Titelgeschichte des aktuellen SPIEGEL (Warum glaubt der Mensch)

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    • Titelgeschichte des aktuellen SPIEGEL (Warum glaubt der Mensch)

      " ... je strenger eine Religion ist, desto besser setzt sie sich durch."

      "Ehrliche Signale sendet aber auch aus,
      wer seinem Sohn die Vorhaut abschneiden
      lässt und das Geschrei des Kindes erträgt.
      Initiationsriten sind oft schmerzhaft
      und fast immer öffentlich. So kann jeder
      sich überzeugen, wie viel das Mitglied
      bereit ist, um der Gemeinschaft willen zu
      dulden oder zuzufügen."

      Wer Interesse hat, dem kann ich den Artikel als PDF senden (ca. 2MB). Bitte PM mit Angabe der EMail-Adresse.
      Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
      George Orwell
    • Vielen Dank für den Hinweis!

      Ich habe in den letzten Jahren selten einen so dümmlichen Artikel über Religion gelesen wie diesen. So etwas kommt dabei raus, wenn man ein paar Artikel aus der experimentellen Psychologie, der Verhaltensbiologie und der Anthropologie unter völliger Ausserachtlassung von Geschichte und Politik zusammenrührt.

      "Wo die Menschen sich sicher fühlen und gut versorgt, ist die Religion obsolet - in Frankreich etwa, in Deutschland bedingt, in Skandinavien ganz sicher. Hier ist der Anteil der Ungläubigen besonders hoch.
      Solche Gesellschaften beweisen, dass es auch ohne den Glauben geht...sie klettern die Leiter der Religion hinauf und werfen sie hinter sich."

      Vielleicht nicht die Religion, diesen Artikel aber sicherlich.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • Ich trau mich mal.. nachdem Werner der Artikel dümmlich findet. Vielleicht fehlt mir da der Scharfsinn. Aber, dass lässt sich ja sicher noch i.E. erläutern.
      Was der Artikel beschreibt ist ungefähr das, was auch von Hayek beschrieb in seiner Theorie der Evolution der Institutionen, wonach - um es kurz zu machen - Manche Institutionen, wie die Ehe oder die Religion in besonderem Maße persistent sind, weil sie eben einen Vorteil bringen.
      Ich persönlich meine schon, dass der Gedanke der Barmherzigkeit der Grundstein für unser Sozialwesen ist. Natürlich wird und wurde Religion oftmals aus niederen Gründen missbraucht, für egoistische und materialistische Zwecke.
      Ein anderes Thema, wo Religion ebenso positiv auffällt, ist das Milgram-Experiment. In den Schlussfolgerungen konnte ich verstehen, dass Menschen, die einen religiösen Hintergrund haben, eher das Experiment abgebrochen haben als andere, weil sie eben eher solchen gesinnungsethischen Vorstellungen folgen, wie "das macht man nicht" als Nichtgläubige.
      Das schließt nicht aus, dass man das auch als Atheist erreichen kann. Es scheint nur leichter zu gehen mittels der Religion als ohne.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Mich interessiert aufrichtig, was du daran dümmlich findest. In meiner natürlichen Naivität finde ich den gar nicht schlecht, insbesondere das magische Denken, das dem Bedürfnis nach Religiosität, zugrundegelegt wird.
      Bis auf eines. Große Kinder hören nicht auf Kinder zu sein und denken weiterhin magisch. Man konnte es ja an dieser unsäglichen Debatte feststellen.
      Welche sind deine Kritikpunkte?
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • @ Guy

      Ich stimme werner absolut zu und sage Dir gern, was ich an dem Spiegelartikel dümmlich finde:

      1. Auf der Titelseite heißt es "... und warum zweifelt er?" (gemeint ist der Mensch)
      Über Zweifelsgründe findet sich eigentlich nichts Substantielles, außer dass (vulgärrationale) Atheisten abseits der vorgeblichen Norm sind.

