Orgasmuslosigkeit eines Homosexuellen nach Frenulektomie im Erwachsenenalter

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    • Orgasmuslosigkeit eines Homosexuellen nach Frenulektomie im Erwachsenenalter

      Ich fand im Netz zum Thema "Orgasmus" einen Artikel der Orgasmus. Meistens wird die Anorgasmie beim Geschlechtsverkehr als psychisches Problem gesehen, wenn es bei der Selbstbefriedigung einwandfrei zum Orgasmus kommt. Ein betroffener homosexueller Mann reagiert auf den Artikel des Psychotherapeuten Peter Theil. Hier die veröffentlichte E-Mail:

      "Hallo Herr Thiel,

      als ich mich heute zu der Problematik oben im Betreff im Internet sachkundig machte, stieß ich auf eine Reihe von mehr oder weniger sinnigen Forumeinträgen etc. Zuletzt auch auf Ihre Seite, u.a. auch auf eine Mitteilung eines ebenfalls Betroffenen.

      Sie meinten, dass wenn im Rahmen der Masturbation ein Orgasmus erfolge, dann ein Ausbleiben beim GV ein psychisches Problem wäre.

      Diese Auffassung trifft man im Internet eher regelmäßig an. Vermutlich ist es sogar die offizielle Lesart der einschlägigen med. Fachliteratur. Überprüft habe ich das bisher noch nicht.

      Ich bin da aufgrund eigener Erfahrung doch sehr anderer Auffassung:

      Vor ca. 20 Jahren riss bei mir das Fremulum an der Eichel oben ab. Der Urologe, den ich damit aufsuchte, versorgte zunächst die Wunde, und bestellte mich sodann am übernächsten Tag zur OP ein. Hier wurde sodann das Fremulum komplett entfernt. Im Nachhinein wundere ich mich heute über die Länge des Schnitts. Er reicht von der Eichelspitze, wo das Fremulum abriss, wobei er gut die Hälfte der seither offenen Eichelunterseite nicht vernähte, sodass die Harnröhre hier offen liegt, was immer wieder auch Anlass zu Infektionen bietet, bis gut über einen Zentimeter hinaus in der Innenseite der Vorhaut vom unteren Eichelrand.

      Bis heute sieht man übrigens die Naht. Namentlich wo und wie die Fäden gesetzt worden sind.

      Schon recht bald nach der OP registrierte ich einen deutlichen Empfindlichkeitsverlust. Zuvor war die Eichel im fraglichen Bereich neben der Eichelspitze der empfindlichste Teil überhaupt. Danach und bis heute – heute eher mehr als damals – war die Fläche im Bereich der Naht eher taub. Im Vergleich zur Berührungsempfindlichkeit der Hautoberfläche meines Handrückens konstatiere ich heute, dass meine Handinnenfläche und der Handrücken bei weitem für leichte Berührungen empfindlicher sind, als die fraglichen Stellen meiner Eichel, und im übrigen die Eichel insgesamt.

      Im Vergleich: Zuvor war es exakt umgekehrt, und eine unsanfte Berührung hätte entsprechend Schmerz ausgelöst. Eigentlich ist damit schon alles gesagt.

      Nachdem das Fremulum so entfernt, und die Innenseite der Vorhaut und die Eichel derart vernäht war, habe und hatte ich überwiegend das selbe Problem, das beschnittene Männer haben.

      Die Vorhaut deckt überwiegend die Eichel nicht mehr ab. Das lässt sich auch nicht wirklich verhindern, nachdem das Fremulum nicht erhalten wurde. Grund: Überwiegend in der Nacht reicht eben der Umstand hier stattfindender Erektionen im Schlaf, die dazu führen, dass die Vorhaut hinter den Eichelrand sich zurückzieht, im Anschluss nicht mehr über die Eichel zurückkehrt, sondern in der Eichelfurche verharrt.

      Wie im Internet nachzulesen, hat sich auch bei mir hierdurch die überall beschriebene Veränderung ergeben.

      Die Oberfläche der Eichel ist verhornt. Von Schleimhaut, wie eigentlich üblich, keine Spur mehr.

      Die Haut gleicht im nicht erigiertem Zustand eher normaler Haut. Nicht einmal der Oberfläche der Lippen.

      Ebenso zeigt sich der Effekt der Austrocknung. Also feine Furchen.

      Insgesamt hat die Empfindlichkeit über die Jahre nochmals drastisch abgenommen, ich habe dazu ja den unmittelbaren Vorher-Nachher-Vergleich.

