Bielefelder verlangt Schmerzensgeld

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    • Bielefelder verlangt Schmerzensgeld

      Rechtsanwältin Dr. Marion Rosenke aus Halle hat ihre Doktorarbeit über Genitalverstümmelung bei Mädchen geschrieben. Jetzt befasst sie sich in einem Rechtsstreit erstmals mit der Beschneidung von Jungen.Von Christian Althoff

      Bielefeld (WB). Ein Bielefelder fordert 80 000 Euro Schmerzensgeld von einem Krankenhaus. Dort war ihm vor 29 Jahren die Vorhaut abgeschnitten worden - nach Ansicht von Rechtsanwältin Dr. Marion Rosenke »ohne jeden medizinischen Grund«.
      Bei dem Bielefelder, der keiner Glaubensrichtung angehört, war bei der Schuleingangsuntersuchung von einer Ärztin eine Vorhautverengung festgestellt worden. Ein Jahr später wurde der Junge im Bielefelder Johannesstift beschnitten. Dr. Rosenke, Fachanwältin für Medizinrecht aus Halle (Kreis Gütersloh): »Mein Mandant empfindet die Beschneidung als Verstümmelung, unter der er seit annähernd 30 Jahren leidet. Dass der Eingriff offenbar völlig überflüssig war, weiß er aber erst seit kurzem. Deshalb führen wir den Rechtsstreit erst jetzt. «Der Bielefelder, der sich für das Aussehen seines Geschlechtsteils schämt und dessen Funktion erheblich eingeschränkt sieht, ist seit einem Jahr bei einer Psychologin in Therapie. Die Expertin riet ihm, sich die Krankenakte von 1983 zu besorgen, um das Trauma aufzuarbeiten. Doch der Inhalt der Patientenakte bewirkte das Gegenteil. Dr. Rosenke: »Aus den Aufzeichnungen ergibt sich, dass der Junge im Alter von sieben Jahren beschnitten wurde, obwohl er überhaupt keine Beschwerden hatte.«

      Erwähnt sei lediglich, dass er als Vierjähriger einmal eine Entzündung gehabt habe - mehr nicht. Die Operation selbst wird in den Unterlagen des Krankenhauses an mehreren Stellen als »Palliative Beschneidung« bezeichnet.
      »So etwas gibt es aber überhaupt nicht«, sagt Dr. Wolfgang Bühmann aus Westerland, der Sprecher des Berufsverbandes der Deutschen Urologen. Rechtsanwältin Dr. Rosenke: »Ich habe die Klinik gefragt, was mit palliativer Beschneidung gemeint gewesen sein könnte, aber keine Antwort erhalten.«

      Heute werden kleine Jungen, die eine Vorhautverengung (Phimose) haben, überhaupt nicht mehr operiert - »es sei denn, sie haben Beschwerden, wie etwa Schmerzen beim Wasserlassen oder eine Entzündung«, sagt Dr. Bühmann. Bei vielen Jungen wachse sich die Vorhautverengung bis zur Pubertät aus, Salben und Dehnversuche könnten in vielen Fällen helfen. Wenn irgendwann doch operiert werden müsse, könne das meistens vorhauterhaltend geschehen. Dr. Marion Rosenke »Natürlich gibt es Millionen beschnittener Juden und Moslems, die überhaupt keine Probleme haben. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass sie in entsprechenden Kulturen großgeworden sind.« Ihr Mandant leide jedoch massiv. Die Anwältin, die ihre Doktorabeit über rechtliche Probleme der weiblichen Genitalverstümmelung geschrieben hat, hat sich jetzt in wissenschaftliche Texte zum Thema Jungenbeschneidung eingelesen und begründet die Schmerzensgeldforderung mit dem, was sie erfahren hat: »Der Eingriff führt zu einer Verhornung der Eichel, die ihre Sensibilität verliert und ihr Aussehen verändert. Das Entfernen der Vorhaut bedeutet den Verlust von mindestens 10.000 erogenen Nervenenden.« Der Chirurg habe wissen müssen, dass es kein feststehendes Alter gebe, ab welchem die Vorhaut verschiebbar sein müsse. Die Anwältin sagt, für sie sei die Beschneidung »ein verstümmelnder Eingriff, so etwas wie eine Amputation«.
      Ihr Mandant meint, der Chirurg habe damals seine Grundrechte irreparabel verletzt. »Mein Recht auf Unversehrtheit, mein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung - das hat damals offenbar niemanden interessiert.« Er habe Zeit seines Lebens Schwierigkeiten gehabt, Freundschaften mit Frauen zu schließen. »Ich hatte Angst vor Intimitäten.« In den letzten Jahren merke er einen gravierenden Rückgang der Restsensibilität seines Penis'.
      Die Versicherung des Krankenhauses bestreitet, dass eine Beschneidung dauerhafte negative Folgen hat. Sie lehnt jedes Schmerzensgeld ab. »Deshalb werden wir klagen«, sagt Dr. Rosenke. Das Johannesstift will sich zu dem Rechtsstreit vorläufig nicht äußern. Man habe noch nicht alle Unterlagen vorliegen, sagte eine Sprecherin.