      2. Es werden Untersuchungen an Kindern zitiert, die selbst noch in der magischen Phase oder kaum aus ihr entwachsen sind und die Ergebnisse auf eine Gesamtgesellschaft hoch gerechnet. (Wir erfahren es nicht, wie alt die Kinder waren.) Nun mag es noch Völker mit Naturreligionen geben, die einen ebenso magischen Bezug zu ihrer Umwelt haben und wo diese Ergebnisse zutreffen. Für westliche Gesellschaften bezweifle ich die im SPIEGEL getroffenen Verallgemeinerungen.

      3. " - je strenger eine Religion ist, desto besser setzt sie sich durch." behauptet der SPIEGEL. Ja, weil Strenge zugleich Intoleranz und Machtanspruch bedeutet. Nachdem die Priester zuerst ihre Schäflein in den Gehorsam gezwungen haben, können sie sich der aggressiven Verbreitung ihrer Religion widmen. Beispiele gefällig? - (Dazu würde hier der Platz nicht ausreichen.) Das Unheil, das diese Durchsetzungsfähigkeit auf dieser Welt angerichtet hat, ist unermesslich.

      4. Religiöse hätten mehr Kinder, als Atheisten. Nun darf man fragen, ob das ein wünschenswertes Ziel in Anbetracht der Überbevölkerung ist. Vielleicht verhalten sich diese Ungläubigen schlicht einsichtsvoller und rationaler. Zum zweiten darf man fragen, ob hier nicht Ursache und Wirkung verwechselt werden, oder ein Zusammenhang hergestellt, der so nicht besteht. Zuerst gilt, dass die Reproduktionsrate bei Gesellschaften in Armut höher ist, als in wohlhabenden Gesellschaften. (Dafür gibt es verhaltensbiologische Erklärungen). Und gerade den Armen wird von den Priestern aller Couleur zu allen Zeiten sehr leicht Religion und Vertröstung auf das Jenseits verkauft. Dagegen haben die wohlhabenden Gesellschaften den größten Anteil an religiös Ungebundenen. (Säkularisationsprozess).(Religiosität und) Kindersegen folgen also eher der Armut, als der Kindersegen der Religiosität.

      5. Nun ist die These evident, dass geschichtlich der zivilisatorische Urknall und Aufstieg einen religiösen Ursprung haben. Da Zivilisationsentwicklung jedoch kein abgeschlossener Prozess ist, sondern sondern sich nach Göbekli Tepe bis zu unseren Tagen und darüber hinaus fortsetzt, gehört zu einer intellektuell redlichen Bestandsaufnahme, dass seit Humanismus/Renaissance/Aufklärung die von diesen geprägten Gesellschaften einen ungeheuren zivilisatorischen Fortschritt gebracht haben, dessen Grundlagen von Völkern völlig anderer Kulturkreise (z.B. in Asien) erfolgreich übernommen wurden. Dagegen blieben Kulturkreise mit strengen Religionen z.T. hoffnungslos zurück. Würde die vom SPIEGEL nahegelegte Schlussfolgerung nämlich richtig sein, dann müssten die islamischen Länder den westlichen Industrienationen in ihrer zivilisatorischen Entwicklung haushoch voraus sein. (Sie waren es eine Zeit lang in ihren sehr toleranten Phasen z.B. in Spanien, als das Christentum sich in einer sehr dogmatisch-intoleranten Phase befand). Diese Tatsache auszublenden betrachte ich in der Tat als dümmlich.

      Der SPIEGEL hat wohl gemeint er müsse zu Weihnachten den Gläubigen was Nettes schreiben - aus geschäftlichem Interesse versteht sich.
      Aufrichtig zu sein kann ich versprechen, unparteiisch zu sein aber nicht. (JWvG)
      Auch für die Religionsfreiheit gilt: "Freiheit ist immer nur die Freiheit des anders Denkenden." (R.Luxemburg)
    • Aus meiner Sicht ist die Frage, wieso der Mensch glaubt (aus darwinistischer Sicht) wesentlich wichtiger als die völlig fruchtlose Diskussions-Endlosschleife über die sog. "Inhalte" der Religionen, die bekanntlich immer zum gleichen führen, nämlich zu nichts.

