Pure Enttäuschung...

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    • Pure Enttäuschung...

      Ich wurde im Alter von 5 Jahren beschnitten, da ich an Phimose "litt". Mir wurde erklärt, dass mein Penis nach der Operation anders aussehen würde, dies jedoch nicht schlimm wäre und "nur ein Stück Haut entfernt wird". Nach der OP hatte ich tagelang Schmerzen und traute mich mehrere Wochen nicht meinen Penis anzugucken, sodass ich mit geschlossenen Augen urinierte(ja, das hat geklappt) und beim Baden etwas darüber legte. Ich hatte eine dicke Kruste auf der Eichel ,auf die nach Anweisung der Kinderärztin noch eine Art Tuch mit Salbe gelegt werden sollte. Dies war so schmerzhaft für mich, dass mein Vater mich festhalten musste, während meine Mutter diese anlegte und somit meine Angst noch verstärkt wurde.

      Als ich dann in der zweiten Klasse Schwimmunterricht hatte war mit bereits lange bewusst, dass ich anders war. Ich schämte mich beim Umziehen und hatte in meiner gesamten Schulzeit Angst, dass jemand mein Geheimnis herausfindet. In meiner frühen Jugend dachte ich noch es wäre ein Vorteil beschnitten zu sein. Ich schenkte den Behauptung der besseren Hygiene und des längeren "Durchhaltens" beim Sex Glauben, da die einzigen sexuellen Erfahrungen für mich in diesem Alter (11-17) Masturbation waren. Bereits zu dieser Zeit musste ich Spucke,Cremes,etc. verwenden um mich zu befriedigen. Als ich im Alter von 18 meine erste Freundin hatte (ja, ich war ein Spätzünder) dachte ich erst weiterhin es hätte nur Vorteile, beschnitten zu sein, da Mädchen dies ja angeblich bevorzugten und man nicht zu schnell kommt.

      Nun kam der erste Sex, pure Enttäuschung. Es war der erste Sex für uns beide und ich hoffte nicht zu früh zu kommen. Als ich jedoch voll eingedrungen war, lautete mein erster Gedanke:"Wie, das ist das wovon alle ständig reden und alle so toll finden?" - Ich spürte fast nichts, außer Wärme. So dauerte mein erster Sex ca. 1 1/2 Stunden, wobei ich nach dieser Zeit abbrechen musste, da meine Freundin wund wurde und es ihr Schmerzen bereitete. Ich bin nicht zum Orgasmus gekommen, was sich die nächsten 8-9 mal auch nicht änderte. Wir versuchten neue Stellungen und Techniken. Oralsex war für mich auch nicht besser, das meiste was ich spürte war wieder Wärme.
      Das größte Problem war ich selber. Ich dachte, es könne nicht an mir liegen und sie sei "zu weit" oder mache alles falsch, da ich bis dahin von keinem Mann gehört hatte, der nicht zum Orgasmus kommt. Dies habe ich zwar nie laut gesagt, war ihr gegenüber jedoch offensichtlich sauer. Ich suchte nach Rat im Internet ,stieß auf Seiten wie diese, sammelte Informationen, wie z.B. über die Wichtigkeit und Anatomie der Vorhaut und stellte fest, dass ich der Verursacher des Problems bin. Ich habe bis heute nie mit meiner Freundin über meine Beschneidung gesprochen. Zum Orgasmus komme ich beim Sex bis heute , 1 1/2 Jahre später(19), auch nur per Hand(mit viel Gleitgel), wobei der gesamte Akt selbst dann mindestens 60 Minuten dauert. Ich weiß, dass meine Freundin gegen Beschneidung ist, da sie letztes Jahr bei den Fernsehnachrichten, über die Beschneidungsdebatte, fassungslos sagte "Wie können die denn nur ihre Kinder beschneiden?". Diese Chance nutze ich jedoch nicht, um mit ihr zu reden, ich schwieg aus Scham. Im Moment denke ich über "foreskin-restoration" nach, da ich keine andere Möglichkeit für ein besseres Sexleben sehe.
      Somit denke ich, die Beschneidung hatte insgesamt einen durchaus negativen Einfluss auf meine Entwicklung bezüglich Selbstvertrauen und sexueller Offenheit(z.B. gegenüber meiner Freundin).