      Bereits bei der Selbstbefriedigung bedarf ich einer deutlich stärkeren Reizung. Mit höchst seltenen Ausnahmen gelingt es einen Sexualpartnern – ich bin Homosexuell –, mich durch Masturbation zum Höhepunkt zu bringen. Und namentlich ist im Rahmen des GV, also vorliegend Analverkehr, mir ein Orgasmus nicht mehr wirklich möglich. Will heißen: Seit dem Eingriff zeigte sich dies zunehmend schwierig. Zuletzt hatte ich einen regelmäßigen Partner mit dem ich GV hatte, und mit dem ich zum Orgasmus zu kommen in der Lage war, in 2007/2008. Und auch dies erst nach 4 oder 5 Treffen. Erst dann fanden wir eine Form. bei der ich zuletzt auch beim tatsächlichen GV zum Orgasmus gelangen konnte.

      Dabei, das wäre auch noch anzumerken, ist das dann aber gegenüber den Orgasmen bei Masturbation allenfalls ein „laues Lüftchen“.

      Mit meinem derzeitigen Sexualpartner (er ist an einer Partnerschaft nicht interessiert), ist es mir bislang nicht gelungen, zum Orgasmus zu kommen. Ganz offenkundig, und obwohl wir uns sicher ausreichend Zeit lassen - 2 teils auch 3 Stunden Zeit sind sicher „ausreichend“ Zeit -, liegt es an der mechanischen Reizung, die zuletzt eben doch die entscheidende Rolle spielt.

      Da Klaus (Name geändert - P. Thiel) ein vernünftiger Kerl ist, selbst beschnitten, hat das bisher nicht zu Problemen geführt. Dennoch ist das natürlich auf Dauer höchst unbefriedigend.

      Zum Thema: Wenn Masturbation funktioniert, liegt das Nichtfunktionieren beim GV an etwas Anderem, namentlich psychischem, komme ich daher zu der Ansicht, dass das wohl i.d.R. eher falsch ist. Das zeigt sich für mich daran, dass es Klaus eben auch nicht gelingt, mich so zu Masturbieren, dass ich sodann zum Orgasmus käme. Und der Grund liegt hier wieder darin, dass durch die deutliche Berührungsunempfindlichkeit, Druck und Rhythmus wiederum zuletzt sehr genau stimmen müssen, damit ich zum Orgasmus komme.

      Übrigens: Es ist doch ganz offenkundig, dass und warum bei einem selbst die Masturbation zum Effekt zu führen trotzdem in der Lage ist. Man selbst kann bei Masturbation eben exakt Druck und Rhythmus unmittelbar abstimmen. Dem Partner ist das schon nicht möglich, und, im Rahmen des Analverkehrs ist bekanntlich der Druck und die Reizung deutlich kräftiger als beim Genitalverkehr Heterosexueller.

      Und genau hier liegt wohl offenkundig eben nicht nur mein Problem.

      Weicht unter den gezeichneten Bedingungen von Beschnittenen/Teilbeschnittenen bzw. Fremulumoperierten im Zweifel schon Druck und Rhythmus vergleichsweise minimal ab, bringt auch bereits noch so lange Masturbation nicht den Effekt. Im Gegenteil:

      Da ich – wie übrigens nach diversen Forumeinträgen eine Reihe Betroffener – ohnehin bereits eher sehr Berührungsunempfindlich geworden bin, führt eine zu lange und „falsche“ mechanische Reizung im übrigen auch noch zusätzlich zu Berührungsunempfindlichkeit. Im Zweifel bis zu dem Punkt, dass selbst ich dann nur noch mit sehr intensiver mechanischer Reizung und hohem Rhythmus „noch“ einen Orgasmus ggf. hinbekomme.

      Ich schreibe Ihnen dies, weil ich denke, dass die Problematik, die sich doch bei nicht Wenigen einstellt, gern und viel zu schnell auf die „Psyche“ abgeschoben wird. Dabei denke ich, dass das mit „Psyche“ tatsächlich eben in den meisten Fällen gar nichts zu tun hat. Zumal m.W. hinreichende Langzeitstudien zu den schon auch optisch klar ersichtlich negativen Effekten entsprechender Eingriffe gar nicht tatsächlich vorliegen. Mithin frage ich mich, wie man dann dazu kommen kann, diese Probleme kurzerhand auf die „Psyche“ abzuschieben.

      Beachtlicher Weise findet man dann auch kaum etwas im Internet zur Thematik, wie denn die jedenfalls auch bei mir sehr klaren und deutlichen Veränderungen wieder „korrigiert“ werden könnten. Offenkundig findet hierzu keine wirkliche Auseinandersetzung statt.

      Ich meine: Auch das erklärt sich gut damit, dass die durchaus beobachteten Effekte nur zu gern auf die „Psyche“ geschoben werden. Das entbindet natürlich sodann davon, sich auf der physischen Ebene einmal fundiert forschend mit der Thematik auseinander zu setzen. Ferner bin ich zur Auffassung gelangt, nämlich entlang der nun nicht sehr lange zurückliegenden Debatte um das Beschneidungsurteil und seine Folgen, dass es da auch sehr mächtige Interessen gibt, die Folgeprobleme entsprechender Eingriffe eher herunter zu spielen und sich gerade mit den Langfristfolgen erst gar nicht wirklich zu befassen. Das könnte nämlich Anlass setzen, entsprechende Eingriffspraktiken grundsätzlich zu unterbinden. Religion hin oder her.