      Natürlich kann diese Frage im Rahmen eines Spiegel-Artikels niemals umfassend erörtert werden, doch es werden einige interessante Aspekte angesprochen.

      Zum Beispiel Thema Kinder: Dawkins greift den Punkt "Intentionalismus" auf. Darunter versteht man die meist nützliche Eigenschaft des Menschen, hinter allem eine Absicht zu vermuten. Versuche mit Kindern haben gezeigt, dass wir darauf genetisch programmiert sind. Somit ergibt sich vereinfacht gesagt die Neigung des Menschen, auch hinter der Entstehung des Universums eine Absicht (-> Gott) zu sehen. Wir können soz. nicht anders.
      Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
      George Orwell
    • R(h)einwein schrieb:

      was ich an dem Spiegelartikel dümmlich finde
      ah, danke für die ausführliche Zerlegung der Behauptungen des Artikels.

      R(h)einwein schrieb:

      Es werden Untersuchungen an Kindern zitiert, die selbst noch in der magischen Phase oder kaum aus ihr entwachsen sind und die Ergebnisse auf eine Gesamtgesellschaft hoch gerechnet
      Ich kann schon erkennen, daß manche Zeitgenossen eine sehr kindliche Religiosität besitzen und dem magischen Denken nicht entschwunden sind. Das sind aber eher wenige, dafür sind sie umso gefährlicher. Ich ann ein Lied davon singen. einer meiner Halbbrüder ist bei den Evangelikalen. Ein wirklich netter Kerl, aber mit dem mords-Sprung in der Schüssel.

      R(h)einwein schrieb:

      je strenger eine Religion ist, desto besser setzt sie sich durch
      Das ist eine historische Feststellung. Wenn man sie beurteilt, kommt man natürlich zu unschönen Feststellungen.

      R(h)einwein schrieb:

      (Religion und) Kindersegen folgen also eher der Armut, als der Kindersegen der Religiosität
      Hier haben wir in der Tat eine ziemlich dümmliche Schlussfolgerung.

      R(h)einwein schrieb:

      Sie waren es eine Zeit lang in ihren sehr toleranten Phasen z.B. in Spanien, als das Christentum sich in einer sehr dogmatisch-intoleranten Phase befand). Diese Tatsache auszublenden betrachte ich in der Tat als dümmlich
      So ist das eben mit Religion. Solange sie esoterisch praktiziert wird, sprich als Privatangelegenheit, gereicht sie dem Menschen eher zum Guten. Wird sie exoterisch, also mit einem Macht- und Absolutheitsanspruch, wird die gesellschaftlich gefährlich. Man vergleiche die Katharer und die katholische Kirche...
      Was stellen wir fest, ein paar Agitatoren (wie Graumann, der heute allen Ernstes leugnet Einfluss auf die Legislative genommen zu haben) haben die Drecksarbeit gemacht, für die Muslimen, die sich insgesamt recht zurückhaltend benommen haben, aber vor allem für die Masturbationsfeindlichen Müttern und Stiefmüttern, die nun ihren Irrsinn ungehemmt ausleben können.
      • Die Vorhaut kann mit einer Rosenknospe verglichen werden. Wie eine Rosenknospe wird sie erst blühen, wenn die Zeit gekommen ist. Niemand öffnet eine Rosenknospe, um sie zum Blühen zu bringen (Dr. med. H. L. Tan).
      • Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien: Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt (Arthur Schopenhauer).
      • Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt (Thomas Mann)
    • Guy schrieb:

      Ich kann schon erkennen, daß manche Zeitgenossen eine sehr kindliche Religiosität besitzen und dem magischen Denken nicht entschwunden sind. Das sind aber eher wenige, dafür sind sie umso gefährlicher. Ich ann ein Lied davon singen. einer meiner Halbbrüder ist bei den Evangelikalen. Ein wirklich netter Kerl, aber mit dem mords-Sprung in der Schüssel.
      Da haben wir alle unsere Beispiele: in meiner Bekanntschaft gab es einen Methodisten, der hinter seiner fundamentalistischen Religionsauffassung ausgesprochen faschistische Ansichten hatte.