      Nun, das ist meine Geschichte und ich hoffe durch die Veröffentlichung Bewusstsein für die Probleme bezüglich der Beschneidung zu schaffen.
    • Guten Morgen AnMeS
      Danke für Dein Input!

      Aufgefallen ist mir der krasse BRUCH in Deiner Schilderung,
      VON
      "hatte in meiner gesamten Schulzeit Angst, dass jemand mein Geheimnis herausfindet."
      NACH
      "In meiner frühen Jugend dachte ich noch es wäre ein Vorteil beschnitten zu sein."

      Kannst Du das noch in Ruhe überlegen und erläutern, oder warst Du einfach zwischen Deinem Dunklen Geheimnis und der Rationalisierung (als "Vorteil") zerrissen? Oder meinst Du mit "Jugend" erst NACH Deiner Schulzeit?
      Ressource: Links zum Thema "Beschneidung"
      pastebin.com/KLQ6UBff
      Noch ne tolle Übersicht - auf Deutsch
      Zottelhexe
    • Hallo HaWeHa,

      ja es war eine Art Zerissenheit. Zum einen fühlte ich mich als Außenseiter, ich war anders als alle anderen Jungs und anders als meine Freunde, deswegen erzählte ich nie etwas über meine VA und versteckte dies. Zum anderen habe ich mich bereits im Alter von ca. 10 Jahren damit befasst, bin dabei jedoch nur auf die Pro-Beschneidungs-Propaganda gestoßen und glaubte somit all die Lügen, dachte es gäbe eigentlich nur Vorteile. Ich habe mich also zur gleichen Zeit geschämt, anders zu sein, dachte jedoch das ich später Vorteile durch die VA haben werde.
    • >Sarkasmuson< Und wieder einer mit sexuellen und psychischen Problemen, der krampfhaft versucht, diese seiner völlig harmlosen Beschneidung anzudichten! >Sarkasmusoff<

      Tut mir leid, AnMeS, war nicht böse gemeint, im Gegenteil.
      Ich hatte eine ziemliche Gänsehaut, als ich Deinen Beitrag las, denn stellenweise hatte ich wirklich das Gefühl, ich hätte das geschrieben. Ich weiß ganz genau, was Du meinst, wie Du Dich fühlst.
      Und während ich Berichte wie Deine lese, muss ich mir zugleich die eiskalten und verletzenden Aussagen mancher Befürworter und Verharmloser vor Augen halten, die auf unseren Gefühlen herumtrampeln. Aussagen von Menschen, denen es scheißegal ist, wieviel Schmerz und Leid sie damit dulden, provozieren und hervorrufen.

      Die Zerrissenheit, die Du beschreibst, habe ich ebenso kennengelernt, wie Du.
      In der Kindheit war es mir furchtbar unangenehm, anders zu sein, künstlich verändert. Ich hatte Angst davor, ausgelacht zu werden und die Gewissheit, dass da was fehlt, belasteten.
      Später, in der Pubertät, kamen dann die Aussagen über das "länger", "besser" und "schöner", die ich nur zu gerne glaubte. Und da war es, dieses ambivalente Gefühl. Anders, aber besser? Bestimmt! Oder?
      Schöner, begehrter! Sicher?

      Danke für Deinen Beitrag, AnMeS, und willkommen im Forum! (welcome)
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Weguer schrieb:

      Ich hatte eine ziemliche Gänsehaut, als ich Deinen Beitrag las, denn stellenweise hatte ich wirklich das Gefühl, ich hätte das geschrieben.

      Ja, ich auch. Deine Beschreibung ist so authentisch. "Wie, das ist das wovon alle ständig reden und alle so toll finden?" Genau dieser Gedanke ist mir bei meinem ersten Mal durch den Kopf geschossen. Nur Wärme sonst nichts.
      Hier sind ein paar Möglichkeiten um die Probleme zu lindern.