Putzke zu EMLA

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    • Putzke zu EMLA

      In der Septemberausgabe veröffentlicht die Zeitschrift "Kinderheilkunde" einen Leserbrief von Prof. Holm Putzke.

      Putzke weist darin auf Notwendigkeit einer umfassenden Aufklärung über mögliche Beschneidungsfolgen hin. Erfolge dies nicht, sei die Einwilligungserklärung der Eltern nichtig. Putzke bezweifelt grundsätzlich, ob Mohelim wegen ihres defizitären medizinischen Wissens in der Lage seien, eine solche Aufklärung zu leisten.

      Putze empfiehlt den ärztlichen Beschneidern, sich Gewissheit zu verschaffen, ob nicht eine kindeswohlwidrige Motivation der Eltern vorliege, um ein eventuelles Haftungsrisiko auszuschliessen. Für Putzke widerspricht auch eine gesundheitsprophylaktische Begründung dem Kindeswohl, da keine der betreffenden Erkrankungen im Kindesalter ausbrechen.

      Natürlich kommt Putzke auch auf den EMLA-Skandal zu sprechen. Da es eine ausreichende Betäubung nicht gebe, handele es sich, und darin folgt Putzke Prof. Eschelbach, bei der Säuglingsbeschneidung um eine Gewalterfahrung, die schwerer wiege als bei den meisten Fällen sexuellen Missbrauchs.


      "Inzwischen ist bekannt, dass eine Salbenbehandlung mit der EMLA®-Salbe hoffnungslos unzureichend ist. Kürzlich mussten sogar die entsprechenden Hinweise zur Jungenbeschneidung vom Beipackzettel entfernt und die Fachinformationen geändert werden. Nun ist der Einsatz von EMLA® bei Neugebornenbeschneidungen ein sog. „off-label-'use“, also eine nicht zugelassene Anwendung. Erst recht unzureichend ist die bei jüdischen Beschneidungen übliche Benetzung der Lippen des Säuglings mit Hilfe eines in Wein getauchten Tuchs. Wer Jungen aber derart, also ohne wirksame Betäubung, beschneidet, zelebriert nicht nur ein qualvolles Ritual, sondern missachtet eklatant auch die Vorgaben des § 1631d BGB und macht sich wegen Körperverletzung nach § 223 StGB (Strafgesetzbuch) strafbar. Inzwischen weiß man: Jenseits einer viel zu riskanten Vollnarkose ist eine wirksame Schmerzbehandlung bei der Säuglingsbeschneidung eine Illusion. Ralf Eschelbach, Richter am Bundesgerichtshof, hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich bei der Beschneidung
      eines nur unzureichend gegen Schmerz geschützten Kindes um eine Gewalterfahrung im Intimbereich handelt, die objektiv noch schwerer wiegt als die meisten Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Wenn laut einigen Juristen die Säuglingsbeschneidung jetzt Säuglingsbeschneidung -
      "die objektiv noch schwerer wiegt als die meisten Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs"
      eine Straftat ist, dann müsste man doch Anzeige erstatten können? Notfalls mit Klageerhebungsverfahren?
      Leider bin ich kein Jurist, aber besteht die Möglichkeit?
      Notfalls müsste man dann durch alle Instanzen gehen, aber es ist ein Weg.
    • ...eine Straftat ist, dann müsste man doch Anzeige erstatten können?


      So, wie ich das bisher verstanden habe (man korrigiere mich, falls sich jemand besser auskennt) kommt es darauf an, wie die Körperverletzung vom Staatsanwalt eingeschätzt wird.
      Bei einer einfachen Körperverletzung ist m.W. nur der/die Betroffene antragsberechtigt. Bzw. die Eltern.
      Die Sache in Köln wurde vom LG als einfach Körperverletzung eingestuft.
      Es wäre ein gefährliche Körperverletzung, wenn das Messer in der Hand des Beschneiders als "Waffe" oder " "als gefährliches Werkzeug" eingestuft würde. Oder die Verstümmelung eines Babys als "hinterlistigen Überfall".

      Aber, wenn ich das richtig kapiert habe ist nur eine schwere Körperverletzung ein Offizialdelikt, bei dem der Staatsanwalt auch ohne Strafantrag tätig werden muss. Die Hürden für eine schwere K. sind recht hoch. Ansonsten müsste "besonderes öffentliches Interesse" vorliegen. Aber wenn es jemand besser weiß, bitte korrigieren/ergänzen!
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
      Deutscher Bundestag 2012: "Jungen sind nicht unbedingt toll, so wie sie sind. Und alle Eltern haben das Recht ihnen weh zu tun und an ihrem Penis etwas abzuschneiden"
    • "wiegt ein sexueller Missbrauch unter Narkose weniger als ohne Narkose?"