      Dagegen habe ich eine guten Freund, der Jesuit ist. Mit einer sehr weltzugewandten und toleranten Religionsauffassung. Der stellt gelegentlich sogar die Existenzberechtigung der autoritär verfassten Institution Katholische Kirche für die heutige Zeit in Frage und meint, Jesus wäre heute Demokrat und ein Vertreter der Kirche von unten. - So können sich Demokraten jeder Religion oder Weltsicht treffen.

      Der SPIEGEL-Artikel behauptete auch, dass die strengen Religionen ihre Schäfchen besser bei der Stange hielten. Das scheint aber bei einer Berührung mit dem säkularen Staat nicht mehr zu stimmen, wie Herr Graumann ja selbst beklagt.
      Aufrichtig zu sein kann ich versprechen, unparteiisch zu sein aber nicht. (JWvG)
      Auch für die Religionsfreiheit gilt: "Freiheit ist immer nur die Freiheit des anders Denkenden." (R.Luxemburg)
    • Ich bitte um Nachsicht, wenn ich meine Gedanken zu dem Spiegel-Artikel etwas "salopp" formuliere.
      Die Anwendung der Evolutionspsychologie auf die Religion ist in den letzten Jahren ja schwer in Mode gekommen. Während man in Deutschland dieser Forschung jedoch etwas ratlos und achselzuckend gegenübersteht, gehört sie in Amerika zur Diskussion über den "Kreationismus". Wie kulturell vorbelastet diese Forschung ist, sieht man nicht nur an ihrer Herkunft, sondern auch an ihrem unhinterfragten (!) Menschenbild: der Mensch ist ein egoistisches Raubtier, das schon längst untergegangen wäre, wenn ihm nicht einer von oben auf die Finger geklopft hätte bzw. er sich das einbilden würde. Dass "der" Mensch so ein Raubtier ist, müsste man erst mal beweisen, statt es als evolutionsmässig einfach vorauszusetzen. Interessant ist auf diesem Hintergrund die Forschung von Michael Tomasello in Leipzig. Auch er tummelt sich - wie Jesse Bering - gern experimentalpsychologisch in Kindergärten herum. Allerdings hat er genau das Gegenteil von Jesse Bering entdeckt: "der" Mensch (experimentalpsychologisch: das Kindergartenkind) ist "von Natur aus" (evolutionsmässig!) kooperativ! Und das ohne jede "innere Kamera" oder Berings "Fee"! Wie das? Sind die Leipziger Kinder etwa "evolutionsmässig" anders als die Belfaster Kinder von Jesse Bering? Auf die Frage, ob es sich bei der Konstruktion solcher Experimente eher um Wissenschaft oder eher um Kunst handelt, sagte Tomasello: "Nicht nur ihre Konstruktion ist Kunst, auch ihre Interpretation." Anders ausgedrückt: man muss bei bei der Experimentalpsychologie schon schwer aufpassen, dass man die Experimente nicht so konstruiert, dass genau das rauskommt, was man hineingesteckt hat.

      Soviel nur zu dem einen Thema aus dem Spiegel- Artikel. Man könnte das entsprechend weiterführen, z.B. warum in dem Artikel alle Religionen über einen Kamm geschert werden, warum Religionen auch in ihren Texten zu internen und externen Gewalttätigkeiten aufrufen bzw. aufgerufen haben, was "die Menschen" davon gehabt haben, wenn sie " gemeinschaftlich" an Pyramiden bauen, und in welchem Verhältnis magisches Denken sowohl bei Kindern als auch in der Menschheitsgeschichte mit Aufklärung zu tun hat.