      Quelle:
      Westfalenblatt, 28./29.07.2012

      Soweit so gut. Das Problem hier ist, dass die Rechtsanwaltkosten in der ersten Instanz 11600 Euro und für die zweite Instanz 12700 Euro betragen. Der Klagewillige diese Summen aber nicht aufzubringen vermag. Die Frage an alle hier, ob wir dabei helfen können ??
    • Ich gebe gern ein Spendeversprechen ab, für den Fall, dass genügend zusammenkommt, damit der Prozess zustandekommt.
      Wie organisiert man so etwas?
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Manfred schrieb:

      Dr. Marion Rosenke »Natürlich gibt es Millionen beschnittener Juden und Moslems, die überhaupt keine Probleme haben. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass sie in entsprechenden Kulturen großgeworden sind.

      Hoffentlich sagt sie das dann nicht vor Gericht. Da würde ihr der Versicherungsanwalt um den Hals fallen.

      Auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt unbeliebt mache (sofern ich das nicht schon bin) - ich halte die Erfolgsaussichten für gering. Die Sache ist zu lange her. So sehr ich dem Betroffenen das gönnen würde. Und dann noch das neue Gesetz, der §1631d BGB. Die Prozesssituation ist für diesen Fall denkbar ungünstig solange dieser Paragraph steht. Und für ein gerichtliches Normenkontrollverfahren wird der Fall nicht reichen.

      An seiner Stelle würde ich einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen. Damit kann er bis zum Bundesverfassungsgericht gehen. Dort gehen viele PKH-Sachen durch mit dem Standardhinweis auf Waffengleichheit usw.. Ich könnte mir aber vorstellen, dass das Bundesverfassungsgericht sich in diesem Fall auch zum Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit äußern würde. Das könnte im Hauptsacheverfahren dann sehr wertvoll sein.
    • Auf der Internet-Seite von der Rechtsanwältin wird eine zweite Meldung zu dem Fall zitiert, die 5 Tage vorher erschienen ist.

      Für immer anders | Anwaltskanzlei Dr. Marion Rosenke, Fachanwalt für Medizinrecht

      Diese Zeitungsberichte weisen soviele unbeanwortete Fragen, Ungereimtheiten und Widersprüche auf, dass es mir trotz erheblicher Betroffenheit für die Leidensgeschichte und spontaner Hilfsbereitschaft schwer fallen würde, mich allein aufgrund der Zeitungsberichte an einer Spendenaktion zu beteiligen. Im Prinzip aber gerne.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Ich könnte mir die Einrichtung eines Hilfsfonds für solche Fälle vorstellen und würde auch dazu beitragen. Die (derzeit noch niedrigen) Erfolgsaussichten stehen in Abhängigkeit vom Aufklärungsgrad in der Bevölkerung und insbesondere der gesellschaftlichen Entscheidungsträger sowie der dort wirksamen Machtkonstellationen. Hier wirkt noch die aus den USA der Nachkriegszeit kommende Verharmlosungspropaganda bezüglich der männlichen Genitalverstümmelung in Verbindung mit der historisch begründeten panischen Angst der heute in der deutschen Gesellschaft in den Schlüsselpositionen dominierenden Generation, irgendetwas zu sagen oder zu tun, das von irgendjemand als antisemitisch bezeichnet werden könnte, obwohl in diesem Fall bei objektiver Betrachtung das Gegenteil richtig wäre - Dr. Avshalom Zoossmann-Diskin und viele andere Juden bezeichneten zu Recht ein Beschneidungsverbot ausdrücklich als philosemitischen Akt.

