Und noch ein Urteil - OLG Frankfurt 2007

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    • Und noch ein Urteil - OLG Frankfurt 2007

      Durch den Google-Link von Guy in Hat noch irgendjemand von diesem Urteil gehört bin ich auf "Beschneidung und das deutsche Recht ..." gestoßen, in dem es im Abschnitt IV, 2 Beschneidung und Persönlichkeitsrecht heißt:
      Eine Beschneidung wurde, auch wenn sie keine gesundheitlichen Nachteile mit sich bringe, für das kulturell-religiöse und körperliche Selbstverständnis des Betroffenen für bedeutsam gehalten, was bedinge, dass die Entscheidung hierüber in den Kernbereich des Rechts einer Person, über sich und ihr Leben zu bestimmen, falle.
      Dieser Satz referenziert auf ein Urteil des OLG Frankfurt im Jahr 2007, das ihr hier aufrufen könnt . Ggf den Tab "Langtext" betätigen.

      Übrigens wurde auf dieses Urteil auch schon mal von Maria Werner hier im Forum benannt, aber anscheinend kaum kommentiert.
    • OLG Frankfurt 2007

      Leider hilft dieses Urteil nicht weiter, da sich das Gericht nicht mit der Frage auseinandersetzt, ob die Beschneidung bei Einwilligung des sorgeberechtigten Elternteils (Mutter) rechtswidrig gewesen wäre. Mir scheint das Gericht eher dahin zu tendieren, dass es den Schwerzensgeldanspruch dann versagt hätte.
    • @Götz: Ich finde, der von mir eingangs zitierte Satz macht die Wichtigkeit dieses Urteils aus, da er wirklich stellvertretend aus der Sicht des Kindes geschrieben ist. "Körperliche Unversehrheit" klingt wie "beschädigt-akzeptieren-damit leben" während " kulturell-religiöse und körperliche Selbstverständnis des Betroffenen" klingt wie "sicht Tag für Tag damit auseinandersetzen". Mir jedenfalls geht diese Formulierung mehr unter die Haut.
    • § 5 des Gesetzes über die reliöse Kindererziehung von 1927 lautet:

      Nach der Vollendung des vierzehnten Lebensjahrs steht dem Kind die Entscheidung darüber zu, zu welchem religiösen Bekenntnis es sich halten will. Hat das Kind das zwölfte Lebensjahr vollendet, so kann es nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden.

      Das heißt umgekehrt, dass das Kind auch gegen seinen Willen, bis es 12 ist, in einem anderen als dem bisherigen und, bis es 14 ist, in seinem bisherigen Bekenntnis erzogen werden kann!Das heißt im Klartext: Alle Macht den Eltern, was die Religion angeht, bis das Kind 14 ist.
    • @Götz - ja, darin sehe ich aber ehrlich gesagt auch kein Problem. Religion, sofern man sich zu einer bekennt, bestimmt nun mal das Leben des Menschen und seine sozialen Beziehungen, sie ist nicht nur auf das Jenseits gerichtet sondern gibt auch Regeln für das menschliche Zusammenleben vor. Da die Christen ja heute schon sehr eigenständig in dem sind, wie weit sie ihren Glauben ihr Privatleben bestimmen lassen, gibt es normalerweise keine Probleme bei katholisch-protestantischen Ehepaaren, christlich-moslimisch hingegen ist - von moslimischer Seite schon ein "No Go". Dass die Kinder aber in die Religion ebenso hineingeboren weren wie in die Sprachgemeinschaft - und darin aufwachsen - ist doch auch folgerichtig, nur sie können sich halt irgendwann davon freisagen - und viele tun es, zumindest innerlich, wenn sie die Diskrepanz zwischen Sein und Schein bei ihren Eltern, den ersten Vorbildern für Religionsausbildung, erkennen.
    • Religiöse Kindererziehung

      Lieber Descant,
      ich wollte mit meiner Erläuterung des RKEG nur deutlich machen, dass uns dieses Gesetz bzgl. der Kinderbeschneidung nicht weiterhilft. Die Frage, inwieweit ich mein Kind religiös beeinflussen darf, ist allerdings sehr heikel. Die christlichen Kirchen waren deshalb sofort bereit, die Legalisierung zu unterstützen, weil sie befürchtet haben, dass als nächstes die Kindstaufe in Frage gestellt wird. Viele Muslime haben ja auch sofort eingewandt, dass zw. B. und Kindstaufe eigentlich kein Unterschied bestehen würde. Um kirchlich orientierte Menschen zu gewinnen, muss es also darauf ankommen, deutlich zu machen, dass der körperliche Eingriff der Akt ist, der auf keinen Fall von dem Recht zur religiösen Erziehung gedeckt ist.

      Der Umkehrschluss, dass alles erlaubt ist, was keinen körperlichen Eingriff darstellt, wäre allerdings falsch. Eltern müssen bei allen Maßnahmen der religiösen Erziehung gewisse Grenzen beachten. Ich habe schon einige Erwachsene getroffen, die nach eigener Aussage durch den religiösen Fanatismus der Eltern schweren Schaden genommen hatten. Ich weiß auch, dass es sehr schwierig ist, von Seiten der Gesetzgebung oder Rechtsprechung hier Grenzen zu ziehen.
    • Götz - Die Gründe für den Schulterschluss zwischen Islam, Judentum und Christentum sind auch in meinen Augen so, wie du sie beschreibst.
      Der Umkehrschluss, dass alles erlaubt ist, was keinen körperlichen Eingriff darstellt, wäre allerdings falsch.
      Auch hier stimme ich dir zu, ich habe in dem Moment nicht an extreme Positionen wie z.B. Evangelikale, Kreationisten oder Scientology gedacht. Danke für den Hinweis.
    • Ich nehme an, es ging um jenes Urteil?

      juraforum.de/news/olg-10000-eu…eidung-eines-jungen_35709

      Der Gipfel der Unverschämtheit ist:


      OLG Frankfurt schrieb:

      Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass die Beschneidung im Allgemeinen für die Sexualität des
      Mannes keine Bedeutung habe...
      Unfassbar.
      Würde sich nie ein Gericht erlauben wenn es um ein winziges Genitalfitzelchen eines Mädchens ginge.


      Der Prozesskostenhilfeantrag hatte in 2. Instanz Erfolg
      Das heißt ja wohl, er wurde in erster Instanz abgelehnt. Eine Frechheit!


      Sein Vater habe den nicht einsichts- und nicht einwilligungsfähigen
      Jungen bewogen, sich der Beschneidung zu unterziehen, ohne Inhaber des elterlichen
      Sorgerechts zu sein und damit rechtswidrig in dessen Selbstbestimmungsrecht eingegriffen.
      Nein. In Wahrheit geht es nur darum, dass der Vater in das Bestimmungsrecht der Mutter eingegriffen hatte. Hätte die sorgeberechtigte Mutter die Verstümmelung veranlasst hätte das OLG Frankfurt - jede Wette - nichts dabei gefunden.
      Denn das OLG Frankfurt war ja offensichtlich der Auffassung, dass die Penis-Vorhaut ein schlechter Scherz der Natur ist.
      Vorhaut hat Vorteile. Sonst gäbe es sie nicht.