      Übrigens haben sich mit genau dem gleichen Thema schon vor Jahren ausführlich die SZ und der Tagesspiegel beschäftigt. Warum der Spiegel jetzt erst hinterherklappert ist unerfindlich.
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • werner schrieb:

      Anders ausgedrückt: man muss bei bei der Experimentalpsychologie schon schwer aufpassen, dass man die Experimente nicht so konstruiert, dass genau das rauskommt, was man hineingesteckt hat.
      In der Tat. Und man muss auch aufpassen, dass man nicht bereits sozialisationsbedingte Effekte abfragt und dann als naturgegeben auslegt.
      Aufrichtig zu sein kann ich versprechen, unparteiisch zu sein aber nicht. (JWvG)
      Auch für die Religionsfreiheit gilt: "Freiheit ist immer nur die Freiheit des anders Denkenden." (R.Luxemburg)
    • Guy schrieb:

      Mich interessiert aufrichtig, was du daran dümmlich findest. In meiner natürlichen Naivität finde ich den gar nicht schlecht, insbesondere das magische Denken, das dem Bedürfnis nach Religiosität, zugrundegelegt wird.
      Ich würde sagen, man kann Religion und magisches Denken nicht so ohne weiteres in einen Topf werfen. Im Christentum wird ja Magie und Aberglaube definitiv abgelehnt. Wahrscheinlich könnte uns Benni mehr darüber sagen.

      Laienhaft würde ich mal so formulieren: wer magisch denkt, glaubt, er könne den Gang der Dinge durch sein Verhalten geradezu "herbeizwingen". Gott aber lässt sich nicht zu irgendetwas zwingen. Jüdische Gläubige gehen ja davon aus, dass es sich bei der Beschneidung um einen "Vertrag" handelt, bei dem auch Gott seine Verpflichtung einhalten muss (Schutz vor dem Ausstossen der Seelen). Man kann zwar mit ihm darüber "verhandeln", zwingen kann man ihn jedoch keinesfalls ("unerforschlicher Ratschluss").
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • werner schrieb:

      Ich würde sagen, man kann Religion und magisches Denken nicht so ohne weiteres in einen Topf werfen. Im Christentum wird ja Magie und Aberglaube definitiv abgelehnt. Wahrscheinlich könnte uns Benni mehr darüber sagen.
      Aberglaube wird schon aus Gründen der Selbsterhaltung der eigenen Religion abgelehnt. Damit gemeint ist jeder Glaube, der nicht von der Amtskirche erlaubt ist.
      Davon würde ich den Glauben an magische Zusammenhänge auch im Christentum deutlich trennen. Es gibt auch dort noch viele magische Elemente: beispielsweise den Glauben an Wunder durch Fürbitten von zu Heiligen erklärten Menschen, oder durch Wallfahrten nach Lourdes oder ähnliches.

      Der Glaube an magische Kräfte ist ansonsten in unserem Kulturkreis durchaus noch - zwar gering - verbreitet (da gebe ich Guy Recht): so glauben Esoteriker an geheimnisvolle Energien, die von Kristallen ausgehen, an die Heilung durch Beschwörungszeremonien von Schamanen usw. Dennoch sehe ich einen großen Unterschied zu Naturreligionen oder den antiken Religionen: bei uns glaubt wohl keiner mehr, dass die Blitze von einem verärgerten Gott auf die Erde geschleudert werden, oder dass in Bäumen Elfen hausen. Die ganzen Naturgottheiten sind bei uns zu 99% außer Mode gekommen.