      Die Aussage, dass "Millionen von Juden und Moslems" keine Probleme hätten, ist natürlich absurd. Dass eine Mehrheit über diese Probleme nicht sprechen möchte, was übrigens auch für die Opfer anderer Sexualverbrechen typisch ist, zeigt nicht, dass es diese nicht gäbe, sondern ist auf folgende Zusammenhänge zurückzuführen: Tabuisierung und Scham, Unkenntnis über die sensorisch-sexualwissenschaftlichen Zusammenhänge, fehlende gesellschaftliche Anerkennung der männlichen Genitalverstümmelung als Sexualverbrechen, intakte Täter-Opfer-Zyklen sowie religiös-kulturelle Überhöhung, verbunden mit dem Wunsch, das Fremdbild einer Gruppe, der man angehört, nicht zu beschädigen. Hinzu kommt, dass es individuell rational ist, sich als Opfer nicht mit diesem Thema zu beschäftigen, da man bei dieser Beschäftigung in entsetzliche Abgründe blicken würde, die dann natürlich zusätzlich belasten und man die Tat ohnehin nicht wieder ungeschehen machen kann. All dies gilt angesichts der allgemein bekannten Bedeutung von Genitalien und Sexualität für die Identität des Menschen in besonderem Umfang. Der weit verbreitete Versuch, sich und anderen einzureden, es sei ja nicht so schlimm, obwohl es im Innern der Psyche anders aussieht, ist also nachvollziehbar. Die genannten Zusammenhänge gelten - wie die darüber promovierte Anwältin sicherlich weiß - auch für die weibliche Genitalverstümmelung in den Gesellschaften, in denen sie praktiziert wird.

      Dennoch haben auch viele Juden und Moslems die Kraft gefunden, sich sogar öffentlich mit dem ihnen angetanen Leid auseinanderzusetzen - denken wir an die Bücher und Filme von Ronald Goldman, Riad Sattouf, Victor Schonfeld und Eliyahu Ungar-Sargon, die Auftritte von Ali Utlu, Eran Sadeh und vielen anderen mehr. Noch weitaus größer ist die Zahl derjenigen, die jahrelang mit hohem Aufwand die Haut an ihrem Penis mit Gewichten, Gummibändern und eigens dafür entwickelten Konstruktionen dehnen, um wenigstens die Schutzfunktion und den optischen Anschein einer Vorhaut wiederherzustellen und der Eichel zumindest ein kleines Stück Sensitivität zurückzugeben. Auch dieser Schritt erfordert psychische Stärke. Vor allem aber beweist die große Zahl der (übrigens bereits in der Antike praktizierten) Rekonstruktionsversuche, dass die Betroffenen sehr wohl Probleme mit ihrer Behinderung haben und zwar so massive, dass sie auch für nur partielle Erfolgsaussichten zu jahrelangen Unannehmlichkeiten bereit sind. Es gibt inzwischen einen Markt für Substanzen, die die Dehnung beschleunigen sollen, für Vorhautprothesen, die die Schmerzen beim Scheuern der Eichel an Kleidung verhindern, etc. - all dies ist mit der Vorstellung fehlender Probleme unvereinbar.
    • Pensador schrieb:

      Vor allem aber beweist die große Zahl der (übrigens bereits in der Antike praktizierten) Rekonstruktionsversuche, dass die Betroffenen sehr wohl Probleme mit ihrer Behinderung haben
      siehe Wer bestimmt eigentlich was antisemitisch ist, und wer Antisemit ist?

