ZDF 4.3.2013, 20.15 Uhr "Und alle haben geschwiegen"

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    • ZDF 4.3.2013, 20.15 Uhr "Und alle haben geschwiegen"

      Ein Film über die Verbrechen "Im Namen des Herrn" in deutschen Kinderheimen in den Jahren 1949-1975. Ein dunkles Kapitel, das m.E. bis heute nicht wirklich gesühnt und aufgearbeitet worden ist.
      Die Diskussion war in den Jahren 2006-2009, als die Opfer redeten. Und dann war alles schnell wieder vergessen. So ging's mir jedenfalls.

      Und alle haben geschwiegen Montag 04.03.2013 um 20:15 Uhr | TV-Programm | 3769039 | [url=http://www.tvmovie.de]TV Movie Fernsehprogramm - Das läuft heute im TV-Programm |

      Hier auch ein lesenswerter Welt-Artikel von 2009:
      Zeitgeschichte : Die Gewaltherrschaft in deutschen Kinderheimen - Nachrichten Politik - Deutschland - DIE WELT

      Die Opfer berichteten immer wieder über die erschreckende Kaltherzigkeit und Gewissenlosigkeit ihrer oft frommen Peiniger(innen). Diese Kaltherzigkeit fiel mir vielfach auch in der Beschneidungsdebatte auf. Hier noch ein paar Bücher von ehemaligen Heimopfern:
      Prügel vom lieben Gott: Eine Heimbiographie: Amazon.de: Alexander Markus Homes: BÃŒcher
      Ich war doch noch so klein - die Hölle auf Erden in einem deutschen Kinderheim: Ein Tatsachen - Roman - Auf ewig hinter seelischen Gittern: Amazon.de: Marina Roggenkamp: BÃŒcher
      Albtraum Erziehungsheim: Die Geschichte einer Jugend: Amazon.de: Dietmar Krone: BÃŒcher
      Schläge im Namen des Herrn: Die verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik: Amazon.de: Peter Wensierski: BÃŒcher
    • ist zwar nicht direkt das Thema des Beschneidungsforums. Aber ich begrüße ausdrücklich, dass das Thema Mißhandlungen von Kindern, aus welcher Motivation heraus sie auch entspringen mögen, grundsätzlich zu erfassen. Dass das vielfach noch nicht so gesehen wird, wird offensichtlich an der Tatsache, dass heute zur besten Sendezeit über das furchtbare Schicksal von Heimkindern im TV berichtet wird, während die Mißhandlung, einem Jungen die natürliche Physionomie seines Penis zu zerstören, kürzlich gesetzlich zur Erziehungsmaßnahme erklärt wurde.
    • Ich finde das Thema gar nicht so abwegig.
      Es geht hier um Macht, psychische und physische Gewalt.

      Würde ich meiner Tochter oder meinem Sohn Selbstbefriedigung verbieten, gar ihnen es durch Instrument erschweren. Ich bezweifele dass man mir meine Kinder weiterhin anvertrauen würde.

      In dem Fall hab ich nichts (physische) irreversibel geschaffen. Doch ich habe einen Zwang ausgeübt, den niemand über anderer ausüben dürfte. Diese Vorgehensweise dürfte wohl annähernd jeder Richter in Deutschland als entwürdigend betrachten. (zumindest hoffe ich das inständig)

      Der irreversible Eingriff der Beschneidung ist aber per Gesetz erlaubt.

      Das bedeutet ein temporärer teilweiser Entzug der sexuellen Selbstbestimmung ist verboten.
      Ein permanenter teilweiser Entzug der sexuellen Selbstbestimmung und der körperlichen Unversehrtheit ist hingegen erlaubt.


      In beiden fällen habe ich meine Macht über ein Kind missbraucht um es nach meiner Vorstellung zu formen.
      Eben dies ist auch damals passiert.

      Und es passiert auch heute noch, so und in anderen Formen.
      Warum sonst standen auch Missbrauchsopferverbände an unserer Seite?
      Weil es letztlich wenig ausmacht, warum man Macht missbraucht und anderen seinen ungefragt seinen Willen aufzwingt.