      Was die magische SPIEGEL-Interpretation betrifft, dass Menschen sich nur dann an Spielregeln halten, wenn sie sich (durch eine magische oder überirdische Instanz) beobachtet fühlen, veranlasst mich zu folgender Überlegung: Das Fehlverhalten der römisch-katholischen Kirche reicht bekanntlich vom Betrug der sog. Konstantinischen Schenkung über die Jahrhunderte bis zuletzt zur Geldwäsche von Mafia- und Korruptionsmillionen durch die Vatikanbank. Da gibt es für mich dann nur zwei Erklärungen: entweder stimmt die Theorie nicht, dass sich Menschen an die Spielregeln halten, wenn sie sich durch eine höhere Instanz beobachtet fühlen, oder die verantwortlichen Kirchenoberen glauben nicht daran, dass ein allwissender Gott ihre Schandtaten sieht. ?(
      Aufrichtig zu sein kann ich versprechen, unparteiisch zu sein aber nicht. (JWvG)
      Auch für die Religionsfreiheit gilt: "Freiheit ist immer nur die Freiheit des anders Denkenden." (R.Luxemburg)
    • @ werner

      Danke. Ein interessanter Hinweis. Seine Argumentation habe ich kurz überflogen: damit weist er sich nicht gerade als eine kritisch-reflexive Wissenschaftsgröße aus. Das rundet das Bild für mich ab.
      Aufrichtig zu sein kann ich versprechen, unparteiisch zu sein aber nicht. (JWvG)
      Auch für die Religionsfreiheit gilt: "Freiheit ist immer nur die Freiheit des anders Denkenden." (R.Luxemburg)
    • werner schrieb:

      Ich weiss nicht, ob das Off Topic ist in diesem Thread, aber der im Spiegel-Artikel genannte Jesse Bering ist selbst beschnitten und ist auch dafür.

      Cut the Penis, Cut the Risk: Why Circumcision Is A Good Choice : The Crux


      Ich habe mal ein wenig nach Jesse Bering recherchiert. Es macht den Anschein, dass man diese Person mit Vorsicht geniessen sollte.

      Seine Prämissen und die daraus folgenden Interpretationen zu diversen Tests zum Thema Religion & Psychologie sind meiner Meinung nach äußert eigenwillig und einseitig. Obwohl er sich als "irreligious" bezeichnet, könnte man glatt einen Creationisten im Deckmantel der Wissenschaftlichkeit vermuten.

      Seine Ansichten zur Beschneidung zeigen in der Tat keine wirkliche Nähe zur Wissenschaft auf.
      Art. 2 GG:
      (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Geschuldet der deutschen Vergangenheitsbewältigung gilt dieses Grundrecht ausdrücklich nicht, wenn die Person a) ein Kind und b) männlich ist, c) die Eltern entweder jüdischen oder muslimischen Glaubens sind und d) das kindliche Genital das Ziel der Versehrtheit ist.
    • Ohne die eventuelle ethische Fragwürdigkeit solcher Untersuchungen diskutieren zu wollen, weise ich bezüglich der in diesem Thread diskutierten Frage, ob der Mensch als "egoistisches Monster" auf die Welt kommt auf folgenden Spiegel-Artikel hin.

      "Unsere Resultate passen zu der Idee, dass eine primär impulsive Reaktion in Menschen darauf abzielen kann, zu helfen und zu kooperieren", schreiben sieim Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences". Dagegen werde kalkulierendes - also egoistisches - Verhalten erst im Lauf des Lebens erlernt."

      Verhalten: Mensch st von Natur aus hilfbereit und solidarisch - SPIEGEL ONLINE
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • danke Werner, interesssanter Artikel.