      Damals hat der Klerus diese Unzufriedenheit Beschnittener versucht zu lösen, in dem die zukünftig verordnete Radikalzirkumzision jeden Versuch vereitelte, die Vorhaut wieder herzustellen.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Damals hat der Klerus diese Unzufriedenheit Beschnittener versucht zu lösen, in dem die zukünftig verordnete Radikalzirkumzision jeden Versuch vereitelte, die Vorhaut wieder herzustellen.

      Pensador schrieb:

      Ich könnte mir die Einrichtung eines Hilfsfonds für solche Fälle vorstellen und würde auch dazu beitragen.

      Warum nicht Ursache und Wirkung zusammenbringen? Wie wäre es, wenn man beim § 1631 d BGB noch ergänzt, dass bei jeder Beschneidung ein bestimmter Geldbetrag in einen Opferfonds einbezahlt werden muss, der für Rekonstruktionen, Schmerzensgeldzahlungen oder für psychische Behandlungen verwendet wird. Die Höhe des Geldbetrags könnte man entsprechend den notwendigen Aufwendungen festlegen. Und wer illegal beschneiden lässt, den kann man im Falle des "Schadenseintritts" ja einfach mit einem wesentlich höheren Betrag zur Kasse bitten.

      Wenn Lobbyisten die Beschneidungen aus wirtschaftlichen Gründen vorantreiben, würde dieser Trend jedenfalls damit sofort beendet werden. Auch wurde sich dann herausstellen, dass Beschneidungen nur daher religiöse so "tief" verwurzelt sind, weil nur das eigene Kind hierfür ein sehr großes Opfer bringen muss.
      Der Unterschied zwischen Dogmatikern und Aufklärern besteht bei der Beschneidungsdebatte darin, dass die einen kindliche Vorhäute und die anderen alte Zöpfe abschneiden wollen. (Quelle: NoCut)
    • Ich habe hier im Forum einmal angetestet wie es mit der Bereitwilligkeit steht, Klagen die gegen die Beschneidung angestrengt werden zu unterstützen: Eigentlich war es mir klar, dass hier sowieso viel zu wenig Forenteilnehmer sind, um auch bei größter Spendenbereitschaft das nötige Geld zusammen zu bringen. Und obwohl es im deutschsprachigen Raum mindestens 500.000 von Beschneidung negativ betroffener Männer gibt, leidet jeder lieber vor sich hin, als sich gegen das erlittene Unrecht zu wehren. Ich bin selbst nicht beschnitten, habe aber mit Beschneidungsopfern persönlichen Kontakt, und weiß, dass es für viele nicht möglich ist, sich öffentlich zu ihrem Problem zu bekennen. Hier noch ein Kommentar, jenes Mannes der einen Prozess gegen das beschneidungsfreudige Krankenhaus führen will: Sollte er verlieren ist es sein (zusätzlich) finanzieller Schaden, sollte er gewinnen, ist es allen Beschneidungsopfern von Nutzen: Vielleicht sollten wir doch versuchen Geld für eine künftige „Kriegskassa“ zu sammel…





      Hallo, Herr „Manfred“!



      Vielen Dank erst mal, für Ihre Bemühungen! Ich habe die Reaktionen im Forum Ihrer Internetseite gelesen und war nicht überrascht, dass dort große Skepsis vorherrscht. Auf der einen Seite, werden meine Chancen, den Prozess zu gewinnen als sehr gering angesehen und auf der anderen Seite, benötigt jeder sein Geld auch sicherlich selber und ist nicht bereit, es in eine so unsichere bis aussichtslose Angelegenheit zu stecken. Ich habe dafür vollstes Verständnis.

      Auf die Idee einen Prozesskostenfinanzierer einzuschalten bin ich auch schon gekommen, habe aber nur Absagen erhalten, da diese die Erfolgschancen ebenfalls für unwahrscheinlich halten. Ich sehe aber nur die Chance, "das Unmögliche zu versuchen, um das mögliche zu erreichen..." :)

      Ich selber bin bereit und in der Lage bis zu 12.000 EUR selbst zu übernehmen. Ich werde daher mit meiner Rechtsanwältin sprechen und die Schmerzensgeldforderungen soweit reduzieren, dass ich mit einem für mich tragbaren und überschaubaren Risiko die Klage einreichen kann.