      Nun, ich bin kein Jurist, aber meiner Meinung nach ist Sex erst mal, zumindest bist jetzt, nicht strafbar. Somit ist nicht der Akt, sondern die ausgeübte und traumatisierende Gewalt bei der Straftat geächtet. Diese ist natürlich auch in der Narkose gegeben (soweit das Opfer es mitbekommt) und wird ggf. strafverschärfend gewertet (Niedertracht, Vorsatz etc.). Im Gegenzug ist Beschneidung, zumindest nach Meinung einiger Parlamentarier auch nicht strafbar und kann unter Narkose erfolgen. Spürt das Baby jedoch Schmerzen, oder unzumutbare Schmerzen, dann ist es mit sexuellem Missbrauch zu vergleichen... So würde ich jetzt Putzke interpretieren. Er ist jetzt nun mal nicht Moralapostel sondern Jurist. :D

      @Selbstbestimmung
      Das mag alles richtig sein, doch beurteilt das der karrieregeile und Weisungsgebundene Wald und Wiesenstaatsanwalt auch so? Deshalb gibt es die Möglichkeit ein Klageerhebungsverfahren oder so ähnlich anstreben, bei dem "unabhängige" Richter prüfen ob nicht doch Klage erhoben werden muss... Das kann aber sicher ein Jurist besser erklären. Ob das Aussicht auf Erfolg hat steht auf einem anderen Blatt, denn es gibt auch karrieregeile Richter...
    • Kai schrieb:

      Somit ist nicht der Akt, sonder die ausgeübte und traumatisierende Gewalt bei der Straftat geächtet.
      Das mag die eigentliche Ursache für die Ächtung sein, nichtsdestotrotz ist bereits der Akt an sich geächtet. Und zwar völlig zurecht und entgegen aller Volker Becks und Cohn Bendits der Welt. Gerade weil das Risiko der Traumatisierung so hoch ist und weil es vom Täter weder vorhergesagt nocht verhindert werden kann, ist jeglicher sexueller Verkehr in Abhängigkeitsverhältnissen zu Kindern geächtet.

      Sonst aber natürlich richtig: Die Analogie zur Beschneidung wäre, dass man sich an Kindern vergehen dürfe, wenn es denn medizinisch korrekt durchgeführt würde und das Kind durch eine Anästhesie dabei keine Schmerzen erleiden müsse.
    • Somit ist nicht der Akt, sondern die ausgeübte und traumatisierende Gewalt bei der Straftat geächtet.

      Falls du dich auf Sexualität mit Kindern beziehst (das meint man ja üblicherweise mit sexuellem Missbrauch), ist das Gesetz ganz klar. Es geht einzig um sexuelle Handlungen, Gewalt und Traumatisierung spielen für den Tatbestand an sich überhaupt keine Rolle.

      Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

      1.
      sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt,
      2.
      ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, ...


      Oder meinst du Vergewaltigung von Erwachsenen? Da wäre die Narkose

      Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist


      Aber es geht bei der rituellen Zwangsverstümmelung doch regelmäßig um Kinder. Wenn der Ausnahmetatbestand des 1631d nicht greift dann liegt nach mittlerweile überwältigender juristischer Meinung eine strafbare Körperverletzung vor.
      Für eine OP ohne oder mit unzureichender Betäubung sind Eltern nicht einwilligungsfähig.
      Deutscher Bundestag 2013: "Mädchen sind toll, so wie sie sind. Und niemand hat das Recht ihnen weh zu tun und an ihrer Vulva etwas abzuschneiden"
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    • Kai schrieb:

      Vergewaltigung allgemein, sonderformen des Missbrauchs, z.B. an Tieren, Kindern etc. passen dann natürlich nicht zum Thema ;)


      "Vergewaltigung allgemein" passt natürlich auch nicht zum Thema, mit solchen schiefen Vergleichen diskreditiert man unser Anliegen doch nur. Es geht beim Thema Zwangsverstümmelung um Kinder, nicht um Erwachsene. Zumindest in Deutschland. Man kann zwar auch Kinder vergewaltigen, das ist aber dann eine schwere Form des sexuellen Missbrauchs von Kindern.

      Somit ist nicht der Akt, sondern die ausgeübte und traumatisierende Gewalt bei der Straftat geächtet.


      Das ist schlichtweg falsch.

      ...soweit das Opfer es mitbekommt...
      .

      Das ist unerheblich. Auch wenn das Opfer überhaupt nichts von einer Vergewaltigung oder von sexuellen Handlungen mitbekommt, bleiben die Straftatbestände erfüllt.
      Nehmen wir an, ein Zahnarzt vergewaltigt eine Patientin in der Narkose (alles schon vorgekommen) - und die Patientin bemerkt das nicht. Auch schon vorgekommen.
      Aber die Zahnarzthelferin hat heimlich durchs Schlüsselloch gelukt, und zeigt den Zahnarzt an - glaubst du, es schert das Gericht, dass die Patientin das nicht mitbekommen hat? Das ist Vergewaltigung, und genau nix anders!

      Man kann problemlos Opfer einer Straftat sein, ohne das auch nur zu ahnen!
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