      Wenn das etwas holprig klingt, dann liegt das an der Urzeit und meinem Schlafmangel, tut mir leid.
    • E.H.M. schrieb:

      Wenn das etwas holprig klingt, dann liegt das an der Urzeit
      Vielleicht ein Freud'scher Schreibfehler? Aber du hast ja Recht, E.H.M.! Auch mir kommt das alles vor wie in der Urzeit, dabei geschieht es heute.
      Habe den Film soeben an anderer Stelle im Forum kommentiert und den Zusammenhang zur Genitalverstümmelung hergestellt, wie ich das sehe:
      Kirchen und Rabbiner fordern Respekt für religiöse Lebensformen
    • Und hier aus der Konserve...

      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Ich habe mir das eben angesehen, inkl. dem Interview ehemaliger Insassen: der vierter Reiter im Angebot.

      Das hat mich ohne jegliche Schonung 30 Jahre zurückversetzt und mit Dingen konfrontiert, die ich inzwischen beiseite gelegt hatte - so dachte ich jedenfalls. Ich war 2 Jahre im katholischen Internat in Frankreich, und einige der Muster, die sowohl im Film als auch in den Interviews anklingen, kamen wieder hoch...
      Bei vielem von alledem konnte ich den Verweis auf die Beschneidung nicht unterdrücken.
      Ich hoffe nur, dass in 20-30 Jahren das Unrecht der Beschneidung genau so ins Schlaglicht der Öffentlich gezerrt wird, wie diese Kindesmisshandlungen, die eine Verhöhnung der Mitmenschlichkeit sind.

      Aus "Schläge im Namen des Herrn" wird dann "Schnitte im Namen des Herrn".
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • für deinen Rückblick auf den Film und deine persönlichen Erinnerungen.
      Da ich gerade Berichte von Heimkindern lese, stieß ich auch auf katholische Internatsgeschichten. Zeugnisse, die ähnlich schwer zu ertragen sind wie der Film, über die Ohnmacht von Kindern und ihr Ausgeliefertsein in einer totalen Institution.
      Ich bin hinter dir: Katholische Internatsgeschichten: Amazon.de: Rolf Cantzen: BÃŒcher

      Meine 18jährige Tochter hat den Film nicht aushalten können. Sie ist nach 60 Minuten gegangen. Schon zu Beginn des Films sagte sie: "Das ist ja wie bei den Juden im 3. Reich gewesen."
      Ich stelle mir vor, wie zu bester Sendezeit am 12.12.2042 der Film "Schnitte im Namen des Herrn" gezeigt wird und in Rückblenden noch einmal Volker Beck und Claudia Roth zu sehen sind. Ich würde zu gerne wissen, was meine Enkel und Urenkel dann als Kommentare abgeben.

      Die Regie bei "Und alle haben geschwiegen" führte übrigens der Israeli Dror Zahavi. Von ihm stammt auch der für die israelische Gesellschaft schockierende Film "Alles für meinen Vater" von 2008 über die Liebe einer Jüdin zu einem palästinensischen Selbstmord-Attentäter.
    • Es sollte an dieser Stelle ein Hinweis auf den Film "Das weisse Band" von Michael Haneke nicht fehlen.

      Zur Rolle des Pfarrers in diesem Film schreibt der "Evangelische Pressedienst".

      "Der Pfarrer ist ein strenger, doch auch fürsorglicher Vater, dem die Unzulänglichkeit seiner Sprösslinge zu schaffen macht. Die Tücke seines Regimes besteht genau in dieser Ambivalenz. Im irdischen Reich – so haben Generationen von Theologen bis 1945 Martin Luthers Zwei-Reiche-Lehre interpretiert – dürfen im Gegensatz zum Reich Gottes durchaus Zwang, Gesetz und Gewalt regieren. Die Pfarrerskinder werden geprügelt; es wird ihnen ein weißes Band an den Arm oder ins Haar gebunden, das sie an Reinheit und Unschuld gemahnen soll. Einmal kommen sie verspätet nach Hause. Als die Familie beim Essen sitzt und alle schweigend ihre Suppe in sich hinein- löffeln, durchbricht der Vater die beklemmende Stille mit einer Äußerung, deren seltsame Logik verblüfft. Er und die Mutter wüssten nicht, was sie mehr schmerzt: dass die Kinder nicht nach Hause gekommen sind oder dass sie dann doch wieder aufgetaucht sind. Der Grund: es mache ihn traurig, seine Kinder bestrafen zu müssen."