      Für Ihre angebotenen 1.000 EUR bin ich Ihnen sehr dankbar, werde aber nicht davon Gebrauch machen, da es ja bei den Summen tatsächlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist... Vielen Dank trotzdem!!!

      So wie bei den Juden gleich Spenden in Millionenhöhe angeboten wurden, um die Genitalverstümmelung zu erhalten, dachte ich, dass es vielleicht auch Menschen, Organisationen oder Gruppen gäbe, die wenigstens ein paar tausend EURO für das Gegenteil zur Verfügung stellen würden und könnten. Das ist aber anscheinend nicht der Fall und daher mangelt es der Wahrheit und dem gesunden Menschenverstand einmal mehr am Geld...

      In meinem Fall habe ich die Krankenhausakte aus dem Jahr 1983, ein medizinisches Gutachten von Dr. Bühmann, der dort weder eine rechtliche noch eine medizinische Rechtfertigung für den Eingriff gesehen hat. Insbesondere sind dort die psychischen und natürlich auch die körperlichen Folgen eines solchen Eingriffs gut herausgearbeitet worden. Ich befinde mich immer noch innerhalb der 30 Jahres-Frist für zivilrechtliche Klagen. Alles das sind Gründe für mich, mich nach so langer Zeit endlich zu wehren und eventuell ein gewisses Maß an Genugtuung zu erhalten

      Natürlich bin ich mir auch darüber bewusst und würde mich nicht wundern, wenn ich zusätzlich zu meiner "Beschneidung" auch noch einen finanziellen Verlust erleiden würde. Ich möchte aber für mich selbst sagen können, ich habe alles unternommen, um dieses erlittene Unrecht zu bekämpfen.

      Ich bin schon froh, über die Fortschritte, die ich gemacht habe und über die Situation in der ich mich jetzt befinde. Mit einer erfolgreichen Klage, wird das bestimmt das schönste Jahr in meinem Leben, seit 1983...

      Für Ihre Unterstützung möchte ich mich nochmals sehr bedanken. Ich melde mich, wenn es bei mir Neuigkeiten gibt...



      Alles Gute, herzlichst


      XY
    • Manfred schrieb:

      In meinem Fall habe ich die Krankenhausakte aus dem Jahr 1983, ein medizinisches Gutachten von Dr. Bühmann, der dort weder eine rechtliche noch eine medizinische Rechtfertigung für den Eingriff gesehen hat.

      Das Problem ist: je länger die Sache her ist, desto eindeutiger müssen Beweise sein. Das heißt, nichts sehen reicht nicht, man muss beweisen, dass nichts war. Der Gegneranwalt wird fragen, wer ein Kind in ein Krankenhaus bringt, dem nichts fehlt. Dass vor 30 Jahren eine Phimose nicht mit der Therapie der ersten Wahl behandelt wurde, wird für Schadensersatzansprüche nicht ausreichen.

      Manfred schrieb:

      Natürlich bin ich mir auch darüber bewusst und würde mich nicht wundern, wenn ich zusätzlich zu meiner "Beschneidung" auch noch einen finanziellen Verlust erleiden würde. Ich möchte aber für mich selbst sagen können, ich habe alles unternommen, um dieses erlittene Unrecht zu bekämpfen.

      Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass ein verlorener Prozess die persönliche Situation keineswegs besser macht. Man wünscht sich hinterher, er hätte nie stattgefunden. Ich befürchte auch, dass in diesem Beschneidungsfall dann im Falle des Unterliegens ein Urteil mit viel Unfug in der Urteilsbegründung durch die Medien getrieben wird. Man stelle sich nur mal vor, Prof B. (ja genau der) erstellt dann das Gerichtsgutachten und Beschneidungsbefürworter schreiben dann wieder die Zeitungsartikel darüber. Dann landen wir wieder im Jahr 1500 v. Chr. und können eigentlich gleich einpacken.
    • Für die Bevölkerung wird übrigbleiben, dass ein Opfer geklagt hat, was auf einen hohen Leidensdruck schließen lässt, den niemand wegleugnen kann. Dass jemand den Mut und die Kraft hat, zu klagen, ist bewundernswert, wichtig und zu unterstützen. Dabei kann sich jeder verständige Mensch klarmachen, dass nur die wenigsten bereit sind, einen solchen Schritt zu gehen und man daher hier nur die Spitze eines Eisbergs sieht. Auch letztes Jahr haben sich gemäß einer Umfrage 70 % der Menschen von der über Monate hinweg allgegenwärtigen Propaganda der Täter und Verharmloser nicht beeindrucken lassen und das Beschneidungsgesetz abgelehnt. Die Leute sind doch nicht blöd.
    • Pensador schrieb:

      Für die Bevölkerung wird übrigbleiben, dass ein Opfer geklagt hat, was auf einen hohen Leidensdruck schließen lässt, den niemand wegleugnen kann. Dass jemand den Mut und die Kraft hat, zu klagen, ist bewundernswert, wichtig und zu unterstützen. Dabei kann sich jeder verständige Mensch klarmachen, dass nur die wenigsten bereit sind, einen solchen Schritt zu gehen und man daher hier nur die Spitze eines Eisbergs sieht. Auch letztes Jahr haben sich gemäß einer Umfrage 70 % der Menschen von der über Monate hinweg allgegenwärtigen Propaganda der Täter und Verharmloser nicht beeindrucken lassen und das Beschneidungsgesetz abgelehnt. Die Leute sind doch nicht blöd.
      Aufgrund der Tatsache alleine, dass jemand geklagt hat, schließt leider nicht jeder auf einen hohen Leidensdruck. Wenn der Prozess verloren geht, ist eher das Gegenteil der Fall, dann werden mitunter finanzielle Interessen unterstellt. Der Durchschnittsbürger ist mit der Problematik meistens noch nie in Berührung gekommen und nimmt zur Kenntnis, was er in der Zeitung oder im Netz liest.

      Man soll außerdem die Versicherungsanwälte nicht unterschätzen. Die werden mit allen Mitteln alles daran setzen, die Verurteilung auf Schadensersatzleistung zu vermeiden. Für die geht es hier nicht nur um den Einzelfall, sondern um eine unbekannte Zahl von Folgefällen und wer dafür mandatiert wird. Die können ein Gutachten nach dem anderen auf den Tisch knallen.

      Warum ich hier vor diesem Rechtsstreit warne, hat einen ganz bestimmten Grund. Würde die Klage abgewiesen, ginge also der Prozess verloren, wäre die Rechtssprechung erst einmal verseucht. Es wäre ab dann sehr schwierig, in einem weiteren Beschneidungsfall vor Gericht zu ziehen, selbst wenn die Beweislage deutlich besser wäre. Gegneranwälte würden als erstes auf dieses Urteil hinweisen. Auch in Deutschland gehen Zivilprozesse immer mehr in Richtung Case Law.

      Es gibt im Leben Unrecht, das sich nicht mehr vollständig beseitigen lässt. Eine gute Möglichkeit der Aufarbeitung wäre meiner Meinung nach ein Auftritt bei Stern-TV, Maischberger, Beckmann oder ähnlichen Sendungen. Da kann man viel mehr erreichen und somit Leidensgenossen helfen. Die Beschneidungsdebatte 2.0 kommt bestimmt bald.
    • Ich wäre gespannt auf die Beurteilung der Verjährungsfrist. Sorry, jetzt kommt ganz viel Fachchinesisch:

      30 Jahre ist ja nur die absolute Verjährungsfrist. Das Wissen um die Folgeschäden besteht allerdings bereits länger als drei Jahre, auch wenn es dauerhaft fortbesteht. In § 199 Abs.2 BGB steht zwar drin, dass im Falle von Körperverletzungen immer nur die 30-Jahre-Frist gelte unabhängig vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme. Aber die Rechtsprechung, die ich dazu gelesen habe, besagt auch in Arzthaftungsfällen etwas ganz anderes. Hier z.B. ein recht aktueller Fall:

