (leugnest), dann verbirgst du nur deinen hinterhältigen Hass gegen mich, was mich in meinem Verdacht dir gegenüber noch bestärkt. Und wenn du noch so sehr beteuerst, dass es nicht so ist, dann merkst du es bestenfalls nur selber nicht und deine Sprache usw. verrät dich, nämlich deine kritischen Worte selbst."

      So ein psychisches Programm ist ein sich selbst verstärkender Regelkreis. Der Paranoide biegt sich seine Misstrauenswelt stets so zurecht, dass sie für ihn immer neu bestätigt wird, er stabilisiert sein Weltbild - oder besser seine Neurose. Da kommt man leider argumentativ nicht gegen an. Das kann man nur zur Kenntnis nehmen und versuchen argumentativ bei unbefangenen und empathiefähigen Menschen mit einer weniger gestörten Wahrnehmung der Realität zu punkten.
      Leider muss ich aber auch feststellen, dass es in Westeuropa durchaus spürbare antisemitische Strömungen gibt, die solche paranoiden Haltungen noch bestärken. Das macht eine sachliche Diskussion nur schwerer.
      Aufrichtig zu sein kann ich versprechen, unparteiisch zu sein aber nicht. (JWvG)
      Auch für die Religionsfreiheit gilt: "Freiheit ist immer nur die Freiheit des anders Denkenden." (R.Luxemburg)
    • Mit jedem derart schlecht gezielten Rundumschlag verliert die Antisemitismus-Keule deutlich an Schärfe. Der Tag ist nicht mehr fern, wo diese "Waffe" derart stumpf und abgelutscht ist, dass sie bestenfalls ein Achselzucken auslösen wird...

      Es darf wohl kaum das Ziel sein, dass das überstrapazierte Wort "Antisemitist" wegen dessen inflationären Anwendung bei den Leuten die Assoziation eines kinderfreundlichen Beschneidungsgegners, eines konsequenten Tierschützers oder eines aufmümpfigen Israelkritikers auslöst – noch bevor sie überhaupt an die Gräueltaten des 3. Reiches denken!

      Oder fehlt mir aus Ausländerin vielleicht einfach nur das nötige Quentchen an genetisch bedingtem Schuldgefühl, um in diesem Antisemitismus-Gedöhns mehr Substanz zu erkennen als nur die billige Ausrede?