Brad Hirschfeld in der Washington Post

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    • Brad Hirschfeld in der Washington Post

      Brad Hirschfeld ist zwar der Meinung, Beschneidung habe insgesamt eine Legitimation als religiöses Brauchtum, dennoch macht er an einigen Stellen interessante kritische Anmerkungen im Zusammenhang mit der MBP.

      Of course, post-surgical infections, many far worse than those suffered by the two babies in question, occur in hospitals every day across this country, so why is this story being covered in the national media?


      Gute Frage.

      Does anyone really think that if the blood was drawn from the infants’ fingers, even by mouth, the stories of subsequent infection would garner as much attention?


      Ja sicher, Herr Hirschfeld, und zwar vor allem dann, wenn - in Analogie zur Amputation der beim Säugling noch mit dem Penis fest verwachsenen Vorhaut - dem Baby nur aus religiösen Gründen und ohne Betäubung ein Stück Haut vom Finger abgezogen werden würde. Dass dann noch jemand die blutende, offene Wunde in den Mund nehmen und damit einem untragbaren Infektionsrisiko aussetzen würde, wäre nur die Spitze des Eisberges. Hier ist nicht etwa an einen Nadelstich in den Finger zu denken. Aber Sie haben schon recht, wenn Sie sagen, dass es besonders pikierend ist, wenn solche Dinge an einem Sexualorgan praktiziert werden.

      This is a story about the dangers of confusing belief in the perfection of a tradition and its institutions -- an entirely reasonable claim made by many traditional adherents in many different faiths -- with the arrogant presumption that the way any particular group practices their faith is, by definition, perfect and above critique.


      Ein guter Punkt: wo immer Weltbilder/ religiöse Ansichten/ Ideologien dogmatisch werden und als unantastbar gelten, wird es problematisch.

      Hirschfeld zeigt hier einige gute Denkansätze, auch wenn er Beschneidung insgesamt nicht hinterfragt und sie für eine nette Tradition hält, als ginge es nur ums Kerzen-Anzünden.

      Washington Post

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Maria Werner ()

    • Danke für den Link. Ich würde gern noch zwei Zitate hinzufügen, in denen Hirschfeld das Verhältnis der Religionsgemeinschaften zu ihrem weiteren Umfeld thematisiert.

      "This has become a case of celebrating rejectionism as a means of defining community -- a dangerous approach when practiced in any community, faith-based or otherwise.Those who defend the practice cite their “right” to define their own norms of religious practice regardless of what anyone else has to say."

      Hirschfeld nennt es eine "arrogante Grundeinstellung" und kritisiert, dass es für den Zusammenhalt einer Gemeinschaft nicht ausreicht, wenn man nur das Recht auf Selbstimmung betont und jede Kritik von Aussen ablehnt. Das sei gefährlich auch für die Gemeinschaft.

      "As with the protection and expression of most freedoms, the protection of religious freedom is a delicate balancing act -- trying to honor the rights of practitioners, those impacted by their practices, and the greater good of the larger community in which they take part."

      Wenn sich beide Seiten darauf verständigen könnten, wären wir schon mal einen Schritt weiter.

      Dazu noch ein Zitat von Prof. Markus Tiedemann.

      "Es liegt nun an den religiösen Minderheiten, die Situation in einen Gewinn für alle Beteiligten zu verwandeln. Die Toleranz war vergebens, wenn die Glaubensgemeinschaften das Gesetz als ihr selbstverständliches Anrecht verstehen. Viel ist gewonnen, wenn die Religionsgemeinschaften erkennen und anerkennen, dass der säkulare Rechtsstaat bis an die Grenzen seines Selbstverständnisses gehen musste, um dieses Entgegenkommen zu ermöglichen. Geschieht dies nicht, so ist der Rechtsstaat nicht nur über den Schatten seiner Prinzipien gesprungen, sondern auch über die Dialektik seiner Toleranz gestolpert."

      Beschneidungsgesetz: Zugeständnis | Kultur - Frankfurter Rundschau
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.

    • Ein Rechtswesen, das körperliche Züchtigung untersagt, kann das Abtrennen von Körperteilen ohne medizinische Indikation nicht legitimieren. Unmündige Personen sind Schutzbefohlene ihrer Vormünder aber eben auch des Staates.

      Ebenso selbstverständlich ist es, dass niemand einen anderen ohne dessen Zustimmung für rituelle Handlungen gebrauchen darf. Das Recht auf Religionsausübung implizierte niemals die Verfügungsgewalt über Mitmenschen.


      Ein Staatswesen, das Kindern einer bestimmten Bevölkerungsgruppe weniger Schutz angedeihen lässt als anderen, ist immanent rassistisch.


      Eine großartige Analyse von Markus Tiedemann, die dann allerdings in einem Opportunismus endet, dem das logische Gehalt fehlt, denkt man ihn zu Ende.
    • "Die Toleranz war vergebens, wenn die Glaubensgemeinschaften das Gesetz als ihr selbstverständliches Anrecht verstehen. Viel ist gewonnen, wenn die Religionsgemeinschaften erkennen und anerkennen, dass der säkulare Rechtsstaat bis an die Grenzen seines Selbstverständnisses gehen musste, um dieses Entgegenkommen zu ermöglichen. Geschieht dies nicht, so ist der Rechtsstaat nicht nur über den Schatten seiner Prinzipien gesprungen, sondern auch über die Dialektik seiner Toleranz gestolpert."




      Bitte aufwachen, Herr Tiedemann. Wie entgegenkommend und verständnisvoll die Vertreter der Jüdische Glaubensgemeinschaft in D sind, erkennen wir grade prima an der Metzitzah b'Peh-Debatte.

      Die jüdische Position hat sich keinen Millimeter bewegt. Das neue Gesetz wird als Blanko-Vollmacht verstanden, um so weiterzumachen bis bisher.
      Art. 2 GG:
      (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Geschuldet der deutschen Vergangenheitsbewältigung gilt dieses Grundrecht ausdrücklich nicht, wenn die Person a) ein Kind und b) männlich ist, c) die Eltern entweder jüdischen oder muslimischen Glaubens sind und d) das kindliche Genital das Ziel der Versehrtheit ist.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Josc ()

    • Josc schrieb:

      Bitte aufwachen, Herr Tiedemann. Wie entgegenkommend und verständnisvoll die Vertreter der Jüdische Glaubensgemeinschaft in D sind, erkennen wir grade prima an der Metzitzah b'Peh-Debatte.
      Die konnte Markus Tiedemann damals ja noch nicht ahnen. Insofern wäre interessant, was er heutzutage schreiben würde.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.