      Thüringer Oberlandesgericht 4. Zivilsenat, Urteil vom 05.06.2012, Az.: 4 U 159/11


      1. Deliktische Ansprüche aus § 823 BGB verjähren innerhalb von drei Jahren (§ 195 BGB). Die(se) regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Geschädigte Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schädigers erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB).(Rn.32)

      2. Im Arzthaftungsrecht gilt für die Kenntnis vom Behandlungsfehler als Haftungsgrund und damit den Beginn des Laufs der Verjährung folgendes:

      (Behandlungsfehler)

      Die Kenntnis vom Misserfolg oder einer Behandlungskomplikation reicht allein noch nicht für die Kenntnis eines haftungsrelevanten Behandlungsfehlers aus. Dem Patienten müssen vielmehr diejenigen Behandlungstatsachen positiv bekannt geworden sein, die - im Blick auf den Behandlungsfehler - ein ärztliches Fehlverhalten und - im Blick auf die Schadenskausalität - eine ursächliche Verknüpfung der Schadensfolge mit dem Behandlungsfehler bei objektiver Betrachtung nahelegen; medizinische Detailkenntnisse sind nicht erforderlich. Das setzt ein Grundwissen über den konkreten Behandlungsverlauf voraus, zu dem neben der Kenntnis der gewählten Therapiemethode auch gehört, dass der Patient die wesentlichen Umstände des konkreten Behandlungsverlaufs positiv kennt oder grob fahrlässig nicht kennt, d.h. auch Kenntnis von Tatbestand und Art des Eintretens von Komplikationen und die zu ihrer Beherrschung getroffenen ärztlichen Maßnahmen. Darüber hinaus erforderlich ist die Kenntnis eines vom medizinischen Standard abweichenden ärztlichen Verhaltens, weil erst diese Verletzung der Berufspflicht des Arztes dessen Haftung begründet.(Rn.37)

      (Aufklärungsmängel)

      Bei Aufklärungsfehlern reicht nicht schon die Kenntnis einer unterlassenen Aufklärung als solcher. Hinzutreten muss die Kenntnis des Patienten von den Tatsachen, aus denen sich die Verletzung der Aufklärungspflicht begründet; im Einzelfall also, dass das nach der Behandlung verwirklichte Risiko der Schädigung als Operationsrisiko dem behandelnden Arzt bekannt war oder hätte bekannt sein müssen und er deshalb den Patienten hierüber hätte aufklären müssen.(Rn.43)

      3. Verhandlungen des geschädigten Patienten mit dem Krankenhausträger oder dessen Haftpflichtversicherer hemmen die Verjährung von Ansprüchen gegen den behandelnden Arzt nur dann, wenn nach den gesamten Umständen zweifelsfrei und eindeutig davon auszugehen ist, dass der auch für den verantwortlichen Arzt eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer bei den Regulierungsverhandlungen nicht nur für seinen Versicherungsnehmer - also den Krankenhausträger - sondern auch für den Arzt als mitversicherte Person tätig geworden ist.(Rn.47)

      Hat dabei der Haftpflichtversicherer erkennbar nur für den Krankenhausträger ge- und verhandelt, berührt dies den Lauf der Verjährung für Ansprüche gegen den behandelnden Arzt nicht.(Rn.47)


      Ich muss dazu sagen, dass ich kein Medizinrecht mache, die Kollegin aber wohl Fachanwältin für Medizinrecht ist. Dennoch sollte in jedem Fall erst ein mal ein PKH-Verfahren vorgeschaltet werden, um derartige Fragen zu klären und die Kostenlast des Mandanten zu verringern. Außerdem wundert es mich, dass die Kollegin derart hohe Schadenersatzforderungen geltend macht, die sich natürlich massiv im Streitwert und damit in den Rechtsanwaltskosten niederschlagen, obwohl der Mandant ganz offensichtlich nicht rechtsschutzversichert ist.

