Dr. med. Georg Freiherr von Wedekind (1761-1831)

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    • Dr. med. Georg Freiherr von Wedekind (1761-1831)

      Ein bedeutender Arzt und Revolutionär, Mitbegründer der Mainzer Republik 1792/93, Freimaurer und Jakobiner, seit 1808 Leibarzt von Großherzog Ludwig I. von Hessen, 1830 Geheimer Staatsrat. Wedekind führte die Pockenschutzimpfung in Deutschland ein. Hier Zitate aus seinen Stellungnahmen zur Beschneidung aus den Jahren 1828 und 1831:
      Alles, was sich zu Gunsten der Beschneidung sagen ließe, wäre, dass sie zur Gesundheit oder zur Vervollkommnung dienen möchte. Aber das Gegentheil ist von Ärzten hinlänglich erwiesen worden. Überdem ist es eine Gotteslästerung, anzunehmen, der Mensch müsste seiner Vervollkommnung wegen einen Theil des Leibes amputieren lassen, den Gott, wie jeden anderen Theil geschaffen hat. Und noch größere Gotteslästerung ist es, wenn der Jude behauptet, der Schöpfer selbst habe befohlen, dass der von ihm Erschaffene einen bei der Schöpfung gemachten Fehler verbessern und den unnützen oder schädlichen Theil des Leibes abschneiden solle. Ich weiß in der That nicht, wie der Mensch den höchsten Baumeister aller Welten tiefer herabwürdigen könne, als wenn er der Beschneidung einen göttlichen Ursprung andichtet. Wie kann das Geschöpf dem Schöpfer das Pensum korrigieren? ….

      Wie man aber in konstitutionellen Staaten die Beschneidung erlauben könne, ohne die Fürsorge für die persönliche Sicherheit des Staatsbürgers, diese erste Grundlage der Freiheit, gering zu schätzen, begreife ich nicht.-Welcher Erwachsene wird sich, wenn nicht eine besondere Krankheit es nöthig macht, zu dieser Art von Amputation verstehen? Aber kleine Kinder verstümmeln zu lassen, die, weil sie sich nicht wehren können, des Schutzes der Polizei am allermeisten bedürfen, ist doch wohl höchst sonderbar! Wie, wenn es einem Vater einfiele, seinem Kinde, irgend einer Grille wegen, ein Ohrläppchen abschneiden zu wollen, (welches erweislich weniger nachtheilig ist, als das Beschneiden am männlichen Gliede) würde da die Polizei nicht einschreiten, würde da, wenn das Verbrechen ausgeführt worden wäre, die Bestrafung des Vaters unterbleiben? Gewiß nicht! …

      Nicht als wollte ich behaupten, die Beschneidung solle absolut verboten werden. Der Erwachsene mag aus eigenem Antriebe sich beschneiden, ja wenn er will auch sonst noch verstümmeln lassen, wenn es ihm wohl dünkt, das geht den Staat nichts an. Nur das schmerzhafte und nicht ganz gefahrlose Verstümmeln kleiner, willenloser und wehrloser Kinder, ist und bleibt ein Verbrechen, welches keine Regierung dulden sollte, in konstitutionellen Staaten aber am wenigsten verübt werden dürfte. Ohne zu untersuchen, ob die Auswanderung mancher Juden, welche das Verbot der Kinderbeschneidung nach sich ziehen könnte, dem Staate vortheilhaft oder schädlich seyn würde, will ich nur fragen: ob eine faktische, wenn auch nicht beabsichtigte Herabwürdigung des Schöpfers, wie die Beschneidung es ist, um Auswanderung zu verhüten, geduldet werden dürfe? Doch will ich, um nicht zu viel zu verlangen, das Verbot der Beschneidung nur auf die Juden ausgedehnt wissen, die nicht Schützlinge bleiben, sondern Bürger werden wollen.“

      in: Hesperus. Encyclopädische Zeitschrift für gebildete Leser. Hrsg. v. Christian Karl André, Stuttgart und Tübingen 1831, S. 719. 723-724 (Google Books und Bayerische Staatsbibliothek)
      MDZ-Reader | Band | Hesperus
      / André, Christian Carl

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      / André, Christian Carl

      Wäre auch die Beschneidung nicht gefährlich und nicht schädlich, so bleibt doch immer unläugbar, dass sie dem Menschen etwas nimmt, was ihm nicht wieder ersetzt werden kann, und dessen Verlust er, beim Eintritt in das Alter des Selbstwillens, sehr beklagen und deshalb seine Eltern anklagen kann. Daß die Vorhaut ihren Zweck habe, lehrt der Augenschein und die Vergleichung der Eichel mit der sie schützenden Hülle. Denkende Aerzte legen auf diese Hülle besondern Werth, indem sie den Folgen von Frictionen vorbeuge und die Eichel, wie eine Kappe den Kopf, schütze. Diese Hülle soll die Eichel in ihrer normalen Empfindlichkeit erhalten. Wer einen zweckmäßigen Theil des Körpers wegnimmt, schadet an sich schon durch Hinderung der Zweckerreichung. - Der zumal in heißen Gegenden manchmal erfolgenden Anhäufung von Schleim zwischen Vorhaut und Eichel, woher Schärfe entstehen kann, wird durch Reinlichkeit vorgebeugt. Die Majorität der Einwohner heißer Zonen der fünf Welttheile beschneidet sich nicht. Jedenfalls ist diese Verstümmelung überflüssig und an Wehrlosen und Willenslosen verübt, gegen die ersten Grundsätze des Naturrechts."

      in: Sophronizon. Eine unpartheiisch-freimüthige Zeitschrift, das Besserwerden in Kirche, Staat und Wissenschaftlichkeit bezweckend. Hrsg. v. Heinrich Eberh. Gottl. Paulus, Heidelberg 1828, Band X, Heft 3, S. 5f (Google Books)
      Sophronizon - Heinrich Eberhard Gottlob Paulus - Google Books