      epd Film
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Benni schrieb:

      Meine 18jährige Tochter hat den Film nicht aushalten können.
      Am Wochenende habe ich vor das mit meinem 16-jährigen Sohn nochmals anzusehen. Mal sehen, was der daraus macht.
      Vor kurzem waren wir dort, spazieren. Das Gebäude ist immer noch irgendwie bedrohlich, so als würden die Schicksale von Kindern, die sich ungeliebt und abgeschoben vorkamen, daran kleben.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Danke, lieber Werner, für deinen Filmhinweis. Die Deluxe-Edition von "Das weiße Band" habe ich mir gerade für 4,54 € bestellt.

      "Und alle haben geschwiegen" hat mich wirklich erschüttert. Deswegen stehe ich seit vorgestern mit dem Pressesprecher meiner ev. Landeskirche in Kontakt. Er hat den Film ebenfalls gesehen und ist genauso erschüttert. Die Drehorte sind alle hier in der Nähe. Meine Kirchenleitung und das Diakonische Werk bereiten im Moment eine Stellungnahme vor. Ich habe ihnen geraten, sich einfach mit dem Spiegel-Redakteur Peter Wensierski ("Schläge im Namen des Herrn") und dem Regisseur Dror Zahavi zu treffen. Ohne meine Institution damit irgendwie entlasten zu wollen. Aber Wensierski schrieb in seinem Buch: "Etwas mehr als die Hälfte aller Heime in der Bundesrepublik war in der Nachkriegszeit in katholischer Hand. Die katholische Kirche, insbesondere die daran beteiligten Orden und Gemeinschaften, trifft die größte Verantwortung für diese unselige Ära öffentlicher Erziehung in der westdeutschen Geschichte." (S. 49) Mir ist unklar, welche Verfremdungseffekte der Film eingesetzt hat und warum. Wahrscheinlich basiert er auf Vorgängen im Kalmenhof in Idstein, der dem weltlichen Landeswohlfahrtsverband Kassel gehörte, und einem katholischen Heim in Dortmund.

      Gestern las ich in einem Atemzug das spannende Buch von Alexander Markus Homes "Prügel vom lieben Gott. Eine Heimbiographie" von 1981 (!). Es ist 2012 in einer Neuauflage erschienen. Martin Walser hat über das Buch gesagt: "Homes hat mich gepackt." Von 1981 bis 2006 wurde Homes von der katholischen Kirche mit Prozessen und Strafanzeigen überzogen und unter anderem von Christian Ströbele anwaltlich verteidigt. Es wurde versucht, das Buch wegen ehrenrühriger Äußerungen zu verbieten. Deswegen habe ich vorhin mit einem hochrangigen Kirchenbeamten der kath. Kirche gesprochen und gefragt, ob sie sich nicht endlich bei Homes entschuldigen wollen. Ich war überrascht, dass der Kirchenbeamte, den ich zufällig ausgewählt hatte, den Fall in und auswendig kennt. An eine Entschuldigung wird nicht gedacht. Mein persönlicher Eindruck nach dem langen Gespräch: Es geht denen nicht nur um die Frage von Wahrheit und Dichtung, sondern vor allem auch um Macht. Zu dem ZDF-Film vom Montag sagte dieser kath. Funktionär: "So etwas schaue ich mir nicht an."
    • Benni schrieb:

      Es geht denen nicht nur um die Frage von Wahrheit und Dichtung, sondern vor allem auch um Macht. Zu dem ZDF-Film vom Montag sagte dieser kath. Funktionär: "So etwas schaue ich mir nicht an."
      Genau das ist es. Es ist das Herabrieseln von Gewalt entlang der Macht-Pyramide. Und da die Kinder keinen haben, den sie treten können, kehrt sich die Gewalt meist nach innen.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)