      Fazit: ich habe irgendwie kein gutes Gefühl bei der ganzen Sache. Allerdings finde ich die Publicity gut (Tenor: jemand leidet unter seiner Beschneidung, es ist irgendwie doch nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen).
    • @Pöser Pürger: Ich teile durchaus Deine Einschätzung, dass das Risiko eines gefährlichen Präzedenzfalls derzeit wohl noch zu hoch ist. Der dem Opfer entstandene Schaden kann sowieso auch durch alles Geld der Welt nicht ausgeglichen werden. Dem gegenüber steht die Signalwirkung eines solchen - notwendigerweise mit einer Betrachtung der relevanten Zusammenhänge vor Gericht verbundenen - Falles, die wünschenswert wäre. Man könnte es vielleicht so zusammenfassen: die Zeit ist derzeit in Deutschland wohl noch nicht reif für einen solchen Prozess. Zuvor muss eine umfassende Aufklärungsarbeit geleistet werden, damit auch dem Letzten klar wird, dass der durch eine Beschneidung entstehende Verlust an Lebensqualität unermesslich groß ist. Dies ist der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Diskussion, aus dem letztlich alles andere folgt.

      Übrigens gibt es in den USA bereits eine Vielzahl von Fällen, in denen es zumeist um Beschneidungen ohne wirksames Einverständnis der Erziehungsberechtigten oder um Komplikationen ging, und in denen zum Teil Schadenersatz auch im sechsstelligen Bereich erzielt werden konnte.
    • Pensador schrieb:

      Man könnte es vielleicht so zusammenfassen: die Zeit ist derzeit in Deutschland wohl noch nicht reif für einen solchen Prozess.

      Das würde ich nicht unbedingt so sehen. Im vorliegenden Fall ist mir nur nach dem was ich gelesen habe einfach die Beweislage zu schwach:

      - es lässt sich keine reine Willkürbeschneidung beweisen.
      - es lässt sich kein Fehlen jeglicher medizinischer Indikation beweisen.
      - es lässt sich kein Kunstfehler beweisen.
      - es lässt sich keine Fehldiagnose beweisen.
      - es lässt sich die Fehltherapie und das Unterlassen einer erfolgreichen Alternativtherapie im Jahre 1983 kaum beweisen.

      Leiden alleine reicht nicht. Du musst mindestens einen der o.g. Punkte beweisen, so dass jegliche Erwiderung nicht mehr plausibel erscheinen kann. Ich persönlich habe keine Zweifel an den Ausführungen des jungen Mannes. Vor Gericht spielt das leider keine Rolle.
    • Man müsste schon mindestens die Krankenhausakte und das Gutachten kennen, sonst stochert man nur im Nebel herum. Man müsste auch die damalige Definition von ärztlicher Kunst kennen. Auch heutzutage sind z.B. Ärzte bereit, allein aus Hygienegründen zu beschneiden, oder aus irgendeiner Begründung für Phimosegefährdung. Die Aufklärung der Eltern war zudem seinerzeit oft mindestens genauso schlampig wie es heute immer noch oft der Fall zu sein scheint.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Ich wurde verstümmelt, weil ein Urologe der Ansicht war, dass die kindliche (beschwerdefreie!) Phimose an dem Penis eines damals fünfjährigen Jungen unter allen Umständen behandelt werden muss. Natürlich ist bei einem solchen "Schweregrad" einzig und allein die radikale Zirkumzision das Mittel der Wahl.


      Viel Blödsinn und wenig fundierte Fakten, die einen solchen Eingriff gerechtfertigen, finden sich in meiner Patientenakte (Die Glücklicherweise noch aufzufinden war, wenn auch lückenhaft, da der Aufkkärungsbericht fehlt. Also wenn es den überhaupt jemals gegeben hat. Nach der jetzigen Lage gab es den nie. ;) )

      Also ist es nun Zeit denen die Grütze aus dem Kopf zu klagen. Dieser "Mensch" hat einen Teil meines Lebens ruiniert. Dafür will ich ihm nun sein Leben zur Hölle machen!