      Nachträglich bin ich der Meinung, dass auch bei mir es eher für den Urologen die wirtschaftlichere und am wenigsten aufwendige Lösung eben war, statt rekonstruktiv zu operieren, eben die „Schnipp-Schnapp-Weg-Methode“ zu wählen. Übrigens über die dann sich eingestellt habenden Folgen wurde ich seinerzeit mit knapp 30 nicht aufgeklärt. Wozu auch!



      Liebe Grüße

      ..."
      "Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen" (Hermann Hesse)
      "Die schönste Frucht der Gerechtigkeit ist Seelenfrieden" (Epikur)

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Aphrodite ()

    • Die Antwort von Peter Thiel

      Hallo Herr ...,

      Danke für Ihre ausführliche Darlegung. Womöglich können Sie von dem damals operierenden Urologen noch Schadensersatz einfordern.

      Ich sehe bezüglich Ihrer Darlegung keine wirklichen Widerspruch zu meiner Position.

      "Psychisch" heißt bei mir auch, wenn die Interaktion zwischen zwei Partnern suboptimal ist, denn die Interaktion wird nun einmal psychisch (über das Gehirn) gesteuert. Wenn jemand ein Witz erzählt, muss er ihn auch so erzählen, dass der Zuhörer Lachen kann. Nur einen Witz erzählen ist noch nicht witzig.

      Einen gute Komiker zeichnet ja gerade aus, dass er einen guten Kontakt mit der Psyche seines Zuhörers oder Zuschauer findet.

      Letztendlich ist das Problem des ausbleibenden Orgasmus oft ein "ungenügendes" Zusammenspiel der Beteiligten. Das kennt man auch aus der Tanzstunde, wo man mitunter heil froh ist, wenn man sich nach einem Tanz von seinem Tanzpartner verabschieden darf. Hier spielt Chemie und Taktgefühl eine Rolle.

      Zum Thema Beschneidung. Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat offenbar kein Problem damit, wenn Jungen Körperverletzungen aus "religiösen Gründen" zugefügt werden. Ich finde das sehr schlimm. Wie wenig muss Frau Merkel über die Gefühle von Jungen und Männern wissen, wenn sie so auftritt.



      Gruß Peter Thiel
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    • Aphrodite schrieb:

      Einen gute Komiker zeichnet ja gerade aus, dass er einen guten Kontakt mit der Psyche seines Zuhörers oder Zuschauer findet.


      Ja, die Richter des kölner Urteils waren deswegen ja auch so gute Komiker. Einen Akt der Körperverletzung als einen Akt der Körperverletzung zu werten und nicht nur als ein psychologisches Problem, das ist echt komisch. Da haben wir alle gelacht.

      Und wenn Nervenenden weggeschnitten werden, die, nebeneinandergelegt, die Länge der Großen Sphinx in Ägypten ergeben, wenn die Eichel bei allen Beschnittenen verhornt, sodaß sie unempfindlich wird usw. - wenn dann ein Mann sagt, er habe Probleme beim Sex, dann stimmt was nicht bei dem im Kopf.

      Immerhin ist der letzte Absatz von Herrn Thiel vernünftig. Viellleicht liest er den Rest des Briefes, der ihm geschrieben wurde, in einer ruhigen Stunde nochmal langsam und gründlich durch und fragt sich, was der Satz: "Wie im Internet nachzulesen, hat sich auch bei mir hierdurch die überall beschriebene Veränderung ergeben." für eine Bedeutung hat. Darüber sollte er ruhig mal eine Weile lang meditieren. Vielleicht kommt dann auch die Erkenntnis.

      Das wäre eine große Hilfe für alle Beschnittenen, die bei ihm in Zukunft Rat suchen werden. Ein Psychologe sollte die Faktenlage ernst nehmen und sie seinen Patienten gegenüber nicht verharmlosen oder herunterspielen. Das ist aber der Fall, wenn man erst mal mit Vorschlägen darüber ankommt, wie "alles wieder gut" wird und dass alles wieder völlig normal ablaufen wird, wenn man bloß im Kopf wieder richtig tickt.
    • Aphrodite schrieb:

      Letztendlich ist das Problem des ausbleibenden Orgasmus oft ein "ungenügendes" Zusammenspiel der Beteiligten. Das kennt man auch aus der Tanzstunde, wo man mitunter heil froh ist, wenn man sich nach einem Tanz von seinem Tanzpartner verabschieden darf. Hier spielt Chemie und Taktgefühl eine Rolle.
      Dass die nach der stundenlangen "Behämmerung" durch einen tauben Penis wund gewordene Partnerin sich von ihrem Partner heilfroh verabschiedet, kann man gut nachvollziehen. Dabei spielt die Vaginalchemie und der hämmernde Takt bestimmt eine Rolle. (würg)
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.