35 Jahre mit und dann ohne Vorhaut und fast kein Gefühl mehr!

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    • 35 Jahre mit und dann ohne Vorhaut und fast kein Gefühl mehr!

      Seit letztem Montag stehe ich wie unter Schock. Wir hatten Familientag. Mein Sohn war da. Er ist 35 Jahre alt, hat eine gute Frau und zwei nette Kinder. Vor fünf Monaten hat er sich aus medizinischen Gründen beschneiden lassen. Er hatte Entzündungen, Einrisse, Blutungen und Schwierigkeiten beim Wasserlassen gehabt. Es tat weh, und er hat es nicht mehr ausgehalten. 35 Jahre lang war er stolz auf seine Vorhaut gewesen und dass er kein "Türke" sei, so sagte er. Er hat viele türkische Arbeitskollegen und Freunde.

      Beim Abendessen am Montag fragte meine Frau eher beiläufig: "Und? Wie ist es nun als Beschnittener? Besser oder schlechter?" Über die Antwort meines Sohnes waren wir dann alle geschockt. Er hat mich gebeten, es hier zu schreiben. Er möchte es möglichst vielen sagen als Warnung. Vielleicht hilft es, den ein oder anderen aufzuklären. Allen Lügnern, Angebern und Dummschwätzern möchte er am liebsten das Maul stopfen. Leuten, die sagen, es würde nichts ausmachen, die Vorhaut sei eh zu nichts nütze oder es sei sogar besser u.s.w.

      "Was heißt denn schlechter?", antwortete er auf die Frage meiner Frau. "Es ist überhaupt nicht zu vergleichen. Ich fühle da fast nichts mehr! Wenn ich könnte, würde ich 1 Million geben, um meine Haut wieder zu bekommen ... Sich einen runter zu holen dauert ewig. Es ist eine Qual ... Beim Geschlechtsverkehr brauche ich jetzt zwei bis dreimal so lange. Von dem Gefühl, das ich früher dabei hatte, sind höchstens noch 40% da ... Das Dumme ist, dass ich vergleichen kann. Früher war es wie Farbe, und jetzt ist es nur noch schwarz-weiß."

      "Hat der Arzt dich denn nicht aufgeklärt?", fragte ich. - "Ich weiß nicht. Er hat nur gesagt: er kann einen Teil oder gleich alles wegschneiden. Wie es mir denn lieber sei? Und da habe ich gedacht: Dann besser gleich alles, damit ich nicht noch einmal unters Messer muss." Auf die Folgen hatte der Arzt ihn offenbar nicht hingewiesen.

      Mein Sohn tut mir unendlich leid. Ich könnte mich ohrfeigen, dass wir vor seiner Operation nicht darüber gesprochen haben. Es ist leider immer noch ein großes Tabu.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Wolf ()

    • Willkommen im Forum Wolf, danke für diese Schilderung. Es ist schlimm, wie die Beschneidung bagatellisiert wird und nahezu alles getan wird um sie rechtzufertigen. Du leistet einen wichtigen Beitrag zu dieser Aufklärung. Für deinen Sohn tut es mir sehr leid. Hier die richtigen Worte zu finden ist nicht gerade einfach.
      Ich diskutiere nicht ob falsch oder wahr, ich propagiere nicht, ich lege dar (Arno Holz)
    • Hickhack schrieb:

      Besteht keine Möglichkeit dem Arzt nachzuweisen, daß er unvollkommen aufgeklärt hat?
      Zumindest würde ich mir als erstes den OP-Bericht und die vorher unterschriebene Einverständnis-/Aufklärungserklärung aushändigen lassen und sie überprüfen. Dann würde ich zu dem Operateur gehen und ihm die Folgen schildern.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Hallo Wolf! (welcome)
      Danke für Deinen Bericht. Es macht mich traurig, immer wieder so etwas zu lesen. Vor allem aber, dass Deinem Sohn schon nach so kurzer Zeit so viel Gefühl verloren geht. In der Regel dauert das wohl einige Jahre länger.
      Ich kann aufgrund meiner eigenen Empfindungen sehr gut nachfühlen, wie es Deinem Sohn gehen muss. :(
      Aber Du tust das Richtige: Halt nicht still, schweig nicht und lass Dich nicht abspeisen. Dein Sohn ist kein bedauerlicher Einzelfall und Probleme nach einer Vorhautamputation zu zugeben ist kein Ausdruck von Weinerlichkeit und Schwäche sondern von großem Mut, Stärke und Ehrlichkeit!
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
      tredition.de/autoren/clemens-b…-schnitt-paperback-44889/
    • Ja, wahrscheinlich muss man eine Zeit lang einfach traurig sein (dürfen), um den Schmerz zu verarbeiten. Danach fände ich es wichtig, sich noch einmal mit dem Ablauf der OP zu konfrontieren. Wenn man Glück hat, findet man eine loyale und einfühlsame Person (z.B. die Partnerin), die einen dabei begleitet.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • (welcome) in diesem Forum Wolf und danke für den Bericht über deinen Sohn. Du schreibst es seien 5 Monate seit der Vorhautamputation und sie medizinisch notwendig war, weil er damit immer wieder Probleme hatte. Hatte er auch andere Behandlungen ausprobiert, damit es besser würde?

      Was ich mich als Frau frage, ist die Zeit seit der Beschneidung nicht zu kurz und könnte es nicht bis zu 1 Jahr dauern, bis sich die Empfindungen einigermassen normalisiert haben? Möglicherweise sind es nur vorübergehende Störungen, wobei die Beschneidung - wie ich selber viele Berichte von Betroffenen gelesen habe - langfristig zu einem Sensibilitätsverlust führt, bei einem mehr, bei einem weniger. Als Frau kann ich das natürlich nicht wissen!

      Es wäre doch gut, wenn du deinen Sohn ermutigen könntest, seinen Fall hier selber zu veröffentlichen.
      "Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen" (Hermann Hesse)
      "Die schönste Frucht der Gerechtigkeit ist Seelenfrieden" (Epikur)
    • Ich denke, die Frage nach "Arzt verklagen" etc. sollte jetzt erstmal nachrangig sein. Denn, wie Du schon sagst, Wolf, zurückbringen kann niemand mehr, was amputiert wurde.
      Doch andererseits gehts darum auch gar nicht. Weder darum, ein paar Euro Schmerzensgeld einzufordern noch Revanche zu bekommen.
      Das Ziel sollte sein, der eigenen Situation das Gute abzugewinnen. Indem der Arzt darauf aufmerksam gemacht wird, was er falsch gemacht hat, kann anderen Männern ein ähnliches Schicksal erspart werden.
      Wenn der Arzt geschludert hat und nicht richtig über die Folgen aufgeklärt hat, dann muss sich dieses Verhalten ändern. Es ist schlicht verantwortungslos, so mit dem Schicksal seiner Patienten zu spielen.
      Wenn der Arzt bisher nicht wusste oder glauben wollte, dass die Amputation der Vorhaut sehr negative Folgen nach sich ziehen kann, dann kann ihm Dein Sohn die Augen öffnen.
      Und indem das Schicksal Deines Sohnes bekannt wird, kann es dazu dienen, anderen Männern eine Warnung zu sein.
      Wenn aus Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Bertold Brecht)
      Bräuche und Traditionen können den Menschen an jegliche Abscheulichkeiten gewöhnen (G.B. Shaw)
      Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder! (Bertha von Suttner)
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    • Hallo,

      das tut mir Leid für Deinen Sohn.

      Was bei Selbstbefriedigung helfen könnte: Ich habe aus einer Sex-Puppe, welche die Luft nicht mehr gehalten hat, die wesentlichen Teile herausgeschnitten zur Nutzung im Handbetrieb. Das ist toll. Mit dem Teil dazwischen kann ich fest die Eichel greifen. Und wenn sie feucht ist vor-zurück, vor-zurück, erscheint mir so viel besser als mit der Vorhaut. Die zieh ich einfach nur noch ganz zurück und fertig.

      Grüße