      Ich füge noch zwei hinzu, die womöglich den evoltionären Hintergrund aufzeigen:

      Fairness: Affen haben einen Sinn fr Gerechtigkeit - SPIEGEL ONLINE

      Sozialverhalten: Zwergschimpansen sind keine Egoisten - SPIEGEL ONLINE

      Der Fairness halber sei gesagt, dass es auch Tierexperimente gibt, die in die andere Richtung interpretiert werden. Die o.g. sind aber die aktuellsten nach meinem Kenntnisstand.
      Art. 2 GG:
      (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Geschuldet der deutschen Vergangenheitsbewältigung gilt dieses Grundrecht ausdrücklich nicht, wenn die Person a) ein Kind und b) männlich ist, c) die Eltern entweder jüdischen oder muslimischen Glaubens sind und d) das kindliche Genital das Ziel der Versehrtheit ist.
    • Josc schrieb:

      Der Fairness halber sei gesagt, dass es auch Tierexperimente gibt, die in die andere Richtung interpretiert werden.
      Über die grundsätzliche Fragwürdigkeit ALLER solcher Experimente haben wir ja schon diskutiert. Trotzdem ist Dein Hinweis natürlich wichtig und richtig.

      Ausgangspunkt unserer Diskussion war ja die These des Spiegelartikels, dass es wissenschaftlich (!) bewiesen sei, dass der Mensch unabdingbar (!) die Religion brauche, um ein soziales Wesen zu werden. Das ist eben NICHT "bewiesen". :rolleyes:
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.
    • werner schrieb:

      Josc schrieb:

      Der Fairness halber sei gesagt, dass es auch Tierexperimente gibt, die in die andere Richtung interpretiert werden.
      Über die grundsätzliche Fragwürdigkeit ALLER solcher Experimente haben wir ja schon diskutiert. Trotzdem ist Dein Hinweis natürlich wichtig und richtig.

      Ausgangspunkt unserer Diskussion war ja die These des Spiegelartikels, dass es wissenschaftlich (!) bewiesen sei, dass der Mensch unabdingbar (!) die Religion brauche, um ein soziales Wesen zu werden. Das ist eben NICHT "bewiesen". :rolleyes:

      Hallo Werner,

      man könnte sagen, es ist durch die Evolution bewiesen. Oder wie sonst hältst du es für erklärbar, dass religiöse Menschen, die eine Unmenge an Zeit, Arbeitskraft und Material für den nicht objektivierbaren Vorteil der Gottgefälligkeit aufwenden, nicht auf die Dauer denen unterlegen waren, die darauf verzichteten und die dadurch freiwerdenden Ressourcen anderweitig verwendeten.

      Ein einfaches Beispiel: das einzige, was von Paestum Paestum – Wikipedia heute noch steht, sind die Tempel und nicht die Verteidigungsanlagen. Hätten die Bewohner ähnlich viel Energie für den Bau derselbigen aufgebracht, wären sie vielleicht nicht von den Lukanern erobert worden.
      Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
      George Orwell
    • B.O.Bachter schrieb:

      Oder wie sonst hältst du es für erklärbar, dass religiöse Menschen, die eine Unmenge an Zeit, Arbeitskraft und Material für den nicht objektivierbaren Vorteil der Gottgefälligkeit aufwenden, nicht auf die Dauer denen unterlegen waren, die darauf verzichteten und die dadurch freiwerdenden Ressourcen anderweitig verwendeten.
      Ich bestreite ja nicht, dass zum Bau von Gotteshäusern Arbeitsaufwand und Technologie notwendig waren. Ich frage mich nur, ob diese Bautätigkeit der Motor oder die Folge einer für andere Zwecke entwickelten Technologie waren. Zur (erfolgreichen) Kriegführung z.B. sind ja auch Arbeitsteilung und Technologie notwendig.

      "Ein einfaches Beispiel: das einzige, was von Paestum heute noch steht, sind die Tempel und nicht die Verteidigungsanlagen. Hätten die Bewohner ähnlich viel Energie für den Bau derselbigen aufgebracht, wären sie vielleicht nicht von den Lukanern erobert worden."

      Woher weiss man, dass es die Schwäche der Verteidigungsanlagen waren, die zur Eroberung von Paestum geführt haben? Vielleicht haben die Lukaner sie einfach nur ausgehungert.
      Übrigens sehen die Verteidigungsanlagen heute noch ganz gut aus. ;)

      Paestum - Fotos - Mauern und Museum
      "Man muss diